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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] nicht leſen lernt nach dem leben des gerichts;
muß er unter der begierlichkeit der ſuͤnden ge-
fangen bleiben/ und moͤgen alle ſeine dienſt ſei-
ne ſeele von der qual des todes nicht erloͤ-
ſen/ ſondern ſie vermehren. 6. Dann des
HErꝛn wort/ das geiſt und leben (moͤchte es
verklaͤrt ſeyn) iſt/ mus durch ſein leben alle
verborgene heimligkeit bekand machen/ und
ihn vom tode erloͤſen. 7. Selig iſt/ der ſeine
augen zum geiſt des Herrn erhebt/ und in gedult
die himmliſche gaben in ſeiner ſeelen erwartet.
Der HErꝛ will nun den demuͤthigen uͤberfluͤßig
geben. 8. Dieſe gnade wird nun im letzten
theile der zeit im demuͤthigen hertzen ſich of-
fenbaren/ und ſich mit ihnen zu einem weſen
vereinigen/ das geiſtliche geſetz zu halten. 9.
Menſch muß aus noth und liebe darzu getrie-
ben werden/ ſoll er zum Reiche GOTTES
gelehrt werden. 10. Das geſetz GOttes iſt
im menſchen/ da es war genommen wird/ der
himmliſche lehr-meiſter/ wer den nicht zum
zuͤchtiger hat/ mag durch nichts zum leben
Chriſti gebracht werden. 11. Alle dienſte
oder peinigung der ſeelen moͤgen hierzu nichts
helffen/ ſondern/ nach Gal. 6. 15. Allein ei-
ne neue creatur/ die durch CHriſti liebe in Got-
tes gerechtigkeit wirckt. 12. Das himmli-
ſche geſetz und liebe zu GOttes gerechtigkeit al-
lein der lehrmeiſter zum Reiche GOT-
TES. 13. GOtt laͤſt ſich durch ſeinen
eignen geiſt im menſchen verſuͤhnen; Dann
der menſch wird dardurch uͤberheert/ daß er ſich
GOtt und ſeinem geiſte ergeben muß/ in ſeinem
heiligen weſen/ im friede mit GOTT und
menſchen zu leben. 14. Das geiſtliche/ durch
den himmliſchen geiſt empfangene geſetz/ thut
Moſi und CHRISTO/ geſetz und Pro-
pheten/ gnug. 15. Dann findet der menſch
keine beſchuldiger mehr zum tode. An dem
weib im ehebruch ergrieffen/ Johann 8. 4. zu
ſehen. Welches als es durch das verdammli-
che geſetz zum himmliſchen geiſte gebracht
ward/ es ſeiner anklaͤger ledig ward/ und nie-
manden ſahe/ der ſie verdammte. ꝛc.

Cap. 5.

Daß/ wo das geiſtliche geſetz GOttes
recht in der ſeelen geleſen und gehalten wird/
nach Rom. 8. 1. nicht verdammliches ſey.
2. Das geſetz des geiſts hat ſie von der ſuͤnde
und tode frey gemacht. 3. Daß wir der ge-
rechtigkeit im geiſte und weſen CHriſti leben/
und keine andere luſt in uns fuͤhlen ſollen. 4.
Dann lernen wir/ Daß CHriſtus demuͤthig
von art/ und finden die weſentliche ruhe in der
ſeelen. 5. Durch die in GOtt und mit dem
menſchen ererbte ruhe und frieden werden wir
zum dancke geneigt. 6. Jn der danckbarkeit
werden wir gemeinſam/ bruͤderlich/ ꝛc. mit al-
len menſchen/ ſo viel es moͤglich iſt. 7. Dann
CHriſtus regiert alle ſeine gliedmaſſen in ein-
weſigkeit. Was vom fleiſch und blut nicht
zuſammen gefuͤgt iſt/ mag vom ſelben nicht ge-
ſchieden werden. 8. Alle aus dem einweſi-
gen leben gebohrne ſind bruͤder/ unter denen
keine zwietracht entſtehen kan. 9. Jn dieſer
bruͤderſchafft iſt keine ſelbheit/ ſondern lauter
liebe. 10. Solche kan in der heiligkeit des
fleiſches/ noch unter den vermeinten dienſten
nicht ſeyn. 11. Die unter der erwehlung noch
[Spaltenumbruch] begriffene werden von den wahren bruͤdern aus
mitleiden geruffen. 12. Daß GOTT ein
GOTT der lebendigen/ nicht der todten;
Abrahams/ Jſaacs/ und Jacobs GOtt.
13. Das einweſige leben des gerichts muß
allein aus GOtt in die ſeele flieſſen ꝛc.

Cap. 6.

Daß man der Gottſeligkeit weſentlich war-
nehmen ſolle zur ruhe der ſeelen in vereinigung
mit CHriſto zu einem weſen zur fruchtbarkeit.
2. Die in GOtt weſentlich vereinigte mag von
ſeiner liebe/ nach Rom. 8. 35. nichts ſcheiden.
3. Die ſich mit gantzem hertzen zur weſentlichen
liebe GOttes umgewandt/ aus dem fleiſche im
geiſt eingekehrt ſind/ werden von allen ſtreit be-
freyt werden/ und um nichts/ ſo der ſinn des flei-
ſches zu einem vermeynten GOttes dienſt auff-
geworffen/ mehr diſputieren. 4. Das geiſt-
liche geſetz befreyt alle ihm unterthaͤnige ſeelen
von allem unerbaulichen vernunffts-diſput. 5.
Jn der befreyung verklaͤrt der geiſt CHriſti in
ſeiner menſchheit das verborgene himmliſche
geheimniß weſentlich: Darum denen/ die ſich
aus dem fleiſch in geiſt gewandt haben/ alle
verboꝛgene geiſter und prophezeyhungen wuͤrck-
lich offenbaꝛet werdẽ. 6. Unterm gehorſam Chri-
ſti wird man erſt mit der tauffe der reue uͤber die
ſuͤnden/ von der gnade GOttes zur ablegung
des ſuͤndlichen lebens getaufft. 7. Welches
in der ſeelen mit betruͤbniß toͤdtlicher weiſe uͤber
die ſuͤndige luͤſte im fleiſche geſchicht/ und die
veraͤnderung des lebens iſt; das ein tod wer-
den muß. 8. Der tod erzeigt ſein werck/ wann
die irꝛdiſche luͤſte/ durch CHriſti krafft/ im men-
ſchen gebrochen werden/ daß das leben CHri-
ſti aus dem tode wieder erweckt werde.

Cap. 7.

Daß/ ſo man unter der Tauffe Johannis
in betruͤbniß uͤber die ſuͤnden im fleiſche ge-
taufft/ die Tauffe des geiſts CHriſti folge/ und
die betruͤbte ſeele wieder froͤlich mache/ und
CHriſtus werde weſentlich in der ſeelen ange-
zogen/ zur krafft des lebens. 2. Durch dieſe
krafft des lebens wird die ſuͤnde und luſt im men-
ſchen uͤberwunden/ und ihr nicht mehr mit
luſt gedient. 3. Wann die ſuͤnde den luſt
des lebens nicht mehr zu huͤlffe hat/ hat ſie keine
krafft ihre begierden zu vollbringen. 4. Weil
ſie einander im leben nicht dienen/ ſo dienen ſie
einander im tode/ nach Rom. 7. 22. Jch ha-
be luſt im geſetz GOttes nach dem inwendigen
menſchen/ in meinen gliedern aber ſehe ich ein
ander geſetz/ ꝛc. 5. Wo aber die ſuͤnde/ die
zuvor ein leben war/ ein ſtreit des todes wor-
den/ da lebt ſie nicht mehr. 6. Wo ihr nicht
gelebt wird/ da kan ſie keine regierung fuͤhren/
ſondern wird durch die Tauffe des Heiligen
Geiſtes in tod begraben im menſchen. 7.
An dem Actor. 8. 36. von Philippo getauff-
tem kaͤmmerling zu ſehen. 8. Die ſunde wird
durch die Tauffe krafftloß/ durchs leben
CHRISTI verdammt/ und die ſeele gerei-
nigt.

Cap. 8.

Daß alsdann CHRISTUS im men-
ſchen mit dem Heil. Geiſte beginne fruchtbar
zu werden/ und die menſchheit zur uͤberwin-

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/851>, abgerufen am 07.01.2025.