Es flogen herfür gerauffte und nackete Falcken und Wunder-thiere/ und kämpff- ten von der Person Christi. War denn diese kühnheit nicht zu erbarmen? zu verfluchen war diese kühnheit. Heisset dieses GOttes wort ehren/ den Sohn GOTTes fürchten? All- hier bitte ich/ ein jeder wolte fleißig betrach- ten/ ob dieses unwesen ursache zu dem künffti- gen Teuffels-werck gegeben/ ob die jugend hie- mit dazu veranlasset/ gepreisete Männer zu beschmitzen/ wider dieselben zu gruntzen/ und letzlich sich selbsten anzufallen. Zumal/ weil Doctores auf Universitäten offt ihren Gegen- theil schändlicher thaten im leben und wandel bezüchtiget/ welche er verübet haben solte/ und wenn die lügen gar zu mercklich ihre falschen zungen verriethe/ mit dem solte entschuldi- get.
Eben daselbst cap. XV. pag. 123. redet er dieProfessores also an: Jhr Heuchler/ kön- net ihr nicht errathen/ was geschehen sol- te? Jhr habt die Evangelische Kirche gegen sich selbst verbittert/ und die Aca- demische Jugend aufgewecket. Jhr habt ihnen exempel gewiesen zu schmähen/ lä- stern/ verwunden/ toben und wüten. Jhr habt ihnen die muster gemacht/ nach welchen sie kühnlich schändiren dürffen/ in Gedichten/ Brieffen/ Reden/ Disputa- tionen/ Schrifften/ Predigten/ Rath- schlägen. Jhr habt die Academische Jugend abgerichtet/ die Bilder vorge- mahlt/ die Formen gegossen: Sie ist fer- tig zu hören/ zu vernichten/ auszulachen und zu verspotten. Jhr Heuchler/ des Himmels gestalt könt ihr urtheilen/ kön- net ihr auch nicht die zeichen dieser eurer zeit urtheilen?
Num. IX. D. Arnoldus Mengering eyffert hierüber eben auch im Scrutinio Conscient. Cap. XII. quaest. 3. also:
Frage dich/ ob du deines Nechsten worte und art zu reden und schreiben durchgezogen/ exagitirt/ ausgelacht/ gehoffmeistert/ verdäch- tig und verächtlich machen wollen? Hoc sae- penumero contingit in Academiis inter lite- ratas, da müssen des Nächsten Theses, Phrases, Orationes, und Disputiones zum hefftigsten und ärgsten ausscaliret/ scholi ret und durchgezogen werden/ und pflegt man aliorum dedecore & infamia propri- am famam zu suchen. Aber solte das auch sünde seyn? Lieber/ bist du geschickter/ und gelehrter denn ein ander/ laß dirs bekommen; Kanst du füglicher und klüger reden und schreiben/ und auf gut Scaligerisch de subtilitäte disputiren/ lieber/ warum woltest du deinen mit-studiosum, collegam &c. welcher de sim- plici & plano seine meditationes und theses an- stellt und formiret/ deßwegen exagitiren und schimpffieren? da muß bißweilen um eines wörtleins willen der nächste zerzauset/ bacchan- tiret/ und ausgeeselt werden/ daß schande und sünde ist. Solte denn auch wol solches mit gutem gewissen geschehen können? Oder ha- ben die Herrn Studiosi kein gewissen zu reguliren und verantworten? Et in eo quidem nec Viris Theologis & Philosophis optimis maximis parcitur.
[Spaltenumbruch]
Num. X.
Diese jetzt gedachte klage D. Mengerings kan hier so gleich mit einem domestiquen und bekan- ten exempel erläutert werden/ indem einer auff D. Calovii absterben anno 1686. folgende ver- se gemacht/ wie auch sie Henning[] Witte im Di- ario Biograph. in praef. p. b. 4. wiederholet hat: Stossius heu moritur, pariter Calovius una, Ambo senes, ambo Lumina quisque suis. Ille Reformatis cultus quasi Numen, & alter Saxoniae columen Relligionis erat. Non potuere sacros vivi componere motaus, Hinc dirimit litem Mors & utrumque citat. Servat uterq; diem, nunc secomitantur ad asträ, Conveniuntque polo, qui nequiere solo.
Wem D. Calovii leben und verhalten/ und sonderlich der hefftige grimm wider die Refor- mirten/ und also auch den gewesenen Chur- Brandenb. Oberhoffprediger Stossium, bekannt ist/ wird dieses leicht errathen können.
Die abgöttischen titel aber solcher Theolo- gen/ als Götter/ seulen der religion/ lich- ter und dergleichen/ sind auch nicht seltsam. Jn einem Carmine Polycarpi Leyseri auff des jungen M. Abrah. Calovii Magisterium stehet unter andern von dem alten Calovio dieses: Mirarique Tuum, quostante Ecclesia stabit, Qui coelo & superis verba locutus erit.
Num. XI.
Aber wiederum zur sache zu kommen/ so ha- ben einige Lutherische Lehrer selbsten den gewis- sens-zwang gemißbilliget und mit vielen gu- ten gründen wiedersprochen. Also beweiset D. Balthasar Meisnerus in seiner Philosophia sobria p. III. sect. II. Quaest. VI. Daß die ketzer gar mit keiner leibes-straffe zu belegen seyn/ mit folgenden Argumenten:
1. A suavi ratione, qua in scripturis doce- tur, Ecclesiam Christi regi oportere. Vel a va- ticiniis Propheticis de propagatione Evange- lii mansueta absque caede & sanguine futura.
2. A doctrina & praxi Salvatoris.
3. A doctrina & praxi Apostolorum.
4. A fidei natura, quae est res plene libera, non necessi[t]atis, sed voluntatis.
5. Ab Ecclesiae natura, quae describitur in sacris literis a singulari mansuetudine.
6. Ab Antichristi natura & ingenio, cujus proprium est usque ad sanguinem saevire in dis- sentientes.
7. A culpae & poenae proportione.
8. Ab incommodis; nam illae cruentae per- secutiones (1) impediunt multorum conver- sionem & externam salutem, (2) dant ansam effusioni sanguinis innocentis, (3) excitant seditiones, bella, & varias caedes, (4) vera martyria faciunt suspecta.
9. A Judaeorum tolerantia.
10. A praxi primitivae Ecclesiae, consensu Patrum & Conciliorum nec non quorundam Pontificiorum testimonio.
Num. XII.
Ferner erweiset D. Andreas Keslerus in sei- nem Methodo convertendi Haereticos p. I. c. XII. Wie die äusserliche zwangs-mittel in re- ligions- und gewissens-sachen in der schrifft durchaus nicht gegründet seyn/ und zwar aus folgenden ursachen.
1. Weil darinnen kein befehl/ noch
2. Exem-
B 3
von denen ketzer-geſchichten.
[Spaltenumbruch]
Es flogen herfuͤr gerauffte und nackete Falcken und Wunder-thiere/ und kaͤmpff- ten von der Perſon Chriſti. War denn dieſe kuͤhnheit nicht zu erbarmen? zu verfluchen war dieſe kuͤhnheit. Heiſſet dieſes GOttes wort ehren/ den Sohn GOTTes fuͤrchten? All- hier bitte ich/ ein jeder wolte fleißig betrach- ten/ ob dieſes unweſen urſache zu dem kuͤnffti- gen Teuffels-werck gegeben/ ob die jugend hie- mit dazu veranlaſſet/ gepreiſete Maͤnner zu beſchmitzen/ wider dieſelben zu gruntzen/ und letzlich ſich ſelbſten anzufallen. Zumal/ weil Doctores auf Univerſitaͤten offt ihren Gegen- theil ſchaͤndlicher thaten im leben und wandel bezuͤchtiget/ welche er veruͤbet haben ſolte/ und wenn die luͤgen gar zu mercklich ihre falſchen zungen verriethe/ mit dem ſolte entſchuldi- get.
Eben daſelbſt cap. XV. pag. 123. redet er dieProfeſſores alſo an: Jhr Heuchler/ koͤn- net ihr nicht errathen/ was geſchehen ſol- te? Jhr habt die Evangeliſche Kirche gegen ſich ſelbſt verbittert/ und die Aca- demiſche Jugend aufgewecket. Jhr habt ihnen exempel gewieſen zu ſchmaͤhen/ laͤ- ſtern/ verwunden/ toben und wuͤten. Jhr habt ihnen die muſter gemacht/ nach welchen ſie kuͤhnlich ſchaͤndiren duͤrffen/ in Gedichten/ Brieffen/ Reden/ Diſputa- tionen/ Schrifften/ Predigten/ Rath- ſchlaͤgen. Jhr habt die Academiſche Jugend abgerichtet/ die Bilder vorge- mahlt/ die Formen gegoſſen: Sie iſt fer- tig zu hoͤren/ zu vernichten/ auszulachen und zu verſpotten. Jhr Heuchler/ des Himmels geſtalt koͤnt ihr urtheilen/ koͤn- net ihr auch nicht die zeichen dieſer eurer zeit urtheilen?
Num. IX. D. Arnoldus Mengering eyffert hieruͤber eben auch im Scrutinio Conſcient. Cap. XII. quæſt. 3. alſo:
Frage dich/ ob du deines Nechſten worte und art zu reden und ſchreiben durchgezogen/ exagitirt/ ausgelacht/ gehoffmeiſtert/ verdaͤch- tig und veraͤchtlich machen wollen? Hoc ſæ- penumero contingit in Academiis inter lite- ratas, da muͤſſen des Naͤchſten Theſes, Phraſes, Orationes, und Diſputiones zum hefftigſten und aͤrgſten ausſcaliret/ ſcholi ret und durchgezogen werden/ und pflegt man aliorum dedecore & infamia propri- am famam zu ſuchen. Aber ſolte das auch ſuͤnde ſeyn? Lieber/ biſt du geſchickter/ und gelehrter denn ein ander/ laß dirs bekommen; Kanſt du fuͤglicher und kluͤger reden und ſchreiben/ und auf gut Scaligeriſch de ſubtilitäte diſputiren/ lieber/ warum wolteſt du deinen mit-ſtudioſum, collegam &c. welcher de ſim- plici & plano ſeine meditationes und theſes an- ſtellt und formiret/ deßwegen exagitiren und ſchimpffieren? da muß bißweilen um eines woͤrtleins willen der naͤchſte zerzauſet/ bacchan- tiret/ und ausgeeſelt werden/ daß ſchande und ſuͤnde iſt. Solte denn auch wol ſolches mit gutem gewiſſen geſchehen koͤnnen? Oder ha- ben die Herrn Studioſi kein gewiſſen zu reguliren und verantworten? Et in eo quidem nec Viris Theologis & Philoſophis optimis maximis parcitur.
[Spaltenumbruch]
Num. X.
Dieſe jetzt gedachte klage D. Mengerings kan hieꝛ ſo gleich mit einem domeſtiquen und bekan- ten exempel erlaͤutert werden/ indem einer auff D. Calovii abſterben anno 1686. folgende ver- ſe gemacht/ wie auch ſie Henning[ꝰ] Witte im Di- ario Biograph. in præf. p. b. 4. wiederholet hat: Stoſſius heu moritur, pariter Calovius unà, Ambo ſenes, ambo Lumina quiſque ſuis. Ille Reformatis cultus quaſi Numen, & alter Saxoniæ columen Relligionis erat. Non potuere ſacros vivi componere motûs, Hinc dirimit litem Mors & utrumque citat. Servat uterq; diem, nunc ſecomitantur ad aſtraͤ, Conveniuntque polo, qui nequiere ſolo.
Wem D. Calovii leben und verhalten/ und ſonderlich der hefftige grimm wider die Refor- mirten/ und alſo auch den geweſenen Chur- Brandenb. Oberhoffprediger Stoſſium, bekannt iſt/ wird dieſes leicht errathen koͤnnen.
Die abgoͤttiſchen titel aber ſolcher Theolo- gen/ als Goͤtter/ ſeulen der religion/ lich- ter und dergleichen/ ſind auch nicht ſeltſam. Jn einem Carmine Polycarpi Leyſeri auff des jungen M. Abrah. Calovii Magiſterium ſtehet unter andern von dem alten Calovio dieſes: Mirarique Tuum, quoſtante Eccleſia ſtabit, Qui cœlo & ſuperis verba locutus erit.
Num. XI.
Aber wiederum zur ſache zu kommen/ ſo ha- ben einige Lutheriſche Lehrer ſelbſten den gewiſ- ſens-zwang gemißbilliget und mit vielen gu- ten gruͤnden wiederſprochen. Alſo beweiſet D. Balthaſar Meiſnerus in ſeiner Philoſophia ſobria p. III. ſect. II. Quæſt. VI. Daß die ketzer gar mit keiner leibes-ſtraffe zu belegen ſeyn/ mit folgenden Argumenten:
1. A ſuavi ratione, qua in ſcripturis doce- tur, Eccleſiam Chriſti regi oportere. Vel à va- ticiniis Propheticis de propagatione Evange- lii manſueta abſque cæde & ſanguine futura.
2. A doctrina & praxi Salvatoris.
3. A doctrina & praxi Apoſtolorum.
4. A fidei natura, quæ eſt res plene libera, non neceſſi[t]atis, ſed voluntatis.
5. Ab Eccleſiæ natura, quæ deſcribitur in ſacris literis à ſingulari manſuetudine.
6. Ab Antichriſti natura & ingenio, cujus proprium eſt uſque ad ſanguinem ſævire in diſ- ſentientes.
7. A culpæ & pœnæ proportione.
8. Ab incommodis; nam illæ cruentæ per- ſecutiones (1) impediunt multorum conver- ſionem & externam ſalutem, (2) dant anſam effuſioni ſanguinis innocentis, (3) excitant ſeditiones, bella, & varias cædes, (4) vera martyria faciunt ſuſpecta.
9. A Judæorum tolerantia.
10. A praxi primitivæ Eccleſiæ, conſenſu Patrum & Conciliorum nec non quorundam Pontificiorum teſtimonio.
Num. XII.
Ferner erweiſet D. Andreas Keslerus in ſei- nem Methodo convertendi Hæreticos p. I. c. XII. Wie die aͤuſſerliche zwangs-mittel in re- ligions- und gewiſſens-ſachen in der ſchrifft durchaus nicht gegruͤndet ſeyn/ und zwar aus folgenden urſachen.
1. Weil darinnen kein befehl/ noch
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B 3
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[13/0309]
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Falcken und Wunder-thiere/ und kaͤmpff-
ten von der Perſon Chriſti. War denn dieſe
kuͤhnheit nicht zu erbarmen? zu verfluchen war
dieſe kuͤhnheit. Heiſſet dieſes GOttes wort
ehren/ den Sohn GOTTes fuͤrchten? All-
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mit dazu veranlaſſet/ gepreiſete Maͤnner zu
beſchmitzen/ wider dieſelben zu gruntzen/ und
letzlich ſich ſelbſten anzufallen. Zumal/ weil
Doctores auf Univerſitaͤten offt ihren Gegen-
theil ſchaͤndlicher thaten im leben und wandel
bezuͤchtiget/ welche er veruͤbet haben ſolte/ und
wenn die luͤgen gar zu mercklich ihre falſchen
zungen verriethe/ mit dem ſolte entſchuldi-
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Eben daſelbſt cap. XV. pag. 123. redet er
die Profeſſores alſo an: Jhr Heuchler/ koͤn-
net ihr nicht errathen/ was geſchehen ſol-
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gegen ſich ſelbſt verbittert/ und die Aca-
demiſche Jugend aufgewecket. Jhr habt
ihnen exempel gewieſen zu ſchmaͤhen/ laͤ-
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habt ihnen die muſter gemacht/ nach
welchen ſie kuͤhnlich ſchaͤndiren duͤrffen/
in Gedichten/ Brieffen/ Reden/ Diſputa-
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ſchlaͤgen. Jhr habt die Academiſche
Jugend abgerichtet/ die Bilder vorge-
mahlt/ die Formen gegoſſen: Sie iſt fer-
tig zu hoͤren/ zu vernichten/ auszulachen
und zu verſpotten. Jhr Heuchler/ des
Himmels geſtalt koͤnt ihr urtheilen/ koͤn-
net ihr auch nicht die zeichen dieſer eurer
zeit urtheilen?
Num. IX.
D. Arnoldus Mengering eyffert hieruͤber eben
auch im Scrutinio Conſcient. Cap. XII.
quæſt. 3. alſo:
Frage dich/ ob du deines Nechſten worte
und art zu reden und ſchreiben durchgezogen/
exagitirt/ ausgelacht/ gehoffmeiſtert/ verdaͤch-
tig und veraͤchtlich machen wollen? Hoc ſæ-
penumero contingit in Academiis inter lite-
ratas, da muͤſſen des Naͤchſten Theſes,
Phraſes, Orationes, und Diſputiones zum
hefftigſten und aͤrgſten ausſcaliret/ ſcholi
ret und durchgezogen werden/ und pflegt
man aliorum dedecore & infamia propri-
am famam zu ſuchen. Aber ſolte das auch
ſuͤnde ſeyn? Lieber/ biſt du geſchickter/ und
gelehrter denn ein ander/ laß dirs bekommen;
Kanſt du fuͤglicher und kluͤger reden und
ſchreiben/ und auf gut Scaligeriſch de ſubtilitäte
diſputiren/ lieber/ warum wolteſt du deinen
mit-ſtudioſum, collegam &c. welcher de ſim-
plici & plano ſeine meditationes und theſes an-
ſtellt und formiret/ deßwegen exagitiren und
ſchimpffieren? da muß bißweilen um eines
woͤrtleins willen der naͤchſte zerzauſet/ bacchan-
tiret/ und ausgeeſelt werden/ daß ſchande und
ſuͤnde iſt. Solte denn auch wol ſolches mit
gutem gewiſſen geſchehen koͤnnen? Oder ha-
ben die Herrn Studioſi kein gewiſſen zu reguliren
und verantworten? Et in eo quidem nec Viris
Theologis & Philoſophis optimis maximis
parcitur.
Num. X.
Dieſe jetzt gedachte klage D. Mengerings kan
hieꝛ ſo gleich mit einem domeſtiquen und bekan-
ten exempel erlaͤutert werden/ indem einer auff
D. Calovii abſterben anno 1686. folgende ver-
ſe gemacht/ wie auch ſie Henningꝰ Witte im Di-
ario Biograph. in præf. p. b. 4. wiederholet hat:
Stoſſius heu moritur, pariter Calovius unà,
Ambo ſenes, ambo Lumina quiſque ſuis.
Ille Reformatis cultus quaſi Numen, & alter
Saxoniæ columen Relligionis erat.
Non potuere ſacros vivi componere motûs,
Hinc dirimit litem Mors & utrumque citat.
Servat uterq; diem, nunc ſecomitantur ad aſtraͤ,
Conveniuntque polo, qui nequiere ſolo.
Wem D. Calovii leben und verhalten/ und
ſonderlich der hefftige grimm wider die Refor-
mirten/ und alſo auch den geweſenen Chur-
Brandenb. Oberhoffprediger Stoſſium, bekannt
iſt/ wird dieſes leicht errathen koͤnnen.
Die abgoͤttiſchen titel aber ſolcher Theolo-
gen/ als Goͤtter/ ſeulen der religion/ lich-
ter und dergleichen/ ſind auch nicht ſeltſam. Jn
einem Carmine Polycarpi Leyſeri auff des
jungen M. Abrah. Calovii Magiſterium ſtehet
unter andern von dem alten Calovio dieſes:
Mirarique Tuum, quoſtante Eccleſia ſtabit,
Qui cœlo & ſuperis verba locutus erit.
Num. XI.
Aber wiederum zur ſache zu kommen/ ſo ha-
ben einige Lutheriſche Lehrer ſelbſten den gewiſ-
ſens-zwang gemißbilliget und mit vielen gu-
ten gruͤnden wiederſprochen. Alſo beweiſet
D. Balthaſar Meiſnerus in ſeiner Philoſophia
ſobria p. III. ſect. II. Quæſt. VI. Daß die ketzer
gar mit keiner leibes-ſtraffe zu belegen ſeyn/
mit folgenden Argumenten:
1. A ſuavi ratione, qua in ſcripturis doce-
tur, Eccleſiam Chriſti regi oportere. Vel à va-
ticiniis Propheticis de propagatione Evange-
lii manſueta abſque cæde & ſanguine futura.
2. A doctrina & praxi Salvatoris.
3. A doctrina & praxi Apoſtolorum.
4. A fidei natura, quæ eſt res plene libera,
non neceſſitatis, ſed voluntatis.
5. Ab Eccleſiæ natura, quæ deſcribitur in
ſacris literis à ſingulari manſuetudine.
6. Ab Antichriſti natura & ingenio, cujus
proprium eſt uſque ad ſanguinem ſævire in diſ-
ſentientes.
7. A culpæ & pœnæ proportione.
8. Ab incommodis; nam illæ cruentæ per-
ſecutiones (1) impediunt multorum conver-
ſionem & externam ſalutem, (2) dant anſam
effuſioni ſanguinis innocentis, (3) excitant
ſeditiones, bella, & varias cædes, (4) vera
martyria faciunt ſuſpecta.
9. A Judæorum tolerantia.
10. A praxi primitivæ Eccleſiæ, conſenſu
Patrum & Conciliorum nec non quorundam
Pontificiorum teſtimonio.
Num. XII.
Ferner erweiſet D. Andreas Keslerus in ſei-
nem Methodo convertendi Hæreticos p. I. c.
XII. Wie die aͤuſſerliche zwangs-mittel in re-
ligions- und gewiſſens-ſachen in der ſchrifft
durchaus nicht gegruͤndet ſeyn/ und zwar aus
folgenden urſachen.
1. Weil darinnen kein befehl/ noch
2. Exem-
B 3
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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/309>, abgerufen am 20.11.2024.
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