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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Fortsetzung derer Antworten/
Auff die im I. Theil vorgesetzte
Allgemeine Fragen
Von denen ketzereyen.


Vorerinnerung.

ES sind zwar die gedachten anmerckungen von denen ketzer-ge-
schichten theils an sich selbst so wol gegründet/ theils durch die bey-
stimmung so vieler unverwerfflicher Scribenten dermassen bekräff-
tiget/ daß es wol überflüßig scheinen möchte/ etwas hinzu zuthun.
Weil aber dennoch diese nachstehende bekäntnisse und rechtmäßi-
ge klagen aus der offenbaren praxi und täglicher erfahrung genom-
men/ auch wegen vieler specialen umstände merckwürdig sind; so mögen sie hier
im eingang einen kleinen raum einnehmen.

Die ordnung derer m[a]terien hat nicht wol können in acht genommen werden/
weil man nach der art dieses letzten theils lieber die gantzen loca derer actorum in
ihrer connexion vor augen legen/ als sie stückweise hie und da einrücken wollen.
Man kan doch nach anleitung der vorigen erinnerung schon mercken/ wo dieser
und jener Autor hinziele/ absonderlich da die stätige praxis unter denen blinden
ketzermachern leider! mehr als zuviel solche anmerckungen an die hand geben mag/
und zwar auch wol solchen personen/ die kaum ein wenig nach dem licht der natur
erkennen/ was billich und gerecht sey. Angesehen die meisten eifferer unter denen
hauffen/ die vor anderen mächtig sind und herr spielen können/ auch so gar die ge-
setze der natur hintansetzen/ und in ihren thörichten händeln sich meist vor aller
welt prostituiren. Wir wollen nun vernehmen/ was kluge oder doch redliche scri-
bent
en hiervon vor unsern zeiten geurtheilet haben.



Fortgesetzte
Allgemeine Anmerckungen
Von denen ketzer-geschichten.
[Spaltenumbruch]
Num. I.

DAß die reine lehre CHRI-
STI niemals bey dem
grossen hauffen der man-
cherley secten und Religio-
nen zu finden sey/ sondern
nur bey wenigen unbekan-
ten und vor der welt verach-
teten und verkätzerten einfältigen Laien/ hat un-
ter andern um das jahr 1570. ein Chur-Bran-
denburgischer Leib-
Medicus Franciscus Hil-
desheim
in einer artigen Lateinischen Tragoe-
di
e vorgestellet/ unter dem titel: Religio Tra-
goedia:
deren inhalt/ wie er ihn selbst p. 97.
(edit. Halae Sax. 1614.) setzet/ er in diesen ver-
sen eingeschlossen hat:

Visura mores Relligio mortalium,
Demissa coelo vidua secum seculi
Lugens ruinam in fine mundi, ubi jacent
Confusa, versa, elusa, mutata omnia:
Diu vagata tandem in argutum incidit
[Spaltenumbruch] Sophistam, ab hoc delusa, mundi mittitur
In regiam: quam Moriella ut conspicit,
Prim um salutat, mox bonam male excipit,
Et seditiosam foeminam falso vocat:
Matrona supplex tantulum sibi locum
Dari rogat: Mundi vocantur filiae:
Avaritia & voluptas: Matre praeside
Regina, abillis concilium ingens cogitur:
Incerta diu est, ancepsque consultatio.
Post velitationem acrem deciditur,
Matrona morosa regia mundi exeat,
Et in sacellum migret, ibi laboribus
Mystarum alatur, illic aras incolat,
Et templa frequentet, ac relinquat seculo
Pompas suas: Accedit ergo foemina
Catholicum, tiara & induitur sacra,
Aurora picta veste, corona gemmea
Ornatur: Inde forte prodiens, manu
Pistologi scenam in recentem abducitur,
Nudatur & fit hostibus Iudibrium,
Mundo cachinnus, exul, expes, prodiga
Salutis, indigens opis, nocens malis
Et


Fortſetzung derer Antworten/
Auff die im I. Theil vorgeſetzte
Allgemeine Fragen
Von denen ketzereyen.


Vorerinnerung.

ES ſind zwar die gedachten anmerckungen von denen ketzer-ge-
ſchichten theils an ſich ſelbſt ſo wol gegruͤndet/ theils durch die bey-
ſtim̃ung ſo vieler unverwerfflicher Scribenten dermaſſen bekraͤff-
tiget/ daß es wol uͤberfluͤßig ſcheinen moͤchte/ etwas hinzu zuthun.
Weil aber dennoch dieſe nachſtehende bekaͤntniſſe und rechtmaͤßi-
ge klagen aus der offenbaren praxi und taͤglicheꝛ erfahꝛung genom-
men/ auch wegen vieler ſpecialen umſtaͤnde merckwuͤrdig ſind; ſo moͤgen ſie hier
im eingang einen kleinen raum einnehmen.

Die ordnung derer m[a]terien hat nicht wol koͤnnen in acht genommen werden/
weil man nach der art dieſes letzten theils lieber die gantzen loca derer actorum in
ihrer connexion vor augen legen/ als ſie ſtuͤckweiſe hie und da einruͤcken wollen.
Man kan doch nach anleitung der vorigen erinnerung ſchon mercken/ wo dieſer
und jener Autor hinziele/ abſonderlich da die ſtaͤtige praxis unter denen blinden
ketzermachern leider! mehr als zuviel ſolche anmerckungen an die hand geben mag/
und zwar auch wol ſolchen perſonen/ die kaum ein wenig nach dem licht der natur
erkennen/ was billich und gerecht ſey. Angeſehen die meiſten eifferer unter denen
hauffen/ die vor anderen maͤchtig ſind und herꝛ ſpielen koͤnnen/ auch ſo gar die ge-
ſetze der natur hintanſetzen/ und in ihren thoͤrichten haͤndeln ſich meiſt vor aller
welt proſtituiren. Wir wollen nun vernehmen/ was kluge oder doch redliche ſcri-
bent
en hiervon vor unſern zeiten geurtheilet haben.



Fortgeſetzte
Allgemeine Anmerckungen
Von denen ketzer-geſchichten.
[Spaltenumbruch]
Num. I.

DAß die reine lehre CHRI-
STI niemals bey dem
groſſen hauffen der man-
cherley ſecten und Religio-
nen zu finden ſey/ ſondern
nur bey wenigen unbekan-
ten und vor der welt verach-
teten und verkaͤtzerten einfaͤltigen Laien/ hat un-
ter andern um das jahr 1570. ein Chur-Bran-
denburgiſcheꝛ Leib-
Medicus Franciſcus Hil-
desheim
in einer artigen Lateiniſchen Tragœ-
di
e vorgeſtellet/ unter dem titel: Religio Tra-
gœdia:
deren inhalt/ wie er ihn ſelbſt p. 97.
(edit. Halæ Sax. 1614.) ſetzet/ er in dieſen ver-
ſen eingeſchloſſen hat:

Viſura mores Relligio mortalium,
Demiſſa cœlo vidua ſecum ſeculi
Lugens ruinam in fine mundi, ubi jacent
Confuſa, verſa, eluſa, mutata omnia:
Diu vagata tandem in argutum incidit
[Spaltenumbruch] Sophiſtam, ab hoc deluſa, mundi mittitur
In regiam: quam Moriella ut conſpicit,
Prim um ſalutat, mox bonam male excipit,
Et ſeditioſam fœminam falſo vocat:
Matrona ſupplex tantulum ſibi locum
Dari rogat: Mundi vocantur filiæ:
Avaritia & voluptas: Matre præſide
Regina, abillis concilium ingens cogitur:
Incerta diu eſt, ancepsque conſultatio.
Poſt velitationem acrem deciditur,
Matrona moroſa regiâ mundi exeat,
Et in ſacellum migret, ibi laboribus
Myſtarum alatur, illic aras incolat,
Et templa frequentet, ac relinquat ſeculo
Pompas ſuas: Accedit ergo fœmina
Catholicum, tiara & induitur ſacra,
Aurora picta veſte, corona gemmea
Ornatur: Inde fortè prodiens, manu
Piſtologi ſcenam in recentem abducitur,
Nudatur & fit hoſtibus Iudibrium,
Mundo cachinnus, exul, expes, prodiga
Salutis, indigens opis, nocens malis
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[[7]/0303] Fortſetzung derer Antworten/ Auff die im I. Theil vorgeſetzte Allgemeine Fragen Von denen ketzereyen. Vorerinnerung. ES ſind zwar die gedachten anmerckungen von denen ketzer-ge- ſchichten theils an ſich ſelbſt ſo wol gegruͤndet/ theils durch die bey- ſtim̃ung ſo vieler unverwerfflicher Scribenten dermaſſen bekraͤff- tiget/ daß es wol uͤberfluͤßig ſcheinen moͤchte/ etwas hinzu zuthun. Weil aber dennoch dieſe nachſtehende bekaͤntniſſe und rechtmaͤßi- ge klagen aus der offenbaren praxi und taͤglicheꝛ erfahꝛung genom- men/ auch wegen vieler ſpecialen umſtaͤnde merckwuͤrdig ſind; ſo moͤgen ſie hier im eingang einen kleinen raum einnehmen. Die ordnung derer materien hat nicht wol koͤnnen in acht genommen werden/ weil man nach der art dieſes letzten theils lieber die gantzen loca derer actorum in ihrer connexion vor augen legen/ als ſie ſtuͤckweiſe hie und da einruͤcken wollen. Man kan doch nach anleitung der vorigen erinnerung ſchon mercken/ wo dieſer und jener Autor hinziele/ abſonderlich da die ſtaͤtige praxis unter denen blinden ketzermachern leider! mehr als zuviel ſolche anmerckungen an die hand geben mag/ und zwar auch wol ſolchen perſonen/ die kaum ein wenig nach dem licht der natur erkennen/ was billich und gerecht ſey. Angeſehen die meiſten eifferer unter denen hauffen/ die vor anderen maͤchtig ſind und herꝛ ſpielen koͤnnen/ auch ſo gar die ge- ſetze der natur hintanſetzen/ und in ihren thoͤrichten haͤndeln ſich meiſt vor aller welt proſtituiren. Wir wollen nun vernehmen/ was kluge oder doch redliche ſcri- benten hiervon vor unſern zeiten geurtheilet haben. Fortgeſetzte Allgemeine Anmerckungen Von denen ketzer-geſchichten. Num. I. DAß die reine lehre CHRI- STI niemals bey dem groſſen hauffen der man- cherley ſecten und Religio- nen zu finden ſey/ ſondern nur bey wenigen unbekan- ten und vor der welt verach- teten und verkaͤtzerten einfaͤltigen Laien/ hat un- ter andern um das jahr 1570. ein Chur-Bran- denburgiſcheꝛ Leib-Medicus Franciſcus Hil- desheim in einer artigen Lateiniſchen Tragœ- die vorgeſtellet/ unter dem titel: Religio Tra- gœdia: deren inhalt/ wie er ihn ſelbſt p. 97. (edit. Halæ Sax. 1614.) ſetzet/ er in dieſen ver- ſen eingeſchloſſen hat: Viſura mores Relligio mortalium, Demiſſa cœlo vidua ſecum ſeculi Lugens ruinam in fine mundi, ubi jacent Confuſa, verſa, eluſa, mutata omnia: Diu vagata tandem in argutum incidit Sophiſtam, ab hoc deluſa, mundi mittitur In regiam: quam Moriella ut conſpicit, Prim um ſalutat, mox bonam male excipit, Et ſeditioſam fœminam falſo vocat: Matrona ſupplex tantulum ſibi locum Dari rogat: Mundi vocantur filiæ: Avaritia & voluptas: Matre præſide Regina, abillis concilium ingens cogitur: Incerta diu eſt, ancepsque conſultatio. Poſt velitationem acrem deciditur, Matrona moroſa regiâ mundi exeat, Et in ſacellum migret, ibi laboribus Myſtarum alatur, illic aras incolat, Et templa frequentet, ac relinquat ſeculo Pompas ſuas: Accedit ergo fœmina Catholicum, tiara & induitur ſacra, Aurora picta veſte, corona gemmea Ornatur: Inde fortè prodiens, manu Piſtologi ſcenam in recentem abducitur, Nudatur & fit hoſtibus Iudibrium, Mundo cachinnus, exul, expes, prodiga Salutis, indigens opis, nocens malis Et

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. [7]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/303>, abgerufen am 20.11.2024.