Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arrhenius, Svante: Das Schicksal der Planeten. Leipzig, 1911.

Bild:
<< vorherige Seite

Seen schreitet fort, zwischen 72° n. Br. und dem Äquator nimmt der Auftauungsprozeß etwa 52 Tage (nach der Sonnenwendezeit) in Anspruch (nach Lowell). Er schreitet in etwa demselben Tempo (80 km pro Tag) auf der anderen Seite dieser Linie fort, zuletzt destilliert fast alles zum kalten Pol. Natürlicherweise werden die Gegenden am besten versorgt, die an das reifbedeckte Polargebiet bezw. an seinen äquatornahen Rand grenzen, und diese von der Natur bevorzugten Plätze umgeben den Pol mit einem blauen Ring, welcher als sicheres Anzeichen der Anwesenheit von reinem Wasser, d. h. von einer Temperatur über Null, galt.

Der Südpol des Mars ist von einer großen dunkel gefärbten Region umgeben, aus der einige lederfarbene Flecken als Inseln sich heben. Man hielt dies früher für ein Meer. Lowell hat aber darin "Kanäle", d. h. dunklere Striche, gefunden, und nimmt deshalb an, daß dieses Gebiet ein enormer von Wasserläufen durchzogener Garten sei. Vermutlich ist es einst ein Polarmeer gewesen, das aber schon seit Jahrmillionen von einer kilometerdicken Eiskruste bedeckt ist, die vollkommen fest an die Ufer angefroren ist. Wie die Eisdecke unseres Polarmeeres im Sommer von Süßwassertümpeln bedeckt wird, die im Winter gefrieren, so tauen auch auf dem Mars-Polarmeer seichte Wassermassen auf, die aber nicht süß, sondern salzig sind. Das Salz ist aus dem vom Winde herübergeführten oder vom Himmel heruntergefallenen Staub ausgelaugt, vermutlich hat das Meer auch etwas salzigen Zufluß von den Tümpeln des Festlandes erhalten. Im Winter schrumpfen diese Seen, deren Boden mit dunklem Staub überzogen ist, zusammen und große Teile des Meeres sind vom

Seen schreitet fort, zwischen 72° n. Br. und dem Äquator nimmt der Auftauungsprozeß etwa 52 Tage (nach der Sonnenwendezeit) in Anspruch (nach Lowell). Er schreitet in etwa demselben Tempo (80 km pro Tag) auf der anderen Seite dieser Linie fort, zuletzt destilliert fast alles zum kalten Pol. Natürlicherweise werden die Gegenden am besten versorgt, die an das reifbedeckte Polargebiet bezw. an seinen äquatornahen Rand grenzen, und diese von der Natur bevorzugten Plätze umgeben den Pol mit einem blauen Ring, welcher als sicheres Anzeichen der Anwesenheit von reinem Wasser, d. h. von einer Temperatur über Null, galt.

Der Südpol des Mars ist von einer großen dunkel gefärbten Region umgeben, aus der einige lederfarbene Flecken als Inseln sich heben. Man hielt dies früher für ein Meer. Lowell hat aber darin „Kanäle“, d. h. dunklere Striche, gefunden, und nimmt deshalb an, daß dieses Gebiet ein enormer von Wasserläufen durchzogener Garten sei. Vermutlich ist es einst ein Polarmeer gewesen, das aber schon seit Jahrmillionen von einer kilometerdicken Eiskruste bedeckt ist, die vollkommen fest an die Ufer angefroren ist. Wie die Eisdecke unseres Polarmeeres im Sommer von Süßwassertümpeln bedeckt wird, die im Winter gefrieren, so tauen auch auf dem Mars-Polarmeer seichte Wassermassen auf, die aber nicht süß, sondern salzig sind. Das Salz ist aus dem vom Winde herübergeführten oder vom Himmel heruntergefallenen Staub ausgelaugt, vermutlich hat das Meer auch etwas salzigen Zufluß von den Tümpeln des Festlandes erhalten. Im Winter schrumpfen diese Seen, deren Boden mit dunklem Staub überzogen ist, zusammen und große Teile des Meeres sind vom

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0044"/>
Seen schreitet fort, zwischen 72° n. Br. und dem Äquator nimmt der Auftauungsprozeß etwa 52 Tage (nach der Sonnenwendezeit) in Anspruch (nach <hi rendition="#g">Lowell</hi>). Er schreitet in etwa demselben Tempo (80 km pro Tag) auf der anderen Seite dieser Linie fort, zuletzt destilliert fast alles zum kalten Pol. Natürlicherweise werden die Gegenden am besten versorgt, die an das reifbedeckte Polargebiet bezw. an seinen äquatornahen Rand grenzen, und diese von der Natur bevorzugten Plätze umgeben den Pol mit einem blauen Ring, welcher als sicheres Anzeichen der Anwesenheit von reinem Wasser, d. h. von einer Temperatur über Null, galt.</p>
        <p>Der Südpol des Mars ist von einer großen dunkel gefärbten Region umgeben, aus der einige lederfarbene Flecken als Inseln sich heben. Man hielt dies früher für ein Meer. <hi rendition="#g">Lowell</hi> hat aber darin &#x201E;Kanäle&#x201C;, d. h. dunklere Striche, gefunden, und nimmt deshalb an, daß dieses Gebiet ein enormer von Wasserläufen durchzogener Garten sei. Vermutlich ist es einst ein Polarmeer gewesen, das aber schon seit Jahrmillionen von einer kilometerdicken Eiskruste bedeckt ist, die vollkommen fest an die Ufer angefroren ist. Wie die Eisdecke unseres Polarmeeres im Sommer von Süßwassertümpeln bedeckt wird, die im Winter gefrieren, so tauen auch auf dem Mars-Polarmeer seichte Wassermassen auf, die aber nicht süß, sondern salzig sind. Das Salz ist aus dem vom Winde herübergeführten oder vom Himmel heruntergefallenen Staub ausgelaugt, vermutlich hat das Meer auch etwas salzigen Zufluß von den Tümpeln des Festlandes erhalten. Im Winter schrumpfen diese Seen, deren Boden mit dunklem Staub überzogen ist, zusammen und große Teile des Meeres sind vom
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0044] Seen schreitet fort, zwischen 72° n. Br. und dem Äquator nimmt der Auftauungsprozeß etwa 52 Tage (nach der Sonnenwendezeit) in Anspruch (nach Lowell). Er schreitet in etwa demselben Tempo (80 km pro Tag) auf der anderen Seite dieser Linie fort, zuletzt destilliert fast alles zum kalten Pol. Natürlicherweise werden die Gegenden am besten versorgt, die an das reifbedeckte Polargebiet bezw. an seinen äquatornahen Rand grenzen, und diese von der Natur bevorzugten Plätze umgeben den Pol mit einem blauen Ring, welcher als sicheres Anzeichen der Anwesenheit von reinem Wasser, d. h. von einer Temperatur über Null, galt. Der Südpol des Mars ist von einer großen dunkel gefärbten Region umgeben, aus der einige lederfarbene Flecken als Inseln sich heben. Man hielt dies früher für ein Meer. Lowell hat aber darin „Kanäle“, d. h. dunklere Striche, gefunden, und nimmt deshalb an, daß dieses Gebiet ein enormer von Wasserläufen durchzogener Garten sei. Vermutlich ist es einst ein Polarmeer gewesen, das aber schon seit Jahrmillionen von einer kilometerdicken Eiskruste bedeckt ist, die vollkommen fest an die Ufer angefroren ist. Wie die Eisdecke unseres Polarmeeres im Sommer von Süßwassertümpeln bedeckt wird, die im Winter gefrieren, so tauen auch auf dem Mars-Polarmeer seichte Wassermassen auf, die aber nicht süß, sondern salzig sind. Das Salz ist aus dem vom Winde herübergeführten oder vom Himmel heruntergefallenen Staub ausgelaugt, vermutlich hat das Meer auch etwas salzigen Zufluß von den Tümpeln des Festlandes erhalten. Im Winter schrumpfen diese Seen, deren Boden mit dunklem Staub überzogen ist, zusammen und große Teile des Meeres sind vom

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-09-04T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-09-04T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arrhenius_planeten_1911
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arrhenius_planeten_1911/44
Zitationshilfe: Arrhenius, Svante: Das Schicksal der Planeten. Leipzig, 1911, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arrhenius_planeten_1911/44>, abgerufen am 27.11.2024.