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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. III. C. XXVII. Von denen gesichten Annä Vetterin.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
sahe/ so sahe ich den jüngsten tag auch; der jüng-
ste tag ist schröcklich/ lauter helles feuer; behüte
GOtt die auserwehlten vor GOttes schröckli-
chem gericht/ das ist der zorn Gottes/ der ist nicht
auszuschreiben. Endlich sahe ich auch den pre-
digstuhl in der obern kirche zu Onoldsbach/ und
ein grosses volck/ daß ich ihnen predigen solt; als-
bald kam ein brennend feuer aus dem himmel über
mich/ und durchflammte mich/ und überwältigte
mich/ und ich wurde des H. Geistes voll/ mein
mund wurde voll feuer und himmels preiß/ lo-
bete JEsum CHristum und seinen heiligen na-
men; und da ich zu mir selber kam/ da muste ich
diese geschicht schreiben/ da ich vorher keinen
buchstaben schreiben kunte; denn in der jugend
muste ich im elend herum ziehen/ kam in keine
schul; ein wenig vor meinem ehestand lernete
ich fast verstohlner weise von meines mannes
bruder ein wenig lesen/ und laß weiter nichts
als die Evangelia und den Psalter/ über welchem
lesen ich offtmals weinen muste; das war das
erste gesicht und offenbarung/ so ich gehabt; dieß
verschwiege ich 3/4. jahr lang/ biß ich zu dem kind
ins kindbett kam; da ich aus dem kind bett gieng/
und 2. mal in die kirche gieng/ wann ich nach hau-
se kam/ hatte das kind alle zweymal das fraisch
oder schwere kranckheit/ daß ich wege des kindes
nicht mehr in die kirch gehen durffte. Endlich
muste ich aus antrieb des H. Geistes zu den 3.
Pfarrern gehen/ und ihnen anzeigen/ was ich
vor 3/4. jahren im himmel gesehen; so bald ich wie-
der unter meine fenster ins hauß gieng/ da weissa-
gete der H. Geist in mir/ und offenbarte sich bey
mir/ und den andern tag auch wieder; da kam
des HErrn wort zu mir aus dem himmel: So
spricht der HErr HErr/ GOtt wolle ein grosses
thun/ aber jetzt hätte ich ein schweres für mir;
und zeigete mir an/ daß ich müste eine eiserne
kette tragen an meinem lincken arm; einer gros-
sen sau halben auff dem rathhause würde man
mir sie anlegen/ aber ich würde die grosse sau
von der hohen stiege stürtzen/ daß sie müste her-
ab fallen samt ihren jungen; da wurde mir angst
und bang/ und gieng zu den Pfarrern/ und zeigete
es wieder an; und da ich heim kam/ da solte ich des
andern tages auff den predigtstuhl gehen; und
ich wolte lange nicht/ und gedachte/ was die leu-
te sagen würden/ predigte doch sonsten kein weib
nicht; dawar der HErr zornig und schlug mich
mit einem grossen stein auff meinen kopf/ ich sol-
te auf den predigt-stuhl gehen; da wolte ich doch
nicht/ und war dem HErrn ungehorsam; da kam
JEsus CHristus auff dem grossen wasser zu
mir in einem schiff/ und stellte mir die 2. städte für
das gesicht/ Onoldsbach und Weissenburg;
diese 2. städte liegen in dem tiessen wasser/ und ist
stockfinster bey ihnen; und der Herr Jesus sprach
zu mir/ gehe hin/ und nimm diese 2. städte ein/ so
wirds besser mit dir werden/ spricht der sohn
GOttes; fürchte dich nicht/ es geschieht dir
nichts; ich muste also doch auff den predig-stuhl
gehen/ in der stadtkirchen/ aber der kirchendie-
ner führte mich wieder herunter; da weinte ich
sehr und sprach/ er solte mich mit frieden lassen/
es sey mir von GOtt befohlen/ daß ich predi-
gen müsse; er aber sprach zu mir/ wenns gleich
von GOtt befohlen wäre/ ich solte in meinen
kirchen-stuhl gehen. Jch war kaum nach hause
kommen/ da kamen die Herren von rathhause ge-
gangen/ der Stadtvogt und Stadtschreiber/ der
Burgermeister und stadtknecht/ bringen eine eiser-
[Spaltenumbruch] ne kette mit sich/ mache ein loch durch die wand/Jahr
MDC.
biß
MDCC.

ziehen die ketten durch/ und legen sie mir an mein
linckes bein/ und fragen mich alles aus/ wie mir
geschehen sey; da sagte ich ihnen alles/ und sie
sprachen zu mir: GOtt helffe/ daß es möge aus-
schlagen zu Gottes lob/ ruhm und ewigem preiß!
und giengen von mir; da lag ich an der ketten/
und kunte meinem kleinen kind nichts thun/
daß ich seiner wartete/ und bat/ man solte
mich in meine andere stube hinablegen/
daß ich meines kindes dabey warten könte;
da gab mein mann einen grossen viereckich-
ten eichenen klotz her/ daß man den kloben dar-
ein schlagen könte/ und legten mir ihn an die
bein; da muste ich den stock überall mit mir her-
um tragen in dem hause/ was ich zu thun hatte
überall; teliche wochen trug ich den grossen
schweren stock so mit mir herum/ biß ich nicht
mehr daheim bleiben kunte; da trug ich den
stock an der ketten mit der hand und angeschlos-
senem bein unter das thor; da schlossen sie mich
ab/ trugen den stock heim/ und schlossen mich an
den bettstollen an/ daß ich nicht mehr gehen kunt;
thäten mir eine kachel aus dem ofen heraus/ daß
ich meinem kind seinen brey in der stube kochen
könte; da fing mein leiden groß an/ wie GOtt zu
mir geredet/ er wolle ein grosses thun/ aber ich
hätte jetzt ein schweres für mir; wie mich nun der
HErr zu leyden bereitet/ und zur schweren last
bestellet/ wie ich gezwungen bin worden zum ge-
horsam/ des höchsten willen zu thun/ ist wunder-
sam zu hören und zu glauben. Mein anders ge-
sicht/ das ich hatte/ als ich angeschlossen war/
war dieses: Jch sahe die Pfarrer hinter meinem
tisch sitzen/ ich aber hatte ein stück balsam in der
hand wie eine grosse citrone/ schöngelb/ wie eine
citrone ist/ und ich strich den Pfarrern den balsam
auff die hände/ da ward mein hauß deß liebli-
chen geruchs gantz voll und roch schön/ über alle
balsam der Apotecker; da ich aber so für dem tisch
stund/ kam etwas hinter mich als ein stuhl/ als
etwas/ da ich darauf sitzen sollt; und ich sprach/ auf
was sitze ich? Da antwortete die einkäufferin
im schloß: Auff mir; alsbald hatte mich ein
grosser schwartzer zottichter hund mitten an mei-
nem leib in seinem rachen/ mich zu verschlingen
und fressen; da schreyete mein geist: Herr JEsus/
HErr JEsus/ HErr JEsus! und ich kam wie-
der zu mir selbst/ und weiß/ daß ich in des satans
rachen gesteckt bin; die einkaufferin war der
grosse schwartze hund/ der teuffel war die grosse
sau/ wie ichs den Pfarrern 20. wochen zuvor ver-
kündiget hatte/ daß ich um dieser sau willen die
ketten tragen müste/ aber ich würde sie stürtzen
von der hohen stiege samt ihren jüngern; die hat
die menschen für GOtt verklagt/ daß sie gesündi-
get haben/ und lagen dem teuffel wieder
gefangen; aber ich muste in seinem rachen
verschlungen werden/ damit ich wüste/ wovon
ich die menschen erlösen solt; wie hart
ist es mir ergangen/ da ich der grossen sau
bin in ihren ketten 27. wochen gelegen/ in gros-
sem geschrey und schwerer last/ biß ich sie gestürtzt/
daß sie die menschen nicht mehr verklagen darff;
ich bin ein wolriechender balsam/ alle Lehrer und
Prediger solten jetzt zu mir kommen/ auf daß ich
ihnen von meinem köstlichen balsam gebe; der
Geist des HErrn ist bey mir/ sünde zu vergeben
ist mein beruff/ die gebundenen zu öffnen/ die
gefangenen zu lösen/ die verstossenen angenehm

zu ma-

Th. III. C. XXVII. Von denen geſichten Annaͤ Vetterin.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
ſahe/ ſo ſahe ich den juͤngſten tag auch; der juͤng-
ſte tag iſt ſchroͤcklich/ lauter helles feuer; behuͤte
GOtt die auserwehlten vor GOttes ſchroͤckli-
chem gericht/ das iſt der zorn Gottes/ der iſt nicht
auszuſchreiben. Endlich ſahe ich auch den pre-
digſtuhl in der obern kirche zu Onoldsbach/ und
ein groſſes volck/ daß ich ihnen predigen ſolt; als-
bald kam ein breñend feuer aus dem him̃el uͤber
mich/ und durchflam̃te mich/ und uͤberwaͤltigte
mich/ und ich wurde des H. Geiſtes voll/ mein
mund wurde voll feuer und himmels preiß/ lo-
bete JEſum CHriſtum und ſeinen heiligen na-
men; und da ich zu mir ſelber kam/ da muſte ich
dieſe geſchicht ſchreiben/ da ich vorher keinen
buchſtaben ſchreiben kunte; denn in der jugend
muſte ich im elend herum ziehen/ kam in keine
ſchul; ein wenig vor meinem eheſtand lernete
ich faſt verſtohlner weiſe von meines mannes
bruder ein wenig leſen/ und laß weiter nichts
als die Evangelia und den Pſalter/ uͤber welchem
leſen ich offtmals weinen muſte; das war das
erſte geſicht und offenbarung/ ſo ich gehabt; dieß
verſchwiege ich ¾. jahr lang/ biß ich zu dem kind
ins kindbett kam; da ich aus dem kind bett gieng/
und 2. mal in die kirche gieng/ wañ ich nach hau-
ſe kam/ hatte das kind alle zweymal das fraiſch
oder ſchwere kranckheit/ daß ich wegē des kindes
nicht mehr in die kirch gehen durffte. Endlich
muſte ich aus antrieb des H. Geiſtes zu den 3.
Pfarrern gehen/ und ihnen anzeigen/ was ich
vor ¾. jahren im him̃el geſehen; ſo bald ich wie-
der unteꝛ meine fenſter ins hauß gieng/ da weiſſa-
gete der H. Geiſt in mir/ und offenbarte ſich bey
mir/ und den andern tag auch wieder; da kam
des HErꝛn wort zu mir aus dem himmel: So
ſpricht der HEꝛꝛ HErꝛ/ GOtt wolle ein groſſes
thun/ aber jetzt haͤtte ich ein ſchweres fuͤr mir;
und zeigete mir an/ daß ich muͤſte eine eiſerne
kette tragen an meinem lincken arm; einer groſ-
ſen ſau halben auff dem rathhauſe wuͤrde man
mir ſie anlegen/ aber ich wuͤrde die groſſe ſau
von der hohen ſtiege ſtuͤrtzen/ daß ſie muͤſte her-
ab fallen ſamt ihren jungen; da wurde mir angſt
und bang/ uñ gieng zu den Pfarrern/ und zeigete
es wieder an; uñ da ich heim kam/ da ſolte ich des
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ich wolte lange nicht/ und gedachte/ was die leu-
te ſagen wuͤꝛden/ predigte doch ſonſten kein weib
nicht; dawar der HErꝛ zornig und ſchlug mich
mit einem groſſen ſtein auff meinen kopf/ ich ſol-
te auf den predigt-ſtuhl gehen; da wolte ich doch
nicht/ und waꝛ dem HErrn ungehorſam; da kam
JEſus CHriſtus auff dem groſſen waſſer zu
mir in einem ſchiff/ und ſtellte mir die 2. ſtaͤdte fuͤr
das geſicht/ Onoldsbach und Weiſſenburg;
dieſe 2. ſtaͤdte liegen in dem tieſſen waſſer/ und iſt
ſtockfinſter bey ihnen; und der Herꝛ Jeſus ſprach
zu mir/ gehe hin/ und nim̃ dieſe 2. ſtaͤdte ein/ ſo
wirds beſſer mit dir werden/ ſpricht der ſohn
GOttes; fuͤrchte dich nicht/ es geſchieht dir
nichts; ich muſte alſo doch auff den predig-ſtuhl
gehen/ in der ſtadtkirchen/ aber der kirchendie-
ner fuͤhrte mich wieder heꝛunter; da weinte ich
ſehr und ſprach/ er ſolte mich mit frieden laſſen/
es ſey mir von GOtt befohlen/ daß ich predi-
gen muͤſſe; er aber ſprach zu mir/ wenns gleich
von GOtt befohlen waͤre/ ich ſolte in meinen
kirchen-ſtuhl gehen. Jch war kaum nach hauſe
kom̃en/ da kamen die Herren von rathhauſe ge-
gangen/ deꝛ Stadtvogt und Stadtſchreibeꝛ/ der
Burgermeiſter uñ ſtadtknecht/ bringẽ eine eiſer-
[Spaltenumbruch] ne kette mit ſich/ machē ein loch durch die wand/Jahr
MDC.
biß
MDCC.

ziehen die ketten duꝛch/ und legen ſie mir an mein
linckes bein/ und fragen mich alles aus/ wie mir
geſchehen ſey; da ſagte ich ihnen alles/ und ſie
ſprachen zu mir: GOtt helffe/ daß es moͤge aus-
ſchlagen zu Gottes lob/ ruhm und ewigem preiß!
und giengen von mir; da lag ich an der ketten/
und kunte meinem kleinen kind nichts thun/
daß ich ſeiner wartete/ und bat/ man ſolte
mich in meine andere ſtube hinablegen/
daß ich meines kindes dabey warten koͤnte;
da gab mein mann einen groſſen viereckich-
ten eichenen klotz her/ daß man den kloben dar-
ein ſchlagen koͤnte/ und legten mir ihn an die
bein; da muſte ich den ſtock uͤberall mit mir her-
um tragen in dem hauſe/ was ich zu thun hatte
uͤberall; teliche wochen trug ich den groſſen
ſchweren ſtock ſo mit mir herum/ biß ich nicht
mehr daheim bleiben kunte; da trug ich den
ſtock an der ketten mit der hand und angeſchloſ-
ſenem bein unter das thor; da ſchloſſen ſie mich
ab/ trugen den ſtock heim/ und ſchloſſen mich an
den bettſtollen an/ daß ich nicht mehꝛ gehen kunt;
thaͤten mir eine kachel aus dem ofen heraus/ daß
ich meinem kind ſeinen brey in der ſtube kochen
koͤnte; da fing mein leiden groß an/ wie GOtt zu
mir geredet/ er wolle ein groſſes thun/ aber ich
haͤtte jetzt ein ſchweres fuͤr mir; wie mich nun der
HErr zu leyden bereitet/ und zur ſchweren laſt
beſtellet/ wie ich gezwungen bin worden zum ge-
horſam/ des hoͤchſten willen zu thun/ iſt wunder-
ſam zu hoͤren und zu glauben. Mein anders ge-
ſicht/ das ich hatte/ als ich angeſchloſſen war/
war dieſes: Jch ſahe die Pfarrer hinter meinem
tiſch ſitzen/ ich aber hatte ein ſtuͤck balſam in der
hand wie eine groſſe citrone/ ſchoͤngelb/ wie eine
citrone iſt/ uñ ich ſtrich den Pfarrern den balſam
auff die haͤnde/ da ward mein hauß deß liebli-
chen geruchs gantz voll und roch ſchoͤn/ uͤber alle
balſam der Apotecker; da ich aber ſo fuͤr dem tiſch
ſtund/ kam etwas hinter mich als ein ſtuhl/ als
etwas/ da ich daꝛauf ſitzen ſollt; uñ ich ſpꝛach/ auf
was ſitze ich? Da antwortete die einkaͤufferin
im ſchloß: Auff mir; alsbald hatte mich ein
groſſer ſchwartzer zottichter hund mitten an mei-
nem leib in ſeinem rachen/ mich zu verſchlingen
und freſſen; da ſchreyete mein geiſt: Herꝛ JEſus/
HErr JEſus/ HErr JEſus! und ich kam wie-
der zu mir ſelbſt/ und weiß/ daß ich in des ſatans
rachen geſteckt bin; die einkaufferin war der
groſſe ſchwartze hund/ der teuffel war die groſſe
ſau/ wie ichs den Pfarrern 20. wochen zuvor ver-
kuͤndiget hatte/ daß ich um dieſer ſau willen die
ketten tragen muͤſte/ aber ich wuͤrde ſie ſtuͤrtzen
von der hohen ſtiege ſamt ihren juͤngern; die hat
die menſchen fuͤr GOtt verklagt/ daß ſie geſuͤndi-
get haben/ und lagen dem teuffel wieder
gefangen; aber ich muſte in ſeinem rachen
verſchlungen werden/ damit ich wuͤſte/ wovon
ich die menſchen erloͤſen ſolt; wie hart
iſt es mir ergangen/ da ich der groſſen ſau
bin in ihren ketten 27. wochen gelegen/ in groſ-
ſem geſchrey uñ ſchwerer laſt/ biß ich ſie geſtuͤrtzt/
daß ſie die menſchen nicht mehr verklagen darff;
ich bin ein wolriechender balſam/ alle Lehrer und
Prediger ſolten jetzt zu mir kommen/ auf daß ich
ihnen von meinem koͤſtlichen balſam gebe; der
Geiſt des HErrn iſt bey mir/ ſuͤnde zu vergeben
iſt mein beruff/ die gebundenen zu oͤffnen/ die
gefangenen zu loͤſen/ die verſtoſſenen angenehm

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[274/0286] Th. III. C. XXVII. Von denen geſichten Annaͤ Vetterin. ſahe/ ſo ſahe ich den juͤngſten tag auch; der juͤng- ſte tag iſt ſchroͤcklich/ lauter helles feuer; behuͤte GOtt die auserwehlten vor GOttes ſchroͤckli- chem gericht/ das iſt der zorn Gottes/ der iſt nicht auszuſchreiben. Endlich ſahe ich auch den pre- digſtuhl in der obern kirche zu Onoldsbach/ und ein groſſes volck/ daß ich ihnen predigen ſolt; als- bald kam ein breñend feuer aus dem him̃el uͤber mich/ und durchflam̃te mich/ und uͤberwaͤltigte mich/ und ich wurde des H. Geiſtes voll/ mein mund wurde voll feuer und himmels preiß/ lo- bete JEſum CHriſtum und ſeinen heiligen na- men; und da ich zu mir ſelber kam/ da muſte ich dieſe geſchicht ſchreiben/ da ich vorher keinen buchſtaben ſchreiben kunte; denn in der jugend muſte ich im elend herum ziehen/ kam in keine ſchul; ein wenig vor meinem eheſtand lernete ich faſt verſtohlner weiſe von meines mannes bruder ein wenig leſen/ und laß weiter nichts als die Evangelia und den Pſalter/ uͤber welchem leſen ich offtmals weinen muſte; das war das erſte geſicht und offenbarung/ ſo ich gehabt; dieß verſchwiege ich ¾. jahr lang/ biß ich zu dem kind ins kindbett kam; da ich aus dem kind bett gieng/ und 2. mal in die kirche gieng/ wañ ich nach hau- ſe kam/ hatte das kind alle zweymal das fraiſch oder ſchwere kranckheit/ daß ich wegē des kindes nicht mehr in die kirch gehen durffte. Endlich muſte ich aus antrieb des H. Geiſtes zu den 3. Pfarrern gehen/ und ihnen anzeigen/ was ich vor ¾. jahren im him̃el geſehen; ſo bald ich wie- der unteꝛ meine fenſter ins hauß gieng/ da weiſſa- gete der H. Geiſt in mir/ und offenbarte ſich bey mir/ und den andern tag auch wieder; da kam des HErꝛn wort zu mir aus dem himmel: So ſpricht der HEꝛꝛ HErꝛ/ GOtt wolle ein groſſes thun/ aber jetzt haͤtte ich ein ſchweres fuͤr mir; und zeigete mir an/ daß ich muͤſte eine eiſerne kette tragen an meinem lincken arm; einer groſ- ſen ſau halben auff dem rathhauſe wuͤrde man mir ſie anlegen/ aber ich wuͤrde die groſſe ſau von der hohen ſtiege ſtuͤrtzen/ daß ſie muͤſte her- ab fallen ſamt ihren jungen; da wurde mir angſt und bang/ uñ gieng zu den Pfarrern/ und zeigete es wieder an; uñ da ich heim kam/ da ſolte ich des andern tages auff den predigtſtuhl gehen; und ich wolte lange nicht/ und gedachte/ was die leu- te ſagen wuͤꝛden/ predigte doch ſonſten kein weib nicht; dawar der HErꝛ zornig und ſchlug mich mit einem groſſen ſtein auff meinen kopf/ ich ſol- te auf den predigt-ſtuhl gehen; da wolte ich doch nicht/ und waꝛ dem HErrn ungehorſam; da kam JEſus CHriſtus auff dem groſſen waſſer zu mir in einem ſchiff/ und ſtellte mir die 2. ſtaͤdte fuͤr das geſicht/ Onoldsbach und Weiſſenburg; dieſe 2. ſtaͤdte liegen in dem tieſſen waſſer/ und iſt ſtockfinſter bey ihnen; und der Herꝛ Jeſus ſprach zu mir/ gehe hin/ und nim̃ dieſe 2. ſtaͤdte ein/ ſo wirds beſſer mit dir werden/ ſpricht der ſohn GOttes; fuͤrchte dich nicht/ es geſchieht dir nichts; ich muſte alſo doch auff den predig-ſtuhl gehen/ in der ſtadtkirchen/ aber der kirchendie- ner fuͤhrte mich wieder heꝛunter; da weinte ich ſehr und ſprach/ er ſolte mich mit frieden laſſen/ es ſey mir von GOtt befohlen/ daß ich predi- gen muͤſſe; er aber ſprach zu mir/ wenns gleich von GOtt befohlen waͤre/ ich ſolte in meinen kirchen-ſtuhl gehen. Jch war kaum nach hauſe kom̃en/ da kamen die Herren von rathhauſe ge- gangen/ deꝛ Stadtvogt und Stadtſchreibeꝛ/ der Burgermeiſter uñ ſtadtknecht/ bringẽ eine eiſer- ne kette mit ſich/ machē ein loch durch die wand/ ziehen die ketten duꝛch/ und legen ſie mir an mein linckes bein/ und fragen mich alles aus/ wie mir geſchehen ſey; da ſagte ich ihnen alles/ und ſie ſprachen zu mir: GOtt helffe/ daß es moͤge aus- ſchlagen zu Gottes lob/ ruhm und ewigem preiß! und giengen von mir; da lag ich an der ketten/ und kunte meinem kleinen kind nichts thun/ daß ich ſeiner wartete/ und bat/ man ſolte mich in meine andere ſtube hinablegen/ daß ich meines kindes dabey warten koͤnte; da gab mein mann einen groſſen viereckich- ten eichenen klotz her/ daß man den kloben dar- ein ſchlagen koͤnte/ und legten mir ihn an die bein; da muſte ich den ſtock uͤberall mit mir her- um tragen in dem hauſe/ was ich zu thun hatte uͤberall; teliche wochen trug ich den groſſen ſchweren ſtock ſo mit mir herum/ biß ich nicht mehr daheim bleiben kunte; da trug ich den ſtock an der ketten mit der hand und angeſchloſ- ſenem bein unter das thor; da ſchloſſen ſie mich ab/ trugen den ſtock heim/ und ſchloſſen mich an den bettſtollen an/ daß ich nicht mehꝛ gehen kunt; thaͤten mir eine kachel aus dem ofen heraus/ daß ich meinem kind ſeinen brey in der ſtube kochen koͤnte; da fing mein leiden groß an/ wie GOtt zu mir geredet/ er wolle ein groſſes thun/ aber ich haͤtte jetzt ein ſchweres fuͤr mir; wie mich nun der HErr zu leyden bereitet/ und zur ſchweren laſt beſtellet/ wie ich gezwungen bin worden zum ge- horſam/ des hoͤchſten willen zu thun/ iſt wunder- ſam zu hoͤren und zu glauben. Mein anders ge- ſicht/ das ich hatte/ als ich angeſchloſſen war/ war dieſes: Jch ſahe die Pfarrer hinter meinem tiſch ſitzen/ ich aber hatte ein ſtuͤck balſam in der hand wie eine groſſe citrone/ ſchoͤngelb/ wie eine citrone iſt/ uñ ich ſtrich den Pfarrern den balſam auff die haͤnde/ da ward mein hauß deß liebli- chen geruchs gantz voll und roch ſchoͤn/ uͤber alle balſam der Apotecker; da ich aber ſo fuͤr dem tiſch ſtund/ kam etwas hinter mich als ein ſtuhl/ als etwas/ da ich daꝛauf ſitzen ſollt; uñ ich ſpꝛach/ auf was ſitze ich? Da antwortete die einkaͤufferin im ſchloß: Auff mir; alsbald hatte mich ein groſſer ſchwartzer zottichter hund mitten an mei- nem leib in ſeinem rachen/ mich zu verſchlingen und freſſen; da ſchreyete mein geiſt: Herꝛ JEſus/ HErr JEſus/ HErr JEſus! und ich kam wie- der zu mir ſelbſt/ und weiß/ daß ich in des ſatans rachen geſteckt bin; die einkaufferin war der groſſe ſchwartze hund/ der teuffel war die groſſe ſau/ wie ichs den Pfarrern 20. wochen zuvor ver- kuͤndiget hatte/ daß ich um dieſer ſau willen die ketten tragen muͤſte/ aber ich wuͤrde ſie ſtuͤrtzen von der hohen ſtiege ſamt ihren juͤngern; die hat die menſchen fuͤr GOtt verklagt/ daß ſie geſuͤndi- get haben/ und lagen dem teuffel wieder gefangen; aber ich muſte in ſeinem rachen verſchlungen werden/ damit ich wuͤſte/ wovon ich die menſchen erloͤſen ſolt; wie hart iſt es mir ergangen/ da ich der groſſen ſau bin in ihren ketten 27. wochen gelegen/ in groſ- ſem geſchrey uñ ſchwerer laſt/ biß ich ſie geſtuͤrtzt/ daß ſie die menſchen nicht mehr verklagen darff; ich bin ein wolriechender balſam/ alle Lehrer und Prediger ſolten jetzt zu mir kommen/ auf daß ich ihnen von meinem koͤſtlichen balſam gebe; der Geiſt des HErrn iſt bey mir/ ſuͤnde zu vergeben iſt mein beruff/ die gebundenen zu oͤffnen/ die gefangenen zu loͤſen/ die verſtoſſenen angenehm zu ma- Jahr MDC. biß MDCC. Jahr MDC. biß MDCC.

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/286>, abgerufen am 22.12.2024.