Allgemeine Zeitung. Nr. 8. Augsburg, 8. Januar 1840.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0008" n="0064"/><lb/> zu dreißig Tagen gerade 900,000 fl. C. betragen würde. – Es könnte möglich seyn, daß der Kapudan Pascha sich von hier entfernt, nicht als ob ihn der hiesige Aufenthalt zu lästig würde oder daß er mit Mehemed Ali nicht mehr in demselben Einverständniß wäre, man glaubt aber, daß in Konstantinopel ein neuer Kapudan Pascha ernannt sey, und die Mannschaft ihm wahrscheinlich alsdann nicht mehr so gehorchen würde wie früher. – Man trug sich hier mit dem lächerlichen Gerücht herum, die Regentschaft würde einen andern Kapudan Pascha herschicken, der den hiesigen ablösen und die Flotte ohne weiteres aus den Hafen entführen würde. Es hielt sehr schwer, den Leichtgläubigen das Ungereimte solcher albernen Lügen zu beweisen, die übrigens meistens in der Nähe des Palastes ausgeheckt werden. Es gibt hier zwei sehr thätige Lügenfabriken, die täglich neue zerbrechliche Waare zu Markte schicken, zu denen sich aber immer eiue Menge Abnehmer finden. Die eine brütet alle die hochtönenden Phrasen aus, mit denen gewisse Journale beschenkt werden, denen aber ein anderer soliderer Klang beigesellt ist, ohne den diese Phrasen schwerlich zum Druck befördert würden. Die andere kocht und braut alles faselige Straßengeschwätz zusammen, und gießt es nachher wie einen zähen Leim als Correspondenz in die Smyrnaer Zeitung aus. Nach der einen gibt es in Aegypten nichts als Wohlseyn, Glück, Zufriedenheit, Civilisation, Reorganisation, nach der andern Seuchen, Hunger, überall Tod, und was doch noch da ist, das haucht der erste Wind um. Alle beide haben ihre Zwecke Aegypten und Mehemed Ali so zu schildern wie sie es eben thun, und aus diesen Principien geht denn das Heer der Tageslügen hervor, das nothwendig die, die das Land nicht <hi rendition="#g">sehr genau</hi> kennen, gänzlich irre führen muß.</p> </div> </div><lb/><lb/> </body> </text> </TEI> [0064/0008]
zu dreißig Tagen gerade 900,000 fl. C. betragen würde. – Es könnte möglich seyn, daß der Kapudan Pascha sich von hier entfernt, nicht als ob ihn der hiesige Aufenthalt zu lästig würde oder daß er mit Mehemed Ali nicht mehr in demselben Einverständniß wäre, man glaubt aber, daß in Konstantinopel ein neuer Kapudan Pascha ernannt sey, und die Mannschaft ihm wahrscheinlich alsdann nicht mehr so gehorchen würde wie früher. – Man trug sich hier mit dem lächerlichen Gerücht herum, die Regentschaft würde einen andern Kapudan Pascha herschicken, der den hiesigen ablösen und die Flotte ohne weiteres aus den Hafen entführen würde. Es hielt sehr schwer, den Leichtgläubigen das Ungereimte solcher albernen Lügen zu beweisen, die übrigens meistens in der Nähe des Palastes ausgeheckt werden. Es gibt hier zwei sehr thätige Lügenfabriken, die täglich neue zerbrechliche Waare zu Markte schicken, zu denen sich aber immer eiue Menge Abnehmer finden. Die eine brütet alle die hochtönenden Phrasen aus, mit denen gewisse Journale beschenkt werden, denen aber ein anderer soliderer Klang beigesellt ist, ohne den diese Phrasen schwerlich zum Druck befördert würden. Die andere kocht und braut alles faselige Straßengeschwätz zusammen, und gießt es nachher wie einen zähen Leim als Correspondenz in die Smyrnaer Zeitung aus. Nach der einen gibt es in Aegypten nichts als Wohlseyn, Glück, Zufriedenheit, Civilisation, Reorganisation, nach der andern Seuchen, Hunger, überall Tod, und was doch noch da ist, das haucht der erste Wind um. Alle beide haben ihre Zwecke Aegypten und Mehemed Ali so zu schildern wie sie es eben thun, und aus diesen Principien geht denn das Heer der Tageslügen hervor, das nothwendig die, die das Land nicht sehr genau kennen, gänzlich irre führen muß.
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