Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.wird versteigert, Alles. Aufs Stroh, aufs Stroh bringst du mich! -- Und sie warf sich auf das Stroh, weinte lange, bis sie endlich entschlummerte. Siebentes Kapitel. Von Trompeten- und Posaunenschall erweckt, schlug Diethelm am Morgen die Augen auf; es schien ihm fast, als ob es die Stadtzinkenisten gerade auf ihn abgesehen hätten, und ihm war jetzt so schwer, als ob die ganze Last des Erkauften leibhaftig auf ihm läge; er überschaute jetzt nochmals die Zahlen in seiner rothen Schreibtafel und erkannte, daß er mehr eingethan, als ins Mäß will. Jetzt galt es aber muthig einzustehen. Fränz war sehr mißlaunisch, sie hatte sich in den vornehmen Kleidern doch ausnehmend gefallen und kam sich wie erniedrigt vor in der gewohnten Tracht. Sie mußte nun den Vater zu dem Kaufmann Gäbler begleiten, wo man feines blaues Tuch zu einem Mantel für die Mutter einkaufte, und von den Zureden Gäbler's unterstützt ließ sie nicht ab, bis auch für sie mehrere städtische Kleider eingekauft wurden. Gäbler war überaus freundlich und sagte, daß Diethelm mit Recht den Ruhm habe, daß gut mit ihm handeln sei und er etwas an sich verdienen lasse. Als Diethelm die Waare bezahlen wollte, lehnte dieses Gäbler mit dem höflichen Beisatze ab, solche Kunden müsse man festhalten, denen stelle man Jahresrechnung, und Diethelm lächelte in sich hinein; so klein auch diese Summe war, es zeigte sich doch wieder, wie die ganze Welt ihm ihr Besitzthum aufdrang und Vertrauen in ihn hatte. Warum sollte er das selbst nicht haben? Gäbler rief Diethelm noch auf der Straße nach, daß er in den nächsten Tagen mit dem wird versteigert, Alles. Aufs Stroh, aufs Stroh bringst du mich! — Und sie warf sich auf das Stroh, weinte lange, bis sie endlich entschlummerte. Siebentes Kapitel. Von Trompeten- und Posaunenschall erweckt, schlug Diethelm am Morgen die Augen auf; es schien ihm fast, als ob es die Stadtzinkenisten gerade auf ihn abgesehen hätten, und ihm war jetzt so schwer, als ob die ganze Last des Erkauften leibhaftig auf ihm läge; er überschaute jetzt nochmals die Zahlen in seiner rothen Schreibtafel und erkannte, daß er mehr eingethan, als ins Mäß will. Jetzt galt es aber muthig einzustehen. Fränz war sehr mißlaunisch, sie hatte sich in den vornehmen Kleidern doch ausnehmend gefallen und kam sich wie erniedrigt vor in der gewohnten Tracht. Sie mußte nun den Vater zu dem Kaufmann Gäbler begleiten, wo man feines blaues Tuch zu einem Mantel für die Mutter einkaufte, und von den Zureden Gäbler's unterstützt ließ sie nicht ab, bis auch für sie mehrere städtische Kleider eingekauft wurden. Gäbler war überaus freundlich und sagte, daß Diethelm mit Recht den Ruhm habe, daß gut mit ihm handeln sei und er etwas an sich verdienen lasse. Als Diethelm die Waare bezahlen wollte, lehnte dieses Gäbler mit dem höflichen Beisatze ab, solche Kunden müsse man festhalten, denen stelle man Jahresrechnung, und Diethelm lächelte in sich hinein; so klein auch diese Summe war, es zeigte sich doch wieder, wie die ganze Welt ihm ihr Besitzthum aufdrang und Vertrauen in ihn hatte. Warum sollte er das selbst nicht haben? Gäbler rief Diethelm noch auf der Straße nach, daß er in den nächsten Tagen mit dem <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="6"> <p><pb facs="#f0049"/> wird versteigert, Alles. 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Sie mußte nun den Vater zu dem Kaufmann Gäbler begleiten, wo man feines blaues Tuch zu einem Mantel für die Mutter einkaufte, und von den Zureden Gäbler's unterstützt ließ sie nicht ab, bis auch für sie mehrere städtische Kleider eingekauft wurden. Gäbler war überaus freundlich und sagte, daß Diethelm mit Recht den Ruhm habe, daß gut mit ihm handeln sei und er etwas an sich verdienen lasse. Als Diethelm die Waare bezahlen wollte, lehnte dieses Gäbler mit dem höflichen Beisatze ab, solche Kunden müsse man festhalten, denen stelle man Jahresrechnung, und Diethelm lächelte in sich hinein; so klein auch diese Summe war, es zeigte sich doch wieder, wie die ganze Welt ihm ihr Besitzthum aufdrang und Vertrauen in ihn hatte. Warum sollte er das selbst nicht haben? Gäbler rief Diethelm noch auf der Straße nach, daß er in den nächsten Tagen mit dem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0049]
wird versteigert, Alles. Aufs Stroh, aufs Stroh bringst du mich! — Und sie warf sich auf das Stroh, weinte lange, bis sie endlich entschlummerte.
Siebentes Kapitel.
Von Trompeten- und Posaunenschall erweckt, schlug Diethelm am Morgen die Augen auf; es schien ihm fast, als ob es die Stadtzinkenisten gerade auf ihn abgesehen hätten, und ihm war jetzt so schwer, als ob die ganze Last des Erkauften leibhaftig auf ihm läge; er überschaute jetzt nochmals die Zahlen in seiner rothen Schreibtafel und erkannte, daß er mehr eingethan, als ins Mäß will. Jetzt galt es aber muthig einzustehen. Fränz war sehr mißlaunisch, sie hatte sich in den vornehmen Kleidern doch ausnehmend gefallen und kam sich wie erniedrigt vor in der gewohnten Tracht. Sie mußte nun den Vater zu dem Kaufmann Gäbler begleiten, wo man feines blaues Tuch zu einem Mantel für die Mutter einkaufte, und von den Zureden Gäbler's unterstützt ließ sie nicht ab, bis auch für sie mehrere städtische Kleider eingekauft wurden. Gäbler war überaus freundlich und sagte, daß Diethelm mit Recht den Ruhm habe, daß gut mit ihm handeln sei und er etwas an sich verdienen lasse. Als Diethelm die Waare bezahlen wollte, lehnte dieses Gäbler mit dem höflichen Beisatze ab, solche Kunden müsse man festhalten, denen stelle man Jahresrechnung, und Diethelm lächelte in sich hinein; so klein auch diese Summe war, es zeigte sich doch wieder, wie die ganze Welt ihm ihr Besitzthum aufdrang und Vertrauen in ihn hatte. Warum sollte er das selbst nicht haben? Gäbler rief Diethelm noch auf der Straße nach, daß er in den nächsten Tagen mit dem
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