Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.nun Liebe zu Munde und Furcht vor ihm; sie setzte aber schnell hinzu: Mein Vater ist freigesprochen, und es darf Niemand mehr so was reden und denken. Sag das deinem Vater. Es steht Zuchthaus drauf. Auch aufs Denken? fragte Munde, und Fränz erwiderte unwillig: Ich hab' nichts mehr mit dir zu reden, wenn du so bist. Ich glaub' an keinen Menschen mehr, weil auch du schlechte Gedanken hast. O Munde, ich könnt' mir die Augen ausweinen über dich. Ich hab' dich so gern gehabt. Jetzt darf ich's sagen, es ist ja vorbei. Nein, es ist nicht vorbei, rief Munde aufflammend, ja du hast Recht, es ist schlecht, so was zu denken. Gieb mir dein' Hand, komm, wir gehen zu deinem Vater, er hat mich kommen heißen. Fränz, hast mich denn wirklich noch so gern? Es kommt drauf an, wie du bist. Allem Anschein nach hast du dich verändert. Du hast doch immer so ein gutes Gemüth gehabt. Und ich hab's noch, wenn du mich lieb hast, komm, Fränz, komm. Hand in Hand gingen beide in das Waldhorn zu Diethelm. Jede andere Empfindung wurde bei Fränz von dem Triumphe überragt, daß sie den Munde hinter sich drein ziehen könne, wohin sie wolle. Hast dich besonnen? fragte Diethelm nach den ersten Begrüßungen. Auf was? erwiderte Munde stotternd, indem er schnell umherschaute und vor sich niederblickte. Diethelm ertrug jetzt seine Stimme schon gleichmüthiger und sagte daher achselzuckend: Das ist dein' Sach. Ich will dir nur sagen, daß dein . . . dein Medard noch vierzig Gulden Lohn bei mir stehen nun Liebe zu Munde und Furcht vor ihm; sie setzte aber schnell hinzu: Mein Vater ist freigesprochen, und es darf Niemand mehr so was reden und denken. Sag das deinem Vater. Es steht Zuchthaus drauf. Auch aufs Denken? fragte Munde, und Fränz erwiderte unwillig: Ich hab' nichts mehr mit dir zu reden, wenn du so bist. Ich glaub' an keinen Menschen mehr, weil auch du schlechte Gedanken hast. O Munde, ich könnt' mir die Augen ausweinen über dich. Ich hab' dich so gern gehabt. Jetzt darf ich's sagen, es ist ja vorbei. Nein, es ist nicht vorbei, rief Munde aufflammend, ja du hast Recht, es ist schlecht, so was zu denken. Gieb mir dein' Hand, komm, wir gehen zu deinem Vater, er hat mich kommen heißen. Fränz, hast mich denn wirklich noch so gern? Es kommt drauf an, wie du bist. Allem Anschein nach hast du dich verändert. Du hast doch immer so ein gutes Gemüth gehabt. Und ich hab's noch, wenn du mich lieb hast, komm, Fränz, komm. Hand in Hand gingen beide in das Waldhorn zu Diethelm. Jede andere Empfindung wurde bei Fränz von dem Triumphe überragt, daß sie den Munde hinter sich drein ziehen könne, wohin sie wolle. Hast dich besonnen? fragte Diethelm nach den ersten Begrüßungen. Auf was? erwiderte Munde stotternd, indem er schnell umherschaute und vor sich niederblickte. Diethelm ertrug jetzt seine Stimme schon gleichmüthiger und sagte daher achselzuckend: Das ist dein' Sach. Ich will dir nur sagen, daß dein . . . dein Medard noch vierzig Gulden Lohn bei mir stehen <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="22"> <p><pb facs="#f0160"/> nun Liebe zu Munde und Furcht vor ihm; sie setzte aber schnell hinzu:</p><lb/> <p>Mein Vater ist freigesprochen, und es darf Niemand mehr so was reden und denken. Sag das deinem Vater. Es steht Zuchthaus drauf.</p><lb/> <p>Auch aufs Denken? fragte Munde, und Fränz erwiderte unwillig:</p><lb/> <p>Ich hab' nichts mehr mit dir zu reden, wenn du so bist. Ich glaub' an keinen Menschen mehr, weil auch du schlechte Gedanken hast. O Munde, ich könnt' mir die Augen ausweinen über dich. Ich hab' dich so gern gehabt. Jetzt darf ich's sagen, es ist ja vorbei.</p><lb/> <p>Nein, es ist nicht vorbei, rief Munde aufflammend, ja du hast Recht, es ist schlecht, so was zu denken. Gieb mir dein' Hand, komm, wir gehen zu deinem Vater, er hat mich kommen heißen. Fränz, hast mich denn wirklich noch so gern?</p><lb/> <p>Es kommt drauf an, wie du bist. Allem Anschein nach hast du dich verändert. Du hast doch immer so ein gutes Gemüth gehabt.</p><lb/> <p>Und ich hab's noch, wenn du mich lieb hast, komm, Fränz, komm.</p><lb/> <p>Hand in Hand gingen beide in das Waldhorn zu Diethelm. Jede andere Empfindung wurde bei Fränz von dem Triumphe überragt, daß sie den Munde hinter sich drein ziehen könne, wohin sie wolle.</p><lb/> <p>Hast dich besonnen? fragte Diethelm nach den ersten Begrüßungen.</p><lb/> <p>Auf was? erwiderte Munde stotternd, indem er schnell umherschaute und vor sich niederblickte. Diethelm ertrug jetzt seine Stimme schon gleichmüthiger und sagte daher achselzuckend:</p><lb/> <p>Das ist dein' Sach. Ich will dir nur sagen, daß dein . . . dein Medard noch vierzig Gulden Lohn bei mir stehen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0160]
nun Liebe zu Munde und Furcht vor ihm; sie setzte aber schnell hinzu:
Mein Vater ist freigesprochen, und es darf Niemand mehr so was reden und denken. Sag das deinem Vater. Es steht Zuchthaus drauf.
Auch aufs Denken? fragte Munde, und Fränz erwiderte unwillig:
Ich hab' nichts mehr mit dir zu reden, wenn du so bist. Ich glaub' an keinen Menschen mehr, weil auch du schlechte Gedanken hast. O Munde, ich könnt' mir die Augen ausweinen über dich. Ich hab' dich so gern gehabt. Jetzt darf ich's sagen, es ist ja vorbei.
Nein, es ist nicht vorbei, rief Munde aufflammend, ja du hast Recht, es ist schlecht, so was zu denken. Gieb mir dein' Hand, komm, wir gehen zu deinem Vater, er hat mich kommen heißen. Fränz, hast mich denn wirklich noch so gern?
Es kommt drauf an, wie du bist. Allem Anschein nach hast du dich verändert. Du hast doch immer so ein gutes Gemüth gehabt.
Und ich hab's noch, wenn du mich lieb hast, komm, Fränz, komm.
Hand in Hand gingen beide in das Waldhorn zu Diethelm. Jede andere Empfindung wurde bei Fränz von dem Triumphe überragt, daß sie den Munde hinter sich drein ziehen könne, wohin sie wolle.
Hast dich besonnen? fragte Diethelm nach den ersten Begrüßungen.
Auf was? erwiderte Munde stotternd, indem er schnell umherschaute und vor sich niederblickte. Diethelm ertrug jetzt seine Stimme schon gleichmüthiger und sagte daher achselzuckend:
Das ist dein' Sach. Ich will dir nur sagen, daß dein . . . dein Medard noch vierzig Gulden Lohn bei mir stehen
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Zitationshilfe: | Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/160>, abgerufen am 25.07.2024. |