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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Von dem rechten wahren Zion und Jerusalem.
[Spaltenumbruch] Jes. XXIIX
Ps. CXIIX
Matth.
XXI.
ewiger warheit in der vollkommenheit möchte
geprediget werden. Denn diß ist das funda-
ment oder grund/ und der hauptstein über al-
Ap. gesch.
IV.
les/ und bleibets in ewigkeit.

Das 3. Capitel.

Aber leyder! ich sorge/ daß derer wenig (je-
doch noch etliche) seyn werden/ die nur darinn
beystimmen solten/ daß ich GOttes wort hie-
mit gesagt/ nemlich/ daß ich die schrifft allhie
recht getheilet hätte/ weil es ihnen entgegen ist/
und daher lieber arbeiten und bitten würden/
daß die warhafften und auffrichtigen Christen
allezusammen umkämen/ als daß sie zu schan-
den/ dabey verringert/ und ohne ehre solten
werden. Aber was sagt der HErr? thun sie es
nicht/ so sollen sie nicht allein zuschanden/ son-
dern auch wie sand zermalmet werden/ wenn sie
sich hartnäckicht wider den rechten stein Chri-
Dan. II. 34sti nach dem Geist (der von dem berge ohne
hände herab gerissen ist) stossen/ und ihn fort
und fort verwerffen wollen/ wie sie doch (so
Ps. XIV. 6lange sie der armen rath oder wort verspotten/
sich selbst nicht erniedrigen/ unter die kleinen
begeben/ und sich von den simpeln und einfäl-
tigen nicht wollen lehren lassen) gewißlich oh-
ne unterlaß thun werden/ angesehen sie GOtt
den HErrn in seiner unbekandten zunge nicht
hören/ oder nach dem Geist nicht verstehen wol-
len. Ach! daß doch alle völcker diß in der zeit
mercken möchten/ daß der HErr solches über
sie gesprochen/ nemlich: Daß Er (wie wun-
derlich und seltzam es lautet) die weißheit
ihrer weisen unter die füsse treten/
und zu
nichte machen/ und den verstand ihrer klu-
gen verblenden/
oder wegnehmen wil/ weil
sie sich zu ihm nahen/ aber nur mit dem munde
und mit den lippen ehren oder hoch loben/ da
doch ihr hertze fern von ihm ist/ und der men-
schen satzungen und gebote mehr fürchten/ als
den einigen allmächtigen heiligen GOtt. Dar-
um verwundert euch nicht/ (jedoch mögt ihrs
wol über eure eigne blindheit thun) wenn euch
diß wunderwerck Gottes zu sehen gegeben wird/
welches ihr jetzo nicht (wie euch von den kleinen
vorher gesagt) glauben wollet/ wie klar mans
euch auch vorhalten könte.

Nichts desto weniger/ ob schon des Menschen
Sohn/ der mund der ewigen warheit/ jetzo noch
so wenig glauben hat/ eben wie Noah und Loth
auch hatten/ sol doch diß nichts desto weniger
(was der mund des HErrn gesagt/ und noch
sagt) geschehen/ und also/ wie ichs euch be-
zeugen wil/ erfunden werden/ nemlich wie
GOtt/ der einige lebendig-machende Geist
der krafft und seine weißheit/ geistlich verbor-
gen/ und den menschen gantz verholen/ ja un-
müglich zu begreiffen oder zu sehen ist/ es sey
denn in dem allerheiligsten glauben. Wel-
chen man (sag ich) nicht bey den weisen und
Joh. III. 30klugen dieser welt/ sondern allein bey den
kleinen/ die GOttes rechtes wort treulich
annehmen/ (in der abnahme und außgang
ihrer selbst) kriegen und finden wird. Die
worte sind ewig wahr und unwiedersprech-
lich. Und ob es schon die weisen und verstän-
digen oder hochgelahrten dieser welt (wen ich
treffe/ der mag sichs annehmen) die sich auff
ihre gelehrsamkeit und klugheit/ und auff ihre
Fürsten und Herren verlassen/ wol meinen/
[Spaltenumbruch] daß sie es nicht thäten/ so wirds dennoch bey
GOtt also geurtheilet und erfunden werden;
und wie sie sich daran stossen/ und immer den
verstand selbst über die kleinen haben wollen/
sol das lebendige gute wahre wort des Heil.
Geistes (welches allezeit selbst ein warhafftig
zeugniß demjenigen/ der es hat/ davon gibt)
offenbahren/ und doch bey den kleinen und
einfältigen gesehen und befunden werden;
ja so trefflich/ daß sie ihm nicht werden wie-
derstehen/ noch es überwinden können/ wie
der HERR seinen Jüngern (die von sich
selbst ausgehen/ vater/ mutter/ schwester/Luc. XIV.
v. 26.

bruder/ weib und kind/ dazu ihr eigenLuc. XXI.
v. 15.

leben hassen und lassen) verheissen hat/
mund und weißheit darinn zu geben/
welchen niemand sol wiederstehen kön-
nen.
Man mags versuchen und sehen/ obs
wahr ist. Und wenns nun so beschaffen ist/
so wäre es wol hohe zeit sich nach diesen ümzu-
sehen und wieder auffzunehmen/ die man ver-
worffen und außgeschlossen hat/ so fern die
Obrigkeit GOttes wort und der ewigen war-
heit von hertzen vorstehen/ und das ewige Ev-
angelium annehmen und beschirmen wil/ als
ihr befohlen ist. Angesehen diß dann wahr ist/
so haben sie sich wol dazu zu schicken/ daß sie
zugleich allesamt hervor ans licht kommen;
aber mit keinem neidischem/ bitterm und ver-
wirrtem sinn/ oder verschlingendem blutgie-
rigem geiste/ welcher augenblicklich zeugniß
und das urtheil über sich selbst gibt/ was sie vor
leute/ Christi oder Belials diener sind. Und
ob sie sich schon gar wol offenbahren/ wird es
doch nicht gemercket; Ja/ wenn sie schon dar-
ein verfallen sind/ unterstehen sie sich dennoch
(spricht der HErr) ihre böse thaten gut zu ma-
chen. Sie finden durch die list und geschwin-
digkeit derschlangen allemal leicht ein schlupff-
loch/ darinn sie sich verbergen oder beschirmen
wollen. Aber es mag ihnen nichts helffen/ die
finsterniß kan niemand bedecken/ sondern nur
desto mehr und eher ans licht bringen/ und das
böse anzeigen.

Und das ist allerdings recht ihres vaters
art/ nemlich/ böses thun/ lügen und betrie-
gen/ würgen und tödten. Und obs schon
nicht mit der hand geschicht/ so geschichts
doch mit dem munde/ mit dem hertzen und
willen/ und wird durch eines andern hand/
nemlich durch den weltlichen richter (ihren
diener) dem man sie in die hände weiset oder
überlieffert/ gar wol beschicket. Uberleget
doch diß/ denn GOtt (der solches des Glau-
bens halben verboten hat) hats wol gesehen/NB.
und das verborgene eures hertzens wol durch-
gründet/ wirds auch wol ans licht zusehen
bringen/ wenn er einst aus seiner heiligen
wohnung die einwohner der erden heimzusu-
chen gehen wird.

Was gilts/ ob die erde (des menschen
hertze) das blut alsdann wird verbergen
können/ das sie auch heimlich verschlungen
hat? Derselbe (nachdem seine urtheile und
wirckungen des Heil. Geistes verborgen und
wunderlich sind) hat auch gewolt/ daß das
unkraut biß zur erndte-zeit/ wenn der wei-Matth.
XIII. 30.

tzen reiff wäre/ solte stehen bleiben/ damit
man das gute nicht verhindere. Welches

nach
A. K. H. Vierter Theil. B b b

Von dem rechten wahren Zion und Jeruſalem.
[Spaltenumbruch] Jeſ. XXIIX
Pſ. CXIIX
Matth.
XXI.
ewiger warheit in der vollkommenheit moͤchte
geprediget werden. Denn diß iſt das funda-
ment oder grund/ und der hauptſtein uͤber al-
Ap. geſch.
IV.
les/ und bleibets in ewigkeit.

Das 3. Capitel.

Aber leyder! ich ſorge/ daß derer wenig (je-
doch noch etliche) ſeyn werden/ die nur darinn
beyſtimmen ſolten/ daß ich GOttes wort hie-
mit geſagt/ nemlich/ daß ich die ſchrifft allhie
recht getheilet haͤtte/ weil es ihnen entgegen iſt/
und daher lieber arbeiten und bitten wuͤrden/
daß die warhafften und auffrichtigen Chriſten
allezuſammen umkaͤmen/ als daß ſie zu ſchan-
den/ dabey verringert/ und ohne ehre ſolten
werden. Aber was ſagt der HErr? thun ſie es
nicht/ ſo ſollen ſie nicht allein zuſchanden/ ſon-
dern auch wie ſand zermalmet werden/ wenn ſie
ſich hartnaͤckicht wider den rechten ſtein Chri-
Dan. II. 34ſti nach dem Geiſt (der von dem berge ohne
haͤnde herab geriſſen iſt) ſtoſſen/ und ihn fort
und fort verwerffen wollen/ wie ſie doch (ſo
Pſ. XIV. 6lange ſie der armen rath oder wort verſpotten/
ſich ſelbſt nicht erniedrigen/ unter die kleinen
begeben/ und ſich von den ſimpeln und einfaͤl-
tigen nicht wollen lehren laſſen) gewißlich oh-
ne unterlaß thun werden/ angeſehen ſie GOtt
den HErrn in ſeiner unbekandten zunge nicht
hoͤren/ oder nach dem Geiſt nicht verſtehen wol-
len. Ach! daß doch alle voͤlcker diß in der zeit
mercken moͤchten/ daß der HErr ſolches uͤber
ſie geſprochen/ nemlich: Daß Er (wie wun-
derlich und ſeltzam es lautet) die weißheit
ihrer weiſen unter die fuͤſſe treten/
und zu
nichte machen/ und den verſtand ihrer klu-
gen verblenden/
oder wegnehmen wil/ weil
ſie ſich zu ihm nahen/ aber nur mit dem munde
und mit den lippen ehren oder hoch loben/ da
doch ihr hertze fern von ihm iſt/ und der men-
ſchen ſatzungen und gebote mehr fuͤrchten/ als
den einigen allmaͤchtigen heiligen GOtt. Dar-
um verwundert euch nicht/ (jedoch moͤgt ihrs
wol uͤber eure eigne blindheit thun) wenn euch
diß wunderwerck Gottes zu ſehen gegeben wird/
welches ihr jetzo nicht (wie euch von den kleinen
vorher geſagt) glauben wollet/ wie klar mans
euch auch vorhalten koͤnte.

Nichts deſto weniger/ ob ſchon des Menſchen
Sohn/ der mund der ewigen warheit/ jetzo noch
ſo wenig glauben hat/ eben wie Noah und Loth
auch hatten/ ſol doch diß nichts deſto weniger
(was der mund des HErrn geſagt/ und noch
ſagt) geſchehen/ und alſo/ wie ichs euch be-
zeugen wil/ erfunden werden/ nemlich wie
GOtt/ der einige lebendig-machende Geiſt
der krafft und ſeine weißheit/ geiſtlich verbor-
gen/ und den menſchen gantz verholen/ ja un-
muͤglich zu begreiffen oder zu ſehen iſt/ es ſey
denn in dem allerheiligſten glauben. Wel-
chen man (ſag ich) nicht bey den weiſen und
Joh. III. 30klugen dieſer welt/ ſondern allein bey den
kleinen/ die GOttes rechtes wort treulich
annehmen/ (in der abnahme und außgang
ihrer ſelbſt) kriegen und finden wird. Die
worte ſind ewig wahr und unwiederſprech-
lich. Und ob es ſchon die weiſen und verſtaͤn-
digen oder hochgelahrten dieſer welt (wen ich
treffe/ der mag ſichs annehmen) die ſich auff
ihre gelehrſamkeit und klugheit/ und auff ihre
Fuͤrſten und Herren verlaſſen/ wol meinen/
[Spaltenumbruch] daß ſie es nicht thaͤten/ ſo wirds dennoch bey
GOtt alſo geurtheilet und erfunden werden;
und wie ſie ſich daran ſtoſſen/ und immer den
verſtand ſelbſt uͤber die kleinen haben wollen/
ſol das lebendige gute wahre wort des Heil.
Geiſtes (welches allezeit ſelbſt ein warhafftig
zeugniß demjenigen/ der es hat/ davon gibt)
offenbahren/ und doch bey den kleinen und
einfaͤltigen geſehen und befunden werden;
ja ſo trefflich/ daß ſie ihm nicht werden wie-
derſtehen/ noch es uͤberwinden koͤnnen/ wie
der HERR ſeinen Juͤngern (die von ſich
ſelbſt ausgehen/ vater/ mutter/ ſchweſter/Luc. XIV.
v. 26.

bruder/ weib und kind/ dazu ihr eigenLuc. XXI.
v. 15.

leben haſſen und laſſen) verheiſſen hat/
mund und weißheit darinn zu geben/
welchen niemand ſol wiederſtehen koͤn-
nen.
Man mags verſuchen und ſehen/ obs
wahr iſt. Und wenns nun ſo beſchaffen iſt/
ſo waͤre es wol hohe zeit ſich nach dieſen uͤmzu-
ſehen und wieder auffzunehmen/ die man ver-
worffen und außgeſchloſſen hat/ ſo fern die
Obrigkeit GOttes wort und der ewigen war-
heit von hertzen vorſtehen/ und das ewige Ev-
angelium annehmen und beſchirmen wil/ als
ihr befohlen iſt. Angeſehen diß dann wahr iſt/
ſo haben ſie ſich wol dazu zu ſchicken/ daß ſie
zugleich alleſamt hervor ans licht kommen;
aber mit keinem neidiſchem/ bitterm und ver-
wirrtem ſinn/ oder verſchlingendem blutgie-
rigem geiſte/ welcher augenblicklich zeugniß
und das urtheil uͤber ſich ſelbſt gibt/ was ſie vor
leute/ Chriſti oder Belials diener ſind. Und
ob ſie ſich ſchon gar wol offenbahren/ wird es
doch nicht gemercket; Ja/ wenn ſie ſchon dar-
ein verfallen ſind/ unterſtehen ſie ſich dennoch
(ſpricht der HErr) ihre boͤſe thaten gut zu ma-
chen. Sie finden durch die liſt und geſchwin-
digkeit derſchlangen allemal leicht ein ſchlupff-
loch/ darinn ſie ſich verbergen oder beſchirmen
wollen. Aber es mag ihnen nichts helffen/ die
finſterniß kan niemand bedecken/ ſondern nur
deſto mehr und eher ans licht bringen/ und das
boͤſe anzeigen.

Und das iſt allerdings recht ihres vaters
art/ nemlich/ boͤſes thun/ luͤgen und betrie-
gen/ wuͤrgen und toͤdten. Und obs ſchon
nicht mit der hand geſchicht/ ſo geſchichts
doch mit dem munde/ mit dem hertzen und
willen/ und wird durch eines andern hand/
nemlich durch den weltlichen richter (ihren
diener) dem man ſie in die haͤnde weiſet oder
uͤberlieffert/ gar wol beſchicket. Uberleget
doch diß/ denn GOtt (der ſolches des Glau-
bens halben verboten hat) hats wol geſehen/NB.
und das verborgene eures hertzens wol durch-
gruͤndet/ wirds auch wol ans licht zuſehen
bringen/ wenn er einſt aus ſeiner heiligen
wohnung die einwohner der erden heimzuſu-
chen gehen wird.

Was gilts/ ob die erde (des menſchen
hertze) das blut alsdann wird verbergen
koͤnnen/ das ſie auch heimlich verſchlungen
hat? Derſelbe (nachdem ſeine urtheile und
wirckungen des Heil. Geiſtes verborgen und
wunderlich ſind) hat auch gewolt/ daß das
unkraut biß zur erndte-zeit/ wenn der wei-Matth.
XIII. 30.

tzen reiff waͤre/ ſolte ſtehen bleiben/ damit
man das gute nicht verhindere. Welches

nach
A. K. H. Vierter Theil. B b b
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[377/0673] Von dem rechten wahren Zion und Jeruſalem. ewiger warheit in der vollkommenheit moͤchte geprediget werden. Denn diß iſt das funda- ment oder grund/ und der hauptſtein uͤber al- les/ und bleibets in ewigkeit. Jeſ. XXIIX Pſ. CXIIX Matth. XXI. Ap. geſch. IV. Das 3. Capitel. Aber leyder! ich ſorge/ daß derer wenig (je- doch noch etliche) ſeyn werden/ die nur darinn beyſtimmen ſolten/ daß ich GOttes wort hie- mit geſagt/ nemlich/ daß ich die ſchrifft allhie recht getheilet haͤtte/ weil es ihnen entgegen iſt/ und daher lieber arbeiten und bitten wuͤrden/ daß die warhafften und auffrichtigen Chriſten allezuſammen umkaͤmen/ als daß ſie zu ſchan- den/ dabey verringert/ und ohne ehre ſolten werden. Aber was ſagt der HErr? thun ſie es nicht/ ſo ſollen ſie nicht allein zuſchanden/ ſon- dern auch wie ſand zermalmet werden/ wenn ſie ſich hartnaͤckicht wider den rechten ſtein Chri- ſti nach dem Geiſt (der von dem berge ohne haͤnde herab geriſſen iſt) ſtoſſen/ und ihn fort und fort verwerffen wollen/ wie ſie doch (ſo lange ſie der armen rath oder wort verſpotten/ ſich ſelbſt nicht erniedrigen/ unter die kleinen begeben/ und ſich von den ſimpeln und einfaͤl- tigen nicht wollen lehren laſſen) gewißlich oh- ne unterlaß thun werden/ angeſehen ſie GOtt den HErrn in ſeiner unbekandten zunge nicht hoͤren/ oder nach dem Geiſt nicht verſtehen wol- len. Ach! daß doch alle voͤlcker diß in der zeit mercken moͤchten/ daß der HErr ſolches uͤber ſie geſprochen/ nemlich: Daß Er (wie wun- derlich und ſeltzam es lautet) die weißheit ihrer weiſen unter die fuͤſſe treten/ und zu nichte machen/ und den verſtand ihrer klu- gen verblenden/ oder wegnehmen wil/ weil ſie ſich zu ihm nahen/ aber nur mit dem munde und mit den lippen ehren oder hoch loben/ da doch ihr hertze fern von ihm iſt/ und der men- ſchen ſatzungen und gebote mehr fuͤrchten/ als den einigen allmaͤchtigen heiligen GOtt. Dar- um verwundert euch nicht/ (jedoch moͤgt ihrs wol uͤber eure eigne blindheit thun) wenn euch diß wunderwerck Gottes zu ſehen gegeben wird/ welches ihr jetzo nicht (wie euch von den kleinen vorher geſagt) glauben wollet/ wie klar mans euch auch vorhalten koͤnte. Dan. II. 34 Pſ. XIV. 6 Nichts deſto weniger/ ob ſchon des Menſchen Sohn/ der mund der ewigen warheit/ jetzo noch ſo wenig glauben hat/ eben wie Noah und Loth auch hatten/ ſol doch diß nichts deſto weniger (was der mund des HErrn geſagt/ und noch ſagt) geſchehen/ und alſo/ wie ichs euch be- zeugen wil/ erfunden werden/ nemlich wie GOtt/ der einige lebendig-machende Geiſt der krafft und ſeine weißheit/ geiſtlich verbor- gen/ und den menſchen gantz verholen/ ja un- muͤglich zu begreiffen oder zu ſehen iſt/ es ſey denn in dem allerheiligſten glauben. Wel- chen man (ſag ich) nicht bey den weiſen und klugen dieſer welt/ ſondern allein bey den kleinen/ die GOttes rechtes wort treulich annehmen/ (in der abnahme und außgang ihrer ſelbſt) kriegen und finden wird. Die worte ſind ewig wahr und unwiederſprech- lich. Und ob es ſchon die weiſen und verſtaͤn- digen oder hochgelahrten dieſer welt (wen ich treffe/ der mag ſichs annehmen) die ſich auff ihre gelehrſamkeit und klugheit/ und auff ihre Fuͤrſten und Herren verlaſſen/ wol meinen/ daß ſie es nicht thaͤten/ ſo wirds dennoch bey GOtt alſo geurtheilet und erfunden werden; und wie ſie ſich daran ſtoſſen/ und immer den verſtand ſelbſt uͤber die kleinen haben wollen/ ſol das lebendige gute wahre wort des Heil. Geiſtes (welches allezeit ſelbſt ein warhafftig zeugniß demjenigen/ der es hat/ davon gibt) offenbahren/ und doch bey den kleinen und einfaͤltigen geſehen und befunden werden; ja ſo trefflich/ daß ſie ihm nicht werden wie- derſtehen/ noch es uͤberwinden koͤnnen/ wie der HERR ſeinen Juͤngern (die von ſich ſelbſt ausgehen/ vater/ mutter/ ſchweſter/ bruder/ weib und kind/ dazu ihr eigen leben haſſen und laſſen) verheiſſen hat/ mund und weißheit darinn zu geben/ welchen niemand ſol wiederſtehen koͤn- nen. Man mags verſuchen und ſehen/ obs wahr iſt. Und wenns nun ſo beſchaffen iſt/ ſo waͤre es wol hohe zeit ſich nach dieſen uͤmzu- ſehen und wieder auffzunehmen/ die man ver- worffen und außgeſchloſſen hat/ ſo fern die Obrigkeit GOttes wort und der ewigen war- heit von hertzen vorſtehen/ und das ewige Ev- angelium annehmen und beſchirmen wil/ als ihr befohlen iſt. Angeſehen diß dann wahr iſt/ ſo haben ſie ſich wol dazu zu ſchicken/ daß ſie zugleich alleſamt hervor ans licht kommen; aber mit keinem neidiſchem/ bitterm und ver- wirrtem ſinn/ oder verſchlingendem blutgie- rigem geiſte/ welcher augenblicklich zeugniß und das urtheil uͤber ſich ſelbſt gibt/ was ſie vor leute/ Chriſti oder Belials diener ſind. Und ob ſie ſich ſchon gar wol offenbahren/ wird es doch nicht gemercket; Ja/ wenn ſie ſchon dar- ein verfallen ſind/ unterſtehen ſie ſich dennoch (ſpricht der HErr) ihre boͤſe thaten gut zu ma- chen. Sie finden durch die liſt und geſchwin- digkeit derſchlangen allemal leicht ein ſchlupff- loch/ darinn ſie ſich verbergen oder beſchirmen wollen. Aber es mag ihnen nichts helffen/ die finſterniß kan niemand bedecken/ ſondern nur deſto mehr und eher ans licht bringen/ und das boͤſe anzeigen. Joh. III. 30 Luc. XIV. v. 26. Luc. XXI. v. 15. Und das iſt allerdings recht ihres vaters art/ nemlich/ boͤſes thun/ luͤgen und betrie- gen/ wuͤrgen und toͤdten. Und obs ſchon nicht mit der hand geſchicht/ ſo geſchichts doch mit dem munde/ mit dem hertzen und willen/ und wird durch eines andern hand/ nemlich durch den weltlichen richter (ihren diener) dem man ſie in die haͤnde weiſet oder uͤberlieffert/ gar wol beſchicket. Uberleget doch diß/ denn GOtt (der ſolches des Glau- bens halben verboten hat) hats wol geſehen/ und das verborgene eures hertzens wol durch- gruͤndet/ wirds auch wol ans licht zuſehen bringen/ wenn er einſt aus ſeiner heiligen wohnung die einwohner der erden heimzuſu- chen gehen wird. NB. Was gilts/ ob die erde (des menſchen hertze) das blut alsdann wird verbergen koͤnnen/ das ſie auch heimlich verſchlungen hat? Derſelbe (nachdem ſeine urtheile und wirckungen des Heil. Geiſtes verborgen und wunderlich ſind) hat auch gewolt/ daß das unkraut biß zur erndte-zeit/ wenn der wei- tzen reiff waͤre/ ſolte ſtehen bleiben/ damit man das gute nicht verhindere. Welches nach Matth. XIII. 30. A. K. H. Vierter Theil. B b b

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/673>, abgerufen am 20.11.2024.