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Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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fühlte, daß er jetzt keine Schmauserei halten konnte, es war schon zu erdrückend viel an dem Geschehenen, er schloß daher: In vier Wochen halt' ich meiner Bruderstochter hier Hochzeit, ich lad' euch heute Alle dazu ein auf meine Kosten. Nochmals sage ich euch meinen herzlichen Dank.

Diethelm drängte den Vetter fast zu Boden, als er abstieg.

Unter den Reitern zeigte sich aber eine offenbare Mißstimmung. Es geht im Großen wie im Kleinen so, ein versprochener Zukunftstrunk macht eher verdrossen als lustig, wer weiß, was dann ist, wenn die versprochene Zeit kommt; man will eben trinken, wenn Gemüth und Zunge einmal dazu vorbereitet sind, heute, eben jetzt, und da hilft eine noch so sichere Vertröstung auf kommende Tage nichts.

Der Vetter sah schon, daß er etwas auf seine Kappe nehmen mußte, er war der nachträglichen Bestätigung sicher; er sagte daher jedem Einzelnen, daß es bei der Hochzeitseinladung verbleibe, daß aber heute Jeder ein Halbmaß Wein auf Diethelm's Kosten trinken könne, er habe das nur nicht laut sagen wollen, weil er glaube, es schickt sich nicht.

Nun war doch eine mäßige Beruhigung hergestellt, und im Waldhorn ging's hoch her in Schmausen und Unterredungen. Die eine Halbmaß zog Kameraden nach, und der Vetter hätte nichts dabei verloren, wenn er die Schenkung wirklich auf seine Kappe genommen hätte. Diethelm saß indessen in der obern Stube, und hielt beide Hände vors Gesicht, die Augen brannten ihm, aber weinen konnte er nicht. Mitten unter dem Ehrenjubel, der ihn neu ins Leben zurückführte, konnte er den Gedanken nicht los werden, daß das ein Leichenbegängniß wäre, sein eigenes, er war scheintodt und er konnte nicht aufschreien: ihr begrabt einen Mann, der lebt, nein, ihr begrüßt unter den Lebenden einen Todten. Hirnverwirrend drang es auf ihn ein, und er meinte, er sei wahnsinnig, er hätte gerne gesprochen, um vor sich selber sicher zu werden, wie er sei, aber der Lärm war so groß

fühlte, daß er jetzt keine Schmauserei halten konnte, es war schon zu erdrückend viel an dem Geschehenen, er schloß daher: In vier Wochen halt' ich meiner Bruderstochter hier Hochzeit, ich lad' euch heute Alle dazu ein auf meine Kosten. Nochmals sage ich euch meinen herzlichen Dank.

Diethelm drängte den Vetter fast zu Boden, als er abstieg.

Unter den Reitern zeigte sich aber eine offenbare Mißstimmung. Es geht im Großen wie im Kleinen so, ein versprochener Zukunftstrunk macht eher verdrossen als lustig, wer weiß, was dann ist, wenn die versprochene Zeit kommt; man will eben trinken, wenn Gemüth und Zunge einmal dazu vorbereitet sind, heute, eben jetzt, und da hilft eine noch so sichere Vertröstung auf kommende Tage nichts.

Der Vetter sah schon, daß er etwas auf seine Kappe nehmen mußte, er war der nachträglichen Bestätigung sicher; er sagte daher jedem Einzelnen, daß es bei der Hochzeitseinladung verbleibe, daß aber heute Jeder ein Halbmaß Wein auf Diethelm's Kosten trinken könne, er habe das nur nicht laut sagen wollen, weil er glaube, es schickt sich nicht.

Nun war doch eine mäßige Beruhigung hergestellt, und im Waldhorn ging's hoch her in Schmausen und Unterredungen. Die eine Halbmaß zog Kameraden nach, und der Vetter hätte nichts dabei verloren, wenn er die Schenkung wirklich auf seine Kappe genommen hätte. Diethelm saß indessen in der obern Stube, und hielt beide Hände vors Gesicht, die Augen brannten ihm, aber weinen konnte er nicht. Mitten unter dem Ehrenjubel, der ihn neu ins Leben zurückführte, konnte er den Gedanken nicht los werden, daß das ein Leichenbegängniß wäre, sein eigenes, er war scheintodt und er konnte nicht aufschreien: ihr begrabt einen Mann, der lebt, nein, ihr begrüßt unter den Lebenden einen Todten. Hirnverwirrend drang es auf ihn ein, und er meinte, er sei wahnsinnig, er hätte gerne gesprochen, um vor sich selber sicher zu werden, wie er sei, aber der Lärm war so groß

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[0151] fühlte, daß er jetzt keine Schmauserei halten konnte, es war schon zu erdrückend viel an dem Geschehenen, er schloß daher: In vier Wochen halt' ich meiner Bruderstochter hier Hochzeit, ich lad' euch heute Alle dazu ein auf meine Kosten. Nochmals sage ich euch meinen herzlichen Dank. Diethelm drängte den Vetter fast zu Boden, als er abstieg. Unter den Reitern zeigte sich aber eine offenbare Mißstimmung. Es geht im Großen wie im Kleinen so, ein versprochener Zukunftstrunk macht eher verdrossen als lustig, wer weiß, was dann ist, wenn die versprochene Zeit kommt; man will eben trinken, wenn Gemüth und Zunge einmal dazu vorbereitet sind, heute, eben jetzt, und da hilft eine noch so sichere Vertröstung auf kommende Tage nichts. Der Vetter sah schon, daß er etwas auf seine Kappe nehmen mußte, er war der nachträglichen Bestätigung sicher; er sagte daher jedem Einzelnen, daß es bei der Hochzeitseinladung verbleibe, daß aber heute Jeder ein Halbmaß Wein auf Diethelm's Kosten trinken könne, er habe das nur nicht laut sagen wollen, weil er glaube, es schickt sich nicht. Nun war doch eine mäßige Beruhigung hergestellt, und im Waldhorn ging's hoch her in Schmausen und Unterredungen. Die eine Halbmaß zog Kameraden nach, und der Vetter hätte nichts dabei verloren, wenn er die Schenkung wirklich auf seine Kappe genommen hätte. Diethelm saß indessen in der obern Stube, und hielt beide Hände vors Gesicht, die Augen brannten ihm, aber weinen konnte er nicht. Mitten unter dem Ehrenjubel, der ihn neu ins Leben zurückführte, konnte er den Gedanken nicht los werden, daß das ein Leichenbegängniß wäre, sein eigenes, er war scheintodt und er konnte nicht aufschreien: ihr begrabt einen Mann, der lebt, nein, ihr begrüßt unter den Lebenden einen Todten. Hirnverwirrend drang es auf ihn ein, und er meinte, er sei wahnsinnig, er hätte gerne gesprochen, um vor sich selber sicher zu werden, wie er sei, aber der Lärm war so groß

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/151>, abgerufen am 22.11.2024.