Allgemeine Zeitung. Nr. 1. Augsburg, 1. Januar 1840.
Großbritannien. London, 25 Dec Die Blätter enthalten einige Hofnotizen. Nach dem M. Herald sind die Hofjuweliere damit beschäftigt, die werthvollsten Kronjuwelen neu zu fassen; auch werden goldene Tabatieren mit den Bildnissen der Königin Victoria und des Prinzen Albert in Bereitschaft gesetzt, die zu Geschenken an alle fremden Gesandten bestimmt sind. -- Die Age erzählt folgenden "pun": "Wann wird endlich dieses schreckliche nasse Wetter aufhören?" so rief dieser Tage eine erlauchte Dame, indem sie im Windsorschloß durch das Fenster sah. Melbourne bemerkte lächelnd, Ihrer Maj. Wunsch nach "a little sun and air (ein wenig Sonne und frischer Luft" -- was aber in der Aussprache mit a little sun and air -- einem kleinen Sohn und Erben" gleich lautet) sey sehr natürlich." Dasselbe Blatt theilt den ihm (angeblich) zur Einrückung zugekommenen Brief eines gewissen Isaac Tomkins mit, welcher schreibt, wie er höre, solle Prinz Albert eine Apanage von 100,000 Pf. St. erhalten; er (Tomkins) sey aber in seinem Patriotismus bereit, die Königin um 10,000 Pf. St. jährlich zu heirathen und so dem Land eine Ausgabe von 90,000 Pf. in diesen bedrängten Zeitläuften zu ersparen. Zugleich gibt der Bewerber eine reizende Beschreibung seiner Person. -- Die M. Post berichtet: "Ein reicher Gentleman von der jüdischen Nation, der in Brighton ein großes Gut besitzt, hat der Königin einen Theil desselben behufs der Erbauung eines neuen Palastes zum Geschenk angeboten, da Ihre Maj. bis jetzt den längeren Aufenthalt in Brighton besonders darum nicht liebte, weil der königliche Pavillon nicht geräumig genug ist und eines günstigen Seeprospects ermangelt. Derselbe reiche Mann will auch die ganze zu dem Palastbau nöthige Summe vorschießen, und hat durch einen Architekten mosaischen Glaubens bereits einen Bauriß entwerfen lassen." Nach der Naval and Military Gazette soll Sir G. Cookburn im Februar das Commando der englischen Flotte im Mittelmeere übernehmen. Er gilt für einen der tapfersten und erfahrensten Seeleute der englischen Marine. Das M. Chronicle bespricht in einem größern Artikel Frankreichs Politik in den orientalischen Angelegenheiten. "Vor ein paar Tagen," sagt es, "drückten wir die Meinung aus, die französische Regierung werde nicht fortfahren, in dieser Hinsicht eine eigene Politik für sich zu verfolgen. Diese Meinung wird durch den Ton eines Theils der französischen Presse bestätigt. Trotz der Vorwürfe, die man hin und wieder der französischen Regierung macht, sehen wir nicht ein, wie sie einen andern Gang hätte befolgen können. Die Uebereinkunft der andern Mächte über die beiden Seiten der orientalischen Frage, nämlich über das in Konstantinopel und in Alexandria einzuhaltende Verfahren, hat Frankreich in diese Stellung gebracht. Entweder muß es den Ansichten der andern Mächte beitreten und sie ausführen helfen, oder zweitens es muß neutral bleiben, oder endlich es muß, indem es die Politik der andern Mächte mißbilligt, sich zur Entgegenwirkung mit Waffengewalt entschließen. Man sagt allerdings, Frankreich hätte den Zweck der andern Mächte mit Erfolg vereiteln können. Wie? Zu welcher Zeit? Wer den Fortgang der Frage aufmerksam beachtet hat, kann das französische Ministerium in der That keines Mangels an Eifer in seiner Unterstützung der Ansprüche Mehemed Ali's beschuldigen. Alles was Frankreich durch Unterhandlungen thun konnte, das that es. Was es mehr hätte thun können, begreifen wir nicht. Frankreichs Interessen, so wird von gewissen Seiten behauptet, seyen in der vorgeschlagenen Ausgleichung der orientalischen Frage aufgeopfert. Aber wer denkt auch daran, die besondern Interessen Frankreichs oder irgend einer andern Macht dabei zu Rathe zu ziehen? Die Interessen Englands, Oesterreichs, aber vornehmlich Rußlands bleiben, scheint es uns, in dem Ausgleichungsvorschlag unberücksichtigt. Das einzige zu berücksichtigende Interesse, dachten wir, sey das der Türkei. Jedenfalls ist es das einzige, das als die Grundlage der Politik einer der europäischen Mächte ostensibel vorangestellt werden konnte. Nachdem nun die andern Mächte sich darüber verständigt haben, erstens daß die Ansprüche Mehemed Ali's mit der Unabhängigkeit und Integrität der Türkei unvereinbar seyen, und nachdem sie sich auch über die Widerstandsmittel gegen diese Ansprüche vereinigt, welche Bahn sollte da Frankreich einhalten? Neutral bleiben? ein unthätiger Zuschauer der Beilegung der orientalischen Frage? Dieß hätte in der That die französischen Interessen verrathen heißen. Was war damit zu gewinnen? Wäre Mehemed Ali in eine bessere Stellung versetzt worden? Weit gefehlt. So wenig als Frankreichs besondere Interessen durch eine solche Isolirung gefördert worden wären. Bewaffneter Widerstand
Großbritannien. London, 25 Dec Die Blätter enthalten einige Hofnotizen. Nach dem M. Herald sind die Hofjuweliere damit beschäftigt, die werthvollsten Kronjuwelen neu zu fassen; auch werden goldene Tabatièren mit den Bildnissen der Königin Victoria und des Prinzen Albert in Bereitschaft gesetzt, die zu Geschenken an alle fremden Gesandten bestimmt sind. — Die Age erzählt folgenden „pun“: „Wann wird endlich dieses schreckliche nasse Wetter aufhören?“ so rief dieser Tage eine erlauchte Dame, indem sie im Windsorschloß durch das Fenster sah. Melbourne bemerkte lächelnd, Ihrer Maj. Wunsch nach „a little sun and air (ein wenig Sonne und frischer Luft“ — was aber in der Aussprache mit a little sun and air — einem kleinen Sohn und Erben“ gleich lautet) sey sehr natürlich.“ Dasselbe Blatt theilt den ihm (angeblich) zur Einrückung zugekommenen Brief eines gewissen Isaac Tomkins mit, welcher schreibt, wie er höre, solle Prinz Albert eine Apanage von 100,000 Pf. St. erhalten; er (Tomkins) sey aber in seinem Patriotismus bereit, die Königin um 10,000 Pf. St. jährlich zu heirathen und so dem Land eine Ausgabe von 90,000 Pf. in diesen bedrängten Zeitläuften zu ersparen. Zugleich gibt der Bewerber eine reizende Beschreibung seiner Person. — Die M. Post berichtet: „Ein reicher Gentleman von der jüdischen Nation, der in Brighton ein großes Gut besitzt, hat der Königin einen Theil desselben behufs der Erbauung eines neuen Palastes zum Geschenk angeboten, da Ihre Maj. bis jetzt den längeren Aufenthalt in Brighton besonders darum nicht liebte, weil der königliche Pavillon nicht geräumig genug ist und eines günstigen Seeprospects ermangelt. Derselbe reiche Mann will auch die ganze zu dem Palastbau nöthige Summe vorschießen, und hat durch einen Architekten mosaischen Glaubens bereits einen Bauriß entwerfen lassen.“ Nach der Naval and Military Gazette soll Sir G. Cookburn im Februar das Commando der englischen Flotte im Mittelmeere übernehmen. Er gilt für einen der tapfersten und erfahrensten Seeleute der englischen Marine. Das M. Chronicle bespricht in einem größern Artikel Frankreichs Politik in den orientalischen Angelegenheiten. „Vor ein paar Tagen,“ sagt es, „drückten wir die Meinung aus, die französische Regierung werde nicht fortfahren, in dieser Hinsicht eine eigene Politik für sich zu verfolgen. Diese Meinung wird durch den Ton eines Theils der französischen Presse bestätigt. Trotz der Vorwürfe, die man hin und wieder der französischen Regierung macht, sehen wir nicht ein, wie sie einen andern Gang hätte befolgen können. Die Uebereinkunft der andern Mächte über die beiden Seiten der orientalischen Frage, nämlich über das in Konstantinopel und in Alexandria einzuhaltende Verfahren, hat Frankreich in diese Stellung gebracht. Entweder muß es den Ansichten der andern Mächte beitreten und sie ausführen helfen, oder zweitens es muß neutral bleiben, oder endlich es muß, indem es die Politik der andern Mächte mißbilligt, sich zur Entgegenwirkung mit Waffengewalt entschließen. Man sagt allerdings, Frankreich hätte den Zweck der andern Mächte mit Erfolg vereiteln können. Wie? Zu welcher Zeit? Wer den Fortgang der Frage aufmerksam beachtet hat, kann das französische Ministerium in der That keines Mangels an Eifer in seiner Unterstützung der Ansprüche Mehemed Ali's beschuldigen. Alles was Frankreich durch Unterhandlungen thun konnte, das that es. Was es mehr hätte thun können, begreifen wir nicht. Frankreichs Interessen, so wird von gewissen Seiten behauptet, seyen in der vorgeschlagenen Ausgleichung der orientalischen Frage aufgeopfert. Aber wer denkt auch daran, die besondern Interessen Frankreichs oder irgend einer andern Macht dabei zu Rathe zu ziehen? Die Interessen Englands, Oesterreichs, aber vornehmlich Rußlands bleiben, scheint es uns, in dem Ausgleichungsvorschlag unberücksichtigt. Das einzige zu berücksichtigende Interesse, dachten wir, sey das der Türkei. Jedenfalls ist es das einzige, das als die Grundlage der Politik einer der europäischen Mächte ostensibel vorangestellt werden konnte. Nachdem nun die andern Mächte sich darüber verständigt haben, erstens daß die Ansprüche Mehemed Ali's mit der Unabhängigkeit und Integrität der Türkei unvereinbar seyen, und nachdem sie sich auch über die Widerstandsmittel gegen diese Ansprüche vereinigt, welche Bahn sollte da Frankreich einhalten? Neutral bleiben? ein unthätiger Zuschauer der Beilegung der orientalischen Frage? Dieß hätte in der That die französischen Interessen verrathen heißen. Was war damit zu gewinnen? Wäre Mehemed Ali in eine bessere Stellung versetzt worden? Weit gefehlt. So wenig als Frankreichs besondere Interessen durch eine solche Isolirung gefördert worden wären. 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Personen, die in die Geheimnisse des Hauptquartiers eingeweiht zu seyn vorgeben, behaupten, Linage habe auf eine feine Weise den Obersten Zavala vorgeschoben, um durch ihn dem Herzoge die Ermächtigung zu der bekannten Erklärung zu entlocken. Außerdem fühlte sich der Herzog durch einige Maaßregeln des Kriegsministers Narvaez verletzt; dieser hatte nämlich, ohne ihn vorher zu befragen, verschiedenen Generalcommandanten, die Espartero angestellt hatte, eine andere Bestimmung gegeben. Daher in Linage's Briefe die Erklärung, daß der Obergeneral kein Freund von Amtsentsetzungen sey. Einige sind nun der Meinung, Espartero werde in Folge des Schreibens der Königin-Regentin dieser seine Entlassung zu Füßen legen, in der Voraussicht, daß man ihm solche nicht bewilligen werde. Eben so wahrscheinlich ist, daß er irgend einen vermittelnden Ausweg einschlage, und aus der ganzen Sache nichts weiter als die gewöhnliche „Pastete„ hervorgehe. Uebrigens hat Espartero den in seinem Hauptquartier befindlichen französischen und englischen Commissären die feste Zusage gemacht, vor nächstem Mai unter keiner Bedingung nach Madrid gehen zu wollen. Seine Gemahlin ist hier fortwährend der Gegenstand der feinsten Aufmerksamkeiten, die ihr namentlich der französische Botschafter erweist. Vorgestern konnte man sie an seiner Tafel, und ihr gegenüber den General Maroto erblicken, der bei dieser Gelegenheit zum erstenmal in Gesellschaft erschien. — Der Generalcapitän von Catalonien, D. Geronimo Valdes, hat seine Entlassung verlangt; die Regierung scheint sie aber nicht bewilligen zu wollen. Cabrera soll nach Aragonien zurückgekommen seyn. Am 16 griff Llangostera die Truppen der Königin bei Alcorisa an; am 17 schickte Espartero Verstärkungen dorthin.</p> </div> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 25 Dec</dateline> <p>Die Blätter enthalten einige Hofnotizen. Nach dem M. <hi rendition="#g">Herald</hi> sind die Hofjuweliere damit beschäftigt, die werthvollsten Kronjuwelen neu zu fassen; auch werden goldene Tabatièren mit den Bildnissen der Königin Victoria und des Prinzen Albert in Bereitschaft gesetzt, die zu Geschenken an alle fremden Gesandten bestimmt sind. — Die <hi rendition="#g">Age</hi> erzählt folgenden „pun“: „Wann wird endlich dieses schreckliche nasse Wetter aufhören?“ so rief dieser Tage eine erlauchte Dame, indem sie im Windsorschloß durch das Fenster sah. Melbourne bemerkte lächelnd, Ihrer Maj. Wunsch nach „a little sun and air (ein wenig Sonne und frischer Luft“ — was aber in der Aussprache mit a little sun and air — einem kleinen Sohn und Erben“ gleich lautet) sey sehr natürlich.“ Dasselbe Blatt theilt den ihm (angeblich) zur Einrückung zugekommenen Brief eines gewissen Isaac Tomkins mit, welcher schreibt, wie er höre, solle Prinz Albert eine Apanage von 100,000 Pf. St. erhalten; er (Tomkins) sey aber in seinem Patriotismus bereit, die Königin um 10,000 Pf. St. jährlich zu heirathen und so dem Land eine Ausgabe von 90,000 Pf. in diesen bedrängten Zeitläuften zu ersparen. Zugleich gibt der Bewerber eine reizende Beschreibung seiner Person. — Die M. <hi rendition="#g">Post</hi> berichtet: „Ein reicher Gentleman von der jüdischen Nation, der in Brighton ein großes Gut besitzt, hat der Königin einen Theil desselben behufs der Erbauung eines neuen Palastes zum Geschenk angeboten, da Ihre Maj. bis jetzt den längeren Aufenthalt in Brighton besonders darum nicht liebte, weil der königliche Pavillon nicht geräumig genug ist und eines günstigen Seeprospects ermangelt. Derselbe reiche Mann will auch die ganze zu dem Palastbau nöthige Summe vorschießen, und hat durch einen Architekten mosaischen Glaubens bereits einen Bauriß entwerfen lassen.“</p><lb/> <p>Nach der <hi rendition="#g">Naval and Military Gazette</hi> soll Sir G. Cookburn im Februar das Commando der englischen Flotte im Mittelmeere übernehmen. 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Entweder muß es den Ansichten der andern Mächte beitreten und sie ausführen helfen, oder zweitens es muß neutral bleiben, oder endlich es muß, indem es die Politik der andern Mächte mißbilligt, sich zur Entgegenwirkung mit Waffengewalt entschließen. Man sagt allerdings, Frankreich hätte den Zweck der andern Mächte mit Erfolg vereiteln können. Wie? Zu welcher Zeit? Wer den Fortgang der Frage aufmerksam beachtet hat, kann das französische Ministerium in der That keines Mangels an Eifer in seiner Unterstützung der Ansprüche Mehemed Ali's beschuldigen. Alles was Frankreich durch Unterhandlungen thun konnte, das that es. Was es mehr hätte thun können, begreifen wir nicht. Frankreichs Interessen, so wird von gewissen Seiten behauptet, seyen in der vorgeschlagenen Ausgleichung der orientalischen Frage aufgeopfert. Aber wer denkt auch daran, die besondern Interessen Frankreichs oder irgend einer andern Macht dabei zu Rathe zu ziehen? Die Interessen Englands, Oesterreichs, aber vornehmlich Rußlands bleiben, scheint es uns, in dem Ausgleichungsvorschlag unberücksichtigt. Das einzige zu berücksichtigende Interesse, dachten wir, sey das der Türkei. Jedenfalls ist es das einzige, das als die Grundlage der Politik einer der europäischen Mächte ostensibel vorangestellt werden konnte. Nachdem nun die andern Mächte sich darüber verständigt haben, erstens daß die Ansprüche Mehemed Ali's mit der Unabhängigkeit und Integrität der Türkei unvereinbar seyen, und nachdem sie sich auch über die Widerstandsmittel gegen diese Ansprüche vereinigt, welche Bahn sollte da Frankreich einhalten? Neutral bleiben? ein unthätiger Zuschauer der Beilegung der orientalischen Frage? Dieß hätte in der That die französischen Interessen verrathen heißen. Was war damit zu gewinnen? Wäre Mehemed Ali in eine bessere Stellung versetzt worden? Weit gefehlt. So wenig als Frankreichs besondere Interessen durch eine solche Isolirung gefördert worden wären. Bewaffneter Widerstand<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0002/0002]
je nach den Umständen den Herzog oder dessen Secretär als das Opfer des Privatwillens der Regentin darstellen, und dasjenige herbeizuführen suchen, was das Eco, wie eben angegeben, bezeichnet, und was wohl in der Entsetzung der Königin von der Regentschaft bestehen mag. Espartero befindet sich vorzüglich unter dem Einflusse dreier Personen: des Obersten Zavala, Chefs eines Cavallerieregiments, der vermöge seiner Familienverbindungen den höhern Ständen angehört, und gewöhnlich für den Vertreter der moderirten Partei gilt; des Generalintendanten der Armee, la Rua, und des Brigadier Linage, welcher unter Ferdinand VII Adjutant des Generals Eguia war, und sich als solcher als den eifrigsten Verfolger und Spürhund der Liberalen bekannt machte, gegenwärtig aber die Dienste eines Secretärs bei dem Herzoge de la Victoria versieht. Personen, die in die Geheimnisse des Hauptquartiers eingeweiht zu seyn vorgeben, behaupten, Linage habe auf eine feine Weise den Obersten Zavala vorgeschoben, um durch ihn dem Herzoge die Ermächtigung zu der bekannten Erklärung zu entlocken. Außerdem fühlte sich der Herzog durch einige Maaßregeln des Kriegsministers Narvaez verletzt; dieser hatte nämlich, ohne ihn vorher zu befragen, verschiedenen Generalcommandanten, die Espartero angestellt hatte, eine andere Bestimmung gegeben. Daher in Linage's Briefe die Erklärung, daß der Obergeneral kein Freund von Amtsentsetzungen sey. Einige sind nun der Meinung, Espartero werde in Folge des Schreibens der Königin-Regentin dieser seine Entlassung zu Füßen legen, in der Voraussicht, daß man ihm solche nicht bewilligen werde. Eben so wahrscheinlich ist, daß er irgend einen vermittelnden Ausweg einschlage, und aus der ganzen Sache nichts weiter als die gewöhnliche „Pastete„ hervorgehe. Uebrigens hat Espartero den in seinem Hauptquartier befindlichen französischen und englischen Commissären die feste Zusage gemacht, vor nächstem Mai unter keiner Bedingung nach Madrid gehen zu wollen. Seine Gemahlin ist hier fortwährend der Gegenstand der feinsten Aufmerksamkeiten, die ihr namentlich der französische Botschafter erweist. Vorgestern konnte man sie an seiner Tafel, und ihr gegenüber den General Maroto erblicken, der bei dieser Gelegenheit zum erstenmal in Gesellschaft erschien. — Der Generalcapitän von Catalonien, D. Geronimo Valdes, hat seine Entlassung verlangt; die Regierung scheint sie aber nicht bewilligen zu wollen. Cabrera soll nach Aragonien zurückgekommen seyn. Am 16 griff Llangostera die Truppen der Königin bei Alcorisa an; am 17 schickte Espartero Verstärkungen dorthin.
Großbritannien.
London, 25 Dec Die Blätter enthalten einige Hofnotizen. Nach dem M. Herald sind die Hofjuweliere damit beschäftigt, die werthvollsten Kronjuwelen neu zu fassen; auch werden goldene Tabatièren mit den Bildnissen der Königin Victoria und des Prinzen Albert in Bereitschaft gesetzt, die zu Geschenken an alle fremden Gesandten bestimmt sind. — Die Age erzählt folgenden „pun“: „Wann wird endlich dieses schreckliche nasse Wetter aufhören?“ so rief dieser Tage eine erlauchte Dame, indem sie im Windsorschloß durch das Fenster sah. Melbourne bemerkte lächelnd, Ihrer Maj. Wunsch nach „a little sun and air (ein wenig Sonne und frischer Luft“ — was aber in der Aussprache mit a little sun and air — einem kleinen Sohn und Erben“ gleich lautet) sey sehr natürlich.“ Dasselbe Blatt theilt den ihm (angeblich) zur Einrückung zugekommenen Brief eines gewissen Isaac Tomkins mit, welcher schreibt, wie er höre, solle Prinz Albert eine Apanage von 100,000 Pf. St. erhalten; er (Tomkins) sey aber in seinem Patriotismus bereit, die Königin um 10,000 Pf. St. jährlich zu heirathen und so dem Land eine Ausgabe von 90,000 Pf. in diesen bedrängten Zeitläuften zu ersparen. Zugleich gibt der Bewerber eine reizende Beschreibung seiner Person. — Die M. Post berichtet: „Ein reicher Gentleman von der jüdischen Nation, der in Brighton ein großes Gut besitzt, hat der Königin einen Theil desselben behufs der Erbauung eines neuen Palastes zum Geschenk angeboten, da Ihre Maj. bis jetzt den längeren Aufenthalt in Brighton besonders darum nicht liebte, weil der königliche Pavillon nicht geräumig genug ist und eines günstigen Seeprospects ermangelt. Derselbe reiche Mann will auch die ganze zu dem Palastbau nöthige Summe vorschießen, und hat durch einen Architekten mosaischen Glaubens bereits einen Bauriß entwerfen lassen.“
Nach der Naval and Military Gazette soll Sir G. Cookburn im Februar das Commando der englischen Flotte im Mittelmeere übernehmen. Er gilt für einen der tapfersten und erfahrensten Seeleute der englischen Marine.
Das M. Chronicle bespricht in einem größern Artikel Frankreichs Politik in den orientalischen Angelegenheiten. „Vor ein paar Tagen,“ sagt es, „drückten wir die Meinung aus, die französische Regierung werde nicht fortfahren, in dieser Hinsicht eine eigene Politik für sich zu verfolgen. Diese Meinung wird durch den Ton eines Theils der französischen Presse bestätigt. Trotz der Vorwürfe, die man hin und wieder der französischen Regierung macht, sehen wir nicht ein, wie sie einen andern Gang hätte befolgen können. Die Uebereinkunft der andern Mächte über die beiden Seiten der orientalischen Frage, nämlich über das in Konstantinopel und in Alexandria einzuhaltende Verfahren, hat Frankreich in diese Stellung gebracht. Entweder muß es den Ansichten der andern Mächte beitreten und sie ausführen helfen, oder zweitens es muß neutral bleiben, oder endlich es muß, indem es die Politik der andern Mächte mißbilligt, sich zur Entgegenwirkung mit Waffengewalt entschließen. Man sagt allerdings, Frankreich hätte den Zweck der andern Mächte mit Erfolg vereiteln können. Wie? Zu welcher Zeit? Wer den Fortgang der Frage aufmerksam beachtet hat, kann das französische Ministerium in der That keines Mangels an Eifer in seiner Unterstützung der Ansprüche Mehemed Ali's beschuldigen. Alles was Frankreich durch Unterhandlungen thun konnte, das that es. Was es mehr hätte thun können, begreifen wir nicht. Frankreichs Interessen, so wird von gewissen Seiten behauptet, seyen in der vorgeschlagenen Ausgleichung der orientalischen Frage aufgeopfert. Aber wer denkt auch daran, die besondern Interessen Frankreichs oder irgend einer andern Macht dabei zu Rathe zu ziehen? Die Interessen Englands, Oesterreichs, aber vornehmlich Rußlands bleiben, scheint es uns, in dem Ausgleichungsvorschlag unberücksichtigt. Das einzige zu berücksichtigende Interesse, dachten wir, sey das der Türkei. Jedenfalls ist es das einzige, das als die Grundlage der Politik einer der europäischen Mächte ostensibel vorangestellt werden konnte. Nachdem nun die andern Mächte sich darüber verständigt haben, erstens daß die Ansprüche Mehemed Ali's mit der Unabhängigkeit und Integrität der Türkei unvereinbar seyen, und nachdem sie sich auch über die Widerstandsmittel gegen diese Ansprüche vereinigt, welche Bahn sollte da Frankreich einhalten? Neutral bleiben? ein unthätiger Zuschauer der Beilegung der orientalischen Frage? Dieß hätte in der That die französischen Interessen verrathen heißen. Was war damit zu gewinnen? Wäre Mehemed Ali in eine bessere Stellung versetzt worden? Weit gefehlt. So wenig als Frankreichs besondere Interessen durch eine solche Isolirung gefördert worden wären. Bewaffneter Widerstand
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