Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.und daß keine Krankheit dort und auch keine kranken darunter waren, und schloß endlich: Neun und neunzig Schäfer hundert Betrüger, sagt man im Sprüchwort, und es ist noch mehr als wahr. Drum will ich nichts mehr davon. Die Umsitzenden stimmten auch in die Klagen über die Schäfer ein, und Jeder hatte zu erzählen, wie man seit des Erzvaters Jakob Zeiten, um ihrer sicher zu sein, ihnen einige Schafe als Eigenthum bei der Heerde halten muß, wie sie diese aber zu gewöhnen wissen, daß sie den anderen stets das beste Futter wegfressen, wie sie den Hund abrichten, daß er nie ein Schäferschaf beißt, wie sie immer die besten und schönsten Lämmer haben und den Mutterschafen ihre nichtsnutzigen unterschieben; kommt dann der Herr dazu, so heißt es, wie das auch bei der natürlichen Mutter sein kann: es will noch nicht recht annehmen. Allerlei Schelmenstreiche von Schäfern wurden erzählt, und das Gespräch schien sich fast ganz hierin zu verlieren, bis es Diethelm wieder auf den Handel brachte, aber er zuckte zusammen, als der Steinbauer, nachdem er das eingeschenkte Glas ausgetrunken hatte, ruhig sagte, er handle nur um baar Geld. Bin ich dir nicht gut? fragte Diethelm trotzig. Du bist mir gut, und daß du mir's bleibst, ist baar Geld das beste, sagte der Steinbauer und schob seine Tabakspfeife in den linken Mundwinkel, während er aus dem rechten den Rauch blies. Er sah dabei nochmal so listig aus. Ist dir mein Schwager, der Schäuflerdavid, auch nicht gut? fragte Diethelm. Der Schäuflerdavid? Freilich, der ist auch gut; wenn er sich verbürgt, kann ich bis Fastnacht mit dem Geld warten. Diethelm hob hastig beide Achseln, wie wenn er etwas abschütteln müsse, dann lachte er laut und sagte: Komm jetzt, wir wollen 'naus auf den Markt. und daß keine Krankheit dort und auch keine kranken darunter waren, und schloß endlich: Neun und neunzig Schäfer hundert Betrüger, sagt man im Sprüchwort, und es ist noch mehr als wahr. Drum will ich nichts mehr davon. Die Umsitzenden stimmten auch in die Klagen über die Schäfer ein, und Jeder hatte zu erzählen, wie man seit des Erzvaters Jakob Zeiten, um ihrer sicher zu sein, ihnen einige Schafe als Eigenthum bei der Heerde halten muß, wie sie diese aber zu gewöhnen wissen, daß sie den anderen stets das beste Futter wegfressen, wie sie den Hund abrichten, daß er nie ein Schäferschaf beißt, wie sie immer die besten und schönsten Lämmer haben und den Mutterschafen ihre nichtsnutzigen unterschieben; kommt dann der Herr dazu, so heißt es, wie das auch bei der natürlichen Mutter sein kann: es will noch nicht recht annehmen. Allerlei Schelmenstreiche von Schäfern wurden erzählt, und das Gespräch schien sich fast ganz hierin zu verlieren, bis es Diethelm wieder auf den Handel brachte, aber er zuckte zusammen, als der Steinbauer, nachdem er das eingeschenkte Glas ausgetrunken hatte, ruhig sagte, er handle nur um baar Geld. Bin ich dir nicht gut? fragte Diethelm trotzig. Du bist mir gut, und daß du mir's bleibst, ist baar Geld das beste, sagte der Steinbauer und schob seine Tabakspfeife in den linken Mundwinkel, während er aus dem rechten den Rauch blies. Er sah dabei nochmal so listig aus. Ist dir mein Schwager, der Schäuflerdavid, auch nicht gut? fragte Diethelm. Der Schäuflerdavid? Freilich, der ist auch gut; wenn er sich verbürgt, kann ich bis Fastnacht mit dem Geld warten. Diethelm hob hastig beide Achseln, wie wenn er etwas abschütteln müsse, dann lachte er laut und sagte: Komm jetzt, wir wollen 'naus auf den Markt. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0016"/> und daß keine Krankheit dort und auch keine kranken darunter waren, und schloß endlich:</p><lb/> <p>Neun und neunzig Schäfer hundert Betrüger, sagt man im Sprüchwort, und es ist noch mehr als wahr. 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Allerlei Schelmenstreiche von Schäfern wurden erzählt, und das Gespräch schien sich fast ganz hierin zu verlieren, bis es Diethelm wieder auf den Handel brachte, aber er zuckte zusammen, als der Steinbauer, nachdem er das eingeschenkte Glas ausgetrunken hatte, ruhig sagte, er handle nur um baar Geld.</p><lb/> <p>Bin ich dir nicht gut? fragte Diethelm trotzig.</p><lb/> <p>Du bist mir gut, und daß du mir's bleibst, ist baar Geld das beste, sagte der Steinbauer und schob seine Tabakspfeife in den linken Mundwinkel, während er aus dem rechten den Rauch blies. Er sah dabei nochmal so listig aus.</p><lb/> <p>Ist dir mein Schwager, der Schäuflerdavid, auch nicht gut? fragte Diethelm.</p><lb/> <p>Der Schäuflerdavid? 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Die Umsitzenden stimmten auch in die Klagen über die Schäfer ein, und Jeder hatte zu erzählen, wie man seit des Erzvaters Jakob Zeiten, um ihrer sicher zu sein, ihnen einige Schafe als Eigenthum bei der Heerde halten muß, wie sie diese aber zu gewöhnen wissen, daß sie den anderen stets das beste Futter wegfressen, wie sie den Hund abrichten, daß er nie ein Schäferschaf beißt, wie sie immer die besten und schönsten Lämmer haben und den Mutterschafen ihre nichtsnutzigen unterschieben; kommt dann der Herr dazu, so heißt es, wie das auch bei der natürlichen Mutter sein kann: es will noch nicht recht annehmen. Allerlei Schelmenstreiche von Schäfern wurden erzählt, und das Gespräch schien sich fast ganz hierin zu verlieren, bis es Diethelm wieder auf den Handel brachte, aber er zuckte zusammen, als der Steinbauer, nachdem er das eingeschenkte Glas ausgetrunken hatte, ruhig sagte, er handle nur um baar Geld.
Bin ich dir nicht gut? fragte Diethelm trotzig.
Du bist mir gut, und daß du mir's bleibst, ist baar Geld das beste, sagte der Steinbauer und schob seine Tabakspfeife in den linken Mundwinkel, während er aus dem rechten den Rauch blies. Er sah dabei nochmal so listig aus.
Ist dir mein Schwager, der Schäuflerdavid, auch nicht gut? fragte Diethelm.
Der Schäuflerdavid? Freilich, der ist auch gut; wenn er sich verbürgt, kann ich bis Fastnacht mit dem Geld warten.
Diethelm hob hastig beide Achseln, wie wenn er etwas abschütteln müsse, dann lachte er laut und sagte:
Komm jetzt, wir wollen 'naus auf den Markt.
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Zitationshilfe: | Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/16>, abgerufen am 25.07.2024. |