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Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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tigen Zank mit seinem Schwäher, er wollte sich die Geldgurte umschnallen, Diethelm aber lachte ihm ins Gesicht.

Dann reiß' ich sie Euch auf öffentlichem Markt vom Leib herunter, wenn Ihr mich so gehen lasset und ich Euch damit seh', drohte Munde und ging hinab in die Wirthsstube.

Diethelm schaute hoch verwundert dem so plötzlich Veränderten nach, und Fränz sah mit Schrecken die böse Saat aufgehen, die sie gesäet; sie wußte aber den Vater noch dahin zu beschwichtigen, kein Geld mit auf den Markt zu nehmen, die Leute könnten es für Prahlerei ansehen, und das müsse man vermeiden nach so einem Unglück. In der Wirthsstube übergab hierauf Diethelm der Rautenwirthin die Geldgurte zum Aufbewahren, und Munde lächelte vergnügt zu seinem Siege. Diethelm traf hier viele Bekannte, unter denselben auch den uns noch erinnerlichen Reppenberger und den Steinbauer. Reppenberger war eben so zuthulich und redselig, als der Steinbauer unachtsam und maulfaul; er erzählte, daß er einen umfangreichen Branntweinhandel betreibe, er habe den Vertrieb übernommen und fahre mit seinem Einspänner im Lande umher, während sein Geschäftsgenosse das Brennen aus dem Grunde verstehe.

Munde trat auf Diethelm zu, wiederholte in entschiedener Weise einen früher gemachten Vorschlag, daß man die Rappen gegen gute Ackerpferde vertausche, sie brauchten ja keine Kutschenpferde mehr.

Diethelm widersprach heftig, und der Steinbauer, der sich sonst nicht in fremder Leute Sachen mischte, ließ sich doch zu den Worten herbei:

Dein Tochtermann hat Recht, Gäule, die gewohnt sind, in der Kutsch' zu laufen, gehen zu Grund, wenn sie wieder Zacker fahren müssen.

Der Steinbauer sagte das mit so schelmisch zwinkernden Augen, daß eine Bezüglichkeit seiner Worte auf die Lebensweise Diethelm's kaum zu verkennen war. Diethelm merkte das auch, aber er that, als ob er's nicht verstände; ihm war

tigen Zank mit seinem Schwäher, er wollte sich die Geldgurte umschnallen, Diethelm aber lachte ihm ins Gesicht.

Dann reiß' ich sie Euch auf öffentlichem Markt vom Leib herunter, wenn Ihr mich so gehen lasset und ich Euch damit seh', drohte Munde und ging hinab in die Wirthsstube.

Diethelm schaute hoch verwundert dem so plötzlich Veränderten nach, und Fränz sah mit Schrecken die böse Saat aufgehen, die sie gesäet; sie wußte aber den Vater noch dahin zu beschwichtigen, kein Geld mit auf den Markt zu nehmen, die Leute könnten es für Prahlerei ansehen, und das müsse man vermeiden nach so einem Unglück. In der Wirthsstube übergab hierauf Diethelm der Rautenwirthin die Geldgurte zum Aufbewahren, und Munde lächelte vergnügt zu seinem Siege. Diethelm traf hier viele Bekannte, unter denselben auch den uns noch erinnerlichen Reppenberger und den Steinbauer. Reppenberger war eben so zuthulich und redselig, als der Steinbauer unachtsam und maulfaul; er erzählte, daß er einen umfangreichen Branntweinhandel betreibe, er habe den Vertrieb übernommen und fahre mit seinem Einspänner im Lande umher, während sein Geschäftsgenosse das Brennen aus dem Grunde verstehe.

Munde trat auf Diethelm zu, wiederholte in entschiedener Weise einen früher gemachten Vorschlag, daß man die Rappen gegen gute Ackerpferde vertausche, sie brauchten ja keine Kutschenpferde mehr.

Diethelm widersprach heftig, und der Steinbauer, der sich sonst nicht in fremder Leute Sachen mischte, ließ sich doch zu den Worten herbei:

Dein Tochtermann hat Recht, Gäule, die gewohnt sind, in der Kutsch' zu laufen, gehen zu Grund, wenn sie wieder Zacker fahren müssen.

Der Steinbauer sagte das mit so schelmisch zwinkernden Augen, daß eine Bezüglichkeit seiner Worte auf die Lebensweise Diethelm's kaum zu verkennen war. Diethelm merkte das auch, aber er that, als ob er's nicht verstände; ihm war

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[0179] tigen Zank mit seinem Schwäher, er wollte sich die Geldgurte umschnallen, Diethelm aber lachte ihm ins Gesicht. Dann reiß' ich sie Euch auf öffentlichem Markt vom Leib herunter, wenn Ihr mich so gehen lasset und ich Euch damit seh', drohte Munde und ging hinab in die Wirthsstube. Diethelm schaute hoch verwundert dem so plötzlich Veränderten nach, und Fränz sah mit Schrecken die böse Saat aufgehen, die sie gesäet; sie wußte aber den Vater noch dahin zu beschwichtigen, kein Geld mit auf den Markt zu nehmen, die Leute könnten es für Prahlerei ansehen, und das müsse man vermeiden nach so einem Unglück. In der Wirthsstube übergab hierauf Diethelm der Rautenwirthin die Geldgurte zum Aufbewahren, und Munde lächelte vergnügt zu seinem Siege. Diethelm traf hier viele Bekannte, unter denselben auch den uns noch erinnerlichen Reppenberger und den Steinbauer. Reppenberger war eben so zuthulich und redselig, als der Steinbauer unachtsam und maulfaul; er erzählte, daß er einen umfangreichen Branntweinhandel betreibe, er habe den Vertrieb übernommen und fahre mit seinem Einspänner im Lande umher, während sein Geschäftsgenosse das Brennen aus dem Grunde verstehe. Munde trat auf Diethelm zu, wiederholte in entschiedener Weise einen früher gemachten Vorschlag, daß man die Rappen gegen gute Ackerpferde vertausche, sie brauchten ja keine Kutschenpferde mehr. Diethelm widersprach heftig, und der Steinbauer, der sich sonst nicht in fremder Leute Sachen mischte, ließ sich doch zu den Worten herbei: Dein Tochtermann hat Recht, Gäule, die gewohnt sind, in der Kutsch' zu laufen, gehen zu Grund, wenn sie wieder Zacker fahren müssen. Der Steinbauer sagte das mit so schelmisch zwinkernden Augen, daß eine Bezüglichkeit seiner Worte auf die Lebensweise Diethelm's kaum zu verkennen war. Diethelm merkte das auch, aber er that, als ob er's nicht verstände; ihm war

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/179>, abgerufen am 25.11.2024.