Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Th. III. C. XXVII. Von denen gesichtern Annä Vetterin.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
öffentlich darüber seuffzen höre? alle stände
sind mit einem höllischen sauerteig durchsäu-
ret/ es scheinet/ die hand GOTTes seye zur
rache ausgerecket/ damit er die welt nicht un-
gewarnet straffe/ wie er ehemals vor der sünd-
fluth den Noah predigen/ und vor der zerstö-
rung Jerusalem einen einfältigen mann lang
vorher das weh ausruffe lassen/ als hat er schon
lang her unterschiedliche personen erwecket/
welche die welt vor ihren straffen und letzten
urtheilen gewarnet. Unter andern hat er im Für-
stenthum Onoldsbach und umliegenden orten
ein einfältiges geringes weib gleichsam aus dem
staube hervor gezogen/ um eben die jenige zeit/
da in den Niederlanden und im Holsteinischen
die bekante Antoinette Boutignon zu schrei-
ben anfing/ nemlich ann. 1662. hat sie mit der ga-
be künfftige dinge vorzusagen ausgerüstet/ und
allerhand wunderwürdige gesichte sehen lassen/
wovon dem Christlichen unpartheyischen leser
unterschiedliches hier mitgetheilet wird/ zur
bedachtsamen überlegung. Zuvor aber ist fast
nöthig/ etliche einwürffe/ nicht der ruchlosen/
sondern der jenigen/ die noch einen schein der
Gottseligkeit haben/ und sich mit dem buchsta-
ben der Schrifft schleppen/ oder mit vielen
vorurtheilen verblendet sind/ zu beantworten:
1. Wollen sie von denen Propheten im Neuen
Testament nichts hören/ nicht nur von denen/
die ein neues Evangelium predigen/ denn da
glaubt ein Christ auch einem Engel vom him-
mel nicht/ sondern auch von denen/ welche
die alte gerechtigkeit treiben/ bey der unordent-
lichen welt auf das Gesetz dringen/ und dazu/
welches gar zu Enthusiastisch fürkommt/ mit
himmlischen gesichtern und Göttlichen träu-
men künfftige sachen vorzusagen erleuchtet
sind. Von dieser materie ist merckwürdig das
XXI. Cap. der Apostel Geschichte/ da lesen
wir/ daß die Jünger der Apostel und geistli-
chen Brüder zu Tyro einen prophetischen Geist
hatten/ und dem Apostel Paulo durch den
Geist sagten: Er solle nicht hinaufgen Jeru-
salem ziehen. v. 4. Jm v. 9. folget/ Philippus, der
Evangelist zu Caesarien/ habe vier Töchter ge-
habt/ die waren Jungfrauen und weissagten:
Gleich im 10. v. kömmt ein Prophet aus Ju-
daea,
mit namen Agabus, zu Paulo und seiner
gesellschafft/ der nahm den gürtel Paulo, und
band seine hände und füsse/ und sprach: Das
saget der Heilige Geist/ den mann/ dessen die-
ser gürtel ist/ werden die Jüden also binden zu
Jerusalem/ und überantworten in der Heyden
hände. Aus diesem siehet man klärlich/ (1) daß
mit dem Alten Testament die gabe künfftige
dinge zuvor zu sagen und Göttliche Gesichte
zu haben nicht aufgehöret. Denn hier haben
wir dreyerley partheyen/ die Christen zu Tyro/
die Töchter Philippi, welcher weissagung oh-
ne zweiffel auch nichts anders gewesen/ als
daß sie ihrem gast/ dem Paulo, zuvor sagten/
wie es ihm zu Jerusalem gehen würde/ welches
die zu Tyro und Agabus vor und nach ihnen
thaten/ und des Evangelisten Lucas sein zweck
ist/ die geschichte mit Pauli reise hier zu erzeh-
len/ wohin diß weissagen der vier Jungfrauen
zu ziehen ist. (2) Daß bey GOTT h erinnen
kein ansehen der person oder des geschlechts/
so wenig als im A. Testament/ da so bald eine
Debora als ein Esaias ist; im Neuen Testa-
[Spaltenumbruch] ment weissaget Agabus, und die Brüder zuJahr
MDC.
biß
MDCC.

Tyro/ es weissagen auch die vier Töchter Phi-
lippi.
(3) Daß GOTT auch noch die wei-
se behält/ als im Alten Testament; nemlich
daß die weissagung nicht allezeit mit blossen
worten/ sondern öffters mit nachdencklichen
gebärden geschehe. Damit nicht nur das ge-
hör/ sondern auch das gesicht die weissagung
dem gedächtnis eindrücke/ damit man es nicht
so bald vergessen möchte; da muste Jeremias
zum Töpffer gehen/ und sehen/ wie ihm der
topff unter der hand mißrieth/ cap. 18. bald
gar einen krug nehmen/ und ihn vor dem volck
zerbrechen/ c. 19. bald ein joch am hals tragen/
c. 27. im gefängniß einen acker kauffen/ c. 32.
und im 13. cap. muß er einen gürtel kauffen/ ihn
umgürten/ hernach am wasser Phrath in eine
steinritze verstecken/ und viel andere seltzame tha-
ten anderer Propheten mehr; also auch hier
Agabus im N. Testament nimmt den gürtel Pau-
li und bindet ihn damit. (4) Was thaten die
damaligen Christen und Paulus? verwarffen sie
die weissagungen dieser dreyerley personen?
hielten sie den Agabum vor einen wahnsinnigen/
daß er so wunderlich mit Paulo und seinem gür-
tel umgieng? nein; Paulus selbst/ der doch
gleich bey seiner bekehrung ein so herrlich gesich-
te hatte/ und hernachmals biß in den dritten
himmel verzückt wurde/ blehet sich deßwegen
nicht/ noch überhebt sich seiner gabe/ daß er die-
ses weissagen verachtet hätte; auch die/ so bey
ihnen waren/ geben diesem prophezeyen bey-
fall/ und bitten Paulum/ er soll nicht hinreisen/
und da er seine entschliessung sagte/ daß er be-
reit seye/ wie Agabus sagte/ sich binden zu las-
sen/ schweigen sie und sprechen dieses einige
noch: Des Herrn wille geschehe! und das tha-
te sie schon/ da eben dieser Agabus Act. 11. 28. eine
theurung verkündigte/ daß sie seine weissagung
glaubten/ und ihren Mit-Christen/ welche diese
Theure betreffen solte/ gleich eine beysteuer zu ge-
ben sich entschlossen. Weil es nun im N. Testa-
ment Propheten gehabt/ warum solte es
nicht dergleichen auch zu unsern zeiten haben
können? hat dieselbige gabe im wachsthum der
gepflantzten kirche auffgehöret? Nein/ wir fin-
den/ daß GOtt immer einige personen durch alle
secula damit ausgerüstet/ und daß allen gros-
sen veränderungen dergleichen prophezeyung
vorhergegangen. Weniger Propheten hat es ge-
geben/ weil sich auch weniger gefunden/ welche
sich dieser gabe würdig gemacht; doch hat es immer
einen oder etliche gegebe: niemand ist mehr wider
dergleichen weissagung/ als welche mit Ahab
immer gerne was gutes hören; niemand versetzt
diesen Propheten mehrere backenstreiche/ als die
falsche Propheten/ welche nicht leiden wollen/
daß in einem schlechten Micha der geist GOttes
seyn solle; wann es müglich wäre/ daß dieser
edle balsam in dergleichen unreine gefässe solte
gegossen werden/ wie solte die welt so voller Pro-
pheten-bücher seyn/ da würde man an allen orten
vom weissagen hören; aber weil es GOtt gefäl-
let die weisen dieser welt zu narren zu machen/
so erwehlet er was thöricht ist für der welt; der-
gleichen er an diesem weib gethan. Wenn es
endlich so weit kömmt/ daß etliche zugeben; es
können hier und da noch einige prophezeyen im
N. Testament gefunden werden/ so wollen sie
doch diese gabe nur in die manns personen sper-

ren/

Th. III. C. XXVII. Von denen geſichtern Annaͤ Vetterin.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
oͤffentlich daruͤber ſeuffzen hoͤre? alle ſtaͤnde
ſind mit einem hoͤlliſchen ſauerteig durchſaͤu-
ret/ es ſcheinet/ die hand GOTTes ſeye zur
rache ausgerecket/ damit er die welt nicht un-
gewarnet ſtraffe/ wie er ehemals vor der ſuͤnd-
fluth den Noah predigen/ und vor der zerſtoͤ-
rung Jeruſalem einen einfaͤltigen mann lang
vorher das weh ausruffē laſſen/ als hat er ſchon
lang her unterſchiedliche perſonen erwecket/
welche die welt vor ihren ſtraffen und letzten
urtheilen gewarnet. Unter andern hat er im Fuͤr-
ſtenthum Onoldsbach und umliegenden orten
ein einfaͤltiges geringes weib gleichſam aus dem
ſtaube hervor gezogen/ um eben die jenige zeit/
da in den Niederlanden und im Holſteiniſchen
die bekante Antoinette Boutignon zu ſchrei-
ben anfing/ nemlich ann. 1662. hat ſie mit der ga-
be kuͤnfftige dinge vorzuſagen ausgeruͤſtet/ und
allerhand wunderwuͤrdige geſichte ſehen laſſen/
wovon dem Chriſtlichen unpartheyiſchen leſer
unterſchiedliches hier mitgetheilet wird/ zur
bedachtſamen uͤberlegung. Zuvor aber iſt faſt
noͤthig/ etliche einwuͤrffe/ nicht der ruchloſen/
ſondern der jenigen/ die noch einen ſchein der
Gottſeligkeit haben/ und ſich mit dem buchſta-
ben der Schrifft ſchleppen/ oder mit vielen
vorurtheilen verblendet ſind/ zu beantworten:
1. Wollen ſie von denen Propheten im Neuen
Teſtament nichts hoͤren/ nicht nur von denen/
die ein neues Evangelium predigen/ denn da
glaubt ein Chriſt auch einem Engel vom him-
mel nicht/ ſondern auch von denen/ welche
die alte gerechtigkeit treiben/ bey der unordent-
lichen welt auf das Geſetz dringen/ und dazu/
welches gar zu Enthuſiaſtiſch fuͤrkommt/ mit
himmliſchen geſichtern und Goͤttlichen traͤu-
men kuͤnfftige ſachen vorzuſagen erleuchtet
ſind. Von dieſer materie iſt merckwuͤrdig das
XXI. Cap. der Apoſtel Geſchichte/ da leſen
wir/ daß die Juͤnger der Apoſtel und geiſtli-
chen Bruͤder zu Tyro einen prophetiſchen Geiſt
hatten/ und dem Apoſtel Paulo durch den
Geiſt ſagten: Er ſolle nicht hinaufgen Jeru-
ſalem ziehen. v. 4. Jm v. 9. folget/ Philippus, der
Evangeliſt zu Cæſarien/ habe vier Toͤchter ge-
habt/ die waren Jungfrauen und weiſſagten:
Gleich im 10. v. koͤmmt ein Prophet aus Ju-
dæa,
mit namen Agabus, zu Paulo und ſeiner
geſellſchafft/ der nahm den guͤrtel Paulo, und
band ſeine haͤnde und fuͤſſe/ und ſprach: Das
ſaget der Heilige Geiſt/ den mann/ deſſen die-
ſer guͤrtel iſt/ werden die Juͤden alſo binden zu
Jeruſalem/ und uͤberantworten in der Heyden
haͤnde. Aus dieſem ſiehet man klaͤrlich/ (1) daß
mit dem Alten Teſtament die gabe kuͤnfftige
dinge zuvor zu ſagen und Goͤttliche Geſichte
zu haben nicht aufgehoͤret. Denn hier haben
wir dreyerley partheyen/ die Chriſten zu Tyro/
die Toͤchter Philippi, welcher weiſſagung oh-
ne zweiffel auch nichts anders geweſen/ als
daß ſie ihrem gaſt/ dem Paulo, zuvor ſagten/
wie es ihm zu Jeruſalem gehen wuͤrde/ welches
die zu Tyro und Agabus vor und nach ihnen
thaten/ und des Evangeliſten Lucas ſein zweck
iſt/ die geſchichte mit Pauli reiſe hier zu erzeh-
len/ wohin diß weiſſagen der vier Jungfrauen
zu ziehen iſt. (2) Daß bey GOTT h erinnen
kein anſehen der perſon oder des geſchlechts/
ſo wenig als im A. Teſtament/ da ſo bald eine
Debora als ein Eſaias iſt; im Neuen Teſta-
[Spaltenumbruch] ment weiſſaget Agabus, und die Bruͤder zuJahr
MDC.
biß
MDCC.

Tyro/ es weiſſagen auch die vier Toͤchter Phi-
lippi.
(3) Daß GOTT auch noch die wei-
ſe behaͤlt/ als im Alten Teſtament; nemlich
daß die weiſſagung nicht allezeit mit bloſſen
worten/ ſondern oͤffters mit nachdencklichen
gebaͤrden geſchehe. Damit nicht nur das ge-
hoͤr/ ſondern auch das geſicht die weiſſagung
dem gedaͤchtnis eindruͤcke/ damit man es nicht
ſo bald vergeſſen moͤchte; da muſte Jeremias
zum Toͤpffer gehen/ und ſehen/ wie ihm der
topff unter der hand mißrieth/ cap. 18. bald
gar einen krug nehmen/ und ihn vor dem volck
zerbrechen/ c. 19. bald ein joch am hals tragen/
c. 27. im gefaͤngniß einen acker kauffen/ c. 32.
und im 13. cap. muß er einen guͤrtel kauffen/ ihn
umguͤrten/ hernach am waſſer Phrath in eine
ſteinritze verſtecken/ und viel andere ſeltzame tha-
ten anderer Propheten mehr; alſo auch hier
Agabus im N. Teſtament nim̃t den guͤrtel Pau-
li und bindet ihn damit. (4) Was thaten die
damaligen Chriſten und Paulus? verwarffen ſie
die weiſſagungen dieſer dreyerley perſonen?
hielten ſie den Agabum vor einen wahnſiñigen/
daß er ſo wunderlich mit Paulo und ſeinem guͤr-
tel umgieng? nein; Paulus ſelbſt/ der doch
gleich bey ſeiner bekehrung ein ſo herꝛlich geſich-
te hatte/ und hernachmals biß in den dritten
himmel verzuͤckt wurde/ blehet ſich deßwegen
nicht/ noch uͤberhebt ſich ſeiner gabe/ daß er die-
ſes weiſſagen verachtet haͤtte; auch die/ ſo bey
ihnen waren/ geben dieſem prophezeyen bey-
fall/ und bitten Paulum/ er ſoll nicht hinreiſen/
und da er ſeine entſchlieſſung ſagte/ daß er be-
reit ſeye/ wie Agabus ſagte/ ſich binden zu laſ-
ſen/ ſchweigen ſie und ſprechen dieſes einige
noch: Des Herꝛn wille geſchehe! uñ das tha-
tē ſie ſchon/ da eben dieſer Agabus Act. 11. 28. eine
theurung verkuͤndigte/ daß ſie ſeine weiſſagung
glaubten/ und ihren Mit-Chriſten/ welche dieſe
Theure betreffen ſolte/ gleich eine beyſteuer zu ge-
ben ſich entſchloſſen. Weil es nun im N. Teſta-
ment Propheten gehabt/ warum ſolte es
nicht dergleichen auch zu unſern zeiten haben
koͤnnen? hat dieſelbige gabe im wachsthum der
gepflantzten kirche auffgehoͤret? Nein/ wir fin-
den/ daß GOtt immer einige perſonen durch alle
ſecula damit ausgeruͤſtet/ und daß allen groſ-
ſen veraͤnderungen dergleichen prophezeyung
vorhergegangen. Weniger Propheten hat es ge-
geben/ weil ſich auch weniger gefunden/ welche
ſich dieſeꝛ gabe wuͤꝛdig gemacht; doch hat es im̃eꝛ
einen odeꝛ etliche gegebē: niemand iſt mehr wider
dergleichen weiſſagung/ als welche mit Ahab
immer gerne was gutes hoͤren; niemand verſetzt
dieſen Propheten mehrere backenſtreiche/ als die
falſche Propheten/ welche nicht leiden wollen/
daß in einem ſchlechten Micha der geiſt GOttes
ſeyn ſolle; wann es muͤglich waͤre/ daß dieſer
edle balſam in dergleichen unreine gefaͤſſe ſolte
gegoſſen werden/ wie ſolte die welt ſo voller Pro-
pheten-buͤcher ſeyn/ da wuͤrde man an allen orten
vom weiſſagen hoͤren; aber weil es GOtt gefaͤl-
let die weiſen dieſer welt zu narren zu machen/
ſo erwehlet er was thoͤricht iſt fuͤr der welt; der-
gleichen er an dieſem weib gethan. Wenn es
endlich ſo weit koͤmmt/ daß etliche zugeben; es
koͤnnen hier und da noch einige prophezeyen im
N. Teſtament gefunden werden/ ſo wollen ſie
doch dieſe gabe nur in die manns perſonen ſper-

ren/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0272" n="260"/><fw place="top" type="header">Th. <hi rendition="#aq">III.</hi> C. <hi rendition="#aq">XXVII.</hi> Von denen ge&#x017F;ichtern Anna&#x0364; Vetterin.</fw><lb/><cb/><note place="left">Jahr<lb/><hi rendition="#aq">MDC.</hi><lb/>
biß<lb/><hi rendition="#aq">MDCC.</hi></note>o&#x0364;ffentlich daru&#x0364;ber &#x017F;euffzen ho&#x0364;re? alle &#x017F;ta&#x0364;nde<lb/>
&#x017F;ind mit einem ho&#x0364;lli&#x017F;chen &#x017F;auerteig durch&#x017F;a&#x0364;u-<lb/>
ret/ es &#x017F;cheinet/ die hand GOTTes &#x017F;eye zur<lb/>
rache ausgerecket/ damit er die welt nicht un-<lb/>
gewarnet &#x017F;traffe/ wie er ehemals vor der &#x017F;u&#x0364;nd-<lb/>
fluth den Noah predigen/ und vor der zer&#x017F;to&#x0364;-<lb/>
rung Jeru&#x017F;alem einen einfa&#x0364;ltigen mann lang<lb/>
vorher das weh ausruff&#x0113; la&#x017F;&#x017F;en/ als hat er &#x017F;chon<lb/>
lang her unter&#x017F;chiedliche per&#x017F;onen erwecket/<lb/>
welche die welt vor ihren &#x017F;traffen und letzten<lb/>
urtheilen gewarnet. Unter andern hat er im Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;tenthum Onoldsbach und umliegenden orten<lb/>
ein einfa&#x0364;ltiges geringes weib gleich&#x017F;am aus dem<lb/>
&#x017F;taube hervor gezogen/ um eben die jenige zeit/<lb/>
da in den Niederlanden und im Hol&#x017F;teini&#x017F;chen<lb/>
die bekante <hi rendition="#aq">Antoinette Boutignon</hi> zu &#x017F;chrei-<lb/>
ben anfing/ nemlich <hi rendition="#aq">ann.</hi> 1662. hat &#x017F;ie mit der ga-<lb/>
be ku&#x0364;nfftige dinge vorzu&#x017F;agen ausgeru&#x0364;&#x017F;tet/ und<lb/>
allerhand wunderwu&#x0364;rdige ge&#x017F;ichte &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
wovon dem Chri&#x017F;tlichen unpartheyi&#x017F;chen le&#x017F;er<lb/>
unter&#x017F;chiedliches hier mitgetheilet wird/ zur<lb/>
bedacht&#x017F;amen u&#x0364;berlegung. Zuvor aber i&#x017F;t fa&#x017F;t<lb/>
no&#x0364;thig/ etliche einwu&#x0364;rffe/ nicht der ruchlo&#x017F;en/<lb/>
&#x017F;ondern der jenigen/ die noch einen &#x017F;chein der<lb/>
Gott&#x017F;eligkeit haben/ und &#x017F;ich mit dem buch&#x017F;ta-<lb/>
ben der Schrifft &#x017F;chleppen/ oder mit vielen<lb/>
vorurtheilen verblendet &#x017F;ind/ zu beantworten:<lb/>
1. Wollen &#x017F;ie von denen Propheten im Neuen<lb/>
Te&#x017F;tament nichts ho&#x0364;ren/ nicht nur von denen/<lb/>
die ein neues Evangelium predigen/ denn da<lb/>
glaubt ein Chri&#x017F;t auch einem Engel vom him-<lb/>
mel nicht/ &#x017F;ondern auch von denen/ welche<lb/>
die alte gerechtigkeit treiben/ bey der unordent-<lb/>
lichen welt auf das Ge&#x017F;etz dringen/ und dazu/<lb/>
welches gar zu <hi rendition="#aq">Enthu&#x017F;ia&#x017F;t</hi>i&#x017F;ch fu&#x0364;rkommt/ mit<lb/>
himmli&#x017F;chen ge&#x017F;ichtern und Go&#x0364;ttlichen tra&#x0364;u-<lb/>
men ku&#x0364;nfftige &#x017F;achen vorzu&#x017F;agen erleuchtet<lb/>
&#x017F;ind. Von die&#x017F;er <hi rendition="#aq">materi</hi>e i&#x017F;t merckwu&#x0364;rdig das<lb/><hi rendition="#aq">XXI. Cap.</hi> der Apo&#x017F;tel Ge&#x017F;chichte/ da le&#x017F;en<lb/>
wir/ daß die Ju&#x0364;nger der Apo&#x017F;tel und gei&#x017F;tli-<lb/>
chen Bru&#x0364;der zu Tyro einen propheti&#x017F;chen Gei&#x017F;t<lb/>
hatten/ und dem Apo&#x017F;tel <hi rendition="#aq">Paulo</hi> durch den<lb/>
Gei&#x017F;t &#x017F;agten: Er &#x017F;olle nicht hinaufgen Jeru-<lb/>
&#x017F;alem ziehen. <hi rendition="#aq">v.</hi> 4. Jm <hi rendition="#aq">v.</hi> 9. folget/ <hi rendition="#aq">Philippus,</hi> der<lb/>
Evangeli&#x017F;t zu <hi rendition="#aq">&#x017F;ari</hi>en/ habe vier To&#x0364;chter ge-<lb/>
habt/ die waren Jungfrauen und wei&#x017F;&#x017F;agten:<lb/>
Gleich im 10. <hi rendition="#aq">v.</hi> ko&#x0364;mmt ein Prophet aus <hi rendition="#aq">Ju-<lb/>
dæa,</hi> mit namen <hi rendition="#aq">Agabus,</hi> zu <hi rendition="#aq">Paulo</hi> und &#x017F;einer<lb/>
ge&#x017F;ell&#x017F;chafft/ der nahm den gu&#x0364;rtel <hi rendition="#aq">Paulo,</hi> und<lb/>
band &#x017F;eine ha&#x0364;nde und fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ und &#x017F;prach: Das<lb/>
&#x017F;aget der Heilige Gei&#x017F;t/ den mann/ de&#x017F;&#x017F;en die-<lb/>
&#x017F;er gu&#x0364;rtel i&#x017F;t/ werden die Ju&#x0364;den al&#x017F;o binden zu<lb/>
Jeru&#x017F;alem/ und u&#x0364;berantworten in der Heyden<lb/>
ha&#x0364;nde. Aus die&#x017F;em &#x017F;iehet man kla&#x0364;rlich/ (1) daß<lb/>
mit dem Alten Te&#x017F;tament die gabe ku&#x0364;nfftige<lb/>
dinge zuvor zu &#x017F;agen und Go&#x0364;ttliche Ge&#x017F;ichte<lb/>
zu haben nicht aufgeho&#x0364;ret. Denn hier haben<lb/>
wir dreyerley partheyen/ die Chri&#x017F;ten zu Tyro/<lb/>
die To&#x0364;chter <hi rendition="#aq">Philippi,</hi> welcher wei&#x017F;&#x017F;agung oh-<lb/>
ne zweiffel auch nichts anders gewe&#x017F;en/ als<lb/>
daß &#x017F;ie ihrem ga&#x017F;t/ dem <hi rendition="#aq">Paulo,</hi> zuvor &#x017F;agten/<lb/>
wie es ihm zu Jeru&#x017F;alem gehen wu&#x0364;rde/ welches<lb/>
die zu Tyro und <hi rendition="#aq">Agabus</hi> vor und nach ihnen<lb/>
thaten/ und des Evangeli&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Lucas</hi> &#x017F;ein zweck<lb/>
i&#x017F;t/ die ge&#x017F;chichte mit <hi rendition="#aq">Pauli</hi> rei&#x017F;e hier zu erzeh-<lb/>
len/ wohin diß wei&#x017F;&#x017F;agen der vier Jungfrauen<lb/>
zu ziehen i&#x017F;t. (2) Daß bey GOTT h erinnen<lb/>
kein an&#x017F;ehen der per&#x017F;on oder des ge&#x017F;chlechts/<lb/>
&#x017F;o wenig als im A. Te&#x017F;tament/ da &#x017F;o bald eine<lb/><hi rendition="#aq">Debora</hi> als ein E&#x017F;aias i&#x017F;t; im Neuen Te&#x017F;ta-<lb/><cb/>
ment wei&#x017F;&#x017F;aget <hi rendition="#aq">Agabus,</hi> und die Bru&#x0364;der zu<note place="right">Jahr<lb/><hi rendition="#aq">MDC.</hi><lb/>
biß<lb/><hi rendition="#aq">MDCC.</hi></note><lb/>
Tyro/ es wei&#x017F;&#x017F;agen auch die vier To&#x0364;chter <hi rendition="#aq">Phi-<lb/>
lippi.</hi> (3) Daß GOTT auch noch die wei-<lb/>
&#x017F;e beha&#x0364;lt/ als im Alten Te&#x017F;tament; nemlich<lb/>
daß die wei&#x017F;&#x017F;agung nicht allezeit mit blo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
worten/ &#x017F;ondern o&#x0364;ffters mit nachdencklichen<lb/>
geba&#x0364;rden ge&#x017F;chehe. Damit nicht nur das ge-<lb/>
ho&#x0364;r/ &#x017F;ondern auch das ge&#x017F;icht die wei&#x017F;&#x017F;agung<lb/>
dem geda&#x0364;chtnis eindru&#x0364;cke/ damit man es nicht<lb/>
&#x017F;o bald verge&#x017F;&#x017F;en mo&#x0364;chte; da mu&#x017F;te Jeremias<lb/>
zum To&#x0364;pffer gehen/ und &#x017F;ehen/ wie ihm der<lb/>
topff unter der hand mißrieth/ <hi rendition="#aq">cap.</hi> 18. bald<lb/>
gar einen krug nehmen/ und ihn vor dem volck<lb/>
zerbrechen/ <hi rendition="#aq">c.</hi> 19. bald ein joch am hals tragen/<lb/><hi rendition="#aq">c.</hi> 27. im gefa&#x0364;ngniß einen acker kauffen/ <hi rendition="#aq">c.</hi> 32.<lb/>
und im 13. <hi rendition="#aq">cap.</hi> muß er einen gu&#x0364;rtel kauffen/ ihn<lb/>
umgu&#x0364;rten/ hernach am wa&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">Phrath</hi> in eine<lb/>
&#x017F;teinritze ver&#x017F;tecken/ und viel andere &#x017F;eltzame tha-<lb/>
ten anderer Propheten mehr; al&#x017F;o auch hier<lb/><hi rendition="#aq">Agabus</hi> im N. Te&#x017F;tament nim&#x0303;t den gu&#x0364;rtel Pau-<lb/>
li und bindet ihn damit. (4) Was thaten die<lb/>
damaligen Chri&#x017F;ten und <hi rendition="#aq">Paulus?</hi> verwarffen &#x017F;ie<lb/>
die wei&#x017F;&#x017F;agungen die&#x017F;er dreyerley per&#x017F;onen?<lb/>
hielten &#x017F;ie den <hi rendition="#aq">Agabum</hi> vor einen wahn&#x017F;in&#x0303;igen/<lb/>
daß er &#x017F;o wunderlich mit <hi rendition="#aq">Paulo</hi> und &#x017F;einem gu&#x0364;r-<lb/>
tel umgieng? nein; <hi rendition="#aq">Paulus</hi> &#x017F;elb&#x017F;t/ der doch<lb/>
gleich bey &#x017F;einer bekehrung ein &#x017F;o her&#xA75B;lich ge&#x017F;ich-<lb/>
te hatte/ und hernachmals biß in den dritten<lb/>
himmel verzu&#x0364;ckt wurde/ blehet &#x017F;ich deßwegen<lb/>
nicht/ noch u&#x0364;berhebt &#x017F;ich &#x017F;einer gabe/ daß er die-<lb/>
&#x017F;es wei&#x017F;&#x017F;agen verachtet ha&#x0364;tte; auch die/ &#x017F;o bey<lb/>
ihnen waren/ geben die&#x017F;em prophezeyen bey-<lb/>
fall/ und bitten Paulum/ er &#x017F;oll nicht hinrei&#x017F;en/<lb/>
und da er &#x017F;eine ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ung &#x017F;agte/ daß er be-<lb/>
reit &#x017F;eye/ wie <hi rendition="#aq">Agabus</hi> &#x017F;agte/ &#x017F;ich binden zu la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ &#x017F;chweigen &#x017F;ie und &#x017F;prechen die&#x017F;es einige<lb/>
noch: <hi rendition="#fr">Des Her&#xA75B;n wille ge&#x017F;chehe!</hi> un&#x0303; das tha-<lb/>
t&#x0113; &#x017F;ie &#x017F;chon/ da eben die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Agabus Act.</hi> 11. 28. eine<lb/>
theurung verku&#x0364;ndigte/ daß &#x017F;ie &#x017F;eine wei&#x017F;&#x017F;agung<lb/>
glaubten/ und ihren Mit-Chri&#x017F;ten/ welche die&#x017F;e<lb/>
Theure betreffen &#x017F;olte/ gleich eine bey&#x017F;teuer zu ge-<lb/>
ben &#x017F;ich ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Weil es nun im N. Te&#x017F;ta-<lb/>
ment Propheten gehabt/ warum &#x017F;olte es<lb/>
nicht dergleichen auch zu un&#x017F;ern zeiten haben<lb/>
ko&#x0364;nnen? hat die&#x017F;elbige gabe im wachsthum der<lb/>
gepflantzten kirche auffgeho&#x0364;ret? Nein/ wir fin-<lb/>
den/ daß GOtt immer einige per&#x017F;onen durch alle<lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;ecula</hi> damit ausgeru&#x0364;&#x017F;tet/ und daß allen gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en vera&#x0364;nderungen dergleichen prophezeyung<lb/>
vorhergegangen. Weniger Propheten hat es ge-<lb/>
geben/ weil &#x017F;ich auch weniger gefunden/ welche<lb/>
&#x017F;ich die&#x017F;e&#xA75B; gabe wu&#x0364;&#xA75B;dig gemacht; doch hat es im&#x0303;e&#xA75B;<lb/>
einen ode&#xA75B; etliche gegeb&#x0113;: niemand i&#x017F;t mehr wider<lb/>
dergleichen wei&#x017F;&#x017F;agung/ als welche mit <hi rendition="#aq">Ahab</hi><lb/>
immer gerne was gutes ho&#x0364;ren; niemand ver&#x017F;etzt<lb/>
die&#x017F;en Propheten mehrere backen&#x017F;treiche/ als die<lb/>
fal&#x017F;che Propheten/ welche nicht leiden wollen/<lb/>
daß in einem &#x017F;chlechten <hi rendition="#aq">Micha</hi> der gei&#x017F;t GOttes<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;olle; wann es mu&#x0364;glich wa&#x0364;re/ daß die&#x017F;er<lb/>
edle bal&#x017F;am in dergleichen unreine gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;olte<lb/>
gego&#x017F;&#x017F;en werden/ wie &#x017F;olte die welt &#x017F;o voller Pro-<lb/>
pheten-bu&#x0364;cher &#x017F;eyn/ da wu&#x0364;rde man an allen orten<lb/>
vom wei&#x017F;&#x017F;agen ho&#x0364;ren; aber weil es GOtt gefa&#x0364;l-<lb/>
let die wei&#x017F;en die&#x017F;er welt zu narren zu machen/<lb/>
&#x017F;o erwehlet er was tho&#x0364;richt i&#x017F;t fu&#x0364;r der welt; der-<lb/>
gleichen er an die&#x017F;em weib gethan. Wenn es<lb/>
endlich &#x017F;o weit ko&#x0364;mmt/ daß etliche zugeben; es<lb/>
ko&#x0364;nnen hier und da noch einige prophezeyen im<lb/>
N. Te&#x017F;tament gefunden werden/ &#x017F;o wollen &#x017F;ie<lb/>
doch die&#x017F;e gabe nur in die manns per&#x017F;onen &#x017F;per-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ren/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0272] Th. III. C. XXVII. Von denen geſichtern Annaͤ Vetterin. oͤffentlich daruͤber ſeuffzen hoͤre? alle ſtaͤnde ſind mit einem hoͤlliſchen ſauerteig durchſaͤu- ret/ es ſcheinet/ die hand GOTTes ſeye zur rache ausgerecket/ damit er die welt nicht un- gewarnet ſtraffe/ wie er ehemals vor der ſuͤnd- fluth den Noah predigen/ und vor der zerſtoͤ- rung Jeruſalem einen einfaͤltigen mann lang vorher das weh ausruffē laſſen/ als hat er ſchon lang her unterſchiedliche perſonen erwecket/ welche die welt vor ihren ſtraffen und letzten urtheilen gewarnet. Unter andern hat er im Fuͤr- ſtenthum Onoldsbach und umliegenden orten ein einfaͤltiges geringes weib gleichſam aus dem ſtaube hervor gezogen/ um eben die jenige zeit/ da in den Niederlanden und im Holſteiniſchen die bekante Antoinette Boutignon zu ſchrei- ben anfing/ nemlich ann. 1662. hat ſie mit der ga- be kuͤnfftige dinge vorzuſagen ausgeruͤſtet/ und allerhand wunderwuͤrdige geſichte ſehen laſſen/ wovon dem Chriſtlichen unpartheyiſchen leſer unterſchiedliches hier mitgetheilet wird/ zur bedachtſamen uͤberlegung. Zuvor aber iſt faſt noͤthig/ etliche einwuͤrffe/ nicht der ruchloſen/ ſondern der jenigen/ die noch einen ſchein der Gottſeligkeit haben/ und ſich mit dem buchſta- ben der Schrifft ſchleppen/ oder mit vielen vorurtheilen verblendet ſind/ zu beantworten: 1. Wollen ſie von denen Propheten im Neuen Teſtament nichts hoͤren/ nicht nur von denen/ die ein neues Evangelium predigen/ denn da glaubt ein Chriſt auch einem Engel vom him- mel nicht/ ſondern auch von denen/ welche die alte gerechtigkeit treiben/ bey der unordent- lichen welt auf das Geſetz dringen/ und dazu/ welches gar zu Enthuſiaſtiſch fuͤrkommt/ mit himmliſchen geſichtern und Goͤttlichen traͤu- men kuͤnfftige ſachen vorzuſagen erleuchtet ſind. Von dieſer materie iſt merckwuͤrdig das XXI. Cap. der Apoſtel Geſchichte/ da leſen wir/ daß die Juͤnger der Apoſtel und geiſtli- chen Bruͤder zu Tyro einen prophetiſchen Geiſt hatten/ und dem Apoſtel Paulo durch den Geiſt ſagten: Er ſolle nicht hinaufgen Jeru- ſalem ziehen. v. 4. Jm v. 9. folget/ Philippus, der Evangeliſt zu Cæſarien/ habe vier Toͤchter ge- habt/ die waren Jungfrauen und weiſſagten: Gleich im 10. v. koͤmmt ein Prophet aus Ju- dæa, mit namen Agabus, zu Paulo und ſeiner geſellſchafft/ der nahm den guͤrtel Paulo, und band ſeine haͤnde und fuͤſſe/ und ſprach: Das ſaget der Heilige Geiſt/ den mann/ deſſen die- ſer guͤrtel iſt/ werden die Juͤden alſo binden zu Jeruſalem/ und uͤberantworten in der Heyden haͤnde. Aus dieſem ſiehet man klaͤrlich/ (1) daß mit dem Alten Teſtament die gabe kuͤnfftige dinge zuvor zu ſagen und Goͤttliche Geſichte zu haben nicht aufgehoͤret. Denn hier haben wir dreyerley partheyen/ die Chriſten zu Tyro/ die Toͤchter Philippi, welcher weiſſagung oh- ne zweiffel auch nichts anders geweſen/ als daß ſie ihrem gaſt/ dem Paulo, zuvor ſagten/ wie es ihm zu Jeruſalem gehen wuͤrde/ welches die zu Tyro und Agabus vor und nach ihnen thaten/ und des Evangeliſten Lucas ſein zweck iſt/ die geſchichte mit Pauli reiſe hier zu erzeh- len/ wohin diß weiſſagen der vier Jungfrauen zu ziehen iſt. (2) Daß bey GOTT h erinnen kein anſehen der perſon oder des geſchlechts/ ſo wenig als im A. Teſtament/ da ſo bald eine Debora als ein Eſaias iſt; im Neuen Teſta- ment weiſſaget Agabus, und die Bruͤder zu Tyro/ es weiſſagen auch die vier Toͤchter Phi- lippi. (3) Daß GOTT auch noch die wei- ſe behaͤlt/ als im Alten Teſtament; nemlich daß die weiſſagung nicht allezeit mit bloſſen worten/ ſondern oͤffters mit nachdencklichen gebaͤrden geſchehe. Damit nicht nur das ge- hoͤr/ ſondern auch das geſicht die weiſſagung dem gedaͤchtnis eindruͤcke/ damit man es nicht ſo bald vergeſſen moͤchte; da muſte Jeremias zum Toͤpffer gehen/ und ſehen/ wie ihm der topff unter der hand mißrieth/ cap. 18. bald gar einen krug nehmen/ und ihn vor dem volck zerbrechen/ c. 19. bald ein joch am hals tragen/ c. 27. im gefaͤngniß einen acker kauffen/ c. 32. und im 13. cap. muß er einen guͤrtel kauffen/ ihn umguͤrten/ hernach am waſſer Phrath in eine ſteinritze verſtecken/ und viel andere ſeltzame tha- ten anderer Propheten mehr; alſo auch hier Agabus im N. Teſtament nim̃t den guͤrtel Pau- li und bindet ihn damit. (4) Was thaten die damaligen Chriſten und Paulus? verwarffen ſie die weiſſagungen dieſer dreyerley perſonen? hielten ſie den Agabum vor einen wahnſiñigen/ daß er ſo wunderlich mit Paulo und ſeinem guͤr- tel umgieng? nein; Paulus ſelbſt/ der doch gleich bey ſeiner bekehrung ein ſo herꝛlich geſich- te hatte/ und hernachmals biß in den dritten himmel verzuͤckt wurde/ blehet ſich deßwegen nicht/ noch uͤberhebt ſich ſeiner gabe/ daß er die- ſes weiſſagen verachtet haͤtte; auch die/ ſo bey ihnen waren/ geben dieſem prophezeyen bey- fall/ und bitten Paulum/ er ſoll nicht hinreiſen/ und da er ſeine entſchlieſſung ſagte/ daß er be- reit ſeye/ wie Agabus ſagte/ ſich binden zu laſ- ſen/ ſchweigen ſie und ſprechen dieſes einige noch: Des Herꝛn wille geſchehe! uñ das tha- tē ſie ſchon/ da eben dieſer Agabus Act. 11. 28. eine theurung verkuͤndigte/ daß ſie ſeine weiſſagung glaubten/ und ihren Mit-Chriſten/ welche dieſe Theure betreffen ſolte/ gleich eine beyſteuer zu ge- ben ſich entſchloſſen. Weil es nun im N. Teſta- ment Propheten gehabt/ warum ſolte es nicht dergleichen auch zu unſern zeiten haben koͤnnen? hat dieſelbige gabe im wachsthum der gepflantzten kirche auffgehoͤret? Nein/ wir fin- den/ daß GOtt immer einige perſonen durch alle ſecula damit ausgeruͤſtet/ und daß allen groſ- ſen veraͤnderungen dergleichen prophezeyung vorhergegangen. Weniger Propheten hat es ge- geben/ weil ſich auch weniger gefunden/ welche ſich dieſeꝛ gabe wuͤꝛdig gemacht; doch hat es im̃eꝛ einen odeꝛ etliche gegebē: niemand iſt mehr wider dergleichen weiſſagung/ als welche mit Ahab immer gerne was gutes hoͤren; niemand verſetzt dieſen Propheten mehrere backenſtreiche/ als die falſche Propheten/ welche nicht leiden wollen/ daß in einem ſchlechten Micha der geiſt GOttes ſeyn ſolle; wann es muͤglich waͤre/ daß dieſer edle balſam in dergleichen unreine gefaͤſſe ſolte gegoſſen werden/ wie ſolte die welt ſo voller Pro- pheten-buͤcher ſeyn/ da wuͤrde man an allen orten vom weiſſagen hoͤren; aber weil es GOtt gefaͤl- let die weiſen dieſer welt zu narren zu machen/ ſo erwehlet er was thoͤricht iſt fuͤr der welt; der- gleichen er an dieſem weib gethan. Wenn es endlich ſo weit koͤmmt/ daß etliche zugeben; es koͤnnen hier und da noch einige prophezeyen im N. Teſtament gefunden werden/ ſo wollen ſie doch dieſe gabe nur in die manns perſonen ſper- ren/ Jahr MDC. biß MDCC. Jahr MDC. biß MDCC.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/272
Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/272>, abgerufen am 22.12.2024.