Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.Vorrede. ret/ daß ich die erklärungen dererjenigen lese/ mit deren lehre ich doch nichtzufrieden bin: der wisse/ daß ich die worte des Apostels gerne höre: Prüfet alles/ und das gute behaltet; wie auch des Heylands/ der da sagt: Seyd bewährte wechsler/ damit/ wenn eine müntze nicht richtig ist/ und das rechte gepräge nicht hat/ sie verworffen werde; welche aber CHristi antlitz in einem klaren lichte zeiget/ dieselbe in unser hertz eingelegt werde. Jch be- kenne so wol in meiner jugend als in diesem alter/ daß Eusebius und Ori- genes sehr gelehrte leute seyn/ welches ich auch von Theodoro, Aratio und Apollinario sagen kan; und gleichwol haben sie alle uns in ihren aus- legungen der schrifft ihr andencken hinterlassen. Jn der erde suchet man gold/ und aus den flüssen bringet man gläntzenden sand heraus/ und der "fluß Pactolus ist reicher von schlamm/ als wasser. Warum schelten mich "denn meine freunde/ und die dicken fetten schweine gruntzen wider mich/ "da ich schweige? Mein vorhaben ist/ die alten zu lesen/ alles zu prüfen/ "das gute zu behalten/ und vom glauben der allgemeinen kirche nicht abzu- "weichen. Noch merckwürdiger ist/ was Socrates lib. VI. hist. Eccl. c. 12. von Theophilo Und so viel sey auch von dieser sache zu ablehnung alles schädlichen anstosses vor- Jch schliesse uunmehro diese arbeit mit einem sothanigen gemüthe/ welches ein Fortse-
Vorrede. ret/ daß ich die erklaͤrungen dererjenigen leſe/ mit deren lehre ich doch nichtzufrieden bin: der wiſſe/ daß ich die worte des Apoſtels gerne hoͤre: Pruͤfet alles/ und das gute behaltet; wie auch des Heylands/ der da ſagt: Seyd bewaͤhrte wechsler/ damit/ wenn eine muͤntze nicht richtig iſt/ und das rechte gepraͤge nicht hat/ ſie verworffen werde; welche aber CHriſti antlitz in einem klaren lichte zeiget/ dieſelbe in unſer hertz eingelegt werde. Jch be- kenne ſo wol in meiner jugend als in dieſem alter/ daß Euſebius und Ori- genes ſehr gelehrte leute ſeyn/ welches ich auch von Theodoro, Aratio und Apollinario ſagen kan; und gleichwol haben ſie alle uns in ihren aus- legungen der ſchrifft ihr andencken hinterlaſſen. Jn der erde ſuchet man gold/ und aus den fluͤſſen bringet man glaͤntzenden ſand heraus/ und der „fluß Pactolus iſt reicher von ſchlamm/ als waſſer. Warum ſchelten mich „denn meine freunde/ und die dicken fetten ſchweine gruntzen wider mich/ „da ich ſchweige? Mein vorhaben iſt/ die alten zu leſen/ alles zu pruͤfen/ „das gute zu behalten/ und vom glauben der allgemeinen kirche nicht abzu- „weichen. Noch merckwuͤrdiger iſt/ was Socrates lib. VI. hiſt. Eccl. c. 12. von Theophilo Und ſo viel ſey auch von dieſer ſache zu ablehnung alles ſchaͤdlichen anſtoſſes vor- Jch ſchlieſſe uunmehro dieſe arbeit mit einem ſothanigen gemuͤthe/ welches ein Fortſe-
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Vorrede.
ret/ daß ich die erklaͤrungen dererjenigen leſe/ mit deren lehre ich doch nicht
zufrieden bin: der wiſſe/ daß ich die worte des Apoſtels gerne hoͤre: Pruͤfet
alles/ und das gute behaltet; wie auch des Heylands/ der da ſagt: Seyd
bewaͤhrte wechsler/ damit/ wenn eine muͤntze nicht richtig iſt/ und das rechte
gepraͤge nicht hat/ ſie verworffen werde; welche aber CHriſti antlitz in
einem klaren lichte zeiget/ dieſelbe in unſer hertz eingelegt werde. Jch be-
kenne ſo wol in meiner jugend als in dieſem alter/ daß Euſebius und Ori-
genes ſehr gelehrte leute ſeyn/ welches ich auch von Theodoro, Aratio
und Apollinario ſagen kan; und gleichwol haben ſie alle uns in ihren aus-
legungen der ſchrifft ihr andencken hinterlaſſen. Jn der erde ſuchet man
gold/ und aus den fluͤſſen bringet man glaͤntzenden ſand heraus/ und der
„fluß Pactolus iſt reicher von ſchlamm/ als waſſer. Warum ſchelten mich
„denn meine freunde/ und die dicken fetten ſchweine gruntzen wider mich/
„da ich ſchweige? Mein vorhaben iſt/ die alten zu leſen/ alles zu pruͤfen/
„das gute zu behalten/ und vom glauben der allgemeinen kirche nicht abzu-
„weichen.
Noch merckwuͤrdiger iſt/ was Socrates lib. VI. hiſt. Eccl. c. 12. von Theophilo
Alexandrino, einem ungeſtuͤmmen und heftigen feind aller ketzer/ uñ ſonderlich des
Origenis (welchen er etliche 100. jahre nach deſſen tod erſt verdammen helffen)
meldet: Er habe zwar Origenis ſchrifften als ketzeriſch oͤffentlich auff einem ſynodo
verworffen/ auch in ſeinen buͤchern widerlegt; gleichwol aber ſie ſelbſt immerzu
fleißig geleſen. Als er nun daruͤber von ſeinen anhaͤngern befragetworden/ habe er
geantwortet: Origenis buͤcher ſind einer wieſe gleich/ welche mit allerhand
blumen gezieret iſt. Dahero/ wenn ich etwas gutes drinnen finde/ ſo neh-
me ichs daraus; ſcheint mir aber etwas dornicht zu ſeyn/ ſo gehe ichs vor-
bey.
Und ſo viel ſey auch von dieſer ſache zu ablehnung alles ſchaͤdlichen anſtoſſes vor-
aus erinnert/ welches bey gewiſſenhafftigen perſonen den gehoͤrigen beyfall finden
und ſeinen zweck erreichen wird. Was aber die blinden und leiter der blinden be-
trifft/ laͤſſet man dieſelbe gantz gerne und billich ihrem richter ſtehen/ als pflantzen/
die ohne dem aus gerottet werden/ und alſo weder etwas zu pruͤfen/ noch das gu-
te zu behalten tuͤchtig ſind. Ein eigenſinniger auffgebleheter Sectirer mag ſich wol
ſelbſt am meiſten quaͤlen/ in dem er die angemaſſete unbetruͤglichkeit ſeines hauf-
fens und derer anfuͤhrer zubehaupten alles verſuchet und anwendet: GOtt aber
und CHriſto nicht weiter die ehre des gehorſams uͤberlaͤſſt/ als es ſeinem Pha-
riſeiſchen hochmuth und prætendirten vorzug vor andern partheyen anſtehet.
Jch ſchlieſſe uunmehro dieſe arbeit mit einem ſothanigen gemuͤthe/ welches ein
gewiſſes zeugniß in ſich ſelbſt traͤgt/ daß alles/ was hier zu finden ſeyn moͤchte/
aus auffrichtigem und wahrheit befliſſenem vorhaben publicirt wordenſey. Mein
wunſch iſt auch ferner/ daß GOtt mehrere und geſchicktere leute erwecken wolle/
welche dieſes noͤthige werck zu ſteuer der wahrheit weiter continuiren/ das von mir
verſehene oder ausgelaſſene verbeſſern und erſetzen/ auch mit mehrern ſubſidien und
kraͤfften ausgeruͤſtet ſeyn moͤgen. Wie ich denn gewiß verſichert bin/ es werde
dieſe art die Goͤttliche wahrheit vorzutragen kuͤnfftighin mehr geſegnet ſeyn/ als
alle menſchliche eingeſchraͤnckte und auff vaͤterliche ſatzungen oder eigene ver-
nunfft und heucheley gegruͤndete lehren/ ſtreit-ſachen und dergleichen.
Ein jeder ſehe zu/ wie er kluͤglich handeln/ das allerbeſte und
uoͤthigſte ſuchen/ und das andere alles dieſem
nach ſetzen moͤge!
Fortſe-
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