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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der schrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] Gottes gerechtigkeit nicht ertragen/ noch einige
hoffnung oder glauben zu seiner seligkeit durch
dieselbe empfangen kan. 7. Dann hält sich die ge-
rechtigkeit stille/ biß die gerechtigkeit ihren dienst
im menschen im tod und leben vollbracht. Uber
alles was sie zur busse bringen kan/ fällt die ge-
rechtigkeit kein urtheil der verdammnis. 8. Wie
die barmhertzigkeit ihrer zeit mit ernste wahrneh-
me den menschen zu ermahnen/ etc. 9. Jhre auff-
munterung und anmuthigung/ auch vertröstung.
10. Wie gesch wind die menschheit den trost er-
greiffe. 11. Nimmt dessen sich in der vernunfft
nicht im Göttliche wesen an/ daher er einmal als
das andere in seinen irrdischen lüsten bleibt/ wird
auch stöltzer und freyer/ als er zuvor war/ ehe er sol-
ches in der vernunfft begreiffet. 12. Welches die
barmhertzigkeit eine zeitlang duldet. 13. Wartet
aber auff die früchte/ damit sie die gerechtigkeit
versühnen möge. 14. Weil sie aber keine früchte
siehet/ und ihn einen feind der Göttlichen natur
findet/ muß sie gezwungen von ihm scheiden/ und
ihn der gerechtigkeit übergeben. 16. Dann bringt
die gerechtigkeit ihr urtheil der verdammnis ü-
ber ihn. 17. Da er dann bekennen muß/ daß er der
gnaden-zeit nicht wargenommen/ und der ver-
dammniß würdig sey. 18. Und wie zuvor die ge-
rechtigkeit stille hielte im dienste der barmhertzig-
keit/ so hält sie sich nun im dienste der gerechtig-
keit auch stille. 19. Der dienst der gerechtigkeit
ist zwietracht/ hunger/ der tod/ und das verder-
ben. etc. 22. Und weil die gnade und barmher-
tzigkeit in diesem streit/ da alles wider einander/
nicht zugegen ist/ hat einer mit dem andern kein
mitleyden/ und können anders nichts thun/
dann einander aus neyd in den streit erwecken/
und zu berauben/ und dann von dem geraub-
ten gute in wollüsten zu leben. 23. Und diese
speise wird augenblicklich zu einem bittern hun-
ger. 26. Wann die gerechtigkeit dann ihren
dienst in pein/ straffe/ tode/ und ausrottung
im menschen vollendet/ läst sich die barmhertzig-
keit aus ihrer stille wieder vernehmen/ und bittet/
daß die gerechtigkeit doch in ihrem dienste ein
wenig innen halten wolle/ und sie den gestrafften
menschen eins besuchen lassen. 27. Behält doch
die gerechtigkeit bey ihr/ von selbiger vor der
bösen art des menschen beschirmt zu werden/
weil solche art sich von niemand als der gerech-
tigkeit fürchtet. 28. Hierauff läst sie sich beym
gestrafften menschen sehen zu erfahren/ ob er
gedemüthigt/ oder um der straffe willen mehr in
der boßheit verhärtet und verbittert sey/ welches
im wesen des menschen sich befinde. 29. Befindet
sie/ daß er verbittert/ läst sie ihn unter der straffe
der gerechtigkeit biß zum tode bleiben/ und erzeigt
ihm ihren dienst nicht/ weil er ihm zur verdamm-
niß gereichen würde. 30. Hat er aber seine see-
le in demuth gewendt/ und ihn die straffe der
gerechtigkeit gebessert/ so tröstet sie ihn/ und
verbindet ihm seine wunden/ und unterweist ihn
sehr lieblich etc. 31. Uber diesen trost erfreut
sich der gestraffte mensch/ und es wird eine lie-
be in ihm zur güte GOttes aus dem tode er-
weckt/ welche die straffe überwindet und zur se-
ligkeit macht/ und Gott wird in seiner gerechtig-
keit so wol gedanckt und gelobt/ als in seiner
gnade: Weil sie die sünde in ihrer boßheit dem
menschen bekannt gemacht/ und den tod zuge-
bracht hat. 32. Dann wird GOtt im erneuten
menschen erkannt und in allem gepriesen. 13.
[Spaltenumbruch] Dann sein tödten so wol zur seligkeit/ als sein
lebendig machen/ und die begräbniß des todten
leibs/ als die aufferstehung des lebens aus dem
grabe ist. Aber diß kan der mensch in der zeit/ da
der tod sein werck über ihn hat/ nicht erkennen/
weil die gegenwärtige zeit des todes die zukünff-
tige zeit des lebens nicht erreichen kan. 34. Dar-
um muß der mensch in der leydsamkeit CHristi
seine tödtliche zeit durchgehen lassen; und ge-
dencken/ daß der tod sein leben sey/ und muß die
ungnade (die GOttes gerechtigkeit über die
boßheit des irrdischen wesens bringt) für seine
gnade annehmen. Dann es heist: Wen ich
lieb habe/ den züchtige ich/ ihn zum reiche GOt-
tes bequem zu machen.

Cap. 79.

Daß Autor diß erkennend in seiner kümmer-
nis getröst worden/ auch gefunden/ daß seine
weißheit allen irrdischen vernunfften unbegreiff-
lich/ und sein wesen der eigensinnigkeit im flei-
sche unerfindlich sey. 2. Darum sagt des HErrn
geist/ er wolle die verborgene heimlichkeiten des
HErrn den weisen verkündigen/ die sie in GOtt
wesentlich erkennen. 3. Wenig menschen nun
hierzu tüchtig. 4. Mensch so grob und unem-
pfindlich worden/ daß er weder begriff noch em-
pfinden mehr von den wercken Gottes hat/ daß
er nichts in gewißheit von Gottes wesentlicher
natur erkennt noch in der seelen empfindt. Doch
anbey so eigenweiß/ daß er sich läst düncken/ er
wisse alles was Gott angehe. 5. Auch ist er so un-
temperirt/ rauch und empfindlich/ daß er weder
von Gott noch dem menschen einige strafe zu sei-
ner seligkeit annehmen kan. Und ist zu besorgen/
es seyn nicht so viel tugend von Gottes natur in
ihm/ daß er Gottes gerechte straffe zu seiner selig-
keit könne in demuth annehmen. Wormit er dann
die gnade GOttes gar von sich stöst. 6. Die lust/
die er zu Gott haben solte/ ist ihm ein tod worden/
darum er Gott in seinem heiligen wesen nicht er-
reiche kan. 7. Und allzeit das schwerdt der gerech-
tigkeit zu einem tode vor ihm in seine wege stehen
sehen muß. 8. Darum müssen nun grosse trübsa-
len und elend über den irrdischen menschen kom-
men. Dann sein verfall ist so groß/ daß er weder
auff den lust zu Gott/ noch auf die straffe der ge-
rechtigkeit Gottes/ noch auch auf die zwietracht/
die er mit dem mensche hat/ in seine gewissen acht
hat. Und also unwissend die verdammliche straffe
erwartet/ die leib und seel wegnehme wird. 9. Die-
se straffe hangt der welt überm haupte/ und wird
je länger je schwerer/ biß sich die boßheit selbst
in abgrund stürtzt. 10. Was sich in der vorigen
straffe der gerechtigkeit in demuth aus der boßheit
in eine lust zu Gottes barmhertzigkeit gewendet/
wird überbleiben. 11. Erklärung der worte: Es ist
ein feuer entbrandt etc. 15. Die dem hungerent-
lauffen/ werden erschlagen werde. 22. Daß autor
mit allen vorigen Propheten GOttes an allem
verderbe unschuldig/ den unterschied der seligkeit
und verdammniß klärlich bezeugt habe/ nicht aus
der vernunfft/ sondern aus dem einwesigen leben
GOttes.

Cap. 80.

Daß/ weil Autor befunden/ daß das irrdi-
sche wesen in seiner gottlosigkeit untergehen

muß/

Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] Gottes gerechtigkeit nicht ertragen/ noch einige
hoffnung oder glauben zu ſeiner ſeligkeit durch
dieſelbe empfangen kan. 7. Dann haͤlt ſich die ge-
rechtigkeit ſtille/ biß die gerechtigkeit ihren dienſt
im menſchen im tod und leben vollbracht. Uber
alles was ſie zur buſſe bringen kan/ faͤllt die ge-
rechtigkeit kein urtheil der verdammnis. 8. Wie
die barmhertzigkeit ihrer zeit mit ernſte wahrneh-
me den menſchen zu ermahnen/ ꝛc. 9. Jhre auff-
munterung uñ anmuthigung/ auch veꝛtꝛoͤſtung.
10. Wie geſch wind die menſchheit den troſt er-
greiffe. 11. Nimmt deſſen ſich in der vernunfft
nicht im Goͤttlichē weſen an/ daher er einmal als
das andere in ſeinen irꝛdiſchen luͤſten bleibt/ wird
auch ſtoͤltzeꝛ uñ freyeꝛ/ als eꝛ zuvor war/ ehe er ſol-
ches in der vernunfft begreiffet. 12. Welches die
barmhertzigkeit eine zeitlang duldet. 13. Wartet
aber auff die fruͤchte/ damit ſie die gerechtigkeit
verſuͤhnen moͤge. 14. Weil ſie aber keine fruͤchte
ſiehet/ und ihn einen feind der Goͤttlichen natur
findet/ muß ſie gezwungen von ihm ſcheiden/ uñ
ihn der gerechtigkeit uͤbergeben. 16. Dañ bringt
die gerechtigkeit ihr urtheil der verdammnis uͤ-
ber ihn. 17. Da er dann bekennen muß/ daß er deꝛ
gnaden-zeit nicht wargenommen/ und der ver-
dammniß wuͤrdig ſey. 18. Und wie zuvor die ge-
rechtigkeit ſtille hielte im dienſte deꝛ baꝛmheꝛtzig-
keit/ ſo haͤlt ſie ſich nun im dienſte der gerechtig-
keit auch ſtille. 19. Der dienſt der gerechtigkeit
iſt zwietracht/ hunger/ der tod/ und das verder-
ben. ꝛc. 22. Und weil die gnade und barmher-
tzigkeit in dieſem ſtreit/ da alles wider einander/
nicht zugegen iſt/ hat einer mit dem andern kein
mitleyden/ und koͤnnen anders nichts thun/
dann einander aus neyd in den ſtreit erwecken/
und zu berauben/ und dann von dem geraub-
ten gute in wolluͤſten zu leben. 23. Und dieſe
ſpeiſe wird augenblicklich zu einem bittern hun-
ger. 26. Wann die gerechtigkeit dann ihren
dienſt in pein/ ſtraffe/ tode/ und ausrottung
im menſchen vollendet/ laͤſt ſich die barmhertzig-
keit aus ihrer ſtille wiedeꝛ vernehmen/ und bittet/
daß die gerechtigkeit doch in ihrem dienſte ein
wenig innen halten wolle/ und ſie den geſtꝛafften
menſchen eins beſuchen laſſen. 27. Behaͤlt doch
die gerechtigkeit bey ihr/ von ſelbiger vor der
boͤſen art des menſchen beſchirmt zu werden/
weil ſolche art ſich von niemand als der gerech-
tigkeit fuͤrchtet. 28. Hierauff laͤſt ſie ſich beym
geſtrafften menſchen ſehen zu erfahren/ ob er
gedemuͤthigt/ oder um der ſtraffe willen mehr in
der boßheit verhaͤrtet und verbittert ſey/ welches
im weſen des menſchen ſich befinde. 29. Befindet
ſie/ daß er verbittert/ laͤſt ſie ihn unter der ſtraffe
der gerechtigkeit biß zum tode bleiben/ uñ erzeigt
ihm ihren dienſt nicht/ weil er ihm zur verdamm-
niß gereichen wuͤrde. 30. Hat er aber ſeine ſee-
le in demuth gewendt/ und ihn die ſtraffe der
gerechtigkeit gebeſſert/ ſo troͤſtet ſie ihn/ und
verbindet ihm ſeine wunden/ und unterweiſt ihn
ſehr lieblich ꝛc. 31. Uber dieſen troſt erfreut
ſich der geſtraffte menſch/ und es wird eine lie-
be in ihm zur guͤte GOttes aus dem tode er-
weckt/ welche die ſtraffe uͤberwindet und zur ſe-
ligkeit macht/ und Gott wird in ſeiner gerechtig-
keit ſo wol gedanckt und gelobt/ als in ſeiner
gnade: Weil ſie die ſuͤnde in ihrer boßheit dem
menſchen bekannt gemacht/ und den tod zuge-
bracht hat. 32. Dann wird GOtt im erneuten
menſchen erkannt und in allem geprieſen. 13.
[Spaltenumbruch] Dann ſein toͤdten ſo wol zur ſeligkeit/ als ſein
lebendig machen/ und die begraͤbniß des todten
leibs/ als die aufferſtehung des lebens aus dem
grabe iſt. Aber diß kan der menſch in der zeit/ da
der tod ſein werck uͤber ihn hat/ nicht erkennen/
weil die gegenwaͤrtige zeit des todes die zukuͤnff-
tige zeit des lebens nicht erreichen kan. 34. Dar-
um muß der menſch in der leydſamkeit CHriſti
ſeine toͤdtliche zeit durchgehen laſſen; und ge-
dencken/ daß der tod ſein leben ſey/ und muß die
ungnade (die GOttes gerechtigkeit uͤber die
boßheit des irꝛdiſchen weſens bringt) fuͤr ſeine
gnade annehmen. Dann es heiſt: Wen ich
lieb habe/ den zuͤchtige ich/ ihn zum reiche GOt-
tes bequem zu machen.

Cap. 79.

Daß Autor diß erkennend in ſeiner kuͤmmer-
nis getroͤſt worden/ auch gefunden/ daß ſeine
weißheit allen irꝛdiſchen vernunfften unbegreiff-
lich/ und ſein weſen der eigenſinnigkeit im flei-
ſche unerfindlich ſey. 2. Darum ſagt des HErrn
geiſt/ er wolle die verborgene heimlichkeiten des
HErꝛn den weiſen verkuͤndigen/ die ſie in GOtt
weſentlich erkennen. 3. Wenig menſchen nun
hierzu tuͤchtig. 4. Menſch ſo grob und unem-
pfindlich worden/ daß er weder begriff noch em-
pfinden mehr von den wercken Gottes hat/ daß
er nichts in gewißheit von Gottes weſentlicher
natur erkennt noch in der ſeelen empfindt. Doch
anbey ſo eigenweiß/ daß er ſich laͤſt duͤncken/ er
wiſſe alles was Gott angehe. 5. Auch iſt er ſo un-
temperirt/ rauch und empfindlich/ daß er weder
von Gott noch dem menſchen einige ſtrafe zu ſei-
ner ſeligkeit annehmen kan. Und iſt zu beſorgen/
es ſeyn nicht ſo viel tugend von Gottes natur in
ihm/ daß er Gottes geꝛechte ſtraffe zu ſeiner ſelig-
keit koͤnne in demuth annehmen. Woꝛmit er dañ
die gnade GOttes gar von ſich ſtoͤſt. 6. Die luſt/
die eꝛ zu Gott haben ſolte/ iſt ihm ein tod woꝛden/
darum er Gott in ſeinem heiligen weſen nicht er-
reichē kan. 7. Und allzeit das ſchwerdt der gerech-
tigkeit zu einem tode vor ihm in ſeinē wege ſtehen
ſehen muß. 8. Darum muͤſſen nun groſſe truͤbſa-
len und elend uͤber den irrdiſchen menſchen kom-
men. Dann ſein verfall iſt ſo groß/ daß er weder
auff den luſt zu Gott/ noch auf die ſtraffe der ge-
ꝛechtigkeit Gottes/ noch auch auf die zwietꝛacht/
die er mit dem menſchē hat/ in ſeinē gewiſſen acht
hat. Und alſo unwiſſend die verdam̃liche ſtraffe
erwaꝛtet/ die leib uñ ſeel wegnehmē wird. 9. Die-
ſe ſtraffe hangt der welt uͤberm haupte/ und wird
je laͤnger je ſchwerer/ biß ſich die boßheit ſelbſt
in abgrund ſtuͤrtzt. 10. Was ſich in der vorigen
ſtꝛaffe deꝛ geꝛechtigkeit in demuth aus deꝛ boßheit
in einē luſt zu Gottes barmhertzigkeit gewendet/
wird uͤberbleiben. 11. Eꝛklaͤrung der worte: Es iſt
ein feuer entbrandt ꝛc. 15. Die dem hungerent-
lauffen/ werden eꝛſchlagen weꝛdē. 22. Daß autor
mit allen vorigen Propheten GOttes an allem
verderbē unſchuldig/ den unterſchied der ſeligkeit
und verdam̃niß klaͤrlich bezeugt habe/ nicht aus
der vernunfft/ ſondern aus dem einweſigen leben
GOttes.

Cap. 80.

Daß/ weil Autor befunden/ daß das irꝛdi-
ſche weſen in ſeiner gottloſigkeit untergehen

muß/
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[600/0908] Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels. Gottes gerechtigkeit nicht ertragen/ noch einige hoffnung oder glauben zu ſeiner ſeligkeit durch dieſelbe empfangen kan. 7. Dann haͤlt ſich die ge- rechtigkeit ſtille/ biß die gerechtigkeit ihren dienſt im menſchen im tod und leben vollbracht. Uber alles was ſie zur buſſe bringen kan/ faͤllt die ge- rechtigkeit kein urtheil der verdammnis. 8. Wie die barmhertzigkeit ihrer zeit mit ernſte wahrneh- me den menſchen zu ermahnen/ ꝛc. 9. Jhre auff- munterung uñ anmuthigung/ auch veꝛtꝛoͤſtung. 10. Wie geſch wind die menſchheit den troſt er- greiffe. 11. Nimmt deſſen ſich in der vernunfft nicht im Goͤttlichē weſen an/ daher er einmal als das andere in ſeinen irꝛdiſchen luͤſten bleibt/ wird auch ſtoͤltzeꝛ uñ freyeꝛ/ als eꝛ zuvor war/ ehe er ſol- ches in der vernunfft begreiffet. 12. Welches die barmhertzigkeit eine zeitlang duldet. 13. Wartet aber auff die fruͤchte/ damit ſie die gerechtigkeit verſuͤhnen moͤge. 14. Weil ſie aber keine fruͤchte ſiehet/ und ihn einen feind der Goͤttlichen natur findet/ muß ſie gezwungen von ihm ſcheiden/ uñ ihn der gerechtigkeit uͤbergeben. 16. Dañ bringt die gerechtigkeit ihr urtheil der verdammnis uͤ- ber ihn. 17. Da er dann bekennen muß/ daß er deꝛ gnaden-zeit nicht wargenommen/ und der ver- dammniß wuͤrdig ſey. 18. Und wie zuvor die ge- rechtigkeit ſtille hielte im dienſte deꝛ baꝛmheꝛtzig- keit/ ſo haͤlt ſie ſich nun im dienſte der gerechtig- keit auch ſtille. 19. Der dienſt der gerechtigkeit iſt zwietracht/ hunger/ der tod/ und das verder- ben. ꝛc. 22. Und weil die gnade und barmher- tzigkeit in dieſem ſtreit/ da alles wider einander/ nicht zugegen iſt/ hat einer mit dem andern kein mitleyden/ und koͤnnen anders nichts thun/ dann einander aus neyd in den ſtreit erwecken/ und zu berauben/ und dann von dem geraub- ten gute in wolluͤſten zu leben. 23. Und dieſe ſpeiſe wird augenblicklich zu einem bittern hun- ger. 26. Wann die gerechtigkeit dann ihren dienſt in pein/ ſtraffe/ tode/ und ausrottung im menſchen vollendet/ laͤſt ſich die barmhertzig- keit aus ihrer ſtille wiedeꝛ vernehmen/ und bittet/ daß die gerechtigkeit doch in ihrem dienſte ein wenig innen halten wolle/ und ſie den geſtꝛafften menſchen eins beſuchen laſſen. 27. Behaͤlt doch die gerechtigkeit bey ihr/ von ſelbiger vor der boͤſen art des menſchen beſchirmt zu werden/ weil ſolche art ſich von niemand als der gerech- tigkeit fuͤrchtet. 28. Hierauff laͤſt ſie ſich beym geſtrafften menſchen ſehen zu erfahren/ ob er gedemuͤthigt/ oder um der ſtraffe willen mehr in der boßheit verhaͤrtet und verbittert ſey/ welches im weſen des menſchen ſich befinde. 29. Befindet ſie/ daß er verbittert/ laͤſt ſie ihn unter der ſtraffe der gerechtigkeit biß zum tode bleiben/ uñ erzeigt ihm ihren dienſt nicht/ weil er ihm zur verdamm- niß gereichen wuͤrde. 30. Hat er aber ſeine ſee- le in demuth gewendt/ und ihn die ſtraffe der gerechtigkeit gebeſſert/ ſo troͤſtet ſie ihn/ und verbindet ihm ſeine wunden/ und unterweiſt ihn ſehr lieblich ꝛc. 31. Uber dieſen troſt erfreut ſich der geſtraffte menſch/ und es wird eine lie- be in ihm zur guͤte GOttes aus dem tode er- weckt/ welche die ſtraffe uͤberwindet und zur ſe- ligkeit macht/ und Gott wird in ſeiner gerechtig- keit ſo wol gedanckt und gelobt/ als in ſeiner gnade: Weil ſie die ſuͤnde in ihrer boßheit dem menſchen bekannt gemacht/ und den tod zuge- bracht hat. 32. Dann wird GOtt im erneuten menſchen erkannt und in allem geprieſen. 13. Dann ſein toͤdten ſo wol zur ſeligkeit/ als ſein lebendig machen/ und die begraͤbniß des todten leibs/ als die aufferſtehung des lebens aus dem grabe iſt. Aber diß kan der menſch in der zeit/ da der tod ſein werck uͤber ihn hat/ nicht erkennen/ weil die gegenwaͤrtige zeit des todes die zukuͤnff- tige zeit des lebens nicht erreichen kan. 34. Dar- um muß der menſch in der leydſamkeit CHriſti ſeine toͤdtliche zeit durchgehen laſſen; und ge- dencken/ daß der tod ſein leben ſey/ und muß die ungnade (die GOttes gerechtigkeit uͤber die boßheit des irꝛdiſchen weſens bringt) fuͤr ſeine gnade annehmen. Dann es heiſt: Wen ich lieb habe/ den zuͤchtige ich/ ihn zum reiche GOt- tes bequem zu machen. Cap. 79. Daß Autor diß erkennend in ſeiner kuͤmmer- nis getroͤſt worden/ auch gefunden/ daß ſeine weißheit allen irꝛdiſchen vernunfften unbegreiff- lich/ und ſein weſen der eigenſinnigkeit im flei- ſche unerfindlich ſey. 2. Darum ſagt des HErrn geiſt/ er wolle die verborgene heimlichkeiten des HErꝛn den weiſen verkuͤndigen/ die ſie in GOtt weſentlich erkennen. 3. Wenig menſchen nun hierzu tuͤchtig. 4. Menſch ſo grob und unem- pfindlich worden/ daß er weder begriff noch em- pfinden mehr von den wercken Gottes hat/ daß er nichts in gewißheit von Gottes weſentlicher natur erkennt noch in der ſeelen empfindt. Doch anbey ſo eigenweiß/ daß er ſich laͤſt duͤncken/ er wiſſe alles was Gott angehe. 5. Auch iſt er ſo un- temperirt/ rauch und empfindlich/ daß er weder von Gott noch dem menſchen einige ſtrafe zu ſei- ner ſeligkeit annehmen kan. Und iſt zu beſorgen/ es ſeyn nicht ſo viel tugend von Gottes natur in ihm/ daß er Gottes geꝛechte ſtraffe zu ſeiner ſelig- keit koͤnne in demuth annehmen. Woꝛmit er dañ die gnade GOttes gar von ſich ſtoͤſt. 6. Die luſt/ die eꝛ zu Gott haben ſolte/ iſt ihm ein tod woꝛden/ darum er Gott in ſeinem heiligen weſen nicht er- reichē kan. 7. Und allzeit das ſchwerdt der gerech- tigkeit zu einem tode vor ihm in ſeinē wege ſtehen ſehen muß. 8. Darum muͤſſen nun groſſe truͤbſa- len und elend uͤber den irrdiſchen menſchen kom- men. Dann ſein verfall iſt ſo groß/ daß er weder auff den luſt zu Gott/ noch auf die ſtraffe der ge- ꝛechtigkeit Gottes/ noch auch auf die zwietꝛacht/ die er mit dem menſchē hat/ in ſeinē gewiſſen acht hat. Und alſo unwiſſend die verdam̃liche ſtraffe erwaꝛtet/ die leib uñ ſeel wegnehmē wird. 9. Die- ſe ſtraffe hangt der welt uͤberm haupte/ und wird je laͤnger je ſchwerer/ biß ſich die boßheit ſelbſt in abgrund ſtuͤrtzt. 10. Was ſich in der vorigen ſtꝛaffe deꝛ geꝛechtigkeit in demuth aus deꝛ boßheit in einē luſt zu Gottes barmhertzigkeit gewendet/ wird uͤberbleiben. 11. Eꝛklaͤrung der worte: Es iſt ein feuer entbrandt ꝛc. 15. Die dem hungerent- lauffen/ werden eꝛſchlagen weꝛdē. 22. Daß autor mit allen vorigen Propheten GOttes an allem verderbē unſchuldig/ den unterſchied der ſeligkeit und verdam̃niß klaͤrlich bezeugt habe/ nicht aus der vernunfft/ ſondern aus dem einweſigen leben GOttes. Cap. 80. Daß/ weil Autor befunden/ daß das irꝛdi- ſche weſen in ſeiner gottloſigkeit untergehen muß/

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/908>, abgerufen am 20.11.2024.