Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.den Reppenberger aufzusuchen. Diethelm hatte abzuwehren so gut er konnte, und glücklicherweise erlös'te ihn ein junger modisch gekleideter Mann, der mit vielen Bücklingen auf ihn zu kam, sich als ältesten Sohn des Sternwirths vorstellte und Diethelm bat, in die Herrenstube zu kommen. Die Welt duldete es gar nicht mehr, auch wenn er es selbst gewollt hätte, daß er in niederem Bereiche verweilte. Diethelm betrachtete sich selbst, um zu erkunden, was denn an ihm sei, daß ihm Jeder ungefragt eine höhere Stufe anwies. Er folgte dem jungen Manne, der äußerst ehrerbietig war, die Treppe hinab, und als er eben die Klinke zur Herrenstube in der Hand hatte, hörte er einen Soldaten unter der Hausthüre sagen: komm nur. Diethelm drehte sich um, die Stimme war ihm bekannt, und der Soldat fuhr fort: Tanz du nur einmal, während der Zeit wird dein Vater um ein paar tausend Gulden reicher und ich krieg' dich immer weniger. Ich weiß nicht, ob's recht ist, sagte eine Mädchenstimme, und halb gezogen erschien Fränz auf der Schwelle mit hochglühendem Antlitze. Soll ich euch aufspielen? rief Diethelm, sich umwendend. Der Soldat und Fränz ließen vor Schreck die Hände los. Der Soldat faßte sich schnell wieder und grüßte Diethelm, dieser aber sagte: Du bist's? wie kommst du daher, Munde? Ich hab' Urlaub genommen, und es freut mich, daß ich auch meinen alten Herrn seh'. So? Willst eine Halbe trinken? Freilich. Seh, da hast Geld, trink eine, und Diethelm reichte mit diesen Worten dem über und über erröthenden Soldaten einen Sechsbätzner. Der Soldat, der nicht anders erwartet zu haben schien, als Diethelm würde ihn mit zum Wein nehmen, wußte nicht, sollte er die Hand zum Faustschlag den Reppenberger aufzusuchen. Diethelm hatte abzuwehren so gut er konnte, und glücklicherweise erlös'te ihn ein junger modisch gekleideter Mann, der mit vielen Bücklingen auf ihn zu kam, sich als ältesten Sohn des Sternwirths vorstellte und Diethelm bat, in die Herrenstube zu kommen. Die Welt duldete es gar nicht mehr, auch wenn er es selbst gewollt hätte, daß er in niederem Bereiche verweilte. Diethelm betrachtete sich selbst, um zu erkunden, was denn an ihm sei, daß ihm Jeder ungefragt eine höhere Stufe anwies. Er folgte dem jungen Manne, der äußerst ehrerbietig war, die Treppe hinab, und als er eben die Klinke zur Herrenstube in der Hand hatte, hörte er einen Soldaten unter der Hausthüre sagen: komm nur. Diethelm drehte sich um, die Stimme war ihm bekannt, und der Soldat fuhr fort: Tanz du nur einmal, während der Zeit wird dein Vater um ein paar tausend Gulden reicher und ich krieg' dich immer weniger. Ich weiß nicht, ob's recht ist, sagte eine Mädchenstimme, und halb gezogen erschien Fränz auf der Schwelle mit hochglühendem Antlitze. Soll ich euch aufspielen? rief Diethelm, sich umwendend. Der Soldat und Fränz ließen vor Schreck die Hände los. Der Soldat faßte sich schnell wieder und grüßte Diethelm, dieser aber sagte: Du bist's? wie kommst du daher, Munde? Ich hab' Urlaub genommen, und es freut mich, daß ich auch meinen alten Herrn seh'. So? Willst eine Halbe trinken? Freilich. Seh, da hast Geld, trink eine, und Diethelm reichte mit diesen Worten dem über und über erröthenden Soldaten einen Sechsbätzner. Der Soldat, der nicht anders erwartet zu haben schien, als Diethelm würde ihn mit zum Wein nehmen, wußte nicht, sollte er die Hand zum Faustschlag <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0024"/> den Reppenberger aufzusuchen. Diethelm hatte abzuwehren so gut er konnte, und glücklicherweise erlös'te ihn ein junger modisch gekleideter Mann, der mit vielen Bücklingen auf ihn zu kam, sich als ältesten Sohn des Sternwirths vorstellte und Diethelm bat, in die Herrenstube zu kommen.</p><lb/> <p>Die Welt duldete es gar nicht mehr, auch wenn er es selbst gewollt hätte, daß er in niederem Bereiche verweilte. Diethelm betrachtete sich selbst, um zu erkunden, was denn an ihm sei, daß ihm Jeder ungefragt eine höhere Stufe anwies. Er folgte dem jungen Manne, der äußerst ehrerbietig war, die Treppe hinab, und als er eben die Klinke zur Herrenstube in der Hand hatte, hörte er einen Soldaten unter der Hausthüre sagen: komm nur. Diethelm drehte sich um, die Stimme war ihm bekannt, und der Soldat fuhr fort:</p><lb/> <p>Tanz du nur einmal, während der Zeit wird dein Vater um ein paar tausend Gulden reicher und ich krieg' dich immer weniger.</p><lb/> <p>Ich weiß nicht, ob's recht ist, sagte eine Mädchenstimme, und halb gezogen erschien Fränz auf der Schwelle mit hochglühendem Antlitze.</p><lb/> <p>Soll ich euch aufspielen? rief Diethelm, sich umwendend. Der Soldat und Fränz ließen vor Schreck die Hände los.</p><lb/> <p>Der Soldat faßte sich schnell wieder und grüßte Diethelm, dieser aber sagte: </p><lb/> <p>Du bist's? wie kommst du daher, Munde?</p><lb/> <p>Ich hab' Urlaub genommen, und es freut mich, daß ich auch meinen alten Herrn seh'.</p><lb/> <p>So? Willst eine Halbe trinken?</p><lb/> <p>Freilich.</p><lb/> <p>Seh, da hast Geld, trink eine, und Diethelm reichte mit diesen Worten dem über und über erröthenden Soldaten einen Sechsbätzner. Der Soldat, der nicht anders erwartet zu haben schien, als Diethelm würde ihn mit zum Wein nehmen, wußte nicht, sollte er die Hand zum Faustschlag<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0024]
den Reppenberger aufzusuchen. Diethelm hatte abzuwehren so gut er konnte, und glücklicherweise erlös'te ihn ein junger modisch gekleideter Mann, der mit vielen Bücklingen auf ihn zu kam, sich als ältesten Sohn des Sternwirths vorstellte und Diethelm bat, in die Herrenstube zu kommen.
Die Welt duldete es gar nicht mehr, auch wenn er es selbst gewollt hätte, daß er in niederem Bereiche verweilte. Diethelm betrachtete sich selbst, um zu erkunden, was denn an ihm sei, daß ihm Jeder ungefragt eine höhere Stufe anwies. Er folgte dem jungen Manne, der äußerst ehrerbietig war, die Treppe hinab, und als er eben die Klinke zur Herrenstube in der Hand hatte, hörte er einen Soldaten unter der Hausthüre sagen: komm nur. Diethelm drehte sich um, die Stimme war ihm bekannt, und der Soldat fuhr fort:
Tanz du nur einmal, während der Zeit wird dein Vater um ein paar tausend Gulden reicher und ich krieg' dich immer weniger.
Ich weiß nicht, ob's recht ist, sagte eine Mädchenstimme, und halb gezogen erschien Fränz auf der Schwelle mit hochglühendem Antlitze.
Soll ich euch aufspielen? rief Diethelm, sich umwendend. Der Soldat und Fränz ließen vor Schreck die Hände los.
Der Soldat faßte sich schnell wieder und grüßte Diethelm, dieser aber sagte:
Du bist's? wie kommst du daher, Munde?
Ich hab' Urlaub genommen, und es freut mich, daß ich auch meinen alten Herrn seh'.
So? Willst eine Halbe trinken?
Freilich.
Seh, da hast Geld, trink eine, und Diethelm reichte mit diesen Worten dem über und über erröthenden Soldaten einen Sechsbätzner. Der Soldat, der nicht anders erwartet zu haben schien, als Diethelm würde ihn mit zum Wein nehmen, wußte nicht, sollte er die Hand zum Faustschlag
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-14T13:04:01Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-14T13:04:01Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |