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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. II. Num. XLVII. Dav. Jor. Schrifften vom Glauben.
[Spaltenumbruch] dem abgrund/ von dannen er durch das licht
und gütige wort aus ungehorsam auffgestie-
gen ist. CHristus hat der schlangen den
kopff zertreten/ und dem tode seine macht ge-
nommen/ das leben an das licht bracht und
den teuffel in allen glaubigen gebunden und
zu nichte gemacht. Darum glaubet ihr es/
so gehet darinn frey vor ihm vorbey/ ja ein jeder
gehe recht stoltz vorbey/ nicht zwar auff eines an-
dern/ sondern ein jeder auffseinen eigenen glau-
ben.

Seyd starck/ er kan euch nicht verletzen/ lasset
euch vor ihm nicht grauen/ tretet getrost über
ihn hin/ er sperre auch den rachen so weit auff/
als der verstand bedencken kan: Er blase so viel
mord auff/ und so viel erschrecknis aus/ nach
euch/ als er immer kan oder will/ es soll euch
nicht mehr erreichen. Glaubet/ und gehet
nur immer gleich fort. Aber/ habt genaue
achtung auff euere gedancken: dann darauff
kommts zu thun oder zu lassen an. Höret oder
verstehet ihr das nicht? Glaubet/ sage ich/
GOTTES wort und der warheit/ Belial
ist gantz außgerottet und Sathanas gebun-
den: nase und kinnbacken/ augen und zun-
ge/ es ist alles umwunden und mit stricken
gebunden/ wann ihr es nur glauben wollet.
Glaubet ihr es aber nicht/ so solt ihr das leben
missen/ und zum tode verurtheilet werden/ ja
ihr seyd allbereit schon in euerem unglauben ge-
richtet. Wehe denen/ die die menschen o-
der teuffel mehr/ dann GOtt den HERRN
der heerschaaren förchten. Sie werden alle
vergehen müssen: Aber GOTT mit sei-
nen lieblingen/ wird wohnen und bleiben
in ewigkeit.

Das 16. Capitel.

Sehet/ also ist das wort GOTTES
feurig/ lebendig und kräfftig/ und alle seine
wercke ihm in der warheit gleich/ ja was er
machet oder schaffet/ das ist lebendig und voll-
kommen/ nicht aber krüppelicht oder nur halb/
unvollkommen oder beflecket/ nein/ sondern
es ist alles vollkommen/ gut/ sauber und schön:
Man darff nicht sagen/ diß ist schlimmer oder
ärger dann das/ sondern ein jedes ist vollkom-
men in seinem grad/ und thut zu seiner zeit sei-
nen dienst. Darum so werdet doch auch le-
bendig/ vollkommen und sauber am hertzen.
Dann ihr seyd sein werck/ lebendig zu seinem
preiß und zu allen guten wercken geschaffen/
durch den glauben gereiniget/ und ihme be-
quem gemacht/ dem lebendigen GOTT in
heiligkeit und gerechtigkeit zu dienen. Dar-
um sehet zu/ daß ihr reich werdet darinnen/
aber vornemlich euch wohl bereitet/ tüchtig
und geschickt darzu findet. Dann ihr müsset
lebendig und unbefleckt/ ja gantz vollkommen
und auffrichtiges hertzens hierinnen seyn/ nicht
aber duppelt/ tod noch unrein/ sondern einfäl-
tig/ lebendig und sauber/ keine finsternis/ son-
dern licht/ kein fleisch/ sondern Geist/ durch die
gnade.

NB.

Dann sehet/ GOtt ist ein GOtt der leben-
digen/ und nicht der todten: Mercket die
worte wohl an. Aber vor diesen allen gehet
erst das sterben her/ das feurige gesetz des
[Spaltenumbruch] HERRN/ zur zerbrechung und zermal-
mung des hertzens: voran kommen wunden/
striemen/ seuchen/ kranckheiten/ blindheit/
armuth/ verlassenheit/ elend und grosse angst/
leiden und tod innerlich mit dem verstande/
darnach die herrlichkeit und das leben. Se-
het nun an des Vaters natur/ erkennet sein
wesen/ und werdet ihm in allen seinen willen
gleich/ seinen gebotten mit fleiß gehorsam/
und schnell zu seinem dienst. Aber hütet euch
vor murmelungen und verkehrten gedancken/
dann sie scheiden euch von dem HERRN.
Alle solche hertzen müssen ferne von dem HErrn
weichen/ dann den bösen kan er in keinerley wei-
se leiden/ noch die hoffärtigen vertragen; O-
der wer seinen bruder heimlich verleumbdet/ und
unfriede darzwischen machet/ den verdammt
er/ und seine seele hat einen greuel an demsel-
ben. Nehmet es zu hertzen/ o ihr verleumb-
der.

O du ewiges warhafftes wort/ du schnei-
dest zu beyden seiten/ schärffer dann ein zwey-
schneidig schlachtschwerdt/ du brennest wie
ein feuriger offen und machest lebendig/ wann
du außgehest! Du überwindest alle/ zu de-
nen du gesandt wirst/ du aber bleibest unü-
berwindlich/ und fest/ und ewiglich stehend/
im himmel. Wohl dem/ auff welchen du
ruhest/ und in welchem du wohnest. Hier
ist weißheit/ wer verstand hat/ der begreiffe
und fasse es/ und wer lust hat/ der lese in der
Offenbahrung Johann. am XIX. Cap. Aber
wer es lieset/ der verstehe es auch.

Das 17. Capitel.

Der geist der einfalt ist der geist des alter-
thums/ ein geist deß lebens und deß klaren
lichts. Das ist der geist der demuth/ der klei-
nen krafft und nichtigkeit/ ja gantz niedrig und
nichts kan sich der geist machen/ aber nicht oh-
ne einfalt. Hingegen ist der geist der schalck-
heit/ der geist der finsternis/ der grossen krafft/
der eigen-weißheit und hoffärtigkeit. Dar-
um/ wann du in deinem auge einfältig oder ja
gantz licht bist/ so kan dich das schalcke nicht
mehr übermögen/ dann es ist gantz außgerot-
tet. Ach verstehets. Die pfade der hertzen
sind allda sauber/ recht eben und gleich gepfla-
stert. Man wandelt allda vorsichtig/ ohne an-
stoß und ohne verletzung. O das auge (der apf-Die be-
gierde o-
der lust
des apf-
fels des
lebens o-
der des
todes/
ziehet des
menschen
hertze/
und über-
windet.

fel der begierden) machet es uns wohl offen-
bahr/ was vor einen weg wir eingehen/ und
was vor ein geist uns treibet und locket. Ein
jeder habe sehr wohl acht darauff. Darum
brechet und dringet mit dem glauben durch die
finsternis/ welche als eine mauer vor dem licht
und leben stehet.

Ach daß wir solches nicht einsehen und mit
krafft daran fallen/ wann wollen wir doch son-
sten alle greuel in unserm tempel sehen können/
was da noch mangelt/ zu reinigen/ nemlich/ die
lüste des fleisches/ geitzes und eigen-liebe/ die
sinnlichkeit/ eytelkeit/ heucheley und gutdün-
ckel: diese halten den tempel unrein. Dar-
um fahret immer fort und fort mit dem wercke
des Geistes/ ohne ansehen im fleisch. Fah-
ret fort/ sage ich/ im Geist und warheit mit
eueren hertzen/ wider alle wiedrigkeit euerer

selbst.

Th. IV. Sect. II. Num. XLVII. Dav. Jor. Schrifften vom Glauben.
[Spaltenumbruch] dem abgrund/ von dannen er durch das licht
und guͤtige wort aus ungehorſam auffgeſtie-
gen iſt. CHriſtus hat der ſchlangen den
kopff zertreten/ und dem tode ſeine macht ge-
nommen/ das leben an das licht bracht und
den teuffel in allen glaubigen gebunden und
zu nichte gemacht. Darum glaubet ihr es/
ſo gehet darinn frey vor ihm vorbey/ ja ein jeder
gehe recht ſtoltz vorbey/ nicht zwar auff eines an-
dern/ ſondern ein jeder auffſeinen eigenen glau-
ben.

Seyd ſtarck/ er kan euch nicht verletzen/ laſſet
euch vor ihm nicht grauen/ tretet getroſt uͤber
ihn hin/ er ſperre auch den rachen ſo weit auff/
als der verſtand bedencken kan: Er blaſe ſo viel
mord auff/ und ſo viel erſchrecknis aus/ nach
euch/ als er immer kan oder will/ es ſoll euch
nicht mehr erreichen. Glaubet/ und gehet
nur immer gleich fort. Aber/ habt genaue
achtung auff euere gedancken: dann darauff
kommts zu thun oder zu laſſen an. Hoͤret oder
verſtehet ihr das nicht? Glaubet/ ſage ich/
GOTTES wort und der warheit/ Belial
iſt gantz außgerottet und Sathanas gebun-
den: naſe und kinnbacken/ augen und zun-
ge/ es iſt alles umwunden und mit ſtricken
gebunden/ wann ihr es nur glauben wollet.
Glaubet ihr es aber nicht/ ſo ſolt ihr das leben
miſſen/ und zum tode verurtheilet werden/ ja
ihr ſeyd allbereit ſchon in euerem unglauben ge-
richtet. Wehe denen/ die die menſchen o-
der teuffel mehr/ dann GOtt den HERRN
der heerſchaaren foͤrchten. Sie werden alle
vergehen muͤſſen: Aber GOTT mit ſei-
nen lieblingen/ wird wohnen und bleiben
in ewigkeit.

Das 16. Capitel.

Sehet/ alſo iſt das wort GOTTES
feurig/ lebendig und kraͤfftig/ und alle ſeine
wercke ihm in der warheit gleich/ ja was er
machet oder ſchaffet/ das iſt lebendig und voll-
kommen/ nicht aber kruͤppelicht oder nur halb/
unvollkommen oder beflecket/ nein/ ſondern
es iſt alles vollkommen/ gut/ ſauber und ſchoͤn:
Man darff nicht ſagen/ diß iſt ſchlimmer oder
aͤrger dann das/ ſondern ein jedes iſt vollkom-
men in ſeinem grad/ und thut zu ſeiner zeit ſei-
nen dienſt. Darum ſo werdet doch auch le-
bendig/ vollkommen und ſauber am hertzen.
Dann ihr ſeyd ſein werck/ lebendig zu ſeinem
preiß und zu allen guten wercken geſchaffen/
durch den glauben gereiniget/ und ihme be-
quem gemacht/ dem lebendigen GOTT in
heiligkeit und gerechtigkeit zu dienen. Dar-
um ſehet zu/ daß ihr reich werdet darinnen/
aber vornemlich euch wohl bereitet/ tuͤchtig
und geſchickt darzu findet. Dann ihr muͤſſet
lebendig und unbefleckt/ ja gantz vollkommen
und auffrichtiges hertzens hierinnen ſeyn/ nicht
aber duppelt/ tod noch unrein/ ſondern einfaͤl-
tig/ lebendig und ſauber/ keine finſternis/ ſon-
dern licht/ kein fleiſch/ ſondern Geiſt/ durch die
gnade.

NB.

Dann ſehet/ GOtt iſt ein GOtt der leben-
digen/ und nicht der todten: Mercket die
worte wohl an. Aber vor dieſen allen gehet
erſt das ſterben her/ das feurige geſetz des
[Spaltenumbruch] HERRN/ zur zerbrechung und zermal-
mung des hertzens: voran kommen wunden/
ſtriemen/ ſeuchen/ kranckheiten/ blindheit/
armuth/ verlaſſenheit/ elend und groſſe angſt/
leiden und tod innerlich mit dem verſtande/
darnach die herrlichkeit und das leben. Se-
het nun an des Vaters natur/ erkennet ſein
weſen/ und werdet ihm in allen ſeinen willen
gleich/ ſeinen gebotten mit fleiß gehorſam/
und ſchnell zu ſeinem dienſt. Aber huͤtet euch
vor murmelungen und verkehrten gedancken/
dann ſie ſcheiden euch von dem HERRN.
Alle ſolche hertzen muͤſſen ferne von dem HErrn
weichen/ dann den boͤſen kan er in keinerley wei-
ſe leiden/ noch die hoffaͤrtigen vertragen; O-
der wer ſeinen bruder heimlich verleumbdet/ und
unfriede darzwiſchen machet/ den verdammt
er/ und ſeine ſeele hat einen greuel an demſel-
ben. Nehmet es zu hertzen/ o ihr verleumb-
der.

O du ewiges warhafftes wort/ du ſchnei-
deſt zu beyden ſeiten/ ſchaͤrffer dann ein zwey-
ſchneidig ſchlachtſchwerdt/ du brenneſt wie
ein feuriger offen und macheſt lebendig/ wann
du außgeheſt! Du uͤberwindeſt alle/ zu de-
nen du geſandt wirſt/ du aber bleibeſt unuͤ-
berwindlich/ und feſt/ und ewiglich ſtehend/
im himmel. Wohl dem/ auff welchen du
ruheſt/ und in welchem du wohneſt. Hier
iſt weißheit/ wer verſtand hat/ der begreiffe
und faſſe es/ und wer luſt hat/ der leſe in der
Offenbahrung Johann. am XIX. Cap. Aber
wer es lieſet/ der verſtehe es auch.

Das 17. Capitel.

Der geiſt der einfalt iſt der geiſt des alter-
thums/ ein geiſt deß lebens und deß klaren
lichts. Das iſt der geiſt der demuth/ der klei-
nen krafft und nichtigkeit/ ja gantz niedrig und
nichts kan ſich der geiſt machen/ aber nicht oh-
ne einfalt. Hingegen iſt der geiſt der ſchalck-
heit/ der geiſt der finſternis/ der groſſen krafft/
der eigen-weißheit und hoffaͤrtigkeit. Dar-
um/ wann du in deinem auge einfaͤltig oder ja
gantz licht biſt/ ſo kan dich das ſchalcke nicht
mehr uͤbermoͤgen/ dann es iſt gantz außgerot-
tet. Ach verſtehets. Die pfade der hertzen
ſind allda ſauber/ recht eben und gleich gepfla-
ſtert. Man wandelt allda vorſichtig/ ohne an-
ſtoß und ohne verletzung. O das auge (der apf-Die be-
gierde o-
der luſt
des apf-
fels des
lebens o-
der des
todes/
ziehet des
menſchen
hertze/
und uͤber-
windet.

fel der begierden) machet es uns wohl offen-
bahr/ was vor einen weg wir eingehen/ und
was vor ein geiſt uns treibet und locket. Ein
jeder habe ſehr wohl acht darauff. Darum
brechet und dringet mit dem glauben durch die
finſternis/ welche als eine mauer vor dem licht
und leben ſtehet.

Ach daß wir ſolches nicht einſehen und mit
krafft daran fallen/ wann wollen wir doch ſon-
ſten alle greuel in unſerm tempel ſehen koͤnnen/
was da noch mangelt/ zu reinigen/ nemlich/ die
luͤſte des fleiſches/ geitzes und eigen-liebe/ die
ſinnlichkeit/ eytelkeit/ heucheley und gutduͤn-
ckel: dieſe halten den tempel unrein. Dar-
um fahret immer fort und fort mit dem wercke
des Geiſtes/ ohne anſehen im fleiſch. Fah-
ret fort/ ſage ich/ im Geiſt und warheit mit
eueren hertzen/ wider alle wiedrigkeit euerer

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&#x017F;innlichkeit/ eytelkeit/ heucheley und gutdu&#x0364;n-<lb/>
ckel: die&#x017F;e halten den tempel unrein. Dar-<lb/>
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des Gei&#x017F;tes/ ohne an&#x017F;ehen im flei&#x017F;ch. Fah-<lb/>
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eueren hertzen/ wider alle wiedrigkeit euerer<lb/>
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[394/0690] Th. IV. Sect. II. Num. XLVII. Dav. Jor. Schrifften vom Glauben. dem abgrund/ von dannen er durch das licht und guͤtige wort aus ungehorſam auffgeſtie- gen iſt. CHriſtus hat der ſchlangen den kopff zertreten/ und dem tode ſeine macht ge- nommen/ das leben an das licht bracht und den teuffel in allen glaubigen gebunden und zu nichte gemacht. Darum glaubet ihr es/ ſo gehet darinn frey vor ihm vorbey/ ja ein jeder gehe recht ſtoltz vorbey/ nicht zwar auff eines an- dern/ ſondern ein jeder auffſeinen eigenen glau- ben. Seyd ſtarck/ er kan euch nicht verletzen/ laſſet euch vor ihm nicht grauen/ tretet getroſt uͤber ihn hin/ er ſperre auch den rachen ſo weit auff/ als der verſtand bedencken kan: Er blaſe ſo viel mord auff/ und ſo viel erſchrecknis aus/ nach euch/ als er immer kan oder will/ es ſoll euch nicht mehr erreichen. Glaubet/ und gehet nur immer gleich fort. Aber/ habt genaue achtung auff euere gedancken: dann darauff kommts zu thun oder zu laſſen an. Hoͤret oder verſtehet ihr das nicht? Glaubet/ ſage ich/ GOTTES wort und der warheit/ Belial iſt gantz außgerottet und Sathanas gebun- den: naſe und kinnbacken/ augen und zun- ge/ es iſt alles umwunden und mit ſtricken gebunden/ wann ihr es nur glauben wollet. Glaubet ihr es aber nicht/ ſo ſolt ihr das leben miſſen/ und zum tode verurtheilet werden/ ja ihr ſeyd allbereit ſchon in euerem unglauben ge- richtet. Wehe denen/ die die menſchen o- der teuffel mehr/ dann GOtt den HERRN der heerſchaaren foͤrchten. Sie werden alle vergehen muͤſſen: Aber GOTT mit ſei- nen lieblingen/ wird wohnen und bleiben in ewigkeit. Das 16. Capitel. Sehet/ alſo iſt das wort GOTTES feurig/ lebendig und kraͤfftig/ und alle ſeine wercke ihm in der warheit gleich/ ja was er machet oder ſchaffet/ das iſt lebendig und voll- kommen/ nicht aber kruͤppelicht oder nur halb/ unvollkommen oder beflecket/ nein/ ſondern es iſt alles vollkommen/ gut/ ſauber und ſchoͤn: Man darff nicht ſagen/ diß iſt ſchlimmer oder aͤrger dann das/ ſondern ein jedes iſt vollkom- men in ſeinem grad/ und thut zu ſeiner zeit ſei- nen dienſt. Darum ſo werdet doch auch le- bendig/ vollkommen und ſauber am hertzen. Dann ihr ſeyd ſein werck/ lebendig zu ſeinem preiß und zu allen guten wercken geſchaffen/ durch den glauben gereiniget/ und ihme be- quem gemacht/ dem lebendigen GOTT in heiligkeit und gerechtigkeit zu dienen. Dar- um ſehet zu/ daß ihr reich werdet darinnen/ aber vornemlich euch wohl bereitet/ tuͤchtig und geſchickt darzu findet. Dann ihr muͤſſet lebendig und unbefleckt/ ja gantz vollkommen und auffrichtiges hertzens hierinnen ſeyn/ nicht aber duppelt/ tod noch unrein/ ſondern einfaͤl- tig/ lebendig und ſauber/ keine finſternis/ ſon- dern licht/ kein fleiſch/ ſondern Geiſt/ durch die gnade. Dann ſehet/ GOtt iſt ein GOtt der leben- digen/ und nicht der todten: Mercket die worte wohl an. Aber vor dieſen allen gehet erſt das ſterben her/ das feurige geſetz des HERRN/ zur zerbrechung und zermal- mung des hertzens: voran kommen wunden/ ſtriemen/ ſeuchen/ kranckheiten/ blindheit/ armuth/ verlaſſenheit/ elend und groſſe angſt/ leiden und tod innerlich mit dem verſtande/ darnach die herrlichkeit und das leben. Se- het nun an des Vaters natur/ erkennet ſein weſen/ und werdet ihm in allen ſeinen willen gleich/ ſeinen gebotten mit fleiß gehorſam/ und ſchnell zu ſeinem dienſt. Aber huͤtet euch vor murmelungen und verkehrten gedancken/ dann ſie ſcheiden euch von dem HERRN. Alle ſolche hertzen muͤſſen ferne von dem HErrn weichen/ dann den boͤſen kan er in keinerley wei- ſe leiden/ noch die hoffaͤrtigen vertragen; O- der wer ſeinen bruder heimlich verleumbdet/ und unfriede darzwiſchen machet/ den verdammt er/ und ſeine ſeele hat einen greuel an demſel- ben. Nehmet es zu hertzen/ o ihr verleumb- der. O du ewiges warhafftes wort/ du ſchnei- deſt zu beyden ſeiten/ ſchaͤrffer dann ein zwey- ſchneidig ſchlachtſchwerdt/ du brenneſt wie ein feuriger offen und macheſt lebendig/ wann du außgeheſt! Du uͤberwindeſt alle/ zu de- nen du geſandt wirſt/ du aber bleibeſt unuͤ- berwindlich/ und feſt/ und ewiglich ſtehend/ im himmel. Wohl dem/ auff welchen du ruheſt/ und in welchem du wohneſt. Hier iſt weißheit/ wer verſtand hat/ der begreiffe und faſſe es/ und wer luſt hat/ der leſe in der Offenbahrung Johann. am XIX. Cap. Aber wer es lieſet/ der verſtehe es auch. Das 17. Capitel. Der geiſt der einfalt iſt der geiſt des alter- thums/ ein geiſt deß lebens und deß klaren lichts. Das iſt der geiſt der demuth/ der klei- nen krafft und nichtigkeit/ ja gantz niedrig und nichts kan ſich der geiſt machen/ aber nicht oh- ne einfalt. Hingegen iſt der geiſt der ſchalck- heit/ der geiſt der finſternis/ der groſſen krafft/ der eigen-weißheit und hoffaͤrtigkeit. Dar- um/ wann du in deinem auge einfaͤltig oder ja gantz licht biſt/ ſo kan dich das ſchalcke nicht mehr uͤbermoͤgen/ dann es iſt gantz außgerot- tet. Ach verſtehets. Die pfade der hertzen ſind allda ſauber/ recht eben und gleich gepfla- ſtert. Man wandelt allda vorſichtig/ ohne an- ſtoß und ohne verletzung. O das auge (der apf- fel der begierden) machet es uns wohl offen- bahr/ was vor einen weg wir eingehen/ und was vor ein geiſt uns treibet und locket. Ein jeder habe ſehr wohl acht darauff. Darum brechet und dringet mit dem glauben durch die finſternis/ welche als eine mauer vor dem licht und leben ſtehet. Die be- gierde o- der luſt des apf- fels des lebens o- der des todes/ ziehet des menſchen hertze/ und uͤber- windet. Ach daß wir ſolches nicht einſehen und mit krafft daran fallen/ wann wollen wir doch ſon- ſten alle greuel in unſerm tempel ſehen koͤnnen/ was da noch mangelt/ zu reinigen/ nemlich/ die luͤſte des fleiſches/ geitzes und eigen-liebe/ die ſinnlichkeit/ eytelkeit/ heucheley und gutduͤn- ckel: dieſe halten den tempel unrein. Dar- um fahret immer fort und fort mit dem wercke des Geiſtes/ ohne anſehen im fleiſch. Fah- ret fort/ ſage ich/ im Geiſt und warheit mit eueren hertzen/ wider alle wiedrigkeit euerer ſelbſt.

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/690>, abgerufen am 20.11.2024.