Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.Kümmere Dich nicht weiter darum, und sei zufrieden, wenn Deine kleinen Füßchen auf weichen Teppichen gehen, und die niedlichen, weißen Hände nicht durch Arbeit ihre Schönheit einbüßen." Erröthend mit vorwurfsvollem Blick sah Madame Oburn den Gatten an, und entgegnete: "Oburn, hätte ich die Noth Deiner Leute in ihrer ganzen Größe gekannt, ich würde mich geschämt haben, ihnen, mit Gold und Sammet geschmückt, unter die Augen zu treten! O daß ich mich nicht früher darum bekümmert! Wie mancher Noth hätte ich abhelfen, wie manchen Fluch in Segen verwandeln können!" Rasch als könnte jeder ungenützte Augenblick ihr verderblich werden, eilte sie in ihr Boudoir, öffnete eilig alle Fächer ihres Sekretairs, packte verschiedene, sehr werthvolle goldene Ketten, Ringe, Geschmeide, Arm- und Stirnspangen aus, wog mit sichtlicher Freude diese Preciosen in der Hand hin und her, schellte, und ließ den Buchhalter zu sich rufen. Als dieser bald darauf eintrat, rief sie ihm zu: "Herr Ehrig! Ich war zugegen, als Sie meinem Gatten die Bitte der Arbeiter Kümmere Dich nicht weiter darum, und sei zufrieden, wenn Deine kleinen Füßchen auf weichen Teppichen gehen, und die niedlichen, weißen Hände nicht durch Arbeit ihre Schönheit einbüßen.“ Erröthend mit vorwurfsvollem Blick sah Madame Oburn den Gatten an, und entgegnete: „Oburn, hätte ich die Noth Deiner Leute in ihrer ganzen Größe gekannt, ich würde mich geschämt haben, ihnen, mit Gold und Sammet geschmückt, unter die Augen zu treten! O daß ich mich nicht früher darum bekümmert! Wie mancher Noth hätte ich abhelfen, wie manchen Fluch in Segen verwandeln können!“ Rasch als könnte jeder ungenützte Augenblick ihr verderblich werden, eilte sie in ihr Boudoir, öffnete eilig alle Fächer ihres Sekretairs, packte verschiedene, sehr werthvolle goldene Ketten, Ringe, Geschmeide, Arm- und Stirnspangen aus, wog mit sichtlicher Freude diese Preciosen in der Hand hin und her, schellte, und ließ den Buchhalter zu sich rufen. Als dieser bald darauf eintrat, rief sie ihm zu: „Herr Ehrig! Ich war zugegen, als Sie meinem Gatten die Bitte der Arbeiter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0137" n="125"/> Kümmere Dich nicht weiter darum, und sei zufrieden, wenn Deine kleinen Füßchen auf weichen Teppichen gehen, und die niedlichen, weißen Hände nicht durch Arbeit ihre Schönheit einbüßen.“</p> <p> Erröthend mit vorwurfsvollem Blick sah Madame Oburn den Gatten an, und entgegnete: „Oburn, hätte ich die Noth Deiner Leute in ihrer ganzen Größe gekannt, ich würde mich geschämt haben, ihnen, mit Gold und Sammet geschmückt, unter die Augen zu treten! O daß ich mich nicht früher darum bekümmert! Wie mancher Noth hätte ich abhelfen, wie manchen Fluch in Segen verwandeln können!“</p> <p> Rasch als könnte jeder ungenützte Augenblick ihr verderblich werden, eilte sie in ihr Boudoir, öffnete eilig alle Fächer ihres Sekretairs, packte verschiedene, sehr werthvolle goldene Ketten, Ringe, Geschmeide, Arm- und Stirnspangen aus, wog mit sichtlicher Freude diese Preciosen in der Hand hin und her, schellte, und ließ den Buchhalter zu sich rufen. Als dieser bald darauf eintrat, rief sie ihm zu: „Herr Ehrig! Ich war zugegen, als Sie meinem Gatten die Bitte der Arbeiter </p> </div> </body> </text> </TEI> [125/0137]
Kümmere Dich nicht weiter darum, und sei zufrieden, wenn Deine kleinen Füßchen auf weichen Teppichen gehen, und die niedlichen, weißen Hände nicht durch Arbeit ihre Schönheit einbüßen.“
Erröthend mit vorwurfsvollem Blick sah Madame Oburn den Gatten an, und entgegnete: „Oburn, hätte ich die Noth Deiner Leute in ihrer ganzen Größe gekannt, ich würde mich geschämt haben, ihnen, mit Gold und Sammet geschmückt, unter die Augen zu treten! O daß ich mich nicht früher darum bekümmert! Wie mancher Noth hätte ich abhelfen, wie manchen Fluch in Segen verwandeln können!“
Rasch als könnte jeder ungenützte Augenblick ihr verderblich werden, eilte sie in ihr Boudoir, öffnete eilig alle Fächer ihres Sekretairs, packte verschiedene, sehr werthvolle goldene Ketten, Ringe, Geschmeide, Arm- und Stirnspangen aus, wog mit sichtlicher Freude diese Preciosen in der Hand hin und her, schellte, und ließ den Buchhalter zu sich rufen. Als dieser bald darauf eintrat, rief sie ihm zu: „Herr Ehrig! Ich war zugegen, als Sie meinem Gatten die Bitte der Arbeiter
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/137 |
Zitationshilfe: | Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/137>, abgerufen am 16.02.2025. |