Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.Th. IV. Sect. III. Num. IX. Magdeburgische streit-händel. [Spaltenumbruch]
der teuffel ist ledig/ so tobet die rohe und wildewelt in der kirchen; da man friede/ einigkeit/ lie- be und Gottseligkeit pflantzen solte/ richtet man zanck/ spaltung und verbitterung an/ und rei- chet aus anleitung des bösen feindes dahin/ daß immer ein irrsal aus dem andern erwächst/ und mancher mensch darüber jämmerlich verfuhret/ auch die freyheit des fleisches zu allem argen ge- stärcket wird. Man unterläst auch nicht/ in den weltlichen regimenten hoch nachtheilige partheyen einzuführen/ gleich und recht an vie- len örtern auffzuheben/ den gemeinen frieden und nutz umzustossen/ zu innerlichen gehäßigen kriegen geschwinde anzuhetzen/ auch solche zu er- wecken; dadurch denn unser löblich vaterland Teutscher Nation zum spott aller völcker ge- macht/ auch dermassen geschwächet wird/ daß der Türcke seinen grausamen und tyrannischen willen desto leichter an uns schaffen möge. Solches alles solt ihr mit rechtem ernst zu gemü- the führen/ und ein jeder vor sich seine sache in gutachtung nehmen; denn GOtt zürnet heff- tig/ ist über uns ergrimmet/ und stehet uns unser endlicher verderb vor der thür/ wie aus den er- zehlten und andern umständen zu vernehmen. Solches soll man um so viel weniger verachten/ weil der HErr denen/ die seinen zorn durch ihre boßheit verdienen/ ein verzehrend feuer ist/ nach inhalt Prophetischer schrifft/ und vor ihm sich niemand verbergen kan; steiget ihr in himmel/ so ist er da; steiget ihr niederwarts in die tieffe des erdreichs/ ist er auch da; und wenn ihr flie- gen köntet in der lufft/ wie die vögel/ so köntet ihr ihm doch nicht entgehen. Nun höret/ wie der HErr durch sich selbst dräuet: Da ich/ spricht er/ wie ein blitz des donners werde mein schwerdt wetzen/ und das gericht zur hand neh- men/ so will ich vergelten meinen feinden/ und ihnen ihren lohn geben/ ich will träncken meine pfeile in ihrem blute/ und mein schwerdt wird auffressen ihr fleisch. Eben unsere missethat/ und nichts anders/ machet solche feindschafft zwischen GOtt und uns/ ja sie führet über uns GOTTes ernstlichen zorn/ und unterwirfft uns seiner zeitlichen und ewigen straffe; denn neben den erzehlten schrecklichen plagen/ so trä- get sich auch zu/ wenn die menschen in ihrer sün- de und missethat von dieser welt abscheiden/ daß ihr wurm nicht stirbet/ auch ihr feuer nicht er- löscht/ inmassen der Prophet Esaias warnet/ sondern müssen im höllischen feuer ewige quaal und pein leiden. Derhalben gehet in euch selber/ und prüfet euch wol; da ihr wider GOttes ge- bot und willen gethan/ erkennet eure misse- that/ bereuet sie von hertzen/ und demüthiget euch darob; GOttes ernste straffen stehen uns vor; zertheilt euch nicht/ betrieget euch nicht selber/ erdichtet und machet euch nicht friede/ da keiner ist; wo sünde/ verstockung und unbußfertigkeit ist/ da ist auch gewißlich GOt- tes zorn/ und folget darauff seine straff/ das fehlet nicht. Und wollen euch solches alles zu eurem besten nicht unangezeigt lassen; denn sol- ches erfordert eure nothdurfft/ so erfordert es auch unser auffgelegt amt; und zu dem/ daß wir euch alle und jede mit Christlicher treu nicht we- niger/ als uns selbst meinen/ so gebühret uns auch als eurem Bischoff solche und derglei- chen warnungen zu thun/ damit euer blut von unsern händen desto weniger gefordert werde. [Spaltenumbruch] Und ist doch diese unsere warnung dahin nicht gemeint/ daß ihr darab traurigkeit zur verzweif- felung fassen sollet; sondern also meinen wirs/ da ihr von GOtt abgewichen/ daß ihr durch wahre busse herwieder kehret/ von allen euren sünden abstehet/ euch vor ihm dem HErrn de- müthiget/ und meidet die fleischliche und ver- dammliche sicherheit/ und verzweiffelt doch nicht/ sondern habt zuflucht zu der barmhertzig- keit GOttes/ damit ihr gnade erlangen/ und aus aller vorstehender gefahr und noth kommen möget; denn seine barmhertzigkeit soll euch nicht weniger/ ja wol mehr trösten/ denn euch jetzt sein gerechter zorn erschrecken mag/ angesehen daß solche barmhertzigkeit grösser ist/ denn die schärf- fe seines gerichts; dahin sich denn auch seine al- lertröstlichste zusage erstreckt: Jch will nicht den tod des sünders/ (spricht er) sondern daß er sich bekehre und lebe. Dieser versprochnen gnade GOttes seynd wir um so viel gewisser/ weil er uns seinen eingebohrnen Sohn unsern HErrn JEsum Christum zwischen ihm und uns armse- ligen sündern zum mittler gegeben und gesetzet/ und mit ihm alles was zu unserm heil vonnö- then geschencket hat; der uns denn in seinem blut den rechten gnadenstuhl auffgerichtet/ der ge- stalt/ wenn uns das ernste gerichte GOttes un- serer sünde und missethat halber/ wie billig/ er- schreckt/ und gleich zur verzweiffelung verursacht/ daß wir von demselbigen zu obberührtem gna- denstuhl fliehen und uns wenden/ und einen ge- wissen zutritt zu der barmhertzigkeit Gottes/ auch trost und sicherung erlangen mögen; denn da stehet CHristus der einige mittler unsers heils/ ruffet uns zu ihm/ und beut uns selber seine gna- de an. Kommet zu mir/ spricht er/ alle/ die ihr betrübet und beschweret seyd/ denn ich will euch erquicken. Auff daß wir nun allhier unserm tra- genden amte nachkommen/ und thun was uns gebühret/ wollen wir/ so viel uns GOtt gnade verleihet/ diesen CHristum den Sohn GOttes euch vorstellen mit gründlicher anzeigung/ wie ihr den mit allen seinen herrlichen wolthaten und verdiensten möget fassen/ empfahen/ und zu eu- rer seligkeit euch nütze machen; vor eins. Zum andern/ wenn ihr ihn einmal empfan- Zum dritten wollen wir auch wege anzeigen/ NUM. IX. Magdeburgische streit-händel. Zu erleuterung der Magdeburgischen belä- Erstlich war das Consistorium, so des vori- des A. K. H. Vierter Theil. O 2
Th. IV. Sect. III. Num. IX. Magdeburgiſche ſtreit-haͤndel. [Spaltenumbruch]
der teuffel iſt ledig/ ſo tobet die rohe und wildewelt in der kirchen; da man friede/ einigkeit/ lie- be und Gottſeligkeit pflantzen ſolte/ richtet man zanck/ ſpaltung und verbitterung an/ und rei- chet aus anleitung des boͤſen feindes dahin/ daß immer ein irrſal aus dem andern erwaͤchſt/ und mancher menſch daruͤber jaͤmmerlich verfuhret/ auch die freyheit des fleiſches zu allem argen ge- ſtaͤrcket wird. Man unterlaͤſt auch nicht/ in den weltlichen regimenten hoch nachtheilige partheyen einzufuͤhren/ gleich und recht an vie- len oͤrtern auffzuheben/ den gemeinen frieden und nutz umzuſtoſſen/ zu innerlichen gehaͤßigen kriegen geſchwinde anzuhetzen/ auch ſolche zu er- wecken; dadurch denn unſer loͤblich vaterland Teutſcher Nation zum ſpott aller voͤlcker ge- macht/ auch dermaſſen geſchwaͤchet wird/ daß der Tuͤrcke ſeinen grauſamen und tyranniſchen willen deſto leichter an uns ſchaffen moͤge. Solches alles ſolt ihr mit rechtem ernſt zu gemuͤ- the fuͤhren/ und ein jeder vor ſich ſeine ſache in gutachtung nehmen; denn GOtt zuͤrnet heff- tig/ iſt uͤber uns ergrimmet/ und ſtehet uns unſer endlicher verderb vor der thuͤr/ wie aus den er- zehlten und andern umſtaͤnden zu vernehmen. Solches ſoll man um ſo viel weniger verachten/ weil der HErꝛ denen/ die ſeinen zorn durch ihre boßheit verdienen/ ein verzehrend feuer iſt/ nach inhalt Prophetiſcher ſchrifft/ und vor ihm ſich niemand verbergen kan; ſteiget ihr in himmel/ ſo iſt er da; ſteiget ihr niederwarts in die tieffe des erdreichs/ iſt er auch da; und wenn ihr flie- gen koͤntet in der lufft/ wie die voͤgel/ ſo koͤntet ihr ihm doch nicht entgehen. Nun hoͤret/ wie der HErꝛ durch ſich ſelbſt draͤuet: Da ich/ ſpricht er/ wie ein blitz des donners werde mein ſchwerdt wetzen/ und das gericht zur hand neh- men/ ſo will ich vergelten meinen feinden/ und ihnen ihren lohn geben/ ich will traͤncken meine pfeile in ihrem blute/ und mein ſchwerdt wird auffreſſen ihr fleiſch. Eben unſere miſſethat/ und nichts anders/ machet ſolche feindſchafft zwiſchen GOtt und uns/ ja ſie fuͤhret uͤber uns GOTTes ernſtlichen zorn/ und unterwirfft uns ſeiner zeitlichen und ewigen ſtraffe; denn neben den erzehlten ſchrecklichen plagen/ ſo traͤ- get ſich auch zu/ wenn die menſchen in ihrer ſuͤn- de und miſſethat von dieſer welt abſcheiden/ daß ihr wurm nicht ſtirbet/ auch ihr feuer nicht er- loͤſcht/ inmaſſen der Prophet Eſaias warnet/ ſondern muͤſſen im hoͤlliſchen feuer ewige quaal und pein leiden. Derhalben gehet in euch ſelber/ und pruͤfet euch wol; da ihr wider GOttes ge- bot und willen gethan/ erkennet eure miſſe- that/ bereuet ſie von hertzen/ und demuͤthiget euch darob; GOttes ernſte ſtraffen ſtehen uns vor; zertheilt euch nicht/ betrieget euch nicht ſelber/ erdichtet und machet euch nicht friede/ da keiner iſt; wo ſuͤnde/ verſtockung und unbußfertigkeit iſt/ da iſt auch gewißlich GOt- tes zorn/ und folget darauff ſeine ſtraff/ das fehlet nicht. Und wollen euch ſolches alles zu eurem beſten nicht unangezeigt laſſen; denn ſol- ches erfordert eure nothdurfft/ ſo erfordert es auch unſer auffgelegt amt; und zu dem/ daß wir euch alle und jede mit Chriſtlicher treu nicht we- niger/ als uns ſelbſt meinen/ ſo gebuͤhret uns auch als eurem Biſchoff ſolche und derglei- chen warnungen zu thun/ damit euer blut von unſern haͤnden deſto weniger gefordert werde. [Spaltenumbruch] Und iſt doch dieſe unſere warnung dahin nicht gemeint/ daß ihr darab traurigkeit zur verzweif- felung faſſen ſollet; ſondern alſo meinen wirs/ da ihr von GOtt abgewichen/ daß ihr durch wahre buſſe herwieder kehret/ von allen euren ſuͤnden abſtehet/ euch vor ihm dem HErꝛn de- muͤthiget/ und meidet die fleiſchliche und ver- dammliche ſicherheit/ und verzweiffelt doch nicht/ ſondern habt zuflucht zu der barmhertzig- keit GOttes/ damit ihr gnade erlangen/ und aus aller vorſtehender gefahr und noth kommen moͤget; denn ſeine barmhertzigkeit ſoll euch nicht weniger/ ja wol mehr troͤſten/ denn euch jetzt ſein gerechter zorn erſchrecken mag/ angeſehen daß ſolche barmhertzigkeit groͤſſer iſt/ denn die ſchaͤrf- fe ſeines gerichts; dahin ſich denn auch ſeine al- lertroͤſtlichſte zuſage erſtreckt: Jch will nicht den tod des ſuͤnders/ (ſpricht er) ſondern daß er ſich bekehre und lebe. Dieſer verſprochnen gnade GOttes ſeynd wir um ſo viel gewiſſer/ weil er uns ſeinen eingebohrnen Sohn unſern HErꝛn JEſum Chriſtum zwiſchen ihm und uns armſe- ligen ſuͤndern zum mittler gegeben und geſetzet/ und mit ihm alles was zu unſerm heil vonnoͤ- then geſchencket hat; der uns denn in ſeinem blut den rechten gnadenſtuhl auffgerichtet/ der ge- ſtalt/ wenn uns das ernſte gerichte GOttes un- ſerer ſuͤnde und miſſethat halber/ wie billig/ er- ſchreckt/ und gleich zur verzweiffelung veꝛuꝛſacht/ daß wir von demſelbigen zu obberuͤhrtem gna- denſtuhl fliehen und uns wenden/ und einen ge- wiſſen zutritt zu der baꝛmheꝛtzigkeit Gottes/ auch troſt und ſicherung erlangen moͤgen; denn da ſtehet CHriſtus der einige mittler unſers heils/ ruffet uns zu ihm/ und beut uns ſelber ſeine gna- de an. Kommet zu mir/ ſpricht er/ alle/ die ihr betruͤbet und beſchweret ſeyd/ denn ich will euch erquicken. Auff daß wir nun allhier unſerm tra- genden amte nachkommen/ und thun was uns gebuͤhꝛet/ wollen wir/ ſo viel uns GOtt gnade verleihet/ dieſen CHriſtum den Sohn GOttes euch vorſtellen mit gruͤndlicher anzeigung/ wie ihr den mit allen ſeinen herꝛlichen wolthaten und verdienſten moͤget faſſen/ empfahen/ und zu eu- rer ſeligkeit euch nuͤtze machen; vor eins. Zum andern/ wenn ihr ihn einmal empfan- Zum dritten wollen wir auch wege anzeigen/ NUM. IX. Magdeburgiſche ſtreit-haͤndel. Zu erleuterung der Magdeburgiſchen belaͤ- Erſtlich war das Conſiſtorium, ſo des vori- des A. K. H. Vierter Theil. O 2
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Th. IV. Sect. III. Num. IX. Magdeburgiſche ſtreit-haͤndel.
der teuffel iſt ledig/ ſo tobet die rohe und wilde
welt in der kirchen; da man friede/ einigkeit/ lie-
be und Gottſeligkeit pflantzen ſolte/ richtet man
zanck/ ſpaltung und verbitterung an/ und rei-
chet aus anleitung des boͤſen feindes dahin/ daß
immer ein irrſal aus dem andern erwaͤchſt/ und
mancher menſch daruͤber jaͤmmerlich verfuhret/
auch die freyheit des fleiſches zu allem argen ge-
ſtaͤrcket wird. Man unterlaͤſt auch nicht/ in
den weltlichen regimenten hoch nachtheilige
partheyen einzufuͤhren/ gleich und recht an vie-
len oͤrtern auffzuheben/ den gemeinen frieden
und nutz umzuſtoſſen/ zu innerlichen gehaͤßigen
kriegen geſchwinde anzuhetzen/ auch ſolche zu er-
wecken; dadurch denn unſer loͤblich vaterland
Teutſcher Nation zum ſpott aller voͤlcker ge-
macht/ auch dermaſſen geſchwaͤchet wird/ daß
der Tuͤrcke ſeinen grauſamen und tyranniſchen
willen deſto leichter an uns ſchaffen moͤge.
Solches alles ſolt ihr mit rechtem ernſt zu gemuͤ-
the fuͤhren/ und ein jeder vor ſich ſeine ſache in
gutachtung nehmen; denn GOtt zuͤrnet heff-
tig/ iſt uͤber uns ergrimmet/ und ſtehet uns unſer
endlicher verderb vor der thuͤr/ wie aus den er-
zehlten und andern umſtaͤnden zu vernehmen.
Solches ſoll man um ſo viel weniger verachten/
weil der HErꝛ denen/ die ſeinen zorn durch ihre
boßheit verdienen/ ein verzehrend feuer iſt/ nach
inhalt Prophetiſcher ſchrifft/ und vor ihm ſich
niemand verbergen kan; ſteiget ihr in himmel/
ſo iſt er da; ſteiget ihr niederwarts in die tieffe
des erdreichs/ iſt er auch da; und wenn ihr flie-
gen koͤntet in der lufft/ wie die voͤgel/ ſo koͤntet
ihr ihm doch nicht entgehen. Nun hoͤret/ wie
der HErꝛ durch ſich ſelbſt draͤuet: Da ich/
ſpricht er/ wie ein blitz des donners werde mein
ſchwerdt wetzen/ und das gericht zur hand neh-
men/ ſo will ich vergelten meinen feinden/ und
ihnen ihren lohn geben/ ich will traͤncken meine
pfeile in ihrem blute/ und mein ſchwerdt wird
auffreſſen ihr fleiſch. Eben unſere miſſethat/
und nichts anders/ machet ſolche feindſchafft
zwiſchen GOtt und uns/ ja ſie fuͤhret uͤber uns
GOTTes ernſtlichen zorn/ und unterwirfft
uns ſeiner zeitlichen und ewigen ſtraffe; denn
neben den erzehlten ſchrecklichen plagen/ ſo traͤ-
get ſich auch zu/ wenn die menſchen in ihrer ſuͤn-
de und miſſethat von dieſer welt abſcheiden/ daß
ihr wurm nicht ſtirbet/ auch ihr feuer nicht er-
loͤſcht/ inmaſſen der Prophet Eſaias warnet/
ſondern muͤſſen im hoͤlliſchen feuer ewige quaal
und pein leiden. Derhalben gehet in euch ſelber/
und pruͤfet euch wol; da ihr wider GOttes ge-
bot und willen gethan/ erkennet eure miſſe-
that/ bereuet ſie von hertzen/ und demuͤthiget
euch darob; GOttes ernſte ſtraffen ſtehen uns
vor; zertheilt euch nicht/ betrieget euch nicht
ſelber/ erdichtet und machet euch nicht friede/
da keiner iſt; wo ſuͤnde/ verſtockung und
unbußfertigkeit iſt/ da iſt auch gewißlich GOt-
tes zorn/ und folget darauff ſeine ſtraff/ das
fehlet nicht. Und wollen euch ſolches alles zu
eurem beſten nicht unangezeigt laſſen; denn ſol-
ches erfordert eure nothdurfft/ ſo erfordert es
auch unſer auffgelegt amt; und zu dem/ daß wir
euch alle und jede mit Chriſtlicher treu nicht we-
niger/ als uns ſelbſt meinen/ ſo gebuͤhret
uns auch als eurem Biſchoff ſolche und derglei-
chen warnungen zu thun/ damit euer blut von
unſern haͤnden deſto weniger gefordert werde.
Und iſt doch dieſe unſere warnung dahin nicht
gemeint/ daß ihr darab traurigkeit zur verzweif-
felung faſſen ſollet; ſondern alſo meinen wirs/
da ihr von GOtt abgewichen/ daß ihr durch
wahre buſſe herwieder kehret/ von allen euren
ſuͤnden abſtehet/ euch vor ihm dem HErꝛn de-
muͤthiget/ und meidet die fleiſchliche und ver-
dammliche ſicherheit/ und verzweiffelt doch
nicht/ ſondern habt zuflucht zu der barmhertzig-
keit GOttes/ damit ihr gnade erlangen/ und
aus aller vorſtehender gefahr und noth kommen
moͤget; denn ſeine barmhertzigkeit ſoll euch nicht
weniger/ ja wol mehr troͤſten/ denn euch jetzt ſein
gerechter zorn erſchrecken mag/ angeſehen daß
ſolche barmhertzigkeit groͤſſer iſt/ denn die ſchaͤrf-
fe ſeines gerichts; dahin ſich denn auch ſeine al-
lertroͤſtlichſte zuſage erſtreckt: Jch will nicht den
tod des ſuͤnders/ (ſpricht er) ſondern daß er ſich
bekehre und lebe. Dieſer verſprochnen gnade
GOttes ſeynd wir um ſo viel gewiſſer/ weil er
uns ſeinen eingebohrnen Sohn unſern HErꝛn
JEſum Chriſtum zwiſchen ihm und uns armſe-
ligen ſuͤndern zum mittler gegeben und geſetzet/
und mit ihm alles was zu unſerm heil vonnoͤ-
then geſchencket hat; der uns denn in ſeinem blut
den rechten gnadenſtuhl auffgerichtet/ der ge-
ſtalt/ wenn uns das ernſte gerichte GOttes un-
ſerer ſuͤnde und miſſethat halber/ wie billig/ er-
ſchreckt/ und gleich zur verzweiffelung veꝛuꝛſacht/
daß wir von demſelbigen zu obberuͤhrtem gna-
denſtuhl fliehen und uns wenden/ und einen ge-
wiſſen zutritt zu der baꝛmheꝛtzigkeit Gottes/ auch
troſt und ſicherung erlangen moͤgen; denn da
ſtehet CHriſtus der einige mittler unſers heils/
ruffet uns zu ihm/ und beut uns ſelber ſeine gna-
de an. Kommet zu mir/ ſpricht er/ alle/ die ihr
betruͤbet und beſchweret ſeyd/ denn ich will euch
erquicken. Auff daß wir nun allhier unſerm tra-
genden amte nachkommen/ und thun was uns
gebuͤhꝛet/ wollen wir/ ſo viel uns GOtt gnade
verleihet/ dieſen CHriſtum den Sohn GOttes
euch vorſtellen mit gruͤndlicher anzeigung/ wie
ihr den mit allen ſeinen herꝛlichen wolthaten und
verdienſten moͤget faſſen/ empfahen/ und zu eu-
rer ſeligkeit euch nuͤtze machen; vor eins.
Zum andern/ wenn ihr ihn einmal empfan-
gen/ und ſeiner wolthaten und verdienſte theil-
hafftig worden/ wie ihr ihn behalten/ und ſei-
ner zum theil biß an euer ende genieſſen moͤget.
Zum dritten wollen wir auch wege anzeigen/
dadurch ihr der vorſtehenden zeitlichen ſtraffe
GOttes vermittelſt ſeiner gnade entgehen moͤ-
get ꝛc.
NUM. IX.
Magdeburgiſche ſtreit-haͤndel.
Zu erleuterung der Magdeburgiſchen belaͤ-
gerung/ wie auch zu fernerer beſchreibung
des ſinnes und verhaltens Nicolai von Ams-
dorff/ wollen wir noch einige umſtaͤnde und er-
zehlungen auszeichnen/ ſo wol aus Bartholo-
mæi Strelens wahrhafftiger erzehlung
des Chriſtlichen bannes/ ſo anno 1564. her-
ausgekommen/ als aus Matthæi Judicis feil-
urtheil Nicolai Amsdorff anno cod. Jener
hat den damaligen zuſtand in Magdeburg alſo
beſchrieben p. A. 3. u. f.
Erſtlich war das Conſiſtorium, ſo des vori-
gen jahrs vom erbarn Rath mit verwilligung
des
A. K. H. Vierter Theil. O 2
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Zitationshilfe: | Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/403>, abgerufen am 22.02.2025. |