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Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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erhielt vom Landjäger den Befehl, sich auf einen Stuhl an der Wand zu setzen, wo gerade hüben und drüben Wandleuchter mit brennenden Kerzen ihren Lichtschein ihm ins Gesicht warfen; er wollte wegrücken, erhielt aber die Weisung, just hier sitzen zu bleiben. In der Stube waren nur noch zwei Lichter, am Sitze des Actuars hinter dem Actengestelle, an dem langen grünen Tische, und der Schatten des Gestelles breitete sich weithin in die Stube. Diethelm wollte dem Landjäger neben ihm sagen, daß er seinen Vater wohl gekannt habe, aber der Landjäger wendete sich ab und winkte ihm still mit der Hand, nichts zu reden. So saß denn der Angeklagte, die Hände gefaltet, stumm vor sich niederschauend. Endlich näherten sich Schritte aus der Nebenstube, der Amtsverweser und der Actuar traten ein, ihnen folgten die beiden Gerichtsschöppen, und diese waren Niemand anders als der alte Sternenwirth und der pensionirte Kastenverwalter. Diethelm war aufgestanden und sagte, mit dem Kopfe nickend: Guten Abend. Er erhielt keine Antwort, krampfhaft faßte er die Stuhllehne und seine Zähne klapperten, aber er biß sie aufeinander, und als der Amtsverweser ihm mit den Worten zuwinkte: Setzt Euch -- that er dieses, räusperte sich und rieb sich hastig die Hände. Nun begann ein kluges Verhör von Kreuz- und Querfragen, und Diethelm war es, als umgäben ihn von allen Seiten scharfe Schwertspitzen; aber er hielt sich ruhig, er antwortete ohne Hast, aber auch ohne Zögern, es war fast, als ob er dem schreibenden Actuar Zeit lassen wolle, genau seine Worte aufzuzeichnen. Auf manche Fragen antwortete er sogar mit spaßigem und herausforderndem Lächeln, und die Anwesenheit des Kastenverwalters gab ihm den glücklichsten unvorhergesehenen Entlastungsbeweis an die Hand. Alles was er so klug vorher bedacht hatte, war minder durchschlagend als das, was ihm eine unbedachte Vergeßlichkeit in die Hand spielte; der Kastenverwalter mußte ihm bezeugen, daß er Diethelm für sechshundert Gulden inländische Staatspapiere geliehen

erhielt vom Landjäger den Befehl, sich auf einen Stuhl an der Wand zu setzen, wo gerade hüben und drüben Wandleuchter mit brennenden Kerzen ihren Lichtschein ihm ins Gesicht warfen; er wollte wegrücken, erhielt aber die Weisung, just hier sitzen zu bleiben. In der Stube waren nur noch zwei Lichter, am Sitze des Actuars hinter dem Actengestelle, an dem langen grünen Tische, und der Schatten des Gestelles breitete sich weithin in die Stube. Diethelm wollte dem Landjäger neben ihm sagen, daß er seinen Vater wohl gekannt habe, aber der Landjäger wendete sich ab und winkte ihm still mit der Hand, nichts zu reden. So saß denn der Angeklagte, die Hände gefaltet, stumm vor sich niederschauend. Endlich näherten sich Schritte aus der Nebenstube, der Amtsverweser und der Actuar traten ein, ihnen folgten die beiden Gerichtsschöppen, und diese waren Niemand anders als der alte Sternenwirth und der pensionirte Kastenverwalter. Diethelm war aufgestanden und sagte, mit dem Kopfe nickend: Guten Abend. Er erhielt keine Antwort, krampfhaft faßte er die Stuhllehne und seine Zähne klapperten, aber er biß sie aufeinander, und als der Amtsverweser ihm mit den Worten zuwinkte: Setzt Euch — that er dieses, räusperte sich und rieb sich hastig die Hände. Nun begann ein kluges Verhör von Kreuz- und Querfragen, und Diethelm war es, als umgäben ihn von allen Seiten scharfe Schwertspitzen; aber er hielt sich ruhig, er antwortete ohne Hast, aber auch ohne Zögern, es war fast, als ob er dem schreibenden Actuar Zeit lassen wolle, genau seine Worte aufzuzeichnen. Auf manche Fragen antwortete er sogar mit spaßigem und herausforderndem Lächeln, und die Anwesenheit des Kastenverwalters gab ihm den glücklichsten unvorhergesehenen Entlastungsbeweis an die Hand. Alles was er so klug vorher bedacht hatte, war minder durchschlagend als das, was ihm eine unbedachte Vergeßlichkeit in die Hand spielte; der Kastenverwalter mußte ihm bezeugen, daß er Diethelm für sechshundert Gulden inländische Staatspapiere geliehen

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[0126] erhielt vom Landjäger den Befehl, sich auf einen Stuhl an der Wand zu setzen, wo gerade hüben und drüben Wandleuchter mit brennenden Kerzen ihren Lichtschein ihm ins Gesicht warfen; er wollte wegrücken, erhielt aber die Weisung, just hier sitzen zu bleiben. In der Stube waren nur noch zwei Lichter, am Sitze des Actuars hinter dem Actengestelle, an dem langen grünen Tische, und der Schatten des Gestelles breitete sich weithin in die Stube. Diethelm wollte dem Landjäger neben ihm sagen, daß er seinen Vater wohl gekannt habe, aber der Landjäger wendete sich ab und winkte ihm still mit der Hand, nichts zu reden. So saß denn der Angeklagte, die Hände gefaltet, stumm vor sich niederschauend. Endlich näherten sich Schritte aus der Nebenstube, der Amtsverweser und der Actuar traten ein, ihnen folgten die beiden Gerichtsschöppen, und diese waren Niemand anders als der alte Sternenwirth und der pensionirte Kastenverwalter. Diethelm war aufgestanden und sagte, mit dem Kopfe nickend: Guten Abend. Er erhielt keine Antwort, krampfhaft faßte er die Stuhllehne und seine Zähne klapperten, aber er biß sie aufeinander, und als der Amtsverweser ihm mit den Worten zuwinkte: Setzt Euch — that er dieses, räusperte sich und rieb sich hastig die Hände. Nun begann ein kluges Verhör von Kreuz- und Querfragen, und Diethelm war es, als umgäben ihn von allen Seiten scharfe Schwertspitzen; aber er hielt sich ruhig, er antwortete ohne Hast, aber auch ohne Zögern, es war fast, als ob er dem schreibenden Actuar Zeit lassen wolle, genau seine Worte aufzuzeichnen. Auf manche Fragen antwortete er sogar mit spaßigem und herausforderndem Lächeln, und die Anwesenheit des Kastenverwalters gab ihm den glücklichsten unvorhergesehenen Entlastungsbeweis an die Hand. Alles was er so klug vorher bedacht hatte, war minder durchschlagend als das, was ihm eine unbedachte Vergeßlichkeit in die Hand spielte; der Kastenverwalter mußte ihm bezeugen, daß er Diethelm für sechshundert Gulden inländische Staatspapiere geliehen

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:04:01Z)

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Zitationshilfe: Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/126>, abgerufen am 24.11.2024.