Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

waren an mir vorübergegangen; -- Jahre voll Arbeit und Mühe lagen hinter mir; -- ich hatte tüchtig mit dem Leben gerungen, bis ich diese Pfarrstelle erhielt, ein bescheidenes Loos, das meine Existenz sicherte; ohne mein Streben nach höheren Lebensgenüssen jener Welt, die der Reichthum zu schaffen vermag, zu befriedigen. Meine Liebe war nicht erloschen -- unter allen Kämpfen des Lebens dachte ich mit Sehnsucht an den kurzen Traum meines Glücks. Sechs Jahre lang hatte ich nichts von der Gräfinn gehört; ich glaubte sie längst vermählt, und hätte ihr keinen Vorwurf daraus gemacht, wenn sie mir ihr gegebenes Wort gebrochen. Da hörte ich von einem Freund, daß, jeden Zwang, allen Mißhandlungen zum Trotz, mir die Geliebte treu geblieben und mein in unveränderter Liebe gedenke. Diese Nachricht machte mich unaussprechlich glücklich. So geliebt, um seines Selbst wegen so geliebt zu sein, ist für den Mann ein berauschendes Glück, das mir alle Ruhe und Ueberlegung raubte. Ich fand Mittel, mich der Gräfinn zu nahen. Sie wollte mein Weib werden, mir der

waren an mir vorübergegangen; — Jahre voll Arbeit und Mühe lagen hinter mir; — ich hatte tüchtig mit dem Leben gerungen, bis ich diese Pfarrstelle erhielt, ein bescheidenes Loos, das meine Existenz sicherte; ohne mein Streben nach höheren Lebensgenüssen jener Welt, die der Reichthum zu schaffen vermag, zu befriedigen. Meine Liebe war nicht erloschen — unter allen Kämpfen des Lebens dachte ich mit Sehnsucht an den kurzen Traum meines Glücks. Sechs Jahre lang hatte ich nichts von der Gräfinn gehört; ich glaubte sie längst vermählt, und hätte ihr keinen Vorwurf daraus gemacht, wenn sie mir ihr gegebenes Wort gebrochen. Da hörte ich von einem Freund, daß, jeden Zwang, allen Mißhandlungen zum Trotz, mir die Geliebte treu geblieben und mein in unveränderter Liebe gedenke. Diese Nachricht machte mich unaussprechlich glücklich. So geliebt, um seines Selbst wegen so geliebt zu sein, ist für den Mann ein berauschendes Glück, das mir alle Ruhe und Ueberlegung raubte. Ich fand Mittel, mich der Gräfinn zu nahen. Sie wollte mein Weib werden, mir der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0022" n="10"/>
waren an mir                     vorübergegangen; &#x2014; Jahre voll Arbeit und Mühe lagen hinter mir; &#x2014; ich hatte                     tüchtig mit dem Leben gerungen, bis ich diese Pfarrstelle erhielt, ein                     bescheidenes Loos, das meine Existenz sicherte; ohne mein Streben nach höheren                     Lebensgenüssen jener Welt, die der Reichthum zu schaffen vermag, zu befriedigen.                     Meine Liebe war nicht erloschen &#x2014; unter allen Kämpfen des Lebens dachte ich mit                     Sehnsucht an den kurzen Traum meines Glücks. Sechs Jahre lang hatte ich nichts                     von der Gräfinn gehört; ich glaubte sie längst vermählt, und hätte ihr keinen                     Vorwurf daraus gemacht, wenn sie mir ihr gegebenes Wort gebrochen. Da hörte ich                     von einem Freund, daß, jeden Zwang, allen Mißhandlungen zum Trotz, mir die                     Geliebte treu geblieben und mein in unveränderter Liebe gedenke. Diese Nachricht                     machte mich unaussprechlich glücklich. So geliebt, um seines Selbst wegen so                     geliebt zu sein, ist für den Mann ein berauschendes Glück, das mir alle Ruhe und                     Ueberlegung raubte. Ich fand Mittel, mich der Gräfinn zu nahen. Sie wollte mein                     Weib werden, mir der
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0022] waren an mir vorübergegangen; — Jahre voll Arbeit und Mühe lagen hinter mir; — ich hatte tüchtig mit dem Leben gerungen, bis ich diese Pfarrstelle erhielt, ein bescheidenes Loos, das meine Existenz sicherte; ohne mein Streben nach höheren Lebensgenüssen jener Welt, die der Reichthum zu schaffen vermag, zu befriedigen. Meine Liebe war nicht erloschen — unter allen Kämpfen des Lebens dachte ich mit Sehnsucht an den kurzen Traum meines Glücks. Sechs Jahre lang hatte ich nichts von der Gräfinn gehört; ich glaubte sie längst vermählt, und hätte ihr keinen Vorwurf daraus gemacht, wenn sie mir ihr gegebenes Wort gebrochen. Da hörte ich von einem Freund, daß, jeden Zwang, allen Mißhandlungen zum Trotz, mir die Geliebte treu geblieben und mein in unveränderter Liebe gedenke. Diese Nachricht machte mich unaussprechlich glücklich. So geliebt, um seines Selbst wegen so geliebt zu sein, ist für den Mann ein berauschendes Glück, das mir alle Ruhe und Ueberlegung raubte. Ich fand Mittel, mich der Gräfinn zu nahen. Sie wollte mein Weib werden, mir der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie - A Digital Library of Works by German-Speaking Women: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von "Sophie". (2013-03-13T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Heinrich Heine Universität Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-13T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-13T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/22
Zitationshilfe: Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/22>, abgerufen am 24.11.2024.