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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. XII. Pantel Trappens lehre und schrifften.
[Spaltenumbruch] will er doch wucher davon haben. Wer nun
nicht das creutz Christi erwuchern will/ der
wird besorglich sehr übel bey ablegung seiner
rechnung bestehen; denn ein jeder mensch im
Neuen Testament/ wenn er Christo angehö-
ren/ denselben angezogen haben/ von ihm ge-
taufft seyn/ und also ein glied seines leibes
seyn will/ muß ein Priester/ Hirte/ Lehrer und
Evangelist seyn/ ob er schon ein Bischoff/ El-
tester oder in den gaben der fürtrefflichste ist/
Rom. 1. v. 12. cap. 7. v. 6. 25. cap. 8. v. 17. cap,
12. v. 6. 1. Cor. 12. per tot. 2. Cor. 6. v. 16.
Ephes. 1. v. | 12. 13. 14. cap. 2. v. 10. Phil. 1.
v. 11. 29. 30. cap. 2. per tot. 1. Petr. 2. per tot.
NB. Apoc. I.
6. Denn Christus kan und mag
bey keinem unfruchtbar seyn/ sondern muß des
vatern ehre/ des nächsten bestes/ und seine ähn-
lichkeit suchen/ so wol bey/ denen/ die fünff cent-
ner haben/ als die einen haben. Darum/ wer
den glauben hat/ es sey in welcher maaß er
wolle/ der laß ihn leuchten/ und setze ihn nicht
aus furcht vor der welt/ unter den scheffel des
fleisches/ der vernunfft verborgen/ Matth. 5. v.
14. 15. 16. ob er gleich hohn/ schmach/ spott
und creutz-früchte zur belohnung krieget/ denn
der wahre glaube ringet darnach/ daß er auf
den creutz-weg/ als die strasse zum himmel 1.
Cor. 1. v. 18. Hebr. 11. & cap. 12. gelangen und
darauf wandern möge. Ach lieber mensch/ bey
der Neu-testamentischen liebe kan der Satan
leicht heucheley mit der welt einführen/ und
als ein Lieb-Engel einen fällen/ darum alles/
was das creutz fleucht und meidet/ der ver-
nunfft bewegung und des teuffels list ist/ um
welcher dämpffung man am höchsten GOtt
zu bitten hat. Ach dieser ranck der listigen
schlangen ist ihr hefftig zur befestigung ihres
reichs in allen ständen gerathen/ sintemal der
eine hier/ der ander da vermeinet/ es sey noch
nicht zeit des HErrn tempel zu bauen/ Hagg.
I. v.
2. oder es sey seines standes nicht/ sich um
das reich Christi und den tag des HERRN
zu bekümmern/ 2. Petr. 3. Matth. 24. Es gehö-
re der Clerisey zu/ lehren/ predigen/ &c. Jerem.
18. v.
18. Aber/ lieber mensch/ wiltu ein Christ
seyn|/ so mustu auch ein Clericus oder Geistli-
cher seyn/ bistu kein Geistlicher oder Geistreicher
oder Christ/ so rühmestu dich vergeblich Chri-
sti; denn Christus ist in den seinen ohne mitthei-
lung des Heiligen Geistes gar nicht/ 1. Joh. 3.
v. 24. cap. 4. v.
13. darum ein jeder den einge-
schwätzten wahn wohl fahren lassen/ und sich
besser zu prüfen und zu erforschen anheben
mag/ nemlich/ ob wahrhafftig/ geistlich/ we-
sentlich/ gegenwärtig/ würcksam/ redend/ leh-
rend denn Christus ist nicht im himmel/ wie
etliche wollen/ noch weniger verborgener wei-
se im menschen eingeschlossen/ daß er nicht re-
den/ lehren/ regieren/ seine schäfflein seine eige-
ne stimme hören/ und derselben folgen solten;
sondern ist noch heute also in den seinigen/ wie
er von anfang gewesen ist/ ob er gleich sich auf
der weltweisen begehren nicht mit zeichen und
wundern erweiset) und also in empfindlicher wei-
se Christus in ihm sey. Empfindet das einer
nicht in der krafft/ der entheilige den namen
JESU nicht mit dem munde/ denn GOtt
wird schwere rechenschafft fordern. Also em-
pfindet aber einer in der krafft Christum in
sich/ wenn sein alter Adam in ihm/ samt seiner
[Spaltenumbruch] wissenschafft/ erkäntnis/ grossen geheimnissen
und zierlichen reden und discuziren/ &c. ersäufft/
und er über alles vernünfftige lesen und be-
greiffen Christi meisterschafft in sich verspü-
ret/ und dadurch zu zeugen getrieben wird/ al-
so daß er kan dem inwendigen grunde nachsa-
gen: Jch weiß/ wer in mir redet/ würcket/ leh-
ret/ zeuget/ darum rede und zeuge ich äusser-
lich/ und aus keines menschen schrifften/ so ich
ins gedächtnis gebracht habe/ sondern aus Gott/
für| Gott/ durch Christum zeuge ich/ welcher
der ewigwährende grund ist der H. Schrifft/
darauf alle Propheeen und Apostel gebauet
haben/ und alle glieder Christi noch darauf
bauen. Es ist hier gar nicht zeit zu disputiren/
scrupuliren/ conferiren/ sondern sich nur selber
recht zu prüfen/ damit man sich nicht selber
betriegen möge. Was aus Christo oder dem
lebendigen glauben von innen zu heraus fleußt/
das träget früchte ins ewige leben; was von
aussen zu eingeführet wird/ das verzehret das
feuer alles/ denn es seynd natürliche wercke/ so
in der Göttlichen feuers-proba nicht können
oder mögen bestehen/ sondern der Schrifft
zeugnis nach vergehen. Ein jeder wird ge-
naue acht auf sich selbst haben/ denn der teuf-
fel ist ein sehr listiger fuchs/ und ein geschwin-
der scheinheiliger Engel/ welcher mit unaus-
sprechlicher list den menschen von Christo auf
die natur und creatur bringen/ und dabey in
scheinheiliger gestalt betriegen kan.

Damit ich aber zu meinem zweck gelangen
möge/ so stehe ich/ günftiger leser/ in diesen ge-
dancken/ daß so wenig es einem fremdenoder von
menschen unbestellten wächter kan und mag
verdacht werden/ wenn er ein feuer siehet ent-
stehen/ oder einen feind zu einer stadt ziehen/
daß er darüber lermen machet/ und die in si-
cherheit eingeschlaffene wächter und einwohner
erwecket und aufmuntert/ zu sehen/ wie es so
gefährlich zustehe: Eben so wenig/ hoffe ich/
werde es mir oder andern Christlichen hertzen
auch von weltgesinneten können verarget wer-
den/ daß ein jeder nach seines glaubens maaß
die schreckliche feuers-brunst des zorns Got-
tes/ so aller örter brennet/ nebenst der wahren
ursache des immer zunehmenden kriegswesens
anzeiget/ und einen jeden aus dem schlaff der
boßheit aufmuntert/ seinen unglauben zu er-
kennen/ und durch wahre Ninivitische busse
dem verzehrenden zorn GOTTes zu entflie-
hen/ ehe und zuvor das verderben ihn an leib
und seel übereilen möchte. Wenn ich aber viel
blinde und auf eigenen hefen stilliegende allzu-
zeitlich/ ihrer meinung nach/ erwecket und un-
lustig gemacht/ darüber sie mich mit vielen
auflagen beschweret haben/ (welche ich aber
durch Gottes gnade in ihrem fleischlichen rich-
ten wohl weiß zu tragen/ auch für sie zu bit-
ten/ daß GOTT ihnen die augen recht öff-
nen wolle) dabey aber viel guthertzige auch
mögen geärgert seyn; demnach so habe ich öf-
fentlich für jedermänniglichen mich resolviren/
und den grund meiner hoffnung entdecken
wollen/ jedoch mit ausdrücklicher bedingung/
daß ich mich keines menschen namens oder
wercks hierdurch anmassen will. Denn so we-
nig ein mensch ausser Christo für mich gecreu-
tziget/ auch ein mensch aus eigenen kräfften
was gutes kan herfür bringen (denn ists gut/

so ist

Th. IV. Sect. III. Num. XII. Pantel Trappens lehre und ſchrifften.
[Spaltenumbruch] will er doch wucher davon haben. Wer nun
nicht das creutz Chriſti erwuchern will/ der
wird beſorglich ſehr uͤbel bey ablegung ſeiner
rechnung beſtehen; denn ein jeder menſch im
Neuen Teſtament/ wenn er Chriſto angehoͤ-
ren/ denſelben angezogen haben/ von ihm ge-
taufft ſeyn/ und alſo ein glied ſeines leibes
ſeyn will/ muß ein Prieſter/ Hirte/ Lehrer und
Evangeliſt ſeyn/ ob er ſchon ein Biſchoff/ El-
teſter oder in den gaben der fuͤrtrefflichſte iſt/
Rom. 1. v. 12. cap. 7. v. 6. 25. cap. 8. v. 17. cap,
12. v. 6. 1. Cor. 12. per tot. 2. Cor. 6. v. 16.
Epheſ. 1. v. | 12. 13. 14. cap. 2. v. 10. Phil. 1.
v. 11. 29. 30. cap. 2. per tot. 1. Petr. 2. per tot.
NB. Apoc. I.
6. Denn Chriſtus kan und mag
bey keinem unfruchtbar ſeyn/ ſondern muß des
vatern ehre/ des naͤchſten beſtes/ und ſeine aͤhn-
lichkeit ſuchen/ ſo wol bey/ denen/ die fuͤnff cent-
ner haben/ als die einen haben. Darum/ wer
den glauben hat/ es ſey in welcher maaß er
wolle/ der laß ihn leuchten/ und ſetze ihn nicht
aus furcht vor der welt/ unter den ſcheffel des
fleiſches/ der vernunfft verborgen/ Matth. 5. v.
14. 15. 16. ob er gleich hohn/ ſchmach/ ſpott
und creutz-fruͤchte zur belohnung krieget/ denn
der wahre glaube ringet darnach/ daß er auf
den creutz-weg/ als die ſtraſſe zum himmel 1.
Cor. 1. v. 18. Hebr. 11. & cap. 12. gelangen und
darauf wandern moͤge. Ach lieber menſch/ bey
der Neu-teſtamentiſchen liebe kan der Satan
leicht heucheley mit der welt einfuͤhren/ und
als ein Lieb-Engel einen faͤllen/ darum alles/
was das creutz fleucht und meidet/ der ver-
nunfft bewegung und des teuffels liſt iſt/ um
welcher daͤmpffung man am hoͤchſten GOtt
zu bitten hat. Ach dieſer ranck der liſtigen
ſchlangen iſt ihr hefftig zur befeſtigung ihres
reichs in allen ſtaͤnden gerathen/ ſintemal der
eine hier/ der ander da vermeinet/ es ſey noch
nicht zeit des HErrn tempel zu bauen/ Hagg.
I. v.
2. oder es ſey ſeines ſtandes nicht/ ſich um
das reich Chriſti und den tag des HERRN
zu bekuͤmmern/ 2. Petr. 3. Matth. 24. Es gehoͤ-
re der Cleriſey zu/ lehren/ predigen/ &c. Jerem.
18. v.
18. Aber/ lieber menſch/ wiltu ein Chriſt
ſeyn|/ ſo muſtu auch ein Clericus oder Geiſtli-
cher ſeyn/ biſtu kein Geiſtlicher oder Geiſtreicher
oder Chriſt/ ſo ruͤhmeſtu dich vergeblich Chri-
ſti; denn Chriſtus iſt in den ſeinen ohne mitthei-
lung des Heiligen Geiſtes gar nicht/ 1. Joh. 3.
v. 24. cap. 4. v.
13. darum ein jeder den einge-
ſchwaͤtzten wahn wohl fahren laſſen/ und ſich
beſſer zu pruͤfen und zu erforſchen anheben
mag/ nemlich/ ob wahrhafftig/ geiſtlich/ we-
ſentlich/ gegenwaͤrtig/ wuͤrckſam/ redend/ leh-
rend denn Chriſtus iſt nicht im himmel/ wie
etliche wollen/ noch weniger verborgener wei-
ſe im menſchen eingeſchloſſen/ daß er nicht re-
den/ lehren/ regieren/ ſeine ſchaͤfflein ſeine eige-
ne ſtimme hoͤren/ und derſelben folgen ſolten;
ſondern iſt noch heute alſo in den ſeinigen/ wie
er von anfang geweſen iſt/ ob er gleich ſich auf
der weltweiſen begehren nicht mit zeichen und
wundern erweiſet) uñ alſo in empfindlicher wei-
ſe Chriſtus in ihm ſey. Empfindet das einer
nicht in der krafft/ der entheilige den namen
JESU nicht mit dem munde/ denn GOtt
wird ſchwere rechenſchafft fordern. Alſo em-
pfindet aber einer in der krafft Chriſtum in
ſich/ wenn ſein alter Adam in ihm/ ſamt ſeiner
[Spaltenumbruch] wiſſenſchafft/ erkaͤntnis/ groſſen geheimniſſen
und zierlichen reden und diſcuziren/ &c. erſaͤufft/
und er uͤber alles vernuͤnfftige leſen und be-
greiffen Chriſti meiſterſchafft in ſich verſpuͤ-
ret/ und dadurch zu zeugen getrieben wird/ al-
ſo daß er kan dem inwendigen grunde nachſa-
gen: Jch weiß/ wer in mir redet/ wuͤrcket/ leh-
ret/ zeuget/ darum rede und zeuge ich aͤuſſer-
lich/ und aus keines menſchen ſchrifften/ ſo ich
ins gedaͤchtnis gebracht habe/ ſondern aus Gott/
fuͤr| Gott/ durch Chriſtum zeuge ich/ welcher
der ewigwaͤhrende grund iſt der H. Schrifft/
darauf alle Propheeen und Apoſtel gebauet
haben/ und alle glieder Chriſti noch darauf
bauen. Es iſt hier gar nicht zeit zu diſputiren/
ſcrupuliren/ conferiren/ ſondern ſich nur ſelber
recht zu pruͤfen/ damit man ſich nicht ſelber
betriegen moͤge. Was aus Chriſto oder dem
lebendigen glauben von iñen zu heraus fleußt/
das traͤget fruͤchte ins ewige leben; was von
auſſen zu eingefuͤhret wird/ das verzehret das
feuer alles/ denn es ſeynd natuͤrliche wercke/ ſo
in der Goͤttlichen feuers-proba nicht koͤnnen
oder moͤgen beſtehen/ ſondern der Schrifft
zeugnis nach vergehen. Ein jeder wird ge-
naue acht auf ſich ſelbſt haben/ denn der teuf-
fel iſt ein ſehr liſtiger fuchs/ und ein geſchwin-
der ſcheinheiliger Engel/ welcher mit unaus-
ſprechlicher liſt den menſchen von Chriſto auf
die natur und creatur bringen/ und dabey in
ſcheinheiliger geſtalt betriegen kan.

Damit ich aber zu meinem zweck gelangen
moͤge/ ſo ſtehe ich/ guͤnftiger leſer/ in dieſen ge-
dancken/ daß ſo wenig es einem fremdenoder von
menſchen unbeſtellten waͤchter kan und mag
verdacht werden/ wenn er ein feuer ſiehet ent-
ſtehen/ oder einen feind zu einer ſtadt ziehen/
daß er daruͤber lermen machet/ und die in ſi-
cherheit eingeſchlaffene waͤchter und einwohner
erwecket und aufmuntert/ zu ſehen/ wie es ſo
gefaͤhrlich zuſtehe: Eben ſo wenig/ hoffe ich/
werde es mir oder andern Chriſtlichen hertzen
auch von weltgeſinneten koͤnnen verarget wer-
den/ daß ein jeder nach ſeines glaubens maaß
die ſchreckliche feuers-brunſt des zorns Got-
tes/ ſo aller oͤrter brennet/ nebenſt der wahren
urſache des immer zunehmenden kriegsweſens
anzeiget/ und einen jeden aus dem ſchlaff der
boßheit aufmuntert/ ſeinen unglauben zu er-
kennen/ und durch wahre Ninivitiſche buſſe
dem verzehrenden zorn GOTTes zu entflie-
hen/ ehe und zuvor das verderben ihn an leib
und ſeel uͤbereilen moͤchte. Wenn ich aber viel
blinde und auf eigenen hefen ſtilliegende allzu-
zeitlich/ ihrer meinung nach/ erwecket und un-
luſtig gemacht/ daruͤber ſie mich mit vielen
auflagen beſchweret haben/ (welche ich aber
durch Gottes gnade in ihrem fleiſchlichen rich-
ten wohl weiß zu tragen/ auch fuͤr ſie zu bit-
ten/ daß GOTT ihnen die augen recht oͤff-
nen wolle) dabey aber viel guthertzige auch
moͤgen geaͤrgert ſeyn; demnach ſo habe ich oͤf-
fentlich fuͤr jedermaͤnniglichen mich reſolviren/
und den grund meiner hoffnung entdecken
wollen/ jedoch mit ausdruͤcklicher bedingung/
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[626/0934] Th. IV. Sect. III. Num. XII. Pantel Trappens lehre und ſchrifften. will er doch wucher davon haben. Wer nun nicht das creutz Chriſti erwuchern will/ der wird beſorglich ſehr uͤbel bey ablegung ſeiner rechnung beſtehen; denn ein jeder menſch im Neuen Teſtament/ wenn er Chriſto angehoͤ- ren/ denſelben angezogen haben/ von ihm ge- taufft ſeyn/ und alſo ein glied ſeines leibes ſeyn will/ muß ein Prieſter/ Hirte/ Lehrer und Evangeliſt ſeyn/ ob er ſchon ein Biſchoff/ El- teſter oder in den gaben der fuͤrtrefflichſte iſt/ Rom. 1. v. 12. cap. 7. v. 6. 25. cap. 8. v. 17. cap, 12. v. 6. 1. Cor. 12. per tot. 2. Cor. 6. v. 16. Epheſ. 1. v. | 12. 13. 14. cap. 2. v. 10. Phil. 1. v. 11. 29. 30. cap. 2. per tot. 1. Petr. 2. per tot. NB. Apoc. I. 6. Denn Chriſtus kan und mag bey keinem unfruchtbar ſeyn/ ſondern muß des vatern ehre/ des naͤchſten beſtes/ und ſeine aͤhn- lichkeit ſuchen/ ſo wol bey/ denen/ die fuͤnff cent- ner haben/ als die einen haben. Darum/ wer den glauben hat/ es ſey in welcher maaß er wolle/ der laß ihn leuchten/ und ſetze ihn nicht aus furcht vor der welt/ unter den ſcheffel des fleiſches/ der vernunfft verborgen/ Matth. 5. v. 14. 15. 16. ob er gleich hohn/ ſchmach/ ſpott und creutz-fruͤchte zur belohnung krieget/ denn der wahre glaube ringet darnach/ daß er auf den creutz-weg/ als die ſtraſſe zum himmel 1. Cor. 1. v. 18. Hebr. 11. & cap. 12. gelangen und darauf wandern moͤge. Ach lieber menſch/ bey der Neu-teſtamentiſchen liebe kan der Satan leicht heucheley mit der welt einfuͤhren/ und als ein Lieb-Engel einen faͤllen/ darum alles/ was das creutz fleucht und meidet/ der ver- nunfft bewegung und des teuffels liſt iſt/ um welcher daͤmpffung man am hoͤchſten GOtt zu bitten hat. Ach dieſer ranck der liſtigen ſchlangen iſt ihr hefftig zur befeſtigung ihres reichs in allen ſtaͤnden gerathen/ ſintemal der eine hier/ der ander da vermeinet/ es ſey noch nicht zeit des HErrn tempel zu bauen/ Hagg. I. v. 2. oder es ſey ſeines ſtandes nicht/ ſich um das reich Chriſti und den tag des HERRN zu bekuͤmmern/ 2. Petr. 3. Matth. 24. Es gehoͤ- re der Cleriſey zu/ lehren/ predigen/ &c. Jerem. 18. v. 18. Aber/ lieber menſch/ wiltu ein Chriſt ſeyn|/ ſo muſtu auch ein Clericus oder Geiſtli- cher ſeyn/ biſtu kein Geiſtlicher oder Geiſtreicher oder Chriſt/ ſo ruͤhmeſtu dich vergeblich Chri- ſti; denn Chriſtus iſt in den ſeinen ohne mitthei- lung des Heiligen Geiſtes gar nicht/ 1. Joh. 3. v. 24. cap. 4. v. 13. darum ein jeder den einge- ſchwaͤtzten wahn wohl fahren laſſen/ und ſich beſſer zu pruͤfen und zu erforſchen anheben mag/ nemlich/ ob wahrhafftig/ geiſtlich/ we- ſentlich/ gegenwaͤrtig/ wuͤrckſam/ redend/ leh- rend denn Chriſtus iſt nicht im himmel/ wie etliche wollen/ noch weniger verborgener wei- ſe im menſchen eingeſchloſſen/ daß er nicht re- den/ lehren/ regieren/ ſeine ſchaͤfflein ſeine eige- ne ſtimme hoͤren/ und derſelben folgen ſolten; ſondern iſt noch heute alſo in den ſeinigen/ wie er von anfang geweſen iſt/ ob er gleich ſich auf der weltweiſen begehren nicht mit zeichen und wundern erweiſet) uñ alſo in empfindlicher wei- ſe Chriſtus in ihm ſey. Empfindet das einer nicht in der krafft/ der entheilige den namen JESU nicht mit dem munde/ denn GOtt wird ſchwere rechenſchafft fordern. Alſo em- pfindet aber einer in der krafft Chriſtum in ſich/ wenn ſein alter Adam in ihm/ ſamt ſeiner wiſſenſchafft/ erkaͤntnis/ groſſen geheimniſſen und zierlichen reden und diſcuziren/ &c. erſaͤufft/ und er uͤber alles vernuͤnfftige leſen und be- greiffen Chriſti meiſterſchafft in ſich verſpuͤ- ret/ und dadurch zu zeugen getrieben wird/ al- ſo daß er kan dem inwendigen grunde nachſa- gen: Jch weiß/ wer in mir redet/ wuͤrcket/ leh- ret/ zeuget/ darum rede und zeuge ich aͤuſſer- lich/ und aus keines menſchen ſchrifften/ ſo ich ins gedaͤchtnis gebracht habe/ ſondern aus Gott/ fuͤr| Gott/ durch Chriſtum zeuge ich/ welcher der ewigwaͤhrende grund iſt der H. Schrifft/ darauf alle Propheeen und Apoſtel gebauet haben/ und alle glieder Chriſti noch darauf bauen. Es iſt hier gar nicht zeit zu diſputiren/ ſcrupuliren/ conferiren/ ſondern ſich nur ſelber recht zu pruͤfen/ damit man ſich nicht ſelber betriegen moͤge. Was aus Chriſto oder dem lebendigen glauben von iñen zu heraus fleußt/ das traͤget fruͤchte ins ewige leben; was von auſſen zu eingefuͤhret wird/ das verzehret das feuer alles/ denn es ſeynd natuͤrliche wercke/ ſo in der Goͤttlichen feuers-proba nicht koͤnnen oder moͤgen beſtehen/ ſondern der Schrifft zeugnis nach vergehen. Ein jeder wird ge- naue acht auf ſich ſelbſt haben/ denn der teuf- fel iſt ein ſehr liſtiger fuchs/ und ein geſchwin- der ſcheinheiliger Engel/ welcher mit unaus- ſprechlicher liſt den menſchen von Chriſto auf die natur und creatur bringen/ und dabey in ſcheinheiliger geſtalt betriegen kan. Damit ich aber zu meinem zweck gelangen moͤge/ ſo ſtehe ich/ guͤnftiger leſer/ in dieſen ge- dancken/ daß ſo wenig es einem fremdenoder von menſchen unbeſtellten waͤchter kan und mag verdacht werden/ wenn er ein feuer ſiehet ent- ſtehen/ oder einen feind zu einer ſtadt ziehen/ daß er daruͤber lermen machet/ und die in ſi- cherheit eingeſchlaffene waͤchter und einwohner erwecket und aufmuntert/ zu ſehen/ wie es ſo gefaͤhrlich zuſtehe: Eben ſo wenig/ hoffe ich/ werde es mir oder andern Chriſtlichen hertzen auch von weltgeſinneten koͤnnen verarget wer- den/ daß ein jeder nach ſeines glaubens maaß die ſchreckliche feuers-brunſt des zorns Got- tes/ ſo aller oͤrter brennet/ nebenſt der wahren urſache des immer zunehmenden kriegsweſens anzeiget/ und einen jeden aus dem ſchlaff der boßheit aufmuntert/ ſeinen unglauben zu er- kennen/ und durch wahre Ninivitiſche buſſe dem verzehrenden zorn GOTTes zu entflie- hen/ ehe und zuvor das verderben ihn an leib und ſeel uͤbereilen moͤchte. Wenn ich aber viel blinde und auf eigenen hefen ſtilliegende allzu- zeitlich/ ihrer meinung nach/ erwecket und un- luſtig gemacht/ daruͤber ſie mich mit vielen auflagen beſchweret haben/ (welche ich aber durch Gottes gnade in ihrem fleiſchlichen rich- ten wohl weiß zu tragen/ auch fuͤr ſie zu bit- ten/ daß GOTT ihnen die augen recht oͤff- nen wolle) dabey aber viel guthertzige auch moͤgen geaͤrgert ſeyn; demnach ſo habe ich oͤf- fentlich fuͤr jedermaͤnniglichen mich reſolviren/ und den grund meiner hoffnung entdecken wollen/ jedoch mit ausdruͤcklicher bedingung/ daß ich mich keines menſchen namens oder wercks hierdurch anmaſſen will. Denn ſo we- nig ein menſch auſſer Chriſto fuͤr mich gecreu- tziget/ auch ein menſch aus eigenen kraͤfften was gutes kan herfuͤr bringen (denn iſts gut/ ſo iſt

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/934>, abgerufen am 22.12.2024.