Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.Geisblattlaube; hier saß er träumerisch, und schrieb Hieroglyphen in den gelben Sand, der die Erde bedeckte. Nachdem Madame Oburn sicher war, daß ihr Schreckbild, der Prinz C**, den Garten verlassen, nahm sie Buch und Handschuhe und ging ihrer Laube zu. Verwundert und zögernd blieb sie einen Augenblick stehen, als sie den fremden, jungen Mann, dessen Anblick die Erinnerung an den letzten, verhängnißvollen Abend in ihr erweckte, darin sitzen sah. Dann trat sie jedoch rasch ein, und sprach, als sie bemerkte, daß er sich entfernen wolle, freundlich zu ihm: "O bleiben Sie doch, wenn Ihnen der Platz gefällt. Ich verdränge Niemanden von da, wo es ihm wohl ist!" Dann setzte sie sich dem jungen Manne gegenüber, und las, ohne die geringste Notiz von seiner Gegenwart zu nehmen, ruhig in ihrem Buche weiter. Regungslos saß Stein da, in seinen Zügen wechselten Farbe und Ausdruck; er wollte gehen; aber es hielt ihn mit unsichtbaren Händen zurück. Was ihn so magisch hinzog zu dieser Frau: war es Liebe, war es Mitleid? Er wünschte, sie möchte zu ihm sprechen; denn die Lieblichkeit ihres Wesens gewann Geisblattlaube; hier saß er träumerisch, und schrieb Hieroglyphen in den gelben Sand, der die Erde bedeckte. Nachdem Madame Oburn sicher war, daß ihr Schreckbild, der Prinz C**, den Garten verlassen, nahm sie Buch und Handschuhe und ging ihrer Laube zu. Verwundert und zögernd blieb sie einen Augenblick stehen, als sie den fremden, jungen Mann, dessen Anblick die Erinnerung an den letzten, verhängnißvollen Abend in ihr erweckte, darin sitzen sah. Dann trat sie jedoch rasch ein, und sprach, als sie bemerkte, daß er sich entfernen wolle, freundlich zu ihm: „O bleiben Sie doch, wenn Ihnen der Platz gefällt. Ich verdränge Niemanden von da, wo es ihm wohl ist!“ Dann setzte sie sich dem jungen Manne gegenüber, und las, ohne die geringste Notiz von seiner Gegenwart zu nehmen, ruhig in ihrem Buche weiter. Regungslos saß Stein da, in seinen Zügen wechselten Farbe und Ausdruck; er wollte gehen; aber es hielt ihn mit unsichtbaren Händen zurück. Was ihn so magisch hinzog zu dieser Frau: war es Liebe, war es Mitleid? Er wünschte, sie möchte zu ihm sprechen; denn die Lieblichkeit ihres Wesens gewann <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0084" n="72"/> Geisblattlaube; hier saß er träumerisch, und schrieb Hieroglyphen in den gelben Sand, der die Erde bedeckte. Nachdem Madame Oburn sicher war, daß ihr Schreckbild, der Prinz C**, den Garten verlassen, nahm sie Buch und Handschuhe und ging ihrer Laube zu. Verwundert und zögernd blieb sie einen Augenblick stehen, als sie den fremden, jungen Mann, dessen Anblick die Erinnerung an den letzten, verhängnißvollen Abend in ihr erweckte, darin sitzen sah. Dann trat sie jedoch rasch ein, und sprach, als sie bemerkte, daß er sich entfernen wolle, freundlich zu ihm: „O bleiben Sie doch, wenn Ihnen der Platz gefällt. Ich verdränge Niemanden von da, wo es ihm wohl ist!“ Dann setzte sie sich dem jungen Manne gegenüber, und las, ohne die geringste Notiz von seiner Gegenwart zu nehmen, ruhig in ihrem Buche weiter. Regungslos saß Stein da, in seinen Zügen wechselten Farbe und Ausdruck; er wollte gehen; aber es hielt ihn mit unsichtbaren Händen zurück. Was ihn so magisch hinzog zu dieser Frau: war es Liebe, war es Mitleid? Er wünschte, sie möchte zu ihm sprechen; denn die Lieblichkeit ihres Wesens gewann </p> </div> </body> </text> </TEI> [72/0084]
Geisblattlaube; hier saß er träumerisch, und schrieb Hieroglyphen in den gelben Sand, der die Erde bedeckte. Nachdem Madame Oburn sicher war, daß ihr Schreckbild, der Prinz C**, den Garten verlassen, nahm sie Buch und Handschuhe und ging ihrer Laube zu. Verwundert und zögernd blieb sie einen Augenblick stehen, als sie den fremden, jungen Mann, dessen Anblick die Erinnerung an den letzten, verhängnißvollen Abend in ihr erweckte, darin sitzen sah. Dann trat sie jedoch rasch ein, und sprach, als sie bemerkte, daß er sich entfernen wolle, freundlich zu ihm: „O bleiben Sie doch, wenn Ihnen der Platz gefällt. Ich verdränge Niemanden von da, wo es ihm wohl ist!“ Dann setzte sie sich dem jungen Manne gegenüber, und las, ohne die geringste Notiz von seiner Gegenwart zu nehmen, ruhig in ihrem Buche weiter. Regungslos saß Stein da, in seinen Zügen wechselten Farbe und Ausdruck; er wollte gehen; aber es hielt ihn mit unsichtbaren Händen zurück. Was ihn so magisch hinzog zu dieser Frau: war es Liebe, war es Mitleid? Er wünschte, sie möchte zu ihm sprechen; denn die Lieblichkeit ihres Wesens gewann
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