Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.erstrebte; Hals, Hand und Fuß von seltener Schönheit -- alles das schien diesem Wesen von der Natur mitgegeben, auf daß es beglückend in Liebe glücklich sei. Darum empörte der Anblick des Zerrbildes, das, wie ein wahrer Popanz, an der Seite dieses schönen Menschenbildes, einhertrottirte. Heute war das feine Roth, das sonst die jugendlichen Wangen zierte, verschwunden, der Mund festgeschlossen, und das Auge blickte starr und regungslos umher. Ein weißes Atlaskleid umgab in malerischen Falten die frischen, edeln Glieder; ein Kranz von blühenden Myrthen schmückte die hohe Stirn -- sonst war alles an ihr schmucklos und einfach. Während das ungleiche Brautpaar der Kirche zuschritt, sprach sich in den verschiedensten Aeußerungen, in Lauten der Bewunderung und des Spottes, die Stimme des Volkes aus. Ein pietistischer Prediger, den man rasch aus der Nachbarschaft herbeigeholt, hielt eine salbungsvolle Traurede, durchdrungen von überschwänglichem Christenthum; und suchte besonders die große Güte des lieben Gottes nachzuweisen, die sich der Braut so sichtbar offenbarte, indem sie ihr einen mit Glücksgütern erstrebte; Hals, Hand und Fuß von seltener Schönheit — alles das schien diesem Wesen von der Natur mitgegeben, auf daß es beglückend in Liebe glücklich sei. Darum empörte der Anblick des Zerrbildes, das, wie ein wahrer Popanz, an der Seite dieses schönen Menschenbildes, einhertrottirte. Heute war das feine Roth, das sonst die jugendlichen Wangen zierte, verschwunden, der Mund festgeschlossen, und das Auge blickte starr und regungslos umher. Ein weißes Atlaskleid umgab in malerischen Falten die frischen, edeln Glieder; ein Kranz von blühenden Myrthen schmückte die hohe Stirn — sonst war alles an ihr schmucklos und einfach. Während das ungleiche Brautpaar der Kirche zuschritt, sprach sich in den verschiedensten Aeußerungen, in Lauten der Bewunderung und des Spottes, die Stimme des Volkes aus. Ein pietistischer Prediger, den man rasch aus der Nachbarschaft herbeigeholt, hielt eine salbungsvolle Traurede, durchdrungen von überschwänglichem Christenthum; und suchte besonders die große Güte des lieben Gottes nachzuweisen, die sich der Braut so sichtbar offenbarte, indem sie ihr einen mit Glücksgütern <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0034" n="22"/> erstrebte; Hals, Hand und Fuß von seltener Schönheit — alles das schien diesem Wesen von der Natur mitgegeben, auf daß es beglückend in Liebe glücklich sei. Darum empörte der Anblick des Zerrbildes, das, wie ein wahrer Popanz, an der Seite dieses schönen Menschenbildes, einhertrottirte. Heute war das feine Roth, das sonst die jugendlichen Wangen zierte, verschwunden, der Mund festgeschlossen, und das Auge blickte starr und regungslos umher. Ein weißes Atlaskleid umgab in malerischen Falten die frischen, edeln Glieder; ein Kranz von blühenden Myrthen schmückte die hohe Stirn — sonst war alles an ihr schmucklos und einfach. Während das ungleiche Brautpaar der Kirche zuschritt, sprach sich in den verschiedensten Aeußerungen, in Lauten der Bewunderung und des Spottes, die Stimme des Volkes aus. Ein pietistischer Prediger, den man rasch aus der Nachbarschaft herbeigeholt, hielt eine salbungsvolle Traurede, durchdrungen von überschwänglichem Christenthum; und suchte besonders die große Güte des lieben Gottes nachzuweisen, die sich der Braut so sichtbar offenbarte, indem sie ihr einen mit Glücksgütern </p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0034]
erstrebte; Hals, Hand und Fuß von seltener Schönheit — alles das schien diesem Wesen von der Natur mitgegeben, auf daß es beglückend in Liebe glücklich sei. Darum empörte der Anblick des Zerrbildes, das, wie ein wahrer Popanz, an der Seite dieses schönen Menschenbildes, einhertrottirte. Heute war das feine Roth, das sonst die jugendlichen Wangen zierte, verschwunden, der Mund festgeschlossen, und das Auge blickte starr und regungslos umher. Ein weißes Atlaskleid umgab in malerischen Falten die frischen, edeln Glieder; ein Kranz von blühenden Myrthen schmückte die hohe Stirn — sonst war alles an ihr schmucklos und einfach. Während das ungleiche Brautpaar der Kirche zuschritt, sprach sich in den verschiedensten Aeußerungen, in Lauten der Bewunderung und des Spottes, die Stimme des Volkes aus. Ein pietistischer Prediger, den man rasch aus der Nachbarschaft herbeigeholt, hielt eine salbungsvolle Traurede, durchdrungen von überschwänglichem Christenthum; und suchte besonders die große Güte des lieben Gottes nachzuweisen, die sich der Braut so sichtbar offenbarte, indem sie ihr einen mit Glücksgütern
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