Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Th. IV. Sect. II. Num. XXVII. Schrifft der Münsterischen Wiedertäuffer.
[Spaltenumbruch] anfang des spottes Prov. IX. XVI. 2. Pet, I. gleich
als ob irgend einem ungeschickten unwissenden
plumpen menschen ein kasten voll köstlicher zie-
rath würde geöffnet/ damit er sich unsträfflich
schmücken solte/ er wüste aber nicht/ wie er es an-
greiffen oder anthun solte/ sondern er thäte die
schuhe an die hände/ und die handschuhe an die
füsse/ was hülffe es doch dem/ daß der kasten ge-
öffnet wäre? Also ist es auch/ so jemand den
schlüssel der schrifft hätte/ und hätte keine beschei-
denheit. Nun wir wollen erstlich von dem schlüs-
sel sagen/ wie der kasten und schatz der schrifft müs-
se geöffnet werden. Darnach von der bescheiden-
heit und rechten gebrauch/ wie man den zierath/
daß der mensch GOttes ohne wandel sey/ soll an-
legen und gebrauchen.

Der schlüssel der schrifft ist eigentlich anders
nichts/ denn Gottes gebot und willen löblich voll-
bringen/ das ist/ rechtschaffen leben. Wer das
thut/ demselben soll die schrifft geöffnet/ der ein-
gang ins reich Christi alsbald gezeiget/ und sein
heitz mit dem lichte der gerechtigkeit/ und mit der
sonne des verstands in alle höhe/ tieffe/ länge und
breite durchleuchtet/ und gantz unsträflich wer-
den/ als David sagt/ die furcht des HErrn ist der
weißheit anfang/ guten verstand sollen kriegen al-
le die darnach thun. Esa. VI. 2. Pet. I. Eph. III.
Sap. V.
GOtt/ der groß von gnade ist/ und der den
menschen von anbegin zumpreiß seines nahmens
geschaffen hat/ und nicht will/ daß ein einiger
mensch verlohren werde/ sondern sein wolgefallen
ist/ daß sie alle zu erkäntnis seines wortes und lie-
ben Sohnes CHristi kämen/ der hat sothanen
schlüssel und eingang unverborgen und offenbar
jedermänniglich in den taffeln des hertzens und in
der schrifft vorgelegt/ damit ein jeder mag auff-
schliessen und in den schatz seines heiligthums ein-
gehen. Ps. X. XI. XXX. 2. Pet. IV. 1. Tim. II.
Rom. IV.
Aber das heiligthum und den schatz
seiner weißheit hat er in der schrifft also verbor-
gen/ daß niemand darbey mag kommen durch eini-
ge krafft/ verstand oder weißheit/ sondern er muß
den kasten mit dem einigen schlüssel des haltens
der gebote/ und vollbringen des willens GOttes
auff thun und eingehen. Darum wenn es an
dem schlüssel mangelt/ so ist auch alles eitel und
falsch/ was man sich unterstehet aus der schrifft
vorzutragen. Aber die den schlüssel haben/ die mö-
gen auffschliessen/ und mit bescheidenheit altes
und neues aus ihrem schatz hervor tragen Matth.
XV. 1. Thess. II.
So besiehe nun/ was ist doch
aus der schrifft seynt der Apostel zeit recht vorge-
bracht worden? Die menschen haben GOttes
willen zu thun/ und die liebe der wahrheit schon
bey der Apostel zeit anzunehmen verächtlich in
den wind geschlagen/ daß ein jeder sowol gelehrt
als ungelehrt ist nach seinem gutdüncken gewesen/
und hat seinem eignem behäglichen willen nach-
gefolget. Darum je höher und tieffer der schlüssel
der weißheit/ die thätige vollbringung des Göttli-
chen willens verdüstert und begraben ist worden/
desto eitelern/ falschern und schändlichern dreck
haben die menschen kinder aus der schrifft hervor-
gebracht. Sintemal aber nun wieder ein volck
aufgestanden ist/ das GOttes willen zu thun/ aber
mit demuth/ als recht und von CHristo befohlen
ist/ Luc. XI. Matth. XXVIII. sich verbunden/ und
gäntzlich befleißiget hat. So hat auch der Herr
denkasten der verborgenheit/ die H. Schrifft
demselben auffschliessen/ und durch den rechten
schlüssel geöffnet lassen werden/ daß wir uns durch
[Spaltenumbruch] GOttes gnade dürffen rühmen/ der schatz sey uns
geöffnet/ und zu reichem vorschein die erkäntnis
CHristi vorhanden gekommen.

Nun daß das halten und vollbringen der gebo-
te und des willens GOttes der rechte schlüssel sey
damit der verborgene schatz der schrifft geöffnet/
und begriffen wird/ wird uns in der Schrifft fast
allenthalben zu verstehen gegeben. Also sagt
David Ps. CXIIX. Wie lieb hab ich dein gesetz/ o
HErr/ den gantzen tag ist es meine bekümmernis
gewesen/ du hast mich mit deinen geboten verstän-
diger gemacht/ denn alle meine feinde sind/ und
ich will mich daran stäts halten/ ich bin verstän-
diger worden denn alle meine lehrmeister/ denn
deine gedächtnisse sind meine betrachtungen. Jch
bin verständiger denn die Alten/ wenn ich halte
deine gebote. Hierinne sichestu/ wie der Pro-
phet sich seines verstandes rühmet. Und lieber/
womit hat er den bekommen? Traun/ als er selbst
sagt/ nirgends anders mit/ denn daß er fleißig hat
gehalten GOttes gebote.

Die gebote GOttes seynd auch derhalben von
GOtt unverborgen/ und offenbar beydes in schrif-
ten als auch mehrentheils im gewissen den men-
schen vorgestellt/ daß der will/ mag dieselben an-
greiffen und halten/ und also zu innerm verstande
und verborgener weißheit eingelassen werden.
Aber welche an der haltung der gebote Gottes feh-
len/ denselben ist auch zum innern rechten verstan-
de und verborgenen weißheit die thüre geschlossen.

Wiederum mag diß auch aus dem Propheten
Esaia XXIX. klärlich vernommen werden/ denn
also sagt er unter andern: Und alle gesichte wer-
den euch seyn gleich als worte eines buchs/ wel-
ches verschlossen ist/ welches so du es einem
Schrifft gelehrten vorbringst und sprichst/ lieber/
ließ doch diß buch/ soll er antworten/ ich kans
nicht lesen/ dann es ist versiegelt; oder wenn es ei-
nem unerfahrnen der schrifft gereichet wird/ und
gesagt/ lieber/ ließ du es doch/ wird er antworten/
ich kenne keine schrifft; darum spricht der
Herr also/ weil das volck mit seinem munde zu
mir nahet/ und mich mit seinen lippen preiset/ ihr
hertze aber ist fern von mir/ und sie fürchten mich
mit menschen-lehren und geboren/ derhalben se-
het/ will ich auch bey diesem volck ein wunderlich
und schrecklich ding beweisen/ nemlich ich will zu
schanden machen die weißheit derer weisen/ und
der verstand seiner verständigen soll untergehen.
Sehet also/ wenn der Herr nach seinen geboten
und willen mit auffrichtigem hertzen nicht ge-
fürchtet und gedienet wird/ so ist das buch den
Gelehrten geschlossen/ und die ungelehrten kön-
nen es doch nicht lesen; darzu obschon etliche weiß-
heit und verstand in der rede vorhanden wäre/
werden sie doch zu schanden und zur thorheit von
GOTT gemacht. Aber wer den Herrn fürchtet/
und sich an seine gerechtigkeit hält/ denselben soll
die gerechtigkeit auffnehmen/ sie wird ihn preisen
mit dem brod des lebens und des verstandes/ und
mit dem kleide der herrligkeit soll sie ihn bedecken.

Und wiederum unter andern verfluchungen/
die Moses den übertretern der gebote Gottes vor-
hält und träuet/ spricht er auch/ der Herr schlage
dich mit unsinnigkeit/ blindheit und raserey dei-
nes hertzens/ daß du gehest tappend in dem mitta-
ge/ gleich wie die blinden im düstern zu thun pfle-
gen/ daß du deine gänge nicht zu richten weist.
Deut. XXIIX. Diß soll denen wiederfahre/ die Got-
tes gebote verachten/ aber die es mitfreuden und
freymüthigem hertzen halten und vollbringen/ die

sollen
C c 3

Th. IV. Sect. II. Num. XXVII. Schrifft der Muͤnſteriſchen Wiedertaͤuffer.
[Spaltenumbruch] anfang des ſpottes Prov. IX. XVI. 2. Pet, I. gleich
als ob irgend einem ungeſchickten unwiſſenden
plumpen menſchen ein kaſten voll koͤſtlicher zie-
rath wuͤrde geoͤffnet/ damit er ſich unſtraͤfflich
ſchmuͤcken ſolte/ er wuͤſte aber nicht/ wie er es an-
greiffen oder anthun ſolte/ ſondern er thaͤte die
ſchuhe an die haͤnde/ und die handſchuhe an die
fuͤſſe/ was huͤlffe es doch dem/ daß der kaſten ge-
oͤffnet waͤre? Alſo iſt es auch/ ſo jemand den
ſchluͤſſel der ſchrifft haͤtte/ und haͤtte keine beſchei-
denheit. Nun wir wollen erſtlich von dem ſchluͤſ-
ſel ſagen/ wie der kaſten und ſchatz der ſchrifft muͤſ-
ſe geoͤffnet werden. Darnach von der beſcheiden-
heit und rechten gebrauch/ wie man den zierath/
daß der menſch GOttes ohne wandel ſey/ ſoll an-
legen und gebrauchen.

Der ſchluͤſſel der ſchrifft iſt eigentlich anders
nichts/ denn Gottes gebot und willen loͤblich voll-
bringen/ das iſt/ rechtſchaffen leben. Wer das
thut/ demſelben ſoll die ſchrifft geoͤffnet/ der ein-
gang ins reich Chriſti alsbald gezeiget/ und ſein
heitz mit dem lichte der gerechtigkeit/ und mit der
ſonne des verſtands in alle hoͤhe/ tieffe/ laͤnge und
breite durchleuchtet/ und gantz unſtraͤflich wer-
den/ als David ſagt/ die furcht des HErꝛn iſt der
weißheit anfang/ guten verſtand ſollen kriegen al-
le die darnach thun. Eſa. VI. 2. Pet. I. Eph. III.
Sap. V.
GOtt/ der groß von gnade iſt/ und der den
menſchen von anbegin zumpreiß ſeines nahmens
geſchaffen hat/ und nicht will/ daß ein einiger
menſch verlohren werde/ ſondern ſein wolgefallen
iſt/ daß ſie alle zu erkaͤntnis ſeines wortes und lie-
ben Sohnes CHriſti kaͤmen/ der hat ſothanen
ſchluͤſſel und eingang unverborgen und offenbar
jedermaͤnniglich in den taffeln des hertzens und in
der ſchrifft vorgelegt/ damit ein jeder mag auff-
ſchlieſſen und in den ſchatz ſeines heiligthums ein-
gehen. Pſ. X. XI. XXX. 2. Pet. IV. 1. Tim. II.
Rom. IV.
Aber das heiligthum und den ſchatz
ſeiner weißheit hat er in der ſchrifft alſo verbor-
gen/ daß niemand darbey mag kom̃en durch eini-
ge krafft/ verſtand oder weißheit/ ſondern er muß
den kaſten mit dem einigen ſchluͤſſel des haltens
der gebote/ und vollbringen des willens GOttes
auff thun und eingehen. Darum wenn es an
dem ſchluͤſſel mangelt/ ſo iſt auch alles eitel und
falſch/ was man ſich unterſtehet aus der ſchrifft
vorzutragen. Aber die den ſchluͤſſel haben/ die moͤ-
gen auffſchlieſſen/ und mit beſcheidenheit altes
und neues aus ihrem ſchatz hervor tragen Matth.
XV. 1. Theſſ. II.
So beſiehe nun/ was iſt doch
aus der ſchrifft ſeynt der Apoſtel zeit recht vorge-
bracht worden? Die menſchen haben GOttes
willen zu thun/ und die liebe der wahrheit ſchon
bey der Apoſtel zeit anzunehmen veraͤchtlich in
den wind geſchlagen/ daß ein jeder ſowol gelehrt
als ungelehꝛt iſt nach ſeinem gutduͤncken geweſen/
und hat ſeinem eignem behaͤglichen willen nach-
gefolget. Darum je hoͤher und tieffer der ſchluͤſſel
der weißheit/ die thaͤtige vollbringung des Goͤttli-
chen willens verduͤſtert und begraben iſt worden/
deſto eitelern/ falſchern und ſchaͤndlichern dreck
haben die menſchen kinder aus der ſchrifft hervor-
gebracht. Sintemal aber nun wieder ein volck
aufgeſtanden iſt/ das GOttes willen zu thun/ aber
mit demuth/ als recht und von CHriſto befohlen
iſt/ Luc. XI. Matth. XXVIII. ſich verbunden/ und
gaͤntzlich befleißiget hat. So hat auch der Herr
denkaſten der verborgenheit/ die H. Schrifft
demſelben auffſchlieſſen/ und durch den rechten
ſchluͤſſel geoͤffnet laſſen werden/ daß wir uns durch
[Spaltenumbruch] GOttes gnade duͤrffen ruͤhmen/ der ſchatz ſey uns
geoͤffnet/ und zu reichem vorſchein die erkaͤntnis
CHriſti vorhanden gekommen.

Nun daß das halten und vollbringen der gebo-
te und des willens GOttes der rechte ſchluͤſſel ſey
damit der verborgene ſchatz der ſchrifft geoͤffnet/
und begriffen wird/ wird uns in der Schrifft faſt
allenthalben zu verſtehen gegeben. Alſo ſagt
David Pſ. CXIIX. Wie lieb hab ich dein geſetz/ o
HErꝛ/ den gantzen tag iſt es meine bekuͤmmernis
geweſen/ du haſt mich mit deinen geboten verſtaͤn-
diger gemacht/ denn alle meine feinde ſind/ und
ich will mich daran ſtaͤts halten/ ich bin verſtaͤn-
diger worden denn alle meine lehrmeiſter/ denn
deine gedaͤchtniſſe ſind meine betrachtungen. Jch
bin verſtaͤndiger denn die Alten/ wenn ich halte
deine gebote. Hierinne ſicheſtu/ wie der Pro-
phet ſich ſeines verſtandes ruͤhmet. Und lieber/
womit hat er den bekommen? Traun/ als er ſelbſt
ſagt/ nirgends anders mit/ denn daß er fleißig hat
gehalten GOttes gebote.

Die gebote GOttes ſeynd auch derhalben von
GOtt unverborgen/ und offenbar beydes in ſchrif-
ten als auch mehrentheils im gewiſſen den men-
ſchen vorgeſtellt/ daß der will/ mag dieſelben an-
greiffen und halten/ und alſo zu innerm verſtande
und verborgener weißheit eingelaſſen werden.
Aber welche an der haltung der gebote Gottes feh-
len/ denſelben iſt auch zum innern rechten verſtan-
de und verboꝛgenen weißheit die thuͤre geſchloſſen.

Wiederum mag diß auch aus dem Propheten
Eſaia XXIX. klaͤrlich vernommen werden/ denn
alſo ſagt er unter andern: Und alle geſichte wer-
den euch ſeyn gleich als worte eines buchs/ wel-
ches verſchloſſen iſt/ welches ſo du es einem
Schrifft gelehrten vorbringſt und ſprichſt/ lieber/
ließ doch diß buch/ ſoll er antworten/ ich kans
nicht leſen/ dann es iſt verſiegelt; oder wenn es ei-
nem unerfahrnen der ſchrifft gereichet wird/ und
geſagt/ lieber/ ließ du es doch/ wird er antworten/
ich kenne keine ſchrifft; darum ſpricht der
Herꝛ alſo/ weil das volck mit ſeinem munde zu
mir nahet/ und mich mit ſeinen lippen preiſet/ ihr
hertze aber iſt fern von mir/ und ſie fuͤrchten mich
mit menſchen-lehren und geboren/ derhalben ſe-
het/ will ich auch bey dieſem volck ein wunderlich
und ſchrecklich ding beweiſen/ nemlich ich will zu
ſchanden machen die weißheit derer weiſen/ und
der verſtand ſeiner verſtaͤndigen ſoll untergehen.
Sehet alſo/ wenn der Herꝛ nach ſeinen geboten
und willen mit auffrichtigem hertzen nicht ge-
fuͤrchtet und gedienet wird/ ſo iſt das buch den
Gelehrten geſchloſſen/ und die ungelehrten koͤn-
nen es doch nicht leſen; darzu obſchon etliche weiß-
heit und verſtand in der rede vorhanden waͤre/
werden ſie doch zu ſchanden und zur thorheit von
GOTT gemacht. Aber wer den Herꝛn fuͤrchtet/
und ſich an ſeine gerechtigkeit haͤlt/ denſelben ſoll
die gerechtigkeit auffnehmen/ ſie wird ihn preiſen
mit dem brod des lebens und des verſtandes/ und
mit dem kleide der herꝛligkeit ſoll ſie ihn bedecken.

Und wiederum unter andern verfluchungen/
die Moſes den uͤbertretern der gebote Gottes vor-
haͤlt und traͤuet/ ſpricht er auch/ der Herꝛ ſchlage
dich mit unſinnigkeit/ blindheit und raſerey dei-
nes hertzens/ daß du geheſt tappend in dem mitta-
ge/ gleich wie die blinden im duͤſtern zu thun pfle-
gen/ daß du deine gaͤnge nicht zu richten weiſt.
Deut. XXIIX. Diß ſoll denẽ wiederfahrē/ die Got-
tes gebote verachten/ aber die es mitfreuden und
freymuͤthigem hertzen halten und vollbringen/ die

ſollen
C c 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0501" n="205"/><fw place="top" type="header">Th. <hi rendition="#aq">IV. Sect. II. Num. XXVII.</hi> Schrifft der Mu&#x0364;n&#x017F;teri&#x017F;chen Wiederta&#x0364;uffer.</fw><lb/><cb/>
anfang des &#x017F;pottes <hi rendition="#aq">Prov. IX. XVI. 2. Pet, I.</hi> gleich<lb/>
als ob irgend einem unge&#x017F;chickten unwi&#x017F;&#x017F;enden<lb/>
plumpen men&#x017F;chen ein ka&#x017F;ten voll ko&#x0364;&#x017F;tlicher zie-<lb/>
rath wu&#x0364;rde geo&#x0364;ffnet/ damit er &#x017F;ich un&#x017F;tra&#x0364;fflich<lb/>
&#x017F;chmu&#x0364;cken &#x017F;olte/ er wu&#x0364;&#x017F;te aber nicht/ wie er es an-<lb/>
greiffen oder anthun &#x017F;olte/ &#x017F;ondern er tha&#x0364;te die<lb/>
&#x017F;chuhe an die ha&#x0364;nde/ und die hand&#x017F;chuhe an die<lb/>
fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ was hu&#x0364;lffe es doch dem/ daß der ka&#x017F;ten ge-<lb/>
o&#x0364;ffnet wa&#x0364;re? Al&#x017F;o i&#x017F;t es auch/ &#x017F;o jemand den<lb/>
&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el der &#x017F;chrifft ha&#x0364;tte/ und ha&#x0364;tte keine be&#x017F;chei-<lb/>
denheit. Nun wir wollen er&#x017F;tlich von dem &#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;el &#x017F;agen/ wie der ka&#x017F;ten und &#x017F;chatz der &#x017F;chrifft mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e geo&#x0364;ffnet werden. Darnach von der be&#x017F;cheiden-<lb/>
heit und rechten gebrauch/ wie man den zierath/<lb/>
daß der men&#x017F;ch GOttes ohne wandel &#x017F;ey/ &#x017F;oll an-<lb/>
legen und gebrauchen.</p><lb/>
              <p>Der &#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el der &#x017F;chrifft i&#x017F;t eigentlich anders<lb/>
nichts/ denn Gottes gebot und willen lo&#x0364;blich voll-<lb/>
bringen/ das i&#x017F;t/ recht&#x017F;chaffen leben. Wer das<lb/>
thut/ dem&#x017F;elben &#x017F;oll die &#x017F;chrifft geo&#x0364;ffnet/ der ein-<lb/>
gang ins reich Chri&#x017F;ti alsbald gezeiget/ und &#x017F;ein<lb/>
heitz mit dem lichte der gerechtigkeit/ und mit der<lb/>
&#x017F;onne des ver&#x017F;tands in alle ho&#x0364;he/ tieffe/ la&#x0364;nge und<lb/>
breite durchleuchtet/ und gantz un&#x017F;tra&#x0364;flich wer-<lb/>
den/ als David &#x017F;agt/ die furcht des HEr&#xA75B;n i&#x017F;t der<lb/>
weißheit anfang/ guten ver&#x017F;tand &#x017F;ollen kriegen al-<lb/>
le die darnach thun. <hi rendition="#aq">E&#x017F;a. VI. 2. Pet. I. Eph. III.<lb/>
Sap. V.</hi> GOtt/ der groß von gnade i&#x017F;t/ und der den<lb/>
men&#x017F;chen von anbegin zumpreiß &#x017F;eines nahmens<lb/>
ge&#x017F;chaffen hat/ und nicht will/ daß ein einiger<lb/>
men&#x017F;ch verlohren werde/ &#x017F;ondern &#x017F;ein wolgefallen<lb/>
i&#x017F;t/ daß &#x017F;ie alle zu erka&#x0364;ntnis &#x017F;eines wortes und lie-<lb/>
ben Sohnes CHri&#x017F;ti ka&#x0364;men/ der hat &#x017F;othanen<lb/>
&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el und eingang unverborgen und offenbar<lb/>
jederma&#x0364;nniglich in den taffeln des hertzens und in<lb/>
der &#x017F;chrifft vorgelegt/ damit ein jeder mag auff-<lb/>
&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en und in den &#x017F;chatz &#x017F;eines heiligthums ein-<lb/>
gehen. <hi rendition="#aq">P&#x017F;. X. XI. XXX. 2. Pet. IV. 1. Tim. II.<lb/>
Rom. IV.</hi> Aber das heiligthum und den &#x017F;chatz<lb/>
&#x017F;einer weißheit hat er in der &#x017F;chrifft al&#x017F;o verbor-<lb/>
gen/ daß niemand darbey mag kom&#x0303;en durch eini-<lb/>
ge krafft/ ver&#x017F;tand oder weißheit/ &#x017F;ondern er muß<lb/>
den ka&#x017F;ten mit dem einigen &#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el des haltens<lb/>
der gebote/ und vollbringen des willens GOttes<lb/>
auff thun und eingehen. Darum wenn es an<lb/>
dem &#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el mangelt/ &#x017F;o i&#x017F;t auch alles eitel und<lb/>
fal&#x017F;ch/ was man &#x017F;ich unter&#x017F;tehet aus der &#x017F;chrifft<lb/>
vorzutragen. Aber die den &#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el haben/ die mo&#x0364;-<lb/>
gen auff&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en/ und mit be&#x017F;cheidenheit altes<lb/>
und neues aus ihrem &#x017F;chatz hervor tragen <hi rendition="#aq">Matth.<lb/>
XV. 1. The&#x017F;&#x017F;. II.</hi> So be&#x017F;iehe nun/ was i&#x017F;t doch<lb/>
aus der &#x017F;chrifft &#x017F;eynt der Apo&#x017F;tel zeit recht vorge-<lb/>
bracht worden? Die men&#x017F;chen haben GOttes<lb/>
willen zu thun/ und die liebe der wahrheit &#x017F;chon<lb/>
bey der Apo&#x017F;tel zeit anzunehmen vera&#x0364;chtlich in<lb/>
den wind ge&#x017F;chlagen/ daß ein jeder &#x017F;owol gelehrt<lb/>
als ungeleh&#xA75B;t i&#x017F;t nach &#x017F;einem gutdu&#x0364;ncken gewe&#x017F;en/<lb/>
und hat &#x017F;einem eignem beha&#x0364;glichen willen nach-<lb/>
gefolget. Darum je ho&#x0364;her und tieffer der &#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el<lb/>
der weißheit/ die tha&#x0364;tige vollbringung des Go&#x0364;ttli-<lb/>
chen willens verdu&#x0364;&#x017F;tert und begraben i&#x017F;t worden/<lb/>
de&#x017F;to eitelern/ fal&#x017F;chern und &#x017F;cha&#x0364;ndlichern dreck<lb/>
haben die men&#x017F;chen kinder aus der &#x017F;chrifft hervor-<lb/>
gebracht. Sintemal aber nun wieder ein volck<lb/>
aufge&#x017F;tanden i&#x017F;t/ das GOttes willen zu thun/ aber<lb/>
mit demuth/ als recht und von CHri&#x017F;to befohlen<lb/>
i&#x017F;t/ <hi rendition="#aq">Luc. XI. Matth. XXVIII.</hi> &#x017F;ich verbunden/ und<lb/>
ga&#x0364;ntzlich befleißiget hat. So hat auch der Herr<lb/>
denka&#x017F;ten der verborgenheit/ die H. Schrifft<lb/>
dem&#x017F;elben auff&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en/ und durch den rechten<lb/>
&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el geo&#x0364;ffnet la&#x017F;&#x017F;en werden/ daß wir uns durch<lb/><cb/>
GOttes gnade du&#x0364;rffen ru&#x0364;hmen/ der &#x017F;chatz &#x017F;ey uns<lb/>
geo&#x0364;ffnet/ und zu reichem vor&#x017F;chein die erka&#x0364;ntnis<lb/>
CHri&#x017F;ti vorhanden gekommen.</p><lb/>
              <p>Nun daß das halten und vollbringen der gebo-<lb/>
te und des willens GOttes der rechte &#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el &#x017F;ey<lb/>
damit der verborgene &#x017F;chatz der &#x017F;chrifft geo&#x0364;ffnet/<lb/>
und begriffen wird/ wird uns in der Schrifft fa&#x017F;t<lb/>
allenthalben zu ver&#x017F;tehen gegeben. Al&#x017F;o &#x017F;agt<lb/>
David <hi rendition="#aq">P&#x017F;. CXIIX.</hi> Wie lieb hab ich dein ge&#x017F;etz/ o<lb/>
HEr&#xA75B;/ den gantzen tag i&#x017F;t es meine beku&#x0364;mmernis<lb/>
gewe&#x017F;en/ du ha&#x017F;t mich mit deinen geboten ver&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
diger gemacht/ denn alle meine feinde &#x017F;ind/ und<lb/>
ich will mich daran &#x017F;ta&#x0364;ts halten/ ich bin ver&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
diger worden denn alle meine lehrmei&#x017F;ter/ denn<lb/>
deine geda&#x0364;chtni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind meine betrachtungen. Jch<lb/>
bin ver&#x017F;ta&#x0364;ndiger denn die Alten/ wenn ich halte<lb/>
deine gebote. Hierinne &#x017F;iche&#x017F;tu/ wie der Pro-<lb/>
phet &#x017F;ich &#x017F;eines ver&#x017F;tandes ru&#x0364;hmet. Und lieber/<lb/>
womit hat er den bekommen? Traun/ als er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;agt/ nirgends anders mit/ denn daß er fleißig hat<lb/>
gehalten GOttes gebote.</p><lb/>
              <p>Die gebote GOttes &#x017F;eynd auch derhalben von<lb/>
GOtt unverborgen/ und offenbar beydes in &#x017F;chrif-<lb/>
ten als auch mehrentheils im gewi&#x017F;&#x017F;en den men-<lb/>
&#x017F;chen vorge&#x017F;tellt/ daß der will/ mag die&#x017F;elben an-<lb/>
greiffen und halten/ und al&#x017F;o zu innerm ver&#x017F;tande<lb/>
und verborgener weißheit eingela&#x017F;&#x017F;en werden.<lb/>
Aber welche an der haltung der gebote Gottes feh-<lb/>
len/ den&#x017F;elben i&#x017F;t auch zum innern rechten ver&#x017F;tan-<lb/>
de und verbo&#xA75B;genen weißheit die thu&#x0364;re ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
              <p>Wiederum mag diß auch aus dem Propheten<lb/><hi rendition="#aq">E&#x017F;aia XXIX.</hi> kla&#x0364;rlich vernommen werden/ denn<lb/>
al&#x017F;o &#x017F;agt er unter andern: Und alle ge&#x017F;ichte wer-<lb/>
den euch &#x017F;eyn gleich als worte eines buchs/ wel-<lb/>
ches ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t/ welches &#x017F;o du es einem<lb/>
Schrifft gelehrten vorbring&#x017F;t und &#x017F;prich&#x017F;t/ lieber/<lb/>
ließ doch diß buch/ &#x017F;oll er antworten/ ich kans<lb/>
nicht le&#x017F;en/ dann es i&#x017F;t ver&#x017F;iegelt; oder wenn es ei-<lb/>
nem unerfahrnen der &#x017F;chrifft gereichet wird/ und<lb/>
ge&#x017F;agt/ lieber/ ließ du es doch/ wird er antworten/<lb/>
ich kenne keine &#x017F;chrifft; darum &#x017F;pricht der<lb/>
Her&#xA75B; al&#x017F;o/ weil das volck mit &#x017F;einem munde zu<lb/>
mir nahet/ und mich mit &#x017F;einen lippen prei&#x017F;et/ ihr<lb/>
hertze aber i&#x017F;t fern von mir/ und &#x017F;ie fu&#x0364;rchten mich<lb/>
mit men&#x017F;chen-lehren und geboren/ derhalben &#x017F;e-<lb/>
het/ will ich auch bey die&#x017F;em volck ein wunderlich<lb/>
und &#x017F;chrecklich ding bewei&#x017F;en/ nemlich ich will zu<lb/>
&#x017F;chanden machen die weißheit derer wei&#x017F;en/ und<lb/>
der ver&#x017F;tand &#x017F;einer ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen &#x017F;oll untergehen.<lb/>
Sehet al&#x017F;o/ wenn der Her&#xA75B; nach &#x017F;einen geboten<lb/>
und willen mit auffrichtigem hertzen nicht ge-<lb/>
fu&#x0364;rchtet und gedienet wird/ &#x017F;o i&#x017F;t das buch den<lb/>
Gelehrten ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/ und die ungelehrten ko&#x0364;n-<lb/>
nen es doch nicht le&#x017F;en; darzu ob&#x017F;chon etliche weiß-<lb/>
heit und ver&#x017F;tand in der rede vorhanden wa&#x0364;re/<lb/>
werden &#x017F;ie doch zu &#x017F;chanden und zur thorheit von<lb/><hi rendition="#g">GOTT</hi> gemacht. Aber wer den Her&#xA75B;n fu&#x0364;rchtet/<lb/>
und &#x017F;ich an &#x017F;eine gerechtigkeit ha&#x0364;lt/ den&#x017F;elben &#x017F;oll<lb/>
die gerechtigkeit auffnehmen/ &#x017F;ie wird ihn prei&#x017F;en<lb/>
mit dem brod des lebens und des ver&#x017F;tandes/ und<lb/>
mit dem kleide der her&#xA75B;ligkeit &#x017F;oll &#x017F;ie ihn bedecken.</p><lb/>
              <p>Und wiederum unter andern verfluchungen/<lb/>
die Mo&#x017F;es den u&#x0364;bertretern der gebote Gottes vor-<lb/>
ha&#x0364;lt und tra&#x0364;uet/ &#x017F;pricht er auch/ der Her&#xA75B; &#x017F;chlage<lb/>
dich mit un&#x017F;innigkeit/ blindheit und ra&#x017F;erey dei-<lb/>
nes hertzens/ daß du gehe&#x017F;t tappend in dem mitta-<lb/>
ge/ gleich wie die blinden im du&#x0364;&#x017F;tern zu thun pfle-<lb/>
gen/ daß du deine ga&#x0364;nge nicht zu richten wei&#x017F;t.<lb/><hi rendition="#aq">Deut. XXIIX.</hi> Diß &#x017F;oll den&#x1EBD; wiederfahr&#x0113;/ die Got-<lb/>
tes gebote verachten/ aber die es mitfreuden und<lb/>
freymu&#x0364;thigem hertzen halten und vollbringen/ die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C c 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ollen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0501] Th. IV. Sect. II. Num. XXVII. Schrifft der Muͤnſteriſchen Wiedertaͤuffer. anfang des ſpottes Prov. IX. XVI. 2. Pet, I. gleich als ob irgend einem ungeſchickten unwiſſenden plumpen menſchen ein kaſten voll koͤſtlicher zie- rath wuͤrde geoͤffnet/ damit er ſich unſtraͤfflich ſchmuͤcken ſolte/ er wuͤſte aber nicht/ wie er es an- greiffen oder anthun ſolte/ ſondern er thaͤte die ſchuhe an die haͤnde/ und die handſchuhe an die fuͤſſe/ was huͤlffe es doch dem/ daß der kaſten ge- oͤffnet waͤre? Alſo iſt es auch/ ſo jemand den ſchluͤſſel der ſchrifft haͤtte/ und haͤtte keine beſchei- denheit. Nun wir wollen erſtlich von dem ſchluͤſ- ſel ſagen/ wie der kaſten und ſchatz der ſchrifft muͤſ- ſe geoͤffnet werden. Darnach von der beſcheiden- heit und rechten gebrauch/ wie man den zierath/ daß der menſch GOttes ohne wandel ſey/ ſoll an- legen und gebrauchen. Der ſchluͤſſel der ſchrifft iſt eigentlich anders nichts/ denn Gottes gebot und willen loͤblich voll- bringen/ das iſt/ rechtſchaffen leben. Wer das thut/ demſelben ſoll die ſchrifft geoͤffnet/ der ein- gang ins reich Chriſti alsbald gezeiget/ und ſein heitz mit dem lichte der gerechtigkeit/ und mit der ſonne des verſtands in alle hoͤhe/ tieffe/ laͤnge und breite durchleuchtet/ und gantz unſtraͤflich wer- den/ als David ſagt/ die furcht des HErꝛn iſt der weißheit anfang/ guten verſtand ſollen kriegen al- le die darnach thun. Eſa. VI. 2. Pet. I. Eph. III. Sap. V. GOtt/ der groß von gnade iſt/ und der den menſchen von anbegin zumpreiß ſeines nahmens geſchaffen hat/ und nicht will/ daß ein einiger menſch verlohren werde/ ſondern ſein wolgefallen iſt/ daß ſie alle zu erkaͤntnis ſeines wortes und lie- ben Sohnes CHriſti kaͤmen/ der hat ſothanen ſchluͤſſel und eingang unverborgen und offenbar jedermaͤnniglich in den taffeln des hertzens und in der ſchrifft vorgelegt/ damit ein jeder mag auff- ſchlieſſen und in den ſchatz ſeines heiligthums ein- gehen. Pſ. X. XI. XXX. 2. Pet. IV. 1. Tim. II. Rom. IV. Aber das heiligthum und den ſchatz ſeiner weißheit hat er in der ſchrifft alſo verbor- gen/ daß niemand darbey mag kom̃en durch eini- ge krafft/ verſtand oder weißheit/ ſondern er muß den kaſten mit dem einigen ſchluͤſſel des haltens der gebote/ und vollbringen des willens GOttes auff thun und eingehen. Darum wenn es an dem ſchluͤſſel mangelt/ ſo iſt auch alles eitel und falſch/ was man ſich unterſtehet aus der ſchrifft vorzutragen. Aber die den ſchluͤſſel haben/ die moͤ- gen auffſchlieſſen/ und mit beſcheidenheit altes und neues aus ihrem ſchatz hervor tragen Matth. XV. 1. Theſſ. II. So beſiehe nun/ was iſt doch aus der ſchrifft ſeynt der Apoſtel zeit recht vorge- bracht worden? Die menſchen haben GOttes willen zu thun/ und die liebe der wahrheit ſchon bey der Apoſtel zeit anzunehmen veraͤchtlich in den wind geſchlagen/ daß ein jeder ſowol gelehrt als ungelehꝛt iſt nach ſeinem gutduͤncken geweſen/ und hat ſeinem eignem behaͤglichen willen nach- gefolget. Darum je hoͤher und tieffer der ſchluͤſſel der weißheit/ die thaͤtige vollbringung des Goͤttli- chen willens verduͤſtert und begraben iſt worden/ deſto eitelern/ falſchern und ſchaͤndlichern dreck haben die menſchen kinder aus der ſchrifft hervor- gebracht. Sintemal aber nun wieder ein volck aufgeſtanden iſt/ das GOttes willen zu thun/ aber mit demuth/ als recht und von CHriſto befohlen iſt/ Luc. XI. Matth. XXVIII. ſich verbunden/ und gaͤntzlich befleißiget hat. So hat auch der Herr denkaſten der verborgenheit/ die H. Schrifft demſelben auffſchlieſſen/ und durch den rechten ſchluͤſſel geoͤffnet laſſen werden/ daß wir uns durch GOttes gnade duͤrffen ruͤhmen/ der ſchatz ſey uns geoͤffnet/ und zu reichem vorſchein die erkaͤntnis CHriſti vorhanden gekommen. Nun daß das halten und vollbringen der gebo- te und des willens GOttes der rechte ſchluͤſſel ſey damit der verborgene ſchatz der ſchrifft geoͤffnet/ und begriffen wird/ wird uns in der Schrifft faſt allenthalben zu verſtehen gegeben. Alſo ſagt David Pſ. CXIIX. Wie lieb hab ich dein geſetz/ o HErꝛ/ den gantzen tag iſt es meine bekuͤmmernis geweſen/ du haſt mich mit deinen geboten verſtaͤn- diger gemacht/ denn alle meine feinde ſind/ und ich will mich daran ſtaͤts halten/ ich bin verſtaͤn- diger worden denn alle meine lehrmeiſter/ denn deine gedaͤchtniſſe ſind meine betrachtungen. Jch bin verſtaͤndiger denn die Alten/ wenn ich halte deine gebote. Hierinne ſicheſtu/ wie der Pro- phet ſich ſeines verſtandes ruͤhmet. Und lieber/ womit hat er den bekommen? Traun/ als er ſelbſt ſagt/ nirgends anders mit/ denn daß er fleißig hat gehalten GOttes gebote. Die gebote GOttes ſeynd auch derhalben von GOtt unverborgen/ und offenbar beydes in ſchrif- ten als auch mehrentheils im gewiſſen den men- ſchen vorgeſtellt/ daß der will/ mag dieſelben an- greiffen und halten/ und alſo zu innerm verſtande und verborgener weißheit eingelaſſen werden. Aber welche an der haltung der gebote Gottes feh- len/ denſelben iſt auch zum innern rechten verſtan- de und verboꝛgenen weißheit die thuͤre geſchloſſen. Wiederum mag diß auch aus dem Propheten Eſaia XXIX. klaͤrlich vernommen werden/ denn alſo ſagt er unter andern: Und alle geſichte wer- den euch ſeyn gleich als worte eines buchs/ wel- ches verſchloſſen iſt/ welches ſo du es einem Schrifft gelehrten vorbringſt und ſprichſt/ lieber/ ließ doch diß buch/ ſoll er antworten/ ich kans nicht leſen/ dann es iſt verſiegelt; oder wenn es ei- nem unerfahrnen der ſchrifft gereichet wird/ und geſagt/ lieber/ ließ du es doch/ wird er antworten/ ich kenne keine ſchrifft; darum ſpricht der Herꝛ alſo/ weil das volck mit ſeinem munde zu mir nahet/ und mich mit ſeinen lippen preiſet/ ihr hertze aber iſt fern von mir/ und ſie fuͤrchten mich mit menſchen-lehren und geboren/ derhalben ſe- het/ will ich auch bey dieſem volck ein wunderlich und ſchrecklich ding beweiſen/ nemlich ich will zu ſchanden machen die weißheit derer weiſen/ und der verſtand ſeiner verſtaͤndigen ſoll untergehen. Sehet alſo/ wenn der Herꝛ nach ſeinen geboten und willen mit auffrichtigem hertzen nicht ge- fuͤrchtet und gedienet wird/ ſo iſt das buch den Gelehrten geſchloſſen/ und die ungelehrten koͤn- nen es doch nicht leſen; darzu obſchon etliche weiß- heit und verſtand in der rede vorhanden waͤre/ werden ſie doch zu ſchanden und zur thorheit von GOTT gemacht. Aber wer den Herꝛn fuͤrchtet/ und ſich an ſeine gerechtigkeit haͤlt/ denſelben ſoll die gerechtigkeit auffnehmen/ ſie wird ihn preiſen mit dem brod des lebens und des verſtandes/ und mit dem kleide der herꝛligkeit ſoll ſie ihn bedecken. Und wiederum unter andern verfluchungen/ die Moſes den uͤbertretern der gebote Gottes vor- haͤlt und traͤuet/ ſpricht er auch/ der Herꝛ ſchlage dich mit unſinnigkeit/ blindheit und raſerey dei- nes hertzens/ daß du geheſt tappend in dem mitta- ge/ gleich wie die blinden im duͤſtern zu thun pfle- gen/ daß du deine gaͤnge nicht zu richten weiſt. Deut. XXIIX. Diß ſoll denẽ wiederfahrē/ die Got- tes gebote verachten/ aber die es mitfreuden und freymuͤthigem hertzen halten und vollbringen/ die ſollen C c 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/501
Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/501>, abgerufen am 22.12.2024.