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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Fortgesetzte allgemeine anmerckungen
[Spaltenumbruch] secten/ mit gründlicher vernichtigung der Rö-
misch-Catholischen religion und grosser ver-
ringerung so viel örter; (Num. 89.) besehe den
ort/ lieber leser/ und lügenstraffe mich/ ists
nicht also?

Des 29. hauptstücks.

Aber daß hingegen alles unglücks
grundsuppe ist auffgerühret durch die
zulassung der
secten.

Antwort.

Die gantze lange erzehlung ist offenbarlich
lauter unwahrheit im Käyserlichen reiche.
Denn da es Carolus V. nicht wolte zulassen/
brachte er erst gantz Teutschland in auffruhr/
zwietracht/ krieg und verderben. Aber hingegen
da derselbe Käyser 2. verschiedene religionen zu-
ließ und desselben bruder Ferdinandus, sein
sohn und sohns sohn den religions friede treulich
hielten/ ward das reich befriediget/ daß man nun
länger denn 40. jahr von keiner erfolgten auff-
ruhr vernommen hat/ sondern es gebrauche so wol
die geistlichen als Evangelische leute ihre reli-
gion/ gut und freyheiten in vollkommener frey-
heit/ ruhe und friede. Dargegen ist in Franck-
reich ein langwieriger mördlicher krieg und ver-
heerung des landes entstanden/ weil die Kö-
nige solcher höllebrände rath unweißlich gefol-
get haben. Man glaube nun der partheyischen
und auff die eine secte gedichtete Griechische kir-
chen-historie/ oder demjenigen/ was wir selbst
gesehen/ und noch vor unsern augen sehen. Die
Catholischen scheine gantz wol hierinn den Heid-
nischen Tyrannen nachzufolgen/ daß wenn all-
gemeine land-plagen über die Heiden kamen
um ihrer eignen boßheit willen/ selbige gewoh-
net waren alle solche schuld auff die Christen
zulegen/ recht als wenn die Götter sie strafften/
daß sie der Christen lästerungen ihrer abgötter
nicht strafften/ und solche neben sich litten. Eben
so legen die Catholischen alles verderben der
lande und leute auff die Evangelischen/ die ih-
ren Gottesdienst schelten und lästern/ samt der
Catholischen Fürsten faulheit im ketzer-tödten;
Recht/ als ob der HErr das greuliche blutver-
giessen an den Christen und unschuldigen verirrte
menschen nach dem gesetz GOttes (1. B. Mos.
IX. 6. Wer menschen-blut vergeust/ des blut
soll auch vergossen werden) selber nicht vor
allen andern ihren sünden von GOtt straffwür-
dig achtete. Und folgen hierinn meisterlich
nach der abgöttischen Jüden hartnäckigkeit/
welche/ da ihnen durch den Propheten Jere-
miam mit einer schweren straffe gedrohet ward/
also antworteten cap. XLIV. 6. Nach dem wor-
te/ das du uns im namen des HErren sa-
gest/ wollen wir nicht gehorchen/ sondern
wir wollen thun nach alle dem worte/ das
aus unserm munde gehet/ und wollen den
Königen des himmels räuchern und ihnen
brandopffer opffern/ wie wir und unsere väter/
unsere Könige und Fürsten gethan haben in den
Städten Juda und auff den strassen zu Jerusa-
lem/ da hatten wir brods gnug/ und gieng uns
wol/ und sahen kein unglück. Aber dagegen
von der zeit an/ da wir haben abgelassen den
Königen des himmels zu räuchern und tranck-
opffer zu opffern/ haben wir allen kummer ge-
litten und sind durchs schwerd und hunger um-
kommen. Lieber/ wer diß mit andacht betrach-
tet/ der wird ihm gewiß vorstellen müssen/
recht als ob die Römische kirche mit desselben
[Spaltenumbruch] gliedmassen zu den Evangelische/ die ihre abgöt-
terey und blutvergiessen bestraffen und des
HErrn straffe vor augen halten/ also antwor-
tete: Nach dem wort des Evangelii/ das ihr
uns in dem namen des HErrn saget/ wollen
wir nicht gehorchen/ sondern wir wollen thun
nach alle den worten/ so aus unserm munde ge-
hen/ nemlich nach unsern väterlichen satzungen/
heiligen ceremonien und gebräuchen und unbe-
trieglichen traditionen. Die Königin des him-
mels mit allen heiligen wollen wir anbeten und
ehren mit opffern der heiligen messen vor leben-
dige und todte/ mit dem rauchwerck vieler schö-
nen gebete vor ihren bildern mit brennenden
kertzen so häuffig und starck/ daß sie schwartz
weder vom rauch/ so wol in den tempeln als an
allen ecken der strassen/ wo nur häußlein unserer
lieben Frauen und der Heiligen stehen. Denn da
wir das einträchtig thaten/ hatten wir brods
gnug in wollüstiger gemächligkeit/ vermittelst
des genuß der seelmessen/ oblaten/ brüderschaffte/
walfahrten/ opffern/ und hatten so eine frucht-
bare ernde unerarbeitete reichthums/ daß es uns
gieng in allen dingen nach unsers hertzens
wunsch/ ohne einigen mangel zuhaben.

Was kan dem mangeln/ der einen glücksbeu-
tel hat/ der nimmermehr leer wird/ sondern alle-
zeit/ so viel man auch draus nimmt/ von
selbst wieder voll wird? darum sahen wir kein
unglück; darum sagt auch Salomon recht/ daß/
gleichwie die weißheit beschirmet/ also auch
das geld/ (Pred. VII. 13.) und alle dinge sind
dem gelde gehorsam; da waren wir durch den
unendlichen reichthum nicht allein vor allem
unglück beschirmet/ sondern auch vor allem/
das ihm gehorsam ist/ so daß wir nicht allein
über völcker/ sondern auch über Könige und
fürsten geboten/ ja auch über die Käyser selbst/
die wir mit füssen traten wie es uns nur beliebte.
Aber seit dem/ daß durch euer vermahnen/ du
Luther/ du Zwingel/ du Oecolampad. mit an-
dern euren gesellen mehr/ o falsche Propheten/
einige meiner haupt-untersassen/ als Könige/
Fürsten und Hertzoge/ ihr habt abfällig ge-
macht/ so daß der Königin des himmels mit
allen heiligen/ von mir selbst gemacht/ nicht
mehr als wievorhin gedienet/ geehret/ angebetet
und geopffert wird/ hat mein glücksbeutel ange-
fangen sehr welck zuwerden; Sint dem/ sag
ich/ der merckliche abbruch meiner unzehlichen
und kützlichen einkommen kam/ darum begin-
nen wir mangel/ hunger und kummer/ schande und
schmach/ ja auch an vielen orten verfolgung zu
leiden. Haben wir dann unrecht/ uns über
euch zubeklagen/ als ursachern aller dieser pla-
gen? Wer nun diese samt andern dranklebenden
dingen mehr mit reiffern ernst einsiehet/ sollt er
auch wol der Römischen kirchen unrecht geben
können/ auch diesem Canonico oder J. Lipsio von
ihrent wegen/ daß sie sich vor veränderunge/ neu-
erungen und religions-zulassung fürchten/ wel-
che sie als die grund-ursache alles bösen erkennen.

Des 30. hauptstücks.

Und daß die Göttliche straffe getrof-
fen hatte nicht allein den Fürsten/ der
die
secten zugelassen/ sondern auch das
gemeine beste/ worinnen die freyheit ge-
litten wurde.

Antwort.

War denn dieser Canonicus so kundig in dem
zweiffelhafften buche der kirchen-historie/ in den

Päbstli-

Th. IV. Fortgeſetzte allgemeine anmerckungen
[Spaltenumbruch] ſecten/ mit gruͤndlicher vernichtigung der Roͤ-
miſch-Catholiſchen religion und groſſer ver-
ringerung ſo viel oͤrter; (Num. 89.) beſehe den
ort/ lieber leſer/ und luͤgenſtraffe mich/ iſts
nicht alſo?

Des 29. hauptſtuͤcks.

Aber daß hingegen alles ungluͤcks
grundſuppe iſt auffgeruͤhret durch die
zulaſſung der
ſecten.

Antwort.

Die gantze lange erzehlung iſt offenbarlich
lauter unwahrheit im Kaͤyſerlichen reiche.
Denn da es Carolus V. nicht wolte zulaſſen/
brachte er erſt gantz Teutſchland in auffruhr/
zwietracht/ krieg und verderben. Aber hingegen
da derſelbe Kaͤyſer 2. verſchiedene religionen zu-
ließ und deſſelben bruder Ferdinandus, ſein
ſohn und ſohns ſohn den religions fꝛiedē tꝛeulich
hielten/ ward das reich befꝛiediget/ daß man nun
laͤnger denn 40. jahr von keiner erfolgten auff-
ruhr vernom̃en hat/ ſondern es gebrauchē ſo wol
die geiſtlichen als Evangeliſche leute ihre reli-
gion/ gut und freyheiten in vollkommener frey-
heit/ ruhe und friede. Dargegen iſt in Franck-
reich ein langwieriger moͤrdlicher krieg und ver-
heerung des landes entſtanden/ weil die Koͤ-
nige ſolcher hoͤllebraͤnde rath unweißlich gefol-
get haben. Man glaube nun der partheyiſchen
und auff die eine ſecte gedichtetē Griechiſchē kir-
chen-hiſtorie/ oder demjenigen/ was wir ſelbſt
geſehen/ und noch vor unſern augen ſehen. Die
Catholiſchen ſcheinē gantz wol hieriñ den Heid-
niſchen Tyrannen nachzufolgen/ daß wenn all-
gemeine land-plagen uͤber die Heiden kamen
um ihrer eignen boßheit willen/ ſelbige gewoh-
net waren alle ſolche ſchuld auff die Chriſten
zulegen/ recht als wenn die Goͤtter ſie ſtrafften/
daß ſie der Chriſten laͤſterungen ihrer abgoͤtter
nicht ſtrafften/ und ſolche neben ſich litten. Eben
ſo legen die Catholiſchen alles verderben der
lande und leute auff die Evangeliſchen/ die ih-
ren Gottesdienſt ſchelten und laͤſtern/ ſamt der
Catholiſchen Fuͤrſten faulheit im ketzer-toͤdten;
Recht/ als ob der HErꝛ das greuliche blutver-
gieſſen an den Chriſten uñ unſchuldigen verirꝛtē
menſchen nach dem geſetz GOttes (1. B. Moſ.
IX. 6. Wer menſchen-blut vergeuſt/ des blut
ſoll auch vergoſſen werden) ſelber nicht vor
allen andern ihren ſuͤnden von GOtt ſtraffwuͤr-
dig achtete. Und folgen hierinn meiſterlich
nach der abgoͤttiſchen Juͤden hartnaͤckigkeit/
welche/ da ihnen durch den Propheten Jere-
miam mit einer ſchweren ſtraffe gedrohet ward/
alſo antworteten cap. XLIV. 6. Nach dem wor-
te/ das du uns im namen des HErren ſa-
geſt/ wollen wir nicht gehorchen/ ſondern
wir wollen thun nach alle dem worte/ das
aus unſerm munde gehet/ und wollen den
Koͤnigen des himmels raͤuchern und ihnen
brandopffer opffern/ wie wir und unſere vaͤter/
unſere Koͤnige und Fuͤrſten gethan haben in den
Staͤdten Juda und auff den ſtraſſen zu Jeruſa-
lem/ da hatten wir brods gnug/ und gieng uns
wol/ und ſahen kein ungluͤck. Aber dagegen
von der zeit an/ da wir haben abgelaſſen den
Koͤnigen des himmels zu raͤuchern und tranck-
opffer zu opffern/ haben wir allen kummer ge-
litten und ſind durchs ſchwerd und hunger um-
kommen. Lieber/ wer diß mit andacht betrach-
tet/ der wird ihm gewiß vorſtellen muͤſſen/
recht als ob die Roͤmiſche kirche mit deſſelben
[Spaltenumbruch] gliedmaſſen zu den Evangeliſchē/ die ihre abgoͤt-
terey und blutvergieſſen beſtraffen und des
HErꝛn ſtraffe vor augen halten/ alſo antwor-
tete: Nach dem wort des Evangelii/ das ihr
uns in dem namen des HErꝛn ſaget/ wollen
wir nicht gehorchen/ ſondern wir wollen thun
nach alle den worten/ ſo aus unſerm munde ge-
hen/ nemlich nach unſern vaͤterlichen ſatzungen/
heiligen ceremonien und gebraͤuchen und unbe-
trieglichen traditionen. Die Koͤnigin des him-
mels mit allen heiligen wollen wir anbeten und
ehren mit opffern der heiligen meſſen vor leben-
dige und todte/ mit dem rauchwerck vieler ſchoͤ-
nen gebete vor ihren bildern mit brennenden
kertzen ſo haͤuffig und ſtarck/ daß ſie ſchwartz
weder vom rauch/ ſo wol in den tempeln als an
allen ecken der ſtraſſen/ wo nur haͤußlein unſerer
lieben Frauen und der Heiligen ſtehen. Denn da
wir das eintraͤchtig thaten/ hatten wir brods
gnug in wolluͤſtiger gemaͤchligkeit/ vermittelſt
des genuß der ſeelmeſſen/ oblaten/ bruͤderſchafftē/
walfahrten/ opffern/ und hatten ſo eine frucht-
bare ernde unerarbeitetē reichthums/ daß es uns
gieng in allen dingen nach unſers hertzens
wunſch/ ohne einigen mangel zuhaben.

Was kan dem mangeln/ der einen gluͤcksbeu-
tel hat/ der nimmermehr leer wird/ ſondern alle-
zeit/ ſo viel man auch draus nimmt/ von
ſelbſt wieder voll wird? darum ſahen wir kein
ungluͤck; darum ſagt auch Salomon recht/ daß/
gleichwie die weißheit beſchirmet/ alſo auch
das geld/ (Pred. VII. 13.) und alle dinge ſind
dem gelde gehorſam; da waren wir durch den
unendlichen reichthum nicht allein vor allem
ungluͤck beſchirmet/ ſondern auch vor allem/
das ihm gehorſam iſt/ ſo daß wir nicht allein
uͤber voͤlcker/ ſondern auch uͤber Koͤnige und
fuͤrſten geboten/ ja auch uͤber die Kaͤyſer ſelbſt/
die wir mit fuͤſſen traten wie es uns nur beliebte.
Aber ſeit dem/ daß durch euer vermahnen/ du
Luther/ du Zwingel/ du Oecolampad. mit an-
dern euren geſellen mehr/ o falſche Propheten/
einige meiner haupt-unterſaſſen/ als Koͤnige/
Fuͤrſten und Hertzoge/ ihr habt abfaͤllig ge-
macht/ ſo daß der Koͤnigin des himmels mit
allen heiligen/ von mir ſelbſt gemacht/ nicht
mehr als wievorhin gedienet/ geehret/ angebetet
und geopffert wird/ hat mein gluͤcksbeutel ange-
fangen ſehr welck zuwerden; Sint dem/ ſag
ich/ der merckliche abbruch meiner unzehlichen
und kuͤtzlichen einkommen kam/ darum begin-
nen wir mangel/ hunger und kum̃er/ ſchande und
ſchmach/ ja auch an vielen orten verfolgung zu
leiden. Haben wir dann unrecht/ uns uͤber
euch zubeklagen/ als urſachern aller dieſer pla-
gen? Wer nun dieſe ſamt andern dranklebenden
dingen mehr mit reiffern ernſt einſiehet/ ſollt er
auch wol der Roͤmiſchen kirchen unrecht geben
koͤnnen/ auch dieſem Canonico odeꝛ J. Lipſio von
ihrent wegen/ daß ſie ſich vor veraͤnderungē/ neu-
erungen und religions-zulaſſung fuͤrchten/ wel-
che ſie als die grund-urſachē alles boͤſen erkeñen.

Des 30. hauptſtuͤcks.

Und daß die Goͤttliche ſtraffe getrof-
fen hatte nicht allein den Fuͤrſten/ der
die
ſecten zugelaſſen/ ſondern auch das
gemeine beſte/ worinnen die freyheit ge-
litten wurde.

Antwort.

War denn dieſer Canonicus ſo kundig in dem
zweiffelhafften buche der kirchen-hiſtorie/ in den

Paͤbſtli-
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[36/0332] Th. IV. Fortgeſetzte allgemeine anmerckungen ſecten/ mit gruͤndlicher vernichtigung der Roͤ- miſch-Catholiſchen religion und groſſer ver- ringerung ſo viel oͤrter; (Num. 89.) beſehe den ort/ lieber leſer/ und luͤgenſtraffe mich/ iſts nicht alſo? Des 29. hauptſtuͤcks. Aber daß hingegen alles ungluͤcks grundſuppe iſt auffgeruͤhret durch die zulaſſung der ſecten. Antwort. Die gantze lange erzehlung iſt offenbarlich lauter unwahrheit im Kaͤyſerlichen reiche. Denn da es Carolus V. nicht wolte zulaſſen/ brachte er erſt gantz Teutſchland in auffruhr/ zwietracht/ krieg und verderben. Aber hingegen da derſelbe Kaͤyſer 2. verſchiedene religionen zu- ließ und deſſelben bruder Ferdinandus, ſein ſohn und ſohns ſohn den religions fꝛiedē tꝛeulich hielten/ ward das reich befꝛiediget/ daß man nun laͤnger denn 40. jahr von keiner erfolgten auff- ruhr vernom̃en hat/ ſondern es gebrauchē ſo wol die geiſtlichen als Evangeliſche leute ihre reli- gion/ gut und freyheiten in vollkommener frey- heit/ ruhe und friede. Dargegen iſt in Franck- reich ein langwieriger moͤrdlicher krieg und ver- heerung des landes entſtanden/ weil die Koͤ- nige ſolcher hoͤllebraͤnde rath unweißlich gefol- get haben. Man glaube nun der partheyiſchen und auff die eine ſecte gedichtetē Griechiſchē kir- chen-hiſtorie/ oder demjenigen/ was wir ſelbſt geſehen/ und noch vor unſern augen ſehen. Die Catholiſchen ſcheinē gantz wol hieriñ den Heid- niſchen Tyrannen nachzufolgen/ daß wenn all- gemeine land-plagen uͤber die Heiden kamen um ihrer eignen boßheit willen/ ſelbige gewoh- net waren alle ſolche ſchuld auff die Chriſten zulegen/ recht als wenn die Goͤtter ſie ſtrafften/ daß ſie der Chriſten laͤſterungen ihrer abgoͤtter nicht ſtrafften/ und ſolche neben ſich litten. Eben ſo legen die Catholiſchen alles verderben der lande und leute auff die Evangeliſchen/ die ih- ren Gottesdienſt ſchelten und laͤſtern/ ſamt der Catholiſchen Fuͤrſten faulheit im ketzer-toͤdten; Recht/ als ob der HErꝛ das greuliche blutver- gieſſen an den Chriſten uñ unſchuldigen verirꝛtē menſchen nach dem geſetz GOttes (1. B. Moſ. IX. 6. Wer menſchen-blut vergeuſt/ des blut ſoll auch vergoſſen werden) ſelber nicht vor allen andern ihren ſuͤnden von GOtt ſtraffwuͤr- dig achtete. Und folgen hierinn meiſterlich nach der abgoͤttiſchen Juͤden hartnaͤckigkeit/ welche/ da ihnen durch den Propheten Jere- miam mit einer ſchweren ſtraffe gedrohet ward/ alſo antworteten cap. XLIV. 6. Nach dem wor- te/ das du uns im namen des HErren ſa- geſt/ wollen wir nicht gehorchen/ ſondern wir wollen thun nach alle dem worte/ das aus unſerm munde gehet/ und wollen den Koͤnigen des himmels raͤuchern und ihnen brandopffer opffern/ wie wir und unſere vaͤter/ unſere Koͤnige und Fuͤrſten gethan haben in den Staͤdten Juda und auff den ſtraſſen zu Jeruſa- lem/ da hatten wir brods gnug/ und gieng uns wol/ und ſahen kein ungluͤck. Aber dagegen von der zeit an/ da wir haben abgelaſſen den Koͤnigen des himmels zu raͤuchern und tranck- opffer zu opffern/ haben wir allen kummer ge- litten und ſind durchs ſchwerd und hunger um- kommen. Lieber/ wer diß mit andacht betrach- tet/ der wird ihm gewiß vorſtellen muͤſſen/ recht als ob die Roͤmiſche kirche mit deſſelben gliedmaſſen zu den Evangeliſchē/ die ihre abgoͤt- terey und blutvergieſſen beſtraffen und des HErꝛn ſtraffe vor augen halten/ alſo antwor- tete: Nach dem wort des Evangelii/ das ihr uns in dem namen des HErꝛn ſaget/ wollen wir nicht gehorchen/ ſondern wir wollen thun nach alle den worten/ ſo aus unſerm munde ge- hen/ nemlich nach unſern vaͤterlichen ſatzungen/ heiligen ceremonien und gebraͤuchen und unbe- trieglichen traditionen. Die Koͤnigin des him- mels mit allen heiligen wollen wir anbeten und ehren mit opffern der heiligen meſſen vor leben- dige und todte/ mit dem rauchwerck vieler ſchoͤ- nen gebete vor ihren bildern mit brennenden kertzen ſo haͤuffig und ſtarck/ daß ſie ſchwartz weder vom rauch/ ſo wol in den tempeln als an allen ecken der ſtraſſen/ wo nur haͤußlein unſerer lieben Frauen und der Heiligen ſtehen. Denn da wir das eintraͤchtig thaten/ hatten wir brods gnug in wolluͤſtiger gemaͤchligkeit/ vermittelſt des genuß der ſeelmeſſen/ oblaten/ bruͤderſchafftē/ walfahrten/ opffern/ und hatten ſo eine frucht- bare ernde unerarbeitetē reichthums/ daß es uns gieng in allen dingen nach unſers hertzens wunſch/ ohne einigen mangel zuhaben. Was kan dem mangeln/ der einen gluͤcksbeu- tel hat/ der nimmermehr leer wird/ ſondern alle- zeit/ ſo viel man auch draus nimmt/ von ſelbſt wieder voll wird? darum ſahen wir kein ungluͤck; darum ſagt auch Salomon recht/ daß/ gleichwie die weißheit beſchirmet/ alſo auch das geld/ (Pred. VII. 13.) und alle dinge ſind dem gelde gehorſam; da waren wir durch den unendlichen reichthum nicht allein vor allem ungluͤck beſchirmet/ ſondern auch vor allem/ das ihm gehorſam iſt/ ſo daß wir nicht allein uͤber voͤlcker/ ſondern auch uͤber Koͤnige und fuͤrſten geboten/ ja auch uͤber die Kaͤyſer ſelbſt/ die wir mit fuͤſſen traten wie es uns nur beliebte. Aber ſeit dem/ daß durch euer vermahnen/ du Luther/ du Zwingel/ du Oecolampad. mit an- dern euren geſellen mehr/ o falſche Propheten/ einige meiner haupt-unterſaſſen/ als Koͤnige/ Fuͤrſten und Hertzoge/ ihr habt abfaͤllig ge- macht/ ſo daß der Koͤnigin des himmels mit allen heiligen/ von mir ſelbſt gemacht/ nicht mehr als wievorhin gedienet/ geehret/ angebetet und geopffert wird/ hat mein gluͤcksbeutel ange- fangen ſehr welck zuwerden; Sint dem/ ſag ich/ der merckliche abbruch meiner unzehlichen und kuͤtzlichen einkommen kam/ darum begin- nen wir mangel/ hunger und kum̃er/ ſchande und ſchmach/ ja auch an vielen orten verfolgung zu leiden. Haben wir dann unrecht/ uns uͤber euch zubeklagen/ als urſachern aller dieſer pla- gen? Wer nun dieſe ſamt andern dranklebenden dingen mehr mit reiffern ernſt einſiehet/ ſollt er auch wol der Roͤmiſchen kirchen unrecht geben koͤnnen/ auch dieſem Canonico odeꝛ J. Lipſio von ihrent wegen/ daß ſie ſich vor veraͤnderungē/ neu- erungen und religions-zulaſſung fuͤrchten/ wel- che ſie als die grund-urſachē alles boͤſen erkeñen. Des 30. hauptſtuͤcks. Und daß die Goͤttliche ſtraffe getrof- fen hatte nicht allein den Fuͤrſten/ der die ſecten zugelaſſen/ ſondern auch das gemeine beſte/ worinnen die freyheit ge- litten wurde. Antwort. War denn dieſer Canonicus ſo kundig in dem zweiffelhafften buche der kirchen-hiſtorie/ in den Paͤbſtli-

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/332>, abgerufen am 20.11.2024.