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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. II. Num. XXXV. David Joris vertheidigung.
[Spaltenumbruch] nicht gelehret vorsichtig zu seyn/ wie die schlan-
gen/ umb für solchen blutdürstigen leuten sich zu
hüten? Matth. 10. v. 17. Auch NB. haben
sie nicht geläugnet ihres Vaters reine lehre/
sondern euere außzüge und consequentien/ die
ihr ihnen auffbürden woltet/ welche sie dann
schuldig waren zu läugnen/ weil dieselben ihres
Vaters lehre nicht waren/ wie ihr offentlich hö-
ren sollet in der wiederlegung der eilff Artickuln/
die ich nun einen nach dem andern fürnehmen
und betrachten will/ offentlich bezeugend/ wie
weit mein glaube von diesen Artickuln entschie-
den/ und zeigend/ was ich darinnen für wahr o-
der unwahr halte/ auff daß euer lästermaul ein-
mal möge gestopffet/ und die warheit bekannt
werden/ in hoffnung/ daß nun die zeit gekom-
men seye/ daß man in glaubens-sachen nicht so
blutgierig mehr seye/ sondern in glaubens-sa-
chen einem jeden die freyheit lasse/ das unkraut
mit dem guten samen zusammen lassen auff-
zuwachsen/ biß der HErr am tage deß gerichts
seine engel sendet/ die das unkraut absondern
sollen/ Matth. 13.

Hierauff folgen nun die eylff Artickulen/ die ihr
in euere bücher gesetzet/ mit deren wiederle-
gung und antwort.

Der erste Artickul
fol. 29.

Jtem/ daß alle lehre/ so bißhero von GOtt/
durch Mosen oder die Propheten/ ja durch
Christum selbst/ seine heilige Apostel und jün-
ger selbst geschehen/ veränderlich/ unvollkom-
men/ ja unnütze zur erlangung der warhafftigen
und vollkommenen seligkeit/ und wäre darum
gegeben/ daß die menschen gleich den kindern
und jünglingen/ in der zucht erhalten werden
biß auff diese zeit. Aber seine (des Davids)
lehre/ seye kräfftig und vollkommen alle men-
schen/ welche sie annehmen/ selig zu ma-
chen.

Antwort.

Dieses alle läugne ich/ und bekenne offent-
lich/ daß dieses niemahls deß Davids lehre ge-
wesen seye/ nemlich als wann die lehre von
GOtt/ durch Mosen/ die Propheten und seine
Aposteln uns gegeben/ unnütze wäre/ und wan-
ckelbahr/ dann ich halte die Göttliche lehre für
unumstössig/ vollkommen und sehr nützlich/
dann alle schrifft von GOtt außgegeben/ ist nutz
zur lehre/ zur straffe etc. 2. Timoth. 3. v. 16. Jch
weiß wohl/ daß auch die Schrifft bezeuge/ daß
keine prophezeyung komme auß eigener außle-
gung; darum halte ich sie auch hier nicht un-
nütze. Aber ich muß euch fragen/ ob uns nicht
gelehret werde/ daß wir wohl sollen acht haben
auff das feste prophetische wort/ als auff ein
licht/ welches scheinet in einem dunckeln ort/ biß
der tag kömmt/ und der morgenstern auffgehe
in unsern hertzen/ 2. Pet. 1/19. Auch wisset ihr/
daß ein licht das andere an klarheit übertreffe;
dann eine andere klarheit hat die Sonne/ eine an-
dere klarheit haben die sterne etc. 1. Cor. 15/ 12.
Also auch die ämpter gehen einander an klarheit
vor; wie Paulus meldet/ 2. Cor. 3. Darum
sage ich/ daß ein grosser unterscheid seye zwischen
einer klarheit und der andern; Dann wann
[Spaltenumbruch] kein unterscheid darunter wäre/ so bedürffte
Paulus darvon nichts zu schreiben zu unserer
lehre/ bestraffung und unterweisung. Und
NB. wann die eine klarheit die andere auch
nicht übertreffe/ so dürfften wir auch von einer
klarheit zur andern verkläret werden/ ob schon
solches alles von einem Geist deß HERRN
geschiehet. Bitte auch dahero/ daß ihr deß
Davids schrifften/ die wohl und recht ge-
schrieben seyn/ nicht länger so zum ärgesten
außlegen und verdrehen wollet/ sondern in ih-
rem rechten sinn (der euch verborgen ist) stehen
lassen. Seine meynung ist nicht/ daß man
keine acht auff die Schrifft haben solle/ noch
auff das prophetische wort/ das da scheinet
an einem dunckelen orte/ sondern daß man
fortfahren solle nach der Schrifft in dem
wachsthum der erkänntnis deß lichts und des
tages GOTTES/ daß man den morgen-
stern/ der in grössester klarheit herfür bricht/
nicht verringere/ sondern destomehr fleiß an-
wenden sollen/ auff daß wir von der Sonne
der ewigen gerechtigkeit/ in eine ewige klar-
heit der ewigen morgenstunde und tages
GOTTES kommen möchten/ da alle die
vorigen lichter auffhören/ und gegen die klar-
heit/ die alle klarheit übertrifft/ nichts als
stückwerck seye. Wollet ihr weitern unterricht
haben/ wie das eine licht seinen schein in dem
andern verliere/ das eine ampt vor dem an-
dern auffhören müsse/ das alte vergehen/ und
alles neu werden müsse? So leset/ was
Paulus Hebr. von dem alten Testament saget/
daß es vor dem neuen auffhören müsse/ wie
herrlich es sonsten bey seinem anfange gewesen
seye/ dann/ wann was besseres kommt/ muß
das geringere auffhören/ wie die nacht dem
tage weichet/ welches alles dann auch die crea-
turen/ pflantzen/ bäume und blumen ver-
kündigen/ die allezeit erstlich klein und herr-
lich groß werden/ wie auch die Sonne und
Mond in ihrem auffgange etc. Daß ihr nun
weiter in demselbigen Artickul saget: Daß
David lehre/ daß die lehre nur darum
gegeben/ umb die menschen gleich als kin-
der in der zucht zu erhalten und auffzu-
erziehen; Aber daß Davids seine leh-
ren seyen vollkommen und kräfftig/ alle
menschen/ die sie annehmen/ selig zu ma-
chen.
Darauff antworte ich/ daß ihr nicht
allein deß Davids seine worte/ sondern deß
Pauli auch übel außleget/ nach euerem ver-
dorbenen verstande. Wird nicht Gal. cap. 3.
& 4.
gesagt: Daß das gesetze unser zuchtmei-
ster seye gewesen biß auff Christum/ und so
lange der erbe ein kind ist/ zwischen ihme und
dem knechte kein unterscheid seye/ ob er wohl
ein Herr aller güter seye. Also (sagt er) da
wir kinder waren/ da waren wir gefangen un-
ter den äusserlichen satzungen; da aber die zeit
erfüllet ware/ sandte GOTT seinen Sohn/
gebohren von einem weibe etc. Sehet/ die-
se worte habt ihr in deß frommen Davids sei-
nen schrifften gefunden mit einer rechtmässi-
gen erklärung/ daraus ihr euer gifft gesogen
habt/ umb ihn stinckend zu machen; Aber
darmit werdet ihr erfunden/ als die wider Pau-
li worte streiten wollen. Jhr möget sehen/ wie
ihr das verantworten wollet. Jst es dann

NB.

Th. IV. Sect. II. Num. XXXV. David Joris vertheidigung.
[Spaltenumbruch] nicht gelehret vorſichtig zu ſeyn/ wie die ſchlan-
gen/ umb fuͤr ſolchen blutduͤrſtigen leuten ſich zu
huͤten? Matth. 10. v. 17. Auch NB. haben
ſie nicht gelaͤugnet ihres Vaters reine lehre/
ſondern euere außzuͤge und conſequentien/ die
ihr ihnen auffbuͤrden woltet/ welche ſie dann
ſchuldig waren zu laͤugnen/ weil dieſelben ihres
Vaters lehre nicht waren/ wie ihr offentlich hoͤ-
ren ſollet in der wiederlegung der eilff Artickuln/
die ich nun einen nach dem andern fuͤrnehmen
und betrachten will/ offentlich bezeugend/ wie
weit mein glaube von dieſen Artickuln entſchie-
den/ und zeigend/ was ich darinnen fuͤr wahr o-
der unwahr halte/ auff daß euer laͤſtermaul ein-
mal moͤge geſtopffet/ und die warheit bekannt
werden/ in hoffnung/ daß nun die zeit gekom-
men ſeye/ daß man in glaubens-ſachen nicht ſo
blutgierig mehr ſeye/ ſondern in glaubens-ſa-
chen einem jeden die freyheit laſſe/ das unkraut
mit dem guten ſamen zuſammen laſſen auff-
zuwachſen/ biß der HErr am tage deß gerichts
ſeine engel ſendet/ die das unkraut abſondern
ſollen/ Matth. 13.

Hierauff folgen nun die eylff Artickulen/ die ihr
in euere buͤcher geſetzet/ mit deren wiederle-
gung und antwort.

Der erſte Artickul
fol. 29.

Jtem/ daß alle lehre/ ſo bißhero von GOtt/
durch Moſen oder die Propheten/ ja durch
Chriſtum ſelbſt/ ſeine heilige Apoſtel und juͤn-
ger ſelbſt geſchehen/ veraͤnderlich/ unvollkom-
men/ ja unnuͤtze zur erlangung der warhafftigen
und vollkommenen ſeligkeit/ und waͤre darum
gegeben/ daß die menſchen gleich den kindern
und juͤnglingen/ in der zucht erhalten werden
biß auff dieſe zeit. Aber ſeine (des Davids)
lehre/ ſeye kraͤfftig und vollkommen alle men-
ſchen/ welche ſie annehmen/ ſelig zu ma-
chen.

Antwort.

Dieſes alle laͤugne ich/ und bekenne offent-
lich/ daß dieſes niemahls deß Davids lehre ge-
weſen ſeye/ nemlich als wann die lehre von
GOtt/ durch Moſen/ die Propheten und ſeine
Apoſteln uns gegeben/ unnuͤtze waͤre/ und wan-
ckelbahr/ dann ich halte die Goͤttliche lehre fuͤr
unumſtoͤſſig/ vollkommen und ſehr nuͤtzlich/
dann alle ſchrifft von GOtt außgegeben/ iſt nutz
zur lehre/ zur ſtraffe ꝛc. 2. Timoth. 3. v. 16. Jch
weiß wohl/ daß auch die Schrifft bezeuge/ daß
keine prophezeyung komme auß eigener außle-
gung; darum halte ich ſie auch hier nicht un-
nuͤtze. Aber ich muß euch fragen/ ob uns nicht
gelehret werde/ daß wir wohl ſollen acht haben
auff das feſte prophetiſche wort/ als auff ein
licht/ welches ſcheinet in einem dunckeln ort/ biß
der tag koͤmmt/ und der morgenſtern auffgehe
in unſern hertzen/ 2. Pet. 1/19. Auch wiſſet ihr/
daß ein licht das andere an klarheit uͤbertreffe;
dañ eine andere klarheit hat die Sonne/ eine an-
dere klarheit haben die ſterne ꝛc. 1. Cor. 15/ 12.
Alſo auch die aͤmpter gehẽ einander an klarheit
vor; wie Paulus meldet/ 2. Cor. 3. Darum
ſage ich/ daß ein groſſer unterſcheid ſeye zwiſchen
einer klarheit und der andern; Dann wann
[Spaltenumbruch] kein unterſcheid darunter waͤre/ ſo beduͤrffte
Paulus darvon nichts zu ſchreiben zu unſerer
lehre/ beſtraffung und unterweiſung. Und
NB. wann die eine klarheit die andere auch
nicht uͤbertreffe/ ſo duͤrfften wir auch von einer
klarheit zur andern verklaͤret werden/ ob ſchon
ſolches alles von einem Geiſt deß HERRN
geſchiehet. Bitte auch dahero/ daß ihr deß
Davids ſchrifften/ die wohl und recht ge-
ſchrieben ſeyn/ nicht laͤnger ſo zum aͤrgeſten
außlegen und verdrehen wollet/ ſondern in ih-
rem rechten ſinn (der euch verborgen iſt) ſtehen
laſſen. Seine meynung iſt nicht/ daß man
keine acht auff die Schrifft haben ſolle/ noch
auff das prophetiſche wort/ das da ſcheinet
an einem dunckelen orte/ ſondern daß man
fortfahren ſolle nach der Schrifft in dem
wachsthum der erkaͤnntnis deß lichts und des
tages GOTTES/ daß man den morgen-
ſtern/ der in groͤſſeſter klarheit herfuͤr bricht/
nicht verringere/ ſondern deſtomehr fleiß an-
wenden ſollen/ auff daß wir von der Sonne
der ewigen gerechtigkeit/ in eine ewige klar-
heit der ewigen morgenſtunde und tages
GOTTES kommen moͤchten/ da alle die
vorigen lichter auffhoͤren/ und gegen die klar-
heit/ die alle klarheit uͤbertrifft/ nichts als
ſtuͤckwerck ſeye. Wollet ihr weitern unterricht
haben/ wie das eine licht ſeinen ſchein in dem
andern verliere/ das eine ampt vor dem an-
dern auffhoͤren muͤſſe/ das alte vergehen/ und
alles neu werden muͤſſe? So leſet/ was
Paulus Hebr. von dem alten Teſtament ſaget/
daß es vor dem neuen auffhoͤren muͤſſe/ wie
herrlich es ſonſten bey ſeinem anfange geweſen
ſeye/ dann/ wann was beſſeres kommt/ muß
das geringere auffhoͤren/ wie die nacht dem
tage weichet/ welches alles dann auch die crea-
turen/ pflantzen/ baͤume und blumen ver-
kuͤndigen/ die allezeit erſtlich klein und herr-
lich groß werden/ wie auch die Sonne und
Mond in ihrem auffgange ꝛc. Daß ihr nun
weiter in demſelbigen Artickul ſaget: Daß
David lehre/ daß die lehre nur darum
gegeben/ umb die menſchen gleich als kin-
der in der zucht zu erhalten und auffzu-
erziehen; Aber daß Davids ſeine leh-
ren ſeyen vollkommen und kraͤfftig/ alle
menſchen/ die ſie annehmen/ ſelig zu ma-
chen.
Darauff antworte ich/ daß ihr nicht
allein deß Davids ſeine worte/ ſondern deß
Pauli auch uͤbel außleget/ nach euerem ver-
dorbenen verſtande. Wird nicht Gal. cap. 3.
& 4.
geſagt: Daß das geſetze unſer zuchtmei-
ſter ſeye geweſen biß auff Chriſtum/ und ſo
lange der erbe ein kind iſt/ zwiſchen ihme und
dem knechte kein unterſcheid ſeye/ ob er wohl
ein Herr aller guͤter ſeye. Alſo (ſagt er) da
wir kinder waren/ da waren wir gefangen un-
ter den aͤuſſerlichen ſatzungen; da aber die zeit
erfuͤllet ware/ ſandte GOTT ſeinen Sohn/
gebohren von einem weibe ꝛc. Sehet/ die-
ſe worte habt ihr in deß frommen Davids ſei-
nen ſchrifften gefunden mit einer rechtmaͤſſi-
gen erklaͤrung/ daraus ihr euer gifft geſogen
habt/ umb ihn ſtinckend zu machen; Aber
darmit werdet ihr erfunden/ als die wider Pau-
li worte ſtreiten wollen. Jhr moͤget ſehen/ wie
ihr das verantworten wollet. Jſt es dann

NB.
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[250/0546] Th. IV. Sect. II. Num. XXXV. David Joris vertheidigung. nicht gelehret vorſichtig zu ſeyn/ wie die ſchlan- gen/ umb fuͤr ſolchen blutduͤrſtigen leuten ſich zu huͤten? Matth. 10. v. 17. Auch NB. haben ſie nicht gelaͤugnet ihres Vaters reine lehre/ ſondern euere außzuͤge und conſequentien/ die ihr ihnen auffbuͤrden woltet/ welche ſie dann ſchuldig waren zu laͤugnen/ weil dieſelben ihres Vaters lehre nicht waren/ wie ihr offentlich hoͤ- ren ſollet in der wiederlegung der eilff Artickuln/ die ich nun einen nach dem andern fuͤrnehmen und betrachten will/ offentlich bezeugend/ wie weit mein glaube von dieſen Artickuln entſchie- den/ und zeigend/ was ich darinnen fuͤr wahr o- der unwahr halte/ auff daß euer laͤſtermaul ein- mal moͤge geſtopffet/ und die warheit bekannt werden/ in hoffnung/ daß nun die zeit gekom- men ſeye/ daß man in glaubens-ſachen nicht ſo blutgierig mehr ſeye/ ſondern in glaubens-ſa- chen einem jeden die freyheit laſſe/ das unkraut mit dem guten ſamen zuſammen laſſen auff- zuwachſen/ biß der HErr am tage deß gerichts ſeine engel ſendet/ die das unkraut abſondern ſollen/ Matth. 13. Hierauff folgen nun die eylff Artickulen/ die ihr in euere buͤcher geſetzet/ mit deren wiederle- gung und antwort. Der erſte Artickul fol. 29. Jtem/ daß alle lehre/ ſo bißhero von GOtt/ durch Moſen oder die Propheten/ ja durch Chriſtum ſelbſt/ ſeine heilige Apoſtel und juͤn- ger ſelbſt geſchehen/ veraͤnderlich/ unvollkom- men/ ja unnuͤtze zur erlangung der warhafftigen und vollkommenen ſeligkeit/ und waͤre darum gegeben/ daß die menſchen gleich den kindern und juͤnglingen/ in der zucht erhalten werden biß auff dieſe zeit. Aber ſeine (des Davids) lehre/ ſeye kraͤfftig und vollkommen alle men- ſchen/ welche ſie annehmen/ ſelig zu ma- chen. Antwort. Dieſes alle laͤugne ich/ und bekenne offent- lich/ daß dieſes niemahls deß Davids lehre ge- weſen ſeye/ nemlich als wann die lehre von GOtt/ durch Moſen/ die Propheten und ſeine Apoſteln uns gegeben/ unnuͤtze waͤre/ und wan- ckelbahr/ dann ich halte die Goͤttliche lehre fuͤr unumſtoͤſſig/ vollkommen und ſehr nuͤtzlich/ dann alle ſchrifft von GOtt außgegeben/ iſt nutz zur lehre/ zur ſtraffe ꝛc. 2. Timoth. 3. v. 16. Jch weiß wohl/ daß auch die Schrifft bezeuge/ daß keine prophezeyung komme auß eigener außle- gung; darum halte ich ſie auch hier nicht un- nuͤtze. Aber ich muß euch fragen/ ob uns nicht gelehret werde/ daß wir wohl ſollen acht haben auff das feſte prophetiſche wort/ als auff ein licht/ welches ſcheinet in einem dunckeln ort/ biß der tag koͤmmt/ und der morgenſtern auffgehe in unſern hertzen/ 2. Pet. 1/19. Auch wiſſet ihr/ daß ein licht das andere an klarheit uͤbertreffe; dañ eine andere klarheit hat die Sonne/ eine an- dere klarheit haben die ſterne ꝛc. 1. Cor. 15/ 12. Alſo auch die aͤmpter gehẽ einander an klarheit vor; wie Paulus meldet/ 2. Cor. 3. Darum ſage ich/ daß ein groſſer unterſcheid ſeye zwiſchen einer klarheit und der andern; Dann wann kein unterſcheid darunter waͤre/ ſo beduͤrffte Paulus darvon nichts zu ſchreiben zu unſerer lehre/ beſtraffung und unterweiſung. Und NB. wann die eine klarheit die andere auch nicht uͤbertreffe/ ſo duͤrfften wir auch von einer klarheit zur andern verklaͤret werden/ ob ſchon ſolches alles von einem Geiſt deß HERRN geſchiehet. Bitte auch dahero/ daß ihr deß Davids ſchrifften/ die wohl und recht ge- ſchrieben ſeyn/ nicht laͤnger ſo zum aͤrgeſten außlegen und verdrehen wollet/ ſondern in ih- rem rechten ſinn (der euch verborgen iſt) ſtehen laſſen. Seine meynung iſt nicht/ daß man keine acht auff die Schrifft haben ſolle/ noch auff das prophetiſche wort/ das da ſcheinet an einem dunckelen orte/ ſondern daß man fortfahren ſolle nach der Schrifft in dem wachsthum der erkaͤnntnis deß lichts und des tages GOTTES/ daß man den morgen- ſtern/ der in groͤſſeſter klarheit herfuͤr bricht/ nicht verringere/ ſondern deſtomehr fleiß an- wenden ſollen/ auff daß wir von der Sonne der ewigen gerechtigkeit/ in eine ewige klar- heit der ewigen morgenſtunde und tages GOTTES kommen moͤchten/ da alle die vorigen lichter auffhoͤren/ und gegen die klar- heit/ die alle klarheit uͤbertrifft/ nichts als ſtuͤckwerck ſeye. Wollet ihr weitern unterricht haben/ wie das eine licht ſeinen ſchein in dem andern verliere/ das eine ampt vor dem an- dern auffhoͤren muͤſſe/ das alte vergehen/ und alles neu werden muͤſſe? So leſet/ was Paulus Hebr. von dem alten Teſtament ſaget/ daß es vor dem neuen auffhoͤren muͤſſe/ wie herrlich es ſonſten bey ſeinem anfange geweſen ſeye/ dann/ wann was beſſeres kommt/ muß das geringere auffhoͤren/ wie die nacht dem tage weichet/ welches alles dann auch die crea- turen/ pflantzen/ baͤume und blumen ver- kuͤndigen/ die allezeit erſtlich klein und herr- lich groß werden/ wie auch die Sonne und Mond in ihrem auffgange ꝛc. Daß ihr nun weiter in demſelbigen Artickul ſaget: Daß David lehre/ daß die lehre nur darum gegeben/ umb die menſchen gleich als kin- der in der zucht zu erhalten und auffzu- erziehen; Aber daß Davids ſeine leh- ren ſeyen vollkommen und kraͤfftig/ alle menſchen/ die ſie annehmen/ ſelig zu ma- chen. Darauff antworte ich/ daß ihr nicht allein deß Davids ſeine worte/ ſondern deß Pauli auch uͤbel außleget/ nach euerem ver- dorbenen verſtande. Wird nicht Gal. cap. 3. & 4. geſagt: Daß das geſetze unſer zuchtmei- ſter ſeye geweſen biß auff Chriſtum/ und ſo lange der erbe ein kind iſt/ zwiſchen ihme und dem knechte kein unterſcheid ſeye/ ob er wohl ein Herr aller guͤter ſeye. Alſo (ſagt er) da wir kinder waren/ da waren wir gefangen un- ter den aͤuſſerlichen ſatzungen; da aber die zeit erfuͤllet ware/ ſandte GOTT ſeinen Sohn/ gebohren von einem weibe ꝛc. Sehet/ die- ſe worte habt ihr in deß frommen Davids ſei- nen ſchrifften gefunden mit einer rechtmaͤſſi- gen erklaͤrung/ daraus ihr euer gifft geſogen habt/ umb ihn ſtinckend zu machen; Aber darmit werdet ihr erfunden/ als die wider Pau- li worte ſtreiten wollen. Jhr moͤget ſehen/ wie ihr das verantworten wollet. Jſt es dann NB.

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/546>, abgerufen am 20.11.2024.