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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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von Theophrasti Paracelsi lehre.
[Spaltenumbruch]

Dann irrig ist die lehre/ so ein jeglicher
gibt/ in ihrem ursprung gebohren und man-
cherley herkommens/ mancherley auch lehr-
meister/ und mancherley schulmeister/ man-
cherley schüler auch: Der nimmt für sich
diß/ der eine das/ der ergibt sich in das
licht/ der in die viehische vernunfft/ der in
die irrsal. Nun ist vonnöthen zu wissen in
allen dingen/ was ursprung nemlich es
seye.

Man findet/ die da schreiben mechanisch/
und führet sie auß/ mehr dann aus dreyen
ursprüngen. Man findet die da schreiben
facultaetisch/ und führet sie mehr als auß sie-
ben und fünfftzig ursprüngen. Man findet
die da schreiben in verbo DEI, und ihr sind
mehr dann zehen ursprünge/ und also in an-
dern dingen. Viel schreiben/ und keiner der
seiner federn regiment weiß/ oder zu wissen acht
habe: Daß ist das groß der narrheit/ daß ei-
ner lehret/ weiß nicht von wem ers hat: Und
das soll er wissen: dann er ist seiner geschrifft
kein richter/ kein urtheiler/ und ist nicht sein/ sie
ist eines andern.

Darum soll er wissen/ was sie seye/ und als-
dann urtheilen. Dann irrig und falsch ist ei-
ner/ der da nicht weiß seines schreibens ur-
sprung.

Nun aber daß ihr wisset von dem ursprung/
der seynd mancherley/ aber wie dieselbigen
sind/ wisset hierin den anfang/ und ist also.

Einmahl muß das vestiglich in uns seyn/ daß
der leib nicht unser ist/ sondern GOttes/ nicht
uns sondern GOtt gemacht/ nicht uns zu nutz/
sondern GOttes. So nun der leib dermassen
ist/ so muß er auch haben all sein wesen von
Gott/ das ist/ von dem er ist/ und was er also
hat/ das ist also desselbigen leben/ kranckheit/
weißheit/ gesichte/ gehör/ verstand. So nun
desselbigen/ der den leib gemacht hat/ alle dinge
sind/ so müssen wir nun wissen/ was uns dersel-
bige gibt/ und müssen wissen auch/ warum er
uns das gibt/ das er uns gibt/ das ist: Daß ein
mensch soll vollkommen seyn als sein leben/ das
ist/ vollkommen/ er sey hüpsch oder ungeschaf-
fen/ wie er wolle/ so lebt er gantz/ und das leben
ist nicht gebrochen. Also weiter seine weißheit/
seine kunst muß also auch seyn gantz und nichts
gebrochen an ihm.

Nun gibt der mensch das alles gantz/ und
nicht gebrochen: Dann ursachen/ darum
hat er den menschen geschaffen/ daß er soll wider
den teuffel seyn/ und ihm nichts lassen abgewin-
nen/ wie einer ein schwerdt hat wider seine feind/
also sind wir gefangen in der hand GOttes:
und wie ein fisch in dem wasser/ also wir in die
feindschafft. Darum soll der mensch wissen/
wer er sey? und was er sey/ warum er sey? auff
daß er trachte/ auß Gott all seine macht zu neh-
men/ darvon ich weiter schreibe.

Damit ich komme in die äussere Anatomi,
der weißheit ursprung/ so wisse erstlich/ daß
die weißheit nichts anders ist/ dann ein
einige ewige freud.

Wer will die weißheit beschreiben in seiner
Anatomia, als allein der sie weiß/ vermag sie
zu wissen. Der mensch weiß auß dem/ daß er
die weißheit selbst ist/ dieweil sie in ihm ist/ die-
weil weiß er sie zu beschreiben.

Wie ist nun die Anatomi der weißheit? Also
[Spaltenumbruch] ist sie/ daß sie an ihr selbst nicht zu urtheilen ist/
als wenig als Gott/ dieweil sie aber dem tödtl-
geben ist/ so folget aus dem/ daß sie den tödtli-
chen zu anatomiren ist: und wo das tödtliche
nicht wäre/ wer wolte reden oder wissen von der
weißheit? dieweil sie aber in das tödtliche ge-
fallen ist/ so ist zu reden von ihr/ und sie ist ge-
bohren/ und ist gliedisch geworden/ und ist au-
genscheinlich worden/ die vorhin unsichtbar
ware.

Alle künsten etc. sind in der weißheit/ nun ist
die kunst nicht vonnöthen gewesen vor der crea-
tur. Aber da die creatur ist worden/ da haben
die künsten müssen sichtbarlich werden/ von we-
gen der creatur. Nun ist die kunst/ die weißheit
und sapientia ein ding/ das ist/ es ist offenbahr
worden die weißheit Gottes; so der mensch nicht
wäre geschaffen/ wer wüste von der weißheit
Gottes/ auch von andern dingen Gottes? Nie-
mand/ auch die engel im himmel habens nicht
gewust/ aber in der beschaffung da ist an tag
kommen die weißheit Gottes/ und seine gewalt/
seine macht/ und wer Gott ist und was sein we-
sen ist.

Nun folget hernach/ daß der Vater der weiß-
heit im Sohne genommen wird/ umb indem
der Vater selbst ist außgehend nun alle weißheit
und künste: Dann die creatur hat | Gott in
ihrer zahl/ aus dem folget nun/ daß sie offen-
bahr solle werden. Die kunst und weißheit muß
durch den Sohn geschehen/ und der Sohn be-
hält die art seines Vaters/ und lernet nicht al-
lein sie beyde lernen/ und der Lehrer ist der Hei-
lige Geist.

Der mensch ist gefangen mit einer viehischen
art/ aber Gott nicht; Also hat er zwo weiß-
heiten/ eine viehische und englische/ eine bleibt
die andere nicht.

Also ist die weißheit der Vater/ in der alle
künste sind und alle aus ihme gehend.

Der Vater vermag alle dinge durch seine
weißheit und kunst. Also nun sollen wir auch
alle dinge vermögen/ nichts soll uns widerste-
hen/ weder Magia, incantationes, superstitio-
nes, Nigromantia, Chiromantia, Physiogno-
mia,
dann diese dinge alle sind aus Gott/ und
sind seine kunst: können wir es nicht/ so sind wir
an dem ort nicht erwecket und schlaffen noch.
Nun aus dem schlaffen entspringen nun die leh-
ren und schuhwercker-kunst. Das ist darvon
ich rede/ vom Vater der Astronomiae, der ist
gantz und vollkommen; also sollen wir auch
seyn. Dann er ist gantz/ und unsere weißheit ist
seine weißheit/ und aus seiner weißheit sollen
wir thür und thor auffthun/ auß seiner weißheit
schuh machen/ die nicht brechen/ häuser die
nicht faulen und die würm nicht fressen. Wo
wir aber das nicht thun/ so bauen wir im
schlaff.

Also hierauff wisset nun/ so wir den Vater
der weißheit erkennen/ also in dem/ daß er gantz
ist/ vollkommen und ohne bresten/ in allen kün-
sten. So soll auch der Sohn also seyn/ der an
seiner statt sitzt/ und soll der artzt warhafftig
seyn in seiner kunst/ und gantz. Dann sie seynd
GOttes/ der Jurist/ der Theologus, der A-
stronomus,
der Philosophus, der Alchimist etc.
Also alle dinge. Nicht ein Jota, nicht ein Apex
wird in den dingen abgehen/ daß nicht alles
gantz wird werden/ als des Vaters allein.

Und
A. K. H. Vierter Theil. T 2
von Theophraſti Paracelſi lehre.
[Spaltenumbruch]

Dann irrig iſt die lehre/ ſo ein jeglicher
gibt/ in ihrem urſprung gebohren und man-
cherley herkommens/ mancherley auch lehr-
meiſter/ und mancherley ſchulmeiſter/ man-
cherley ſchuͤler auch: Der nimmt fuͤr ſich
diß/ der eine das/ der ergibt ſich in das
licht/ der in die viehiſche vernunfft/ der in
die irrſal. Nun iſt vonnoͤthen zu wiſſen in
allen dingen/ was urſprung nemlich es
ſeye.

Man findet/ die da ſchreiben mechaniſch/
und fuͤhret ſie auß/ mehr dann aus dreyen
urſpruͤngen. Man findet die da ſchreiben
facultætiſch/ und fuͤhret ſie mehr als auß ſie-
ben und fuͤnfftzig urſpruͤngen. Man findet
die da ſchreiben in verbo DEI, und ihr ſind
mehr dann zehen urſpruͤnge/ und alſo in an-
dern dingen. Viel ſchreiben/ und keiner der
ſeiner federn regiment weiß/ oder zu wiſſen acht
habe: Daß iſt das groß der narrheit/ daß ei-
ner lehret/ weiß nicht von wem ers hat: Und
das ſoll er wiſſen: dann er iſt ſeiner geſchrifft
kein richter/ kein urtheiler/ und iſt nicht ſein/ ſie
iſt eines andern.

Darum ſoll er wiſſen/ was ſie ſeye/ und als-
dann urtheilen. Dann irrig und falſch iſt ei-
ner/ der da nicht weiß ſeines ſchreibens ur-
ſprung.

Nun aber daß ihr wiſſet von dem urſprung/
der ſeynd mancherley/ aber wie dieſelbigen
ſind/ wiſſet hierin den anfang/ und iſt alſo.

Einmahl muß das veſtiglich in uns ſeyn/ daß
der leib nicht unſer iſt/ ſondern GOttes/ nicht
uns ſondern GOtt gemacht/ nicht uns zu nutz/
ſondern GOttes. So nun der leib dermaſſen
iſt/ ſo muß er auch haben all ſein weſen von
Gott/ das iſt/ von dem er iſt/ und was er alſo
hat/ das iſt alſo deſſelbigen leben/ kranckheit/
weißheit/ geſichte/ gehoͤr/ verſtand. So nun
deſſelbigen/ der den leib gemacht hat/ alle dinge
ſind/ ſo muͤſſen wir nun wiſſen/ was uns derſel-
bige gibt/ und muͤſſen wiſſen auch/ warum er
uns das gibt/ das er uns gibt/ das iſt: Daß ein
menſch ſoll vollkommen ſeyn als ſein leben/ das
iſt/ vollkommen/ er ſey huͤpſch oder ungeſchaf-
fen/ wie er wolle/ ſo lebt er gantz/ und das leben
iſt nicht gebrochen. Alſo weiter ſeine weißheit/
ſeine kunſt muß alſo auch ſeyn gantz und nichts
gebrochen an ihm.

Nun gibt der menſch das alles gantz/ und
nicht gebrochen: Dann urſachen/ darum
hat er den menſchen geſchaffen/ daß er ſoll wider
den teuffel ſeyn/ und ihm nichts laſſen abgewin-
nen/ wie einer ein ſchwerdt hat wider ſeine feind/
alſo ſind wir gefangen in der hand GOttes:
und wie ein fiſch in dem waſſer/ alſo wir in die
feindſchafft. Darum ſoll der menſch wiſſen/
wer er ſey? und was er ſey/ warum er ſey? auff
daß er trachte/ auß Gott all ſeine macht zu neh-
men/ darvon ich weiter ſchreibe.

Damit ich komme in die aͤuſſere Anatomi,
der weißheit urſprung/ ſo wiſſe erſtlich/ daß
die weißheit nichts anders iſt/ dann ein
einige ewige freud.

Wer will die weißheit beſchreiben in ſeiner
Anatomia, als allein der ſie weiß/ vermag ſie
zu wiſſen. Der menſch weiß auß dem/ daß er
die weißheit ſelbſt iſt/ dieweil ſie in ihm iſt/ die-
weil weiß er ſie zu beſchreiben.

Wie iſt nun die Anatomi der weißheit? Alſo
[Spaltenumbruch] iſt ſie/ daß ſie an ihr ſelbſt nicht zu urtheilen iſt/
als wenig als Gott/ dieweil ſie aber dem toͤdtl-
geben iſt/ ſo folget aus dem/ daß ſie den toͤdtli-
chen zu anatomiren iſt: und wo das toͤdtliche
nicht waͤre/ wer wolte reden oder wiſſen von der
weißheit? dieweil ſie aber in das toͤdtliche ge-
fallen iſt/ ſo iſt zu reden von ihr/ und ſie iſt ge-
bohren/ und iſt gliediſch geworden/ und iſt au-
genſcheinlich worden/ die vorhin unſichtbar
ware.

Alle kuͤnſten ꝛc. ſind in der weißheit/ nun iſt
die kunſt nicht vonnoͤthen geweſen vor der crea-
tur. Aber da die creatur iſt worden/ da haben
die kuͤnſten muͤſſen ſichtbarlich werden/ von we-
gen der creatur. Nun iſt die kunſt/ die weißheit
und ſapientia ein ding/ das iſt/ es iſt offenbahr
worden die weißheit Gottes; ſo der menſch nicht
waͤre geſchaffen/ wer wuͤſte von der weißheit
Gottes/ auch von andern dingen Gottes? Nie-
mand/ auch die engel im himmel habens nicht
gewuſt/ aber in der beſchaffung da iſt an tag
kommen die weißheit Gottes/ und ſeine gewalt/
ſeine macht/ und wer Gott iſt und was ſein we-
ſen iſt.

Nun folget hernach/ daß der Vater der weiß-
heit im Sohne genommen wird/ umb indem
der Vater ſelbſt iſt außgehend nun alle weißheit
und kuͤnſte: Dann die creatur hat | Gott in
ihrer zahl/ aus dem folget nun/ daß ſie offen-
bahr ſolle werden. Die kunſt und weißheit muß
durch den Sohn geſchehen/ und der Sohn be-
haͤlt die art ſeines Vaters/ und lernet nicht al-
lein ſie beyde lernen/ und der Lehrer iſt der Hei-
lige Geiſt.

Der menſch iſt gefangen mit einer viehiſchen
art/ aber Gott nicht; Alſo hat er zwo weiß-
heiten/ eine viehiſche und engliſche/ eine bleibt
die andere nicht.

Alſo iſt die weißheit der Vater/ in der alle
kuͤnſte ſind und alle aus ihme gehend.

Der Vater vermag alle dinge durch ſeine
weißheit und kunſt. Alſo nun ſollen wir auch
alle dinge vermoͤgen/ nichts ſoll uns widerſte-
hen/ weder Magia, incantationes, ſuperſtitio-
nes, Nigromantia, Chiromantia, Phyſiogno-
mia,
dann dieſe dinge alle ſind aus Gott/ und
ſind ſeine kunſt: koͤnnen wir es nicht/ ſo ſind wir
an dem ort nicht erwecket und ſchlaffen noch.
Nun aus dem ſchlaffen entſpringen nun die leh-
ren und ſchuhwercker-kunſt. Das iſt darvon
ich rede/ vom Vater der Aſtronomiæ, der iſt
gantz und vollkommen; alſo ſollen wir auch
ſeyn. Dann er iſt gantz/ und unſere weißheit iſt
ſeine weißheit/ und aus ſeiner weißheit ſollen
wir thuͤr und thor auffthun/ auß ſeiner weißheit
ſchuh machen/ die nicht brechen/ haͤuſer die
nicht faulen und die wuͤrm nicht freſſen. Wo
wir aber das nicht thun/ ſo bauen wir im
ſchlaff.

Alſo hierauff wiſſet nun/ ſo wir den Vater
der weißheit erkennen/ alſo in dem/ daß er gantz
iſt/ vollkommen und ohne breſten/ in allen kuͤn-
ſten. So ſoll auch der Sohn alſo ſeyn/ der an
ſeiner ſtatt ſitzt/ und ſoll der artzt warhafftig
ſeyn in ſeiner kunſt/ und gantz. Dann ſie ſeynd
GOttes/ der Juriſt/ der Theologus, der A-
ſtronomus,
der Philoſophus, der Alchimiſt ꝛc.
Alſo alle dinge. Nicht ein Jota, nicht ein Apex
wird in den dingen abgehen/ daß nicht alles
gantz wird werden/ als des Vaters allein.

Und
A. K. H. Vierter Theil. T 2
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[147/0443] von Theophraſti Paracelſi lehre. Dann irrig iſt die lehre/ ſo ein jeglicher gibt/ in ihrem urſprung gebohren und man- cherley herkommens/ mancherley auch lehr- meiſter/ und mancherley ſchulmeiſter/ man- cherley ſchuͤler auch: Der nimmt fuͤr ſich diß/ der eine das/ der ergibt ſich in das licht/ der in die viehiſche vernunfft/ der in die irrſal. Nun iſt vonnoͤthen zu wiſſen in allen dingen/ was urſprung nemlich es ſeye. Man findet/ die da ſchreiben mechaniſch/ und fuͤhret ſie auß/ mehr dann aus dreyen urſpruͤngen. Man findet die da ſchreiben facultætiſch/ und fuͤhret ſie mehr als auß ſie- ben und fuͤnfftzig urſpruͤngen. Man findet die da ſchreiben in verbo DEI, und ihr ſind mehr dann zehen urſpruͤnge/ und alſo in an- dern dingen. Viel ſchreiben/ und keiner der ſeiner federn regiment weiß/ oder zu wiſſen acht habe: Daß iſt das groß der narrheit/ daß ei- ner lehret/ weiß nicht von wem ers hat: Und das ſoll er wiſſen: dann er iſt ſeiner geſchrifft kein richter/ kein urtheiler/ und iſt nicht ſein/ ſie iſt eines andern. Darum ſoll er wiſſen/ was ſie ſeye/ und als- dann urtheilen. Dann irrig und falſch iſt ei- ner/ der da nicht weiß ſeines ſchreibens ur- ſprung. Nun aber daß ihr wiſſet von dem urſprung/ der ſeynd mancherley/ aber wie dieſelbigen ſind/ wiſſet hierin den anfang/ und iſt alſo. Einmahl muß das veſtiglich in uns ſeyn/ daß der leib nicht unſer iſt/ ſondern GOttes/ nicht uns ſondern GOtt gemacht/ nicht uns zu nutz/ ſondern GOttes. So nun der leib dermaſſen iſt/ ſo muß er auch haben all ſein weſen von Gott/ das iſt/ von dem er iſt/ und was er alſo hat/ das iſt alſo deſſelbigen leben/ kranckheit/ weißheit/ geſichte/ gehoͤr/ verſtand. So nun deſſelbigen/ der den leib gemacht hat/ alle dinge ſind/ ſo muͤſſen wir nun wiſſen/ was uns derſel- bige gibt/ und muͤſſen wiſſen auch/ warum er uns das gibt/ das er uns gibt/ das iſt: Daß ein menſch ſoll vollkommen ſeyn als ſein leben/ das iſt/ vollkommen/ er ſey huͤpſch oder ungeſchaf- fen/ wie er wolle/ ſo lebt er gantz/ und das leben iſt nicht gebrochen. Alſo weiter ſeine weißheit/ ſeine kunſt muß alſo auch ſeyn gantz und nichts gebrochen an ihm. Nun gibt der menſch das alles gantz/ und nicht gebrochen: Dann urſachen/ darum hat er den menſchen geſchaffen/ daß er ſoll wider den teuffel ſeyn/ und ihm nichts laſſen abgewin- nen/ wie einer ein ſchwerdt hat wider ſeine feind/ alſo ſind wir gefangen in der hand GOttes: und wie ein fiſch in dem waſſer/ alſo wir in die feindſchafft. Darum ſoll der menſch wiſſen/ wer er ſey? und was er ſey/ warum er ſey? auff daß er trachte/ auß Gott all ſeine macht zu neh- men/ darvon ich weiter ſchreibe. Damit ich komme in die aͤuſſere Anatomi, der weißheit urſprung/ ſo wiſſe erſtlich/ daß die weißheit nichts anders iſt/ dann ein einige ewige freud. Wer will die weißheit beſchreiben in ſeiner Anatomia, als allein der ſie weiß/ vermag ſie zu wiſſen. Der menſch weiß auß dem/ daß er die weißheit ſelbſt iſt/ dieweil ſie in ihm iſt/ die- weil weiß er ſie zu beſchreiben. Wie iſt nun die Anatomi der weißheit? Alſo iſt ſie/ daß ſie an ihr ſelbſt nicht zu urtheilen iſt/ als wenig als Gott/ dieweil ſie aber dem toͤdtl- geben iſt/ ſo folget aus dem/ daß ſie den toͤdtli- chen zu anatomiren iſt: und wo das toͤdtliche nicht waͤre/ wer wolte reden oder wiſſen von der weißheit? dieweil ſie aber in das toͤdtliche ge- fallen iſt/ ſo iſt zu reden von ihr/ und ſie iſt ge- bohren/ und iſt gliediſch geworden/ und iſt au- genſcheinlich worden/ die vorhin unſichtbar ware. Alle kuͤnſten ꝛc. ſind in der weißheit/ nun iſt die kunſt nicht vonnoͤthen geweſen vor der crea- tur. Aber da die creatur iſt worden/ da haben die kuͤnſten muͤſſen ſichtbarlich werden/ von we- gen der creatur. Nun iſt die kunſt/ die weißheit und ſapientia ein ding/ das iſt/ es iſt offenbahr worden die weißheit Gottes; ſo der menſch nicht waͤre geſchaffen/ wer wuͤſte von der weißheit Gottes/ auch von andern dingen Gottes? Nie- mand/ auch die engel im himmel habens nicht gewuſt/ aber in der beſchaffung da iſt an tag kommen die weißheit Gottes/ und ſeine gewalt/ ſeine macht/ und wer Gott iſt und was ſein we- ſen iſt. Nun folget hernach/ daß der Vater der weiß- heit im Sohne genommen wird/ umb indem der Vater ſelbſt iſt außgehend nun alle weißheit und kuͤnſte: Dann die creatur hat | Gott in ihrer zahl/ aus dem folget nun/ daß ſie offen- bahr ſolle werden. Die kunſt und weißheit muß durch den Sohn geſchehen/ und der Sohn be- haͤlt die art ſeines Vaters/ und lernet nicht al- lein ſie beyde lernen/ und der Lehrer iſt der Hei- lige Geiſt. Der menſch iſt gefangen mit einer viehiſchen art/ aber Gott nicht; Alſo hat er zwo weiß- heiten/ eine viehiſche und engliſche/ eine bleibt die andere nicht. Alſo iſt die weißheit der Vater/ in der alle kuͤnſte ſind und alle aus ihme gehend. Der Vater vermag alle dinge durch ſeine weißheit und kunſt. Alſo nun ſollen wir auch alle dinge vermoͤgen/ nichts ſoll uns widerſte- hen/ weder Magia, incantationes, ſuperſtitio- nes, Nigromantia, Chiromantia, Phyſiogno- mia, dann dieſe dinge alle ſind aus Gott/ und ſind ſeine kunſt: koͤnnen wir es nicht/ ſo ſind wir an dem ort nicht erwecket und ſchlaffen noch. Nun aus dem ſchlaffen entſpringen nun die leh- ren und ſchuhwercker-kunſt. Das iſt darvon ich rede/ vom Vater der Aſtronomiæ, der iſt gantz und vollkommen; alſo ſollen wir auch ſeyn. Dann er iſt gantz/ und unſere weißheit iſt ſeine weißheit/ und aus ſeiner weißheit ſollen wir thuͤr und thor auffthun/ auß ſeiner weißheit ſchuh machen/ die nicht brechen/ haͤuſer die nicht faulen und die wuͤrm nicht freſſen. Wo wir aber das nicht thun/ ſo bauen wir im ſchlaff. Alſo hierauff wiſſet nun/ ſo wir den Vater der weißheit erkennen/ alſo in dem/ daß er gantz iſt/ vollkommen und ohne breſten/ in allen kuͤn- ſten. So ſoll auch der Sohn alſo ſeyn/ der an ſeiner ſtatt ſitzt/ und ſoll der artzt warhafftig ſeyn in ſeiner kunſt/ und gantz. Dann ſie ſeynd GOttes/ der Juriſt/ der Theologus, der A- ſtronomus, der Philoſophus, der Alchimiſt ꝛc. Alſo alle dinge. Nicht ein Jota, nicht ein Apex wird in den dingen abgehen/ daß nicht alles gantz wird werden/ als des Vaters allein. Und A. K. H. Vierter Theil. T 2

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/443>, abgerufen am 29.11.2024.