Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Diethelm sah dem Reppenberger steif ins Gesicht, als müßte er herausgraben, was er von ihm denke; schnell sagte er aber ganz laut: Es ist nur Spaß, daß ich einkaufen will, das Futter ist klemm, und ich brauch' Geld, ich hab's nicht in Säcken stehen, wie Ihr meint. Alles widersprach und schalt zutraulich auf ihn, daß so ein Mann sage, er brauche Geld; man wisse ja, daß er Capitale ausstehen habe, mehr als seinen Schuldnern lieb sei. Zweites Kapitel. Diethelm ging lächelnd die Stube auf und ab, sein Kleinthun hatte mehr genützt als alle Prahlerei; er blieb bei dem Steinbauer stehen, gab ihm einen derben Schlag auf den Buckel und sagte: Wie, Steinbauer, kennst mich noch? Freilich, grüß Gott. Ich hab' nur warten wollen, bis ich gessen hab'. Ruck ein bisle zusammen, ich will mich zu dir setzen. Fränz, da komm her. Ist das die Tochter? fragte der Steinbauer, etwas verwirrt an die Seite rückend; er erinnerte sich nicht, daß er sich mit Diethelm dutzte. Wenn du nicht so altbacken wärst, könntest sie heirathen, entgegnete Diethelm. Der Krebssteinbauer grins'te nur gar seltsam und schwieg, er war überhaupt kein Freund vom vielen Reden und vorab beim Essen. Nur einmal wendete er sich um, und auf das Haupt Diethelm's deutend, sagte er: Auch grau geworden seit dem letzten Jahr. Diethelm sah dem Reppenberger steif ins Gesicht, als müßte er herausgraben, was er von ihm denke; schnell sagte er aber ganz laut: Es ist nur Spaß, daß ich einkaufen will, das Futter ist klemm, und ich brauch' Geld, ich hab's nicht in Säcken stehen, wie Ihr meint. Alles widersprach und schalt zutraulich auf ihn, daß so ein Mann sage, er brauche Geld; man wisse ja, daß er Capitale ausstehen habe, mehr als seinen Schuldnern lieb sei. Zweites Kapitel. Diethelm ging lächelnd die Stube auf und ab, sein Kleinthun hatte mehr genützt als alle Prahlerei; er blieb bei dem Steinbauer stehen, gab ihm einen derben Schlag auf den Buckel und sagte: Wie, Steinbauer, kennst mich noch? Freilich, grüß Gott. Ich hab' nur warten wollen, bis ich gessen hab'. Ruck ein bisle zusammen, ich will mich zu dir setzen. Fränz, da komm her. Ist das die Tochter? fragte der Steinbauer, etwas verwirrt an die Seite rückend; er erinnerte sich nicht, daß er sich mit Diethelm dutzte. Wenn du nicht so altbacken wärst, könntest sie heirathen, entgegnete Diethelm. Der Krebssteinbauer grins'te nur gar seltsam und schwieg, er war überhaupt kein Freund vom vielen Reden und vorab beim Essen. Nur einmal wendete er sich um, und auf das Haupt Diethelm's deutend, sagte er: Auch grau geworden seit dem letzten Jahr. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <pb facs="#f0013"/> <p>Diethelm sah dem Reppenberger steif ins Gesicht, als müßte er herausgraben, was er von ihm denke; schnell sagte er aber ganz laut:</p><lb/> <p>Es ist nur Spaß, daß ich einkaufen will, das Futter ist klemm, und ich brauch' Geld, ich hab's nicht in Säcken stehen, wie Ihr meint.</p><lb/> <p>Alles widersprach und schalt zutraulich auf ihn, daß so ein Mann sage, er brauche Geld; man wisse ja, daß er Capitale ausstehen habe, mehr als seinen Schuldnern lieb sei.</p><lb/> </div> <div type="chapter" n="2"> <head>Zweites Kapitel.</head><lb/> <p>Diethelm ging lächelnd die Stube auf und ab, sein Kleinthun hatte mehr genützt als alle Prahlerei; er blieb bei dem Steinbauer stehen, gab ihm einen derben Schlag auf den Buckel und sagte:</p><lb/> <p>Wie, Steinbauer, kennst mich noch?</p><lb/> <p>Freilich, grüß Gott. Ich hab' nur warten wollen, bis ich gessen hab'.</p><lb/> <p>Ruck ein bisle zusammen, ich will mich zu dir setzen. Fränz, da komm her.</p><lb/> <p>Ist das die Tochter? fragte der Steinbauer, etwas verwirrt an die Seite rückend; er erinnerte sich nicht, daß er sich mit Diethelm dutzte.</p><lb/> <p>Wenn du nicht so altbacken wärst, könntest sie heirathen, entgegnete Diethelm. Der Krebssteinbauer grins'te nur gar seltsam und schwieg, er war überhaupt kein Freund vom vielen Reden und vorab beim Essen. Nur einmal wendete er sich um, und auf das Haupt Diethelm's deutend, sagte er: Auch grau geworden seit dem letzten Jahr.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0013]
Diethelm sah dem Reppenberger steif ins Gesicht, als müßte er herausgraben, was er von ihm denke; schnell sagte er aber ganz laut:
Es ist nur Spaß, daß ich einkaufen will, das Futter ist klemm, und ich brauch' Geld, ich hab's nicht in Säcken stehen, wie Ihr meint.
Alles widersprach und schalt zutraulich auf ihn, daß so ein Mann sage, er brauche Geld; man wisse ja, daß er Capitale ausstehen habe, mehr als seinen Schuldnern lieb sei.
Zweites Kapitel.
Diethelm ging lächelnd die Stube auf und ab, sein Kleinthun hatte mehr genützt als alle Prahlerei; er blieb bei dem Steinbauer stehen, gab ihm einen derben Schlag auf den Buckel und sagte:
Wie, Steinbauer, kennst mich noch?
Freilich, grüß Gott. Ich hab' nur warten wollen, bis ich gessen hab'.
Ruck ein bisle zusammen, ich will mich zu dir setzen. Fränz, da komm her.
Ist das die Tochter? fragte der Steinbauer, etwas verwirrt an die Seite rückend; er erinnerte sich nicht, daß er sich mit Diethelm dutzte.
Wenn du nicht so altbacken wärst, könntest sie heirathen, entgegnete Diethelm. Der Krebssteinbauer grins'te nur gar seltsam und schwieg, er war überhaupt kein Freund vom vielen Reden und vorab beim Essen. Nur einmal wendete er sich um, und auf das Haupt Diethelm's deutend, sagte er: Auch grau geworden seit dem letzten Jahr.
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Zitationshilfe: | Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/13>, abgerufen am 22.02.2025. |