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Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Guck, ich kann mir's gar nicht denken, daß das Fuhrwerk mein eigen sein soll und daheim noch so viel, ich mein' immer, es sei nur geliehen, ich bin bei euch zu Gast und ihr könnet mich morgen fortschicken.

Du bist ein schrecklich guter, aber auch zum Verzweifeln weichmüthiger Mensch. Du bist ein gutes Schaf, aber du mußt anders werden. Wir Zwei haben unsern Alten am Bändel, er merkt wohl, was wir Zwei von ihm wissen.

Meinst du, er hab's wirklich than?

Es ist brav von dir, daß du mir's jetzt ausreden willst, sagte Fränz, aber ich weiß es nicht von dir allein. Ich könnt' auftreten, wenn ich wollt'! Das weiß er. Und so wirst du doch nicht auf den Kopf gefallen sein, daß du nicht merkst, er hätt' uns nicht zusammen geben, wenn ihm nicht das Gewissen schlagen thät'. Wir Zwei sind unschuldig. Uns geht's nichts an. Drum mußt du dabei bleiben, daß er vor der Hochzeit alles Vermögen an uns abtreten muß. Es soll ihm nichts abgehen, er ist ja der Vater, aber wir sind die Meisterleut', so muß es sein. Kinder haben nichts darnach zu fragen, woher die Eltern das Sach haben, in zweiter Hand ist es redlich Gut, und es muß ihm auch recht sein, daß er nichts mehr damit zu thun hat.

Die Raben, die im ersten Frühling immer so laut krächzen, flogen über den Weg hin und her, und Munde war's plötzlich, als schrieen sie Rache und wäre die ganze Welt um ihn verkehrt. Er faßte sich aber und sagte endlich, nachdem er Fränz lange an sich hatte hinreden lassen:

Du willst mir nur die Zunge heben. Es kann nicht sein, daß du das glaubst.

Ich erkenn' deine Gutheit wohl, erwiderte Fränz, aber wir Zwei brauchen uns nichts vor einander verhehlen. Es hat schon Mancher Aergeres gethan als mein Vater, und daß dein Medard verunglückt ist, dafür kann er nicht. Aber dabei bleiben mußt, daß wir die Meisterleut' sind, er ist

Guck, ich kann mir's gar nicht denken, daß das Fuhrwerk mein eigen sein soll und daheim noch so viel, ich mein' immer, es sei nur geliehen, ich bin bei euch zu Gast und ihr könnet mich morgen fortschicken.

Du bist ein schrecklich guter, aber auch zum Verzweifeln weichmüthiger Mensch. Du bist ein gutes Schaf, aber du mußt anders werden. Wir Zwei haben unsern Alten am Bändel, er merkt wohl, was wir Zwei von ihm wissen.

Meinst du, er hab's wirklich than?

Es ist brav von dir, daß du mir's jetzt ausreden willst, sagte Fränz, aber ich weiß es nicht von dir allein. Ich könnt' auftreten, wenn ich wollt'! Das weiß er. Und so wirst du doch nicht auf den Kopf gefallen sein, daß du nicht merkst, er hätt' uns nicht zusammen geben, wenn ihm nicht das Gewissen schlagen thät'. Wir Zwei sind unschuldig. Uns geht's nichts an. Drum mußt du dabei bleiben, daß er vor der Hochzeit alles Vermögen an uns abtreten muß. Es soll ihm nichts abgehen, er ist ja der Vater, aber wir sind die Meisterleut', so muß es sein. Kinder haben nichts darnach zu fragen, woher die Eltern das Sach haben, in zweiter Hand ist es redlich Gut, und es muß ihm auch recht sein, daß er nichts mehr damit zu thun hat.

Die Raben, die im ersten Frühling immer so laut krächzen, flogen über den Weg hin und her, und Munde war's plötzlich, als schrieen sie Rache und wäre die ganze Welt um ihn verkehrt. Er faßte sich aber und sagte endlich, nachdem er Fränz lange an sich hatte hinreden lassen:

Du willst mir nur die Zunge heben. Es kann nicht sein, daß du das glaubst.

Ich erkenn' deine Gutheit wohl, erwiderte Fränz, aber wir Zwei brauchen uns nichts vor einander verhehlen. Es hat schon Mancher Aergeres gethan als mein Vater, und daß dein Medard verunglückt ist, dafür kann er nicht. Aber dabei bleiben mußt, daß wir die Meisterleut' sind, er ist

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[0170] Guck, ich kann mir's gar nicht denken, daß das Fuhrwerk mein eigen sein soll und daheim noch so viel, ich mein' immer, es sei nur geliehen, ich bin bei euch zu Gast und ihr könnet mich morgen fortschicken. Du bist ein schrecklich guter, aber auch zum Verzweifeln weichmüthiger Mensch. Du bist ein gutes Schaf, aber du mußt anders werden. Wir Zwei haben unsern Alten am Bändel, er merkt wohl, was wir Zwei von ihm wissen. Meinst du, er hab's wirklich than? Es ist brav von dir, daß du mir's jetzt ausreden willst, sagte Fränz, aber ich weiß es nicht von dir allein. Ich könnt' auftreten, wenn ich wollt'! Das weiß er. Und so wirst du doch nicht auf den Kopf gefallen sein, daß du nicht merkst, er hätt' uns nicht zusammen geben, wenn ihm nicht das Gewissen schlagen thät'. Wir Zwei sind unschuldig. Uns geht's nichts an. Drum mußt du dabei bleiben, daß er vor der Hochzeit alles Vermögen an uns abtreten muß. Es soll ihm nichts abgehen, er ist ja der Vater, aber wir sind die Meisterleut', so muß es sein. Kinder haben nichts darnach zu fragen, woher die Eltern das Sach haben, in zweiter Hand ist es redlich Gut, und es muß ihm auch recht sein, daß er nichts mehr damit zu thun hat. Die Raben, die im ersten Frühling immer so laut krächzen, flogen über den Weg hin und her, und Munde war's plötzlich, als schrieen sie Rache und wäre die ganze Welt um ihn verkehrt. Er faßte sich aber und sagte endlich, nachdem er Fränz lange an sich hatte hinreden lassen: Du willst mir nur die Zunge heben. Es kann nicht sein, daß du das glaubst. Ich erkenn' deine Gutheit wohl, erwiderte Fränz, aber wir Zwei brauchen uns nichts vor einander verhehlen. Es hat schon Mancher Aergeres gethan als mein Vater, und daß dein Medard verunglückt ist, dafür kann er nicht. Aber dabei bleiben mußt, daß wir die Meisterleut' sind, er ist

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/170>, abgerufen am 24.11.2024.