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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. II. Num. XXIV. Schwenckfelds fernere erklärung.
[Spaltenumbruch] gleichwol jetzt der gemeine Christliche glaube/ und
die erzehlung der 12. gemeinen artickel des glau-
bens genennet/ welches aber viel billicher ein er-
käntniß der artickel des Christlichen glaubens/
denn der rechte Christliche glaube möchte genen-
net werden; weil er ohne dem innerlichen
wahren einigen glauben des hertzens/ damit sich
der mensch durch CHristum mit GOtt in treue
und liebe verbindet/ so fern nicht nützlich ist/ daß
er von Paulo 1. Tim. l. ein gefärbter oder gedich-
ter glaube/ von Jacobo ein todter glaube genen-
net/ den auch die bösen geister/ wie er sagt in sei-
ner Epistel/ haben mögen/ und sonst überall in H.
Schrifft wird dieser glaube allein verworffen
und verdammt. Daher kömmts daß etliche aus
unverstand des Mysterii und der art des wahren
glaubens gemeinet haben/ der glaube wäre nicht
gnug zur seligkeit/ und es ist also auch wahr/ daß
dieser äusserliche gedichte gefärbte glaube ohne
dem innerlichen hertzliche glaube/ eben also wenig
als die gleißnerische menschliche gerechtigkeit/
ohne die innerliche Göttliche gerechtigkeit (wel-
che CHristus selbs ist) für Gott etwas vermag
auszurichten; wenn aber Paulus und die Apo-
steln/ ja auch der Herr Christus selbst vom wah-
ren glauben reden/ so wird das gantze Mysteri-
um,
die Göttliche einwirckende krafft/ art/ na-
tur und gehorsam des glaubens mit eingeschlos-
sen/ davon Gal. V. Jn CHristo JEsu gilt we-
der beschneidung noch vorhaut etwas/ sondern
der glaube durch die liebe wirckend; das will auch
Paulus/ wenn er zun Römern von der gerech-
tigkeit des glaubens schreibet und spricht: So
schliessen wir nun/ daß der mensch durch den glau-
ben gerechtfertiget werde/ ohne die wercke des ge-
setzes/ Rom. III. Jst nichts anders geredt/ denn
daß wir durch den glauben in CHristo JEsu
(nicht in wercken des gesetzes Mose) die wahre
gerechtigkeit/ vom gesetz erfordert/ das ist/ des ge-
setzes CHristi 1. Cor. IX. und aller guten wercke
erfüllung/ friede des gewissens/ das leben und
ewige seligkeit suchen/ holen und einnehmen müs-
sen. Demnach/ so spricht der HErr CHristus
selbs: wer in mich glaubet/ der hat das ewige le-
ben/ Joh. VI. welcher spruch auch bald hernach
beym rechten glauben weiter wird eingeführt
und ausgelegt.

Solcher unterscheid des äusserlichen mensch-
lichen/ und innerlichen Göttl. glaubens wird bey
den Samaritern in der historie vom Heidnische
weibe Joh. IV. klärlich angezeigt/ da stehet also
geschrieben: Es glaubten aber an ihn (vernimm
Jesum) viel der Samariter aus derselbigen
stadt um des weibes rede willen/ welches da zeu-
gete/ er hat mir gesaget alles/ was ich gethan
habe/ als nun die Samariter zu ihm kamen/ ba-
ten sie ihn/ daß er bey ihnen bliebe/ und er bliebe
zween tage da/ und viel mehr glaubten um seines
wortes willen (merck/ was das für ein wort ge-
west sey/ das bey ihnen bleibet/ nemlich der Gött-
liche same im hertzen) und sprachen zum weibe:
wir glauben nun forthin nicht um deiner rede
willen/ (da wird der äusserliche menschliche glau-
be klar abgeschlagen/ wenn der Göttliche auff-
gehet) wir haben selber gehört und erkennet/
daß du bist CHristus der sohn des lebendigen
GOttes; also haben auch die Jünger CHristi
nach seiner aufferstehung nicht allein der Schrift
geglaubt/ sondern auch dem wort/ das JEsus
zu ihnen hatte gesagt/ Joh. II. denn CHristus ist
[Spaltenumbruch] das wort selbst/ das da ist fleisch worden/ und
hat in ihrem hertzen durch den glauben gewohnet.
Joh. I. Eph. III. Darum wird das äusserliche er-
käntniß des worts der H. Schrifft/ ja auch Got-
tes willens (ohne das Mysterium, ohne das in-
nerliche erkäntniß im worte des lebens und ohne
dem geist GOttes/ der das hertze neu gebieret/
erleuchtet und reiniget) vielmehr ein wahn/ schein
und gleißnerey geachtet/ dadurch sich das fleisch
mit einem gedichten schein des glaubens beklei-
det/ für glaubig und wissend in GOttes sachen
ausgiebt/ denn daß es einigerley weise ein wah-
rer Christlicher glaube möchte genant werden.

Auff solche historische weise hat etwan der
König Saul/ und mit ihm viel andere mehr Got-
tes wort geglaubet/ aber der ausgang/ ende und
ungehorsam Gottes beweiset ebe so wol als jetzt
mit vielen/ so aus unverstand das wort/ den leib
CHristi/ im brod glauben/ daß es kein rechter
glaube gewest sey: denn der einfältige glaube läst
sich nicht stücken oder theilen/ daß er an einem
orte gantz/ an andern aber halb/ an einem orte
recht/ an andern aber falsch/ ja daß glaube und
unglaube an GOtt und JEsum CHristum in
einem hertzen bey einander stehen möchten. Also
hat auch Simon der zauberer im Phariseischen
scheine geglaubet. Act. IIX. denn da er sahe die
thaten und zeichen/ die da geschahen/ verwun-
derte er sich/ glaubte und ließ sich tauffen; es
straffte ihn aber der H. Geist durch Petrum um
die sünde/ daß er voll bittere gallen war/ ver-
knüpfft mit ungerechtigkeit/ in summa es war
sein hertz nicht auffrichtig vor GOtt/ er wolte
die gaben GOttes ums geld kauffen/ und durchs
äusserliche den H. Geist erlangen/ darum so hat
er auch keinen rechten glauben haben können. Al-
so glauben auch etliche/ die das wort ihrer gele-
genheit nach mit freuden annehmen/ von wel-
chem der Herr im Luca sagt: eine zeitlang glau-
ben sie/ aber zur zeit der anfechtung fallen sie ab/
warum? denn sie haben nicht wurtzel/ spricht der
HErr/ das ist/ sie haben nicht den innerlichen
hertzlichen glauben/ es seynd eben die/ so zur hoch-
zeit des himmlischen bräutigams Christi/ ja zum
Nachtmahl des HErrn ohne ein hochzeit kleid/
das ist ohne die proba und fürbereitung des glau-
bens eingehen/ überreden sich/ sie glauben/ wollen
ihren glauben stärcken oder damit bezeugen/ und
haben doch innerlich gar keinen rechten glauben/
da werden sie denn in das äusserste finsterniß/ in
alle blindheit/ vermessenheit/ und endlich in alles
elend geworffen/ davon Matth. XXII.

Auff solche gedichte weise glauben wir heut
allesamt in gemein/ daß wir arme sünder sind/
daß wir von natur nichts gutes thun können/
daß die maledeyung und handschrifft des satans
in unser hertz eingeschrieben/ das glauben wir/
nemlich wie wirs aus den buchstaben gehöret/
gefasset und gelernet haben; wir fühlen aber da-
bey nicht unsere tödtliche kranckheit/ den ernsten
zorn GOttes und solche eingeschriebene male-
deyung wesentlich im hertzen/ darum wollen wir
auch den artzt der seelen/ den einigen versöhner
und Heiland Jesum Christum im ernst nicht su-
chen noch lieben; ob wir nun auch gleich etwas
unsers bösen gewissens zu fühlen anheben/ da
durch wir möchten hülffe und rath bey CHristo
zu holen beweget werden/ so reist uns der böse
geist (das wir forthin wenig wahrnehmen)
solches bald wieder aus/ betreugt uns mit dem

buchsta-

Th. IV. Sect. II. Num. XXIV. Schwenckfelds fernere erklaͤrung.
[Spaltenumbruch] gleichwol jetzt der gemeine Chriſtliche glaube/ uñ
die erzehlung der 12. gemeinen artickel des glau-
bens genennet/ welches aber viel billicher ein er-
kaͤntniß der artickel des Chriſtlichen glaubens/
denn der rechte Chriſtliche glaube moͤchte genen-
net werden; weil er ohne dem innerlichen
wahren einigen glauben des hertzens/ damit ſich
der menſch durch CHriſtum mit GOtt in treue
und liebe verbindet/ ſo fern nicht nuͤtzlich iſt/ daß
er von Paulo 1. Tim. l. ein gefaͤrbter odeꝛ gedich-
ter glaube/ von Jacobo ein todter glaube genen-
net/ den auch die boͤſen geiſter/ wie er ſagt in ſei-
neꝛ Epiſtel/ haben moͤgen/ und ſonſt uͤbeꝛall in H.
Schrifft wird dieſer glaube allein verworffen
und verdammt. Daher koͤmmts daß etliche aus
unverſtand des Myſterii und der art des wahren
glaubens gemeinet haben/ der glaube waͤre nicht
gnug zur ſeligkeit/ und es iſt alſo auch wahr/ daß
dieſer aͤuſſerliche gedichte gefaͤrbte glaube ohne
dem iñerlichen hertzlichē glaubē/ eben alſo wenig
als die gleißneriſche menſchliche gerechtigkeit/
ohne die innerliche Goͤttliche gerechtigkeit (wel-
che CHriſtus ſelbs iſt) fuͤr Gott etwas vermag
auszurichten; wenn aber Paulus und die Apo-
ſteln/ ja auch der Herꝛ Chriſtus ſelbſt vom wah-
ren glauben reden/ ſo wird das gantze Myſteri-
um,
die Goͤttliche einwirckende krafft/ art/ na-
tur und gehorſam des glaubens mit eingeſchloſ-
ſen/ davon Gal. V. Jn CHriſto JEſu gilt we-
der beſchneidung noch vorhaut etwas/ ſondern
deꝛ glaube duꝛch die liebe wiꝛckend; das will auch
Paulus/ wenn er zun Roͤmern von der gerech-
tigkeit des glaubens ſchreibet und ſpricht: So
ſchlieſſen wiꝛ nun/ daß deꝛ menſch duꝛch den glau-
ben gerechtfertiget werde/ ohne die wercke des ge-
ſetzes/ Rom. III. Jſt nichts anders geredt/ denn
daß wir durch den glauben in CHriſto JEſu
(nicht in wercken des geſetzes Moſe) die wahre
gerechtigkeit/ vom geſetz erfordert/ das iſt/ des ge-
ſetzes CHriſti 1. Cor. IX. und aller guten wercke
erfuͤllung/ friede des gewiſſens/ das leben und
ewige ſeligkeit ſuchen/ holen und eiñehmen muͤſ-
ſen. Demnach/ ſo ſpricht der HErꝛ CHriſtus
ſelbs: wer in mich glaubet/ der hat das ewige le-
ben/ Joh. VI. welcher ſpruch auch bald hernach
beym rechten glauben weiter wird eingefuͤhrt
und ausgelegt.

Solcher unterſcheid des aͤuſſerlichen menſch-
lichen/ und innerlichen Goͤttl. glaubens wird bey
den Samaritern in der hiſtorie vom Heidniſchē
weibe Joh. IV. klaͤrlich angezeigt/ da ſtehet alſo
geſchrieben: Es glaubten aber an ihn (vernimm
Jeſum) viel der Samariter aus derſelbigen
ſtadt um des weibes rede willen/ welches da zeu-
gete/ er hat mir geſaget alles/ was ich gethan
habe/ als nun die Samariter zu ihm kamen/ ba-
ten ſie ihn/ daß er bey ihnen bliebe/ und er bliebe
zween tage da/ und viel mehr glaubten um ſeines
wortes willen (merck/ was das fuͤr ein wort ge-
weſt ſey/ das bey ihnen bleibet/ nemlich der Goͤtt-
liche ſame im hertzen) und ſprachen zum weibe:
wir glauben nun forthin nicht um deiner rede
willen/ (da wird deꝛ aͤuſſeꝛliche menſchliche glau-
be klar abgeſchlagen/ wenn der Goͤttliche auff-
gehet) wir haben ſelber gehoͤrt und erkennet/
daß du biſt CHriſtus der ſohn des lebendigen
GOttes; alſo haben auch die Juͤnger CHriſti
nach ſeiner auffeꝛſtehung nicht allein deꝛ Schrift
geglaubt/ ſondern auch dem wort/ das JEſus
zu ihnen hatte geſagt/ Joh. II. denn CHriſtus iſt
[Spaltenumbruch] das wort ſelbſt/ das da iſt fleiſch worden/ und
hat in ihrem hertzen durch den glaubẽ gewohnet.
Joh. I. Eph. III. Darum wird das aͤuſſerliche er-
kaͤntniß des worts der H. Schrifft/ ja auch Got-
tes willens (ohne das Myſterium, ohne das in-
nerliche erkaͤntniß im worte des lebens und ohne
dem geiſt GOttes/ der das hertze neu gebieret/
eꝛleuchtet und reiniget) vielmehꝛ ein wahn/ ſchein
und gleißnerey geachtet/ dadurch ſich das fleiſch
mit einem gedichten ſchein des glaubens beklei-
det/ fuͤr glaubig und wiſſend in GOttes ſachen
ausgiebt/ denn daß es einigerley weiſe ein wah-
rer Chriſtlicher glaube moͤchte genant werden.

Auff ſolche hiſtoriſche weiſe hat etwan der
Koͤnig Saul/ uñ mit ihm viel andere mehr Got-
tes wort geglaubet/ aber der ausgang/ ende und
ungehorſam Gottes beweiſet ebē ſo wol als jetzt
mit vielen/ ſo aus unverſtand das wort/ den leib
CHriſti/ im brod glauben/ daß es kein rechter
glaube geweſt ſey: denn der einfaͤltige glaube laͤſt
ſich nicht ſtuͤcken oder theilen/ daß er an einem
orte gantz/ an andern aber halb/ an einem orte
recht/ an andern aber falſch/ ja daß glaube und
unglaube an GOtt und JEſum CHriſtum in
einem hertzen bey einander ſtehen moͤchten. Alſo
hat auch Simon der zauberer im Phariſeiſchen
ſcheine geglaubet. Act. IIX. denn da er ſahe die
thaten und zeichen/ die da geſchahen/ verwun-
derte er ſich/ glaubte und ließ ſich tauffen; es
ſtraffte ihn aber der H. Geiſt durch Petrum um
die ſuͤnde/ daß er voll bittere gallen war/ ver-
knuͤpfft mit ungerechtigkeit/ in ſumma es war
ſein hertz nicht auffrichtig vor GOtt/ er wolte
die gaben GOttes ums geld kauffen/ und durchs
aͤuſſerliche den H. Geiſt erlangen/ darum ſo hat
er auch keinen rechten glauben haben koͤnnen. Al-
ſo glauben auch etliche/ die das wort ihrer gele-
genheit nach mit freuden annehmen/ von wel-
chem der Herꝛ im Luca ſagt: eine zeitlang glau-
ben ſie/ aber zur zeit der anfechtung fallen ſie ab/
warum? denn ſie haben nicht wurtzel/ ſpricht der
HErꝛ/ das iſt/ ſie haben nicht den innerlichen
heꝛtzlichen glauben/ es ſeynd eben die/ ſo zuꝛ hoch-
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Nachtmahl des HErꝛn ohne ein hochzeit kleid/
das iſt ohne die pꝛoba und fuͤꝛbeꝛeitung des glau-
bens eingehen/ uͤbeꝛreden ſich/ ſie glauben/ wollen
ihren glauben ſtaͤrcken oder damit bezeugen/ und
haben doch iñerlich gar keinen rechten glauben/
da werden ſie denn in das aͤuſſerſte finſterniß/ in
alle blindheit/ vermeſſenheit/ und endlich in alles
elend geworffen/ davon Matth. XXII.

Auff ſolche gedichte weiſe glauben wir heut
alleſamt in gemein/ daß wir arme ſuͤnder ſind/
daß wir von natur nichts gutes thun koͤnnen/
daß die maledeyung und handſchrifft des ſatans
in unſer hertz eingeſchrieben/ das glauben wir/
nemlich wie wirs aus den buchſtaben gehoͤret/
gefaſſet und gelernet haben; wir fuͤhlen aber da-
bey nicht unſere toͤdtliche kranckheit/ den ernſten
zorn GOttes und ſolche eingeſchriebene male-
deyung weſentlich im heꝛtzen/ darum wollen wir
auch den artzt der ſeelen/ den einigen verſoͤhner
und Heiland Jeſum Chriſtum im ernſt nicht ſu-
chen noch lieben; ob wir nun auch gleich etwas
unſers boͤſen gewiſſens zu fuͤhlen anheben/ da
durch wir moͤchten huͤlffe und rath bey CHriſto
zu holen beweget werden/ ſo reiſt uns der boͤſe
geiſt (das wir forthin wenig wahrnehmen)
ſolches bald wieder aus/ betreugt uns mit dem

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[178/0474] Th. IV. Sect. II. Num. XXIV. Schwenckfelds fernere erklaͤrung. gleichwol jetzt der gemeine Chriſtliche glaube/ uñ die erzehlung der 12. gemeinen artickel des glau- bens genennet/ welches aber viel billicher ein er- kaͤntniß der artickel des Chriſtlichen glaubens/ denn der rechte Chriſtliche glaube moͤchte genen- net werden; weil er ohne dem innerlichen wahren einigen glauben des hertzens/ damit ſich der menſch durch CHriſtum mit GOtt in treue und liebe verbindet/ ſo fern nicht nuͤtzlich iſt/ daß er von Paulo 1. Tim. l. ein gefaͤrbter odeꝛ gedich- ter glaube/ von Jacobo ein todter glaube genen- net/ den auch die boͤſen geiſter/ wie er ſagt in ſei- neꝛ Epiſtel/ haben moͤgen/ und ſonſt uͤbeꝛall in H. Schrifft wird dieſer glaube allein verworffen und verdammt. Daher koͤmmts daß etliche aus unverſtand des Myſterii und der art des wahren glaubens gemeinet haben/ der glaube waͤre nicht gnug zur ſeligkeit/ und es iſt alſo auch wahr/ daß dieſer aͤuſſerliche gedichte gefaͤrbte glaube ohne dem iñerlichen hertzlichē glaubē/ eben alſo wenig als die gleißneriſche menſchliche gerechtigkeit/ ohne die innerliche Goͤttliche gerechtigkeit (wel- che CHriſtus ſelbs iſt) fuͤr Gott etwas vermag auszurichten; wenn aber Paulus und die Apo- ſteln/ ja auch der Herꝛ Chriſtus ſelbſt vom wah- ren glauben reden/ ſo wird das gantze Myſteri- um, die Goͤttliche einwirckende krafft/ art/ na- tur und gehorſam des glaubens mit eingeſchloſ- ſen/ davon Gal. V. Jn CHriſto JEſu gilt we- der beſchneidung noch vorhaut etwas/ ſondern deꝛ glaube duꝛch die liebe wiꝛckend; das will auch Paulus/ wenn er zun Roͤmern von der gerech- tigkeit des glaubens ſchreibet und ſpricht: So ſchlieſſen wiꝛ nun/ daß deꝛ menſch duꝛch den glau- ben gerechtfertiget werde/ ohne die wercke des ge- ſetzes/ Rom. III. Jſt nichts anders geredt/ denn daß wir durch den glauben in CHriſto JEſu (nicht in wercken des geſetzes Moſe) die wahre gerechtigkeit/ vom geſetz erfordert/ das iſt/ des ge- ſetzes CHriſti 1. Cor. IX. und aller guten wercke erfuͤllung/ friede des gewiſſens/ das leben und ewige ſeligkeit ſuchen/ holen und eiñehmen muͤſ- ſen. Demnach/ ſo ſpricht der HErꝛ CHriſtus ſelbs: wer in mich glaubet/ der hat das ewige le- ben/ Joh. VI. welcher ſpruch auch bald hernach beym rechten glauben weiter wird eingefuͤhrt und ausgelegt. Solcher unterſcheid des aͤuſſerlichen menſch- lichen/ und innerlichen Goͤttl. glaubens wird bey den Samaritern in der hiſtorie vom Heidniſchē weibe Joh. IV. klaͤrlich angezeigt/ da ſtehet alſo geſchrieben: Es glaubten aber an ihn (vernimm Jeſum) viel der Samariter aus derſelbigen ſtadt um des weibes rede willen/ welches da zeu- gete/ er hat mir geſaget alles/ was ich gethan habe/ als nun die Samariter zu ihm kamen/ ba- ten ſie ihn/ daß er bey ihnen bliebe/ und er bliebe zween tage da/ und viel mehr glaubten um ſeines wortes willen (merck/ was das fuͤr ein wort ge- weſt ſey/ das bey ihnen bleibet/ nemlich der Goͤtt- liche ſame im hertzen) und ſprachen zum weibe: wir glauben nun forthin nicht um deiner rede willen/ (da wird deꝛ aͤuſſeꝛliche menſchliche glau- be klar abgeſchlagen/ wenn der Goͤttliche auff- gehet) wir haben ſelber gehoͤrt und erkennet/ daß du biſt CHriſtus der ſohn des lebendigen GOttes; alſo haben auch die Juͤnger CHriſti nach ſeiner auffeꝛſtehung nicht allein deꝛ Schrift geglaubt/ ſondern auch dem wort/ das JEſus zu ihnen hatte geſagt/ Joh. II. denn CHriſtus iſt das wort ſelbſt/ das da iſt fleiſch worden/ und hat in ihrem hertzen durch den glaubẽ gewohnet. Joh. I. Eph. III. Darum wird das aͤuſſerliche er- kaͤntniß des worts der H. Schrifft/ ja auch Got- tes willens (ohne das Myſterium, ohne das in- nerliche erkaͤntniß im worte des lebens und ohne dem geiſt GOttes/ der das hertze neu gebieret/ eꝛleuchtet und reiniget) vielmehꝛ ein wahn/ ſchein und gleißnerey geachtet/ dadurch ſich das fleiſch mit einem gedichten ſchein des glaubens beklei- det/ fuͤr glaubig und wiſſend in GOttes ſachen ausgiebt/ denn daß es einigerley weiſe ein wah- rer Chriſtlicher glaube moͤchte genant werden. Auff ſolche hiſtoriſche weiſe hat etwan der Koͤnig Saul/ uñ mit ihm viel andere mehr Got- tes wort geglaubet/ aber der ausgang/ ende und ungehorſam Gottes beweiſet ebē ſo wol als jetzt mit vielen/ ſo aus unverſtand das wort/ den leib CHriſti/ im brod glauben/ daß es kein rechter glaube geweſt ſey: denn der einfaͤltige glaube laͤſt ſich nicht ſtuͤcken oder theilen/ daß er an einem orte gantz/ an andern aber halb/ an einem orte recht/ an andern aber falſch/ ja daß glaube und unglaube an GOtt und JEſum CHriſtum in einem hertzen bey einander ſtehen moͤchten. Alſo hat auch Simon der zauberer im Phariſeiſchen ſcheine geglaubet. Act. IIX. denn da er ſahe die thaten und zeichen/ die da geſchahen/ verwun- derte er ſich/ glaubte und ließ ſich tauffen; es ſtraffte ihn aber der H. Geiſt durch Petrum um die ſuͤnde/ daß er voll bittere gallen war/ ver- knuͤpfft mit ungerechtigkeit/ in ſumma es war ſein hertz nicht auffrichtig vor GOtt/ er wolte die gaben GOttes ums geld kauffen/ und durchs aͤuſſerliche den H. Geiſt erlangen/ darum ſo hat er auch keinen rechten glauben haben koͤnnen. Al- ſo glauben auch etliche/ die das wort ihrer gele- genheit nach mit freuden annehmen/ von wel- chem der Herꝛ im Luca ſagt: eine zeitlang glau- ben ſie/ aber zur zeit der anfechtung fallen ſie ab/ warum? denn ſie haben nicht wurtzel/ ſpricht der HErꝛ/ das iſt/ ſie haben nicht den innerlichen heꝛtzlichen glauben/ es ſeynd eben die/ ſo zuꝛ hoch- zeit des him̃liſchen braͤutigams Chriſti/ ja zum Nachtmahl des HErꝛn ohne ein hochzeit kleid/ das iſt ohne die pꝛoba und fuͤꝛbeꝛeitung des glau- bens eingehen/ uͤbeꝛreden ſich/ ſie glauben/ wollen ihren glauben ſtaͤrcken oder damit bezeugen/ und haben doch iñerlich gar keinen rechten glauben/ da werden ſie denn in das aͤuſſerſte finſterniß/ in alle blindheit/ vermeſſenheit/ und endlich in alles elend geworffen/ davon Matth. XXII. Auff ſolche gedichte weiſe glauben wir heut alleſamt in gemein/ daß wir arme ſuͤnder ſind/ daß wir von natur nichts gutes thun koͤnnen/ daß die maledeyung und handſchrifft des ſatans in unſer hertz eingeſchrieben/ das glauben wir/ nemlich wie wirs aus den buchſtaben gehoͤret/ gefaſſet und gelernet haben; wir fuͤhlen aber da- bey nicht unſere toͤdtliche kranckheit/ den ernſten zorn GOttes und ſolche eingeſchriebene male- deyung weſentlich im heꝛtzen/ darum wollen wir auch den artzt der ſeelen/ den einigen verſoͤhner und Heiland Jeſum Chriſtum im ernſt nicht ſu- chen noch lieben; ob wir nun auch gleich etwas unſers boͤſen gewiſſens zu fuͤhlen anheben/ da durch wir moͤchten huͤlffe und rath bey CHriſto zu holen beweget werden/ ſo reiſt uns der boͤſe geiſt (das wir forthin wenig wahrnehmen) ſolches bald wieder aus/ betreugt uns mit dem buchſta-

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/474>, abgerufen am 24.11.2024.