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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. III. C. XIX. Von Quirino Kuhlmann.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
"gung publicirt/ und dem kirchen-convent de-
"rer Reformirten praesentiren lassen/ auch heim-
"|lich allerhand bücher ausgestreuet/ darinn er
Falsche
anklagen.
"sich vor den Sohn des Sohnes GOttes aus-
"gegeben/ der in die welt geschicket wäre/ ein
"Chiliastisches reich auffzurichten. Forn auff
"die bücher hätte er sein eheweib mit sonnen-
"strahlen und mit einer crone von 12. sternen
"samt dem mond unter den füssen als eine Kö-
"nigin des neuen Jerusalems abmahlen lassen.
Beförde-
rung sei-
nes todes.
"Weil nun Nordermann diese weissagung auch
"einem Minister gegeben/ und es also dem
"Patriarchen kund worden/ habe dieser die Lu-
"therischen und Reformirten Prediger vor sich
"gefordert/ und sie wegen des Kuhlmanns be-
"fragt. Diese hätten ihm ein solch zeug-
"niß gegeben/ wie es ein solcher
Fanaticus
Gefan-
geuschafft.
"werth gewesen. Man hätte ihn darauff
"mit Nordermannen gefangen gesetzet/ und sei-
"ne Gotteslästerungen aus seinen büchern gezo-
"gen/ auch die Pastores gefragt/ ob sie es auch
"mit ihm hielten. (Da man denn leicht geden-
"cken kan/ daß sie nicht werden ja gesagt haben.)
"Diese hätten es beständig geleugnet/ und die
"Fanatischen blasphemien in die hölle verdam-
"met.

10. " Man hätte diese beyde hernach peinlich
"gefragt/ da denn Kuhlmann anfänglich mit
"feuer vom himmel gedrohet/ aber bald nach
"härterer peinigung um verzeihung gebeten/
"und noch einen mahler verrathen/ der in diese
Seltsame
bekebrung
der Böh-
misten.
"lande gezogen. Dieser wäre hernach im ge-
"fängniß an gifft gestorben/ jene aber ver-
"brannt/ und ihre schrifftenbey leib-und lebens-
"straffe verboten worden. Die Boehmisten
"hätten sich nach diesem nicht mehr sehen lassen/
"und schiene es/ als wenn sie nunmehr den
"aller heiligsten glauben der Lutheri-
"schen kirche besser annehmen.
(Nach-
"dem man sie nemlich mit feuer und schwerd be-
"trohet) So weit gehet der gedachte brieff/ zu
welchem ich noch einige andere nachricht aus
D. Samuel Schelwigs sectirischer Pietisterey
p. I. Artic. VIII. pag. 49. füge/ allwo eben dieses
Des Luthe-
rischen
Pfarrers
geständ-
niß/ daß er
Kuhlman-
nen zum
tod ge-
bracht.
M. Meineckens Lutherischen Pastoris in der
Teutschen Slaboda vor Moscau send-brieff an
D. Breverum Superintendenten in Riga ange-
führet wird/ darinnen er ausdrücklich bekennet/
wie er selbst denen barbarischen Moscowitern
zu dieser grausamen sache der urheber gewesen.
Denn so lauten seine eigene worte: Er (Kuhl-
mann) hat hier schier solche händel an-
gefangen/ als
anno 1669. Thomas Tanto
und Jacob Taube in Lübeck anfiengen/
und
conventicula gehalten/ über das auch
ein
tractätgen in 8vo. ein schand-buch/ ein
schmäh-und läster-buch/ darin er wider
reine Evangelische
Ministeria gelästert/
vielen
insinuiren lassen/ davon mir auch
eines zu händen kam: So habe ich auch
gethan/ was meine seelen-sorge und die
wolfarth meiner anvertraueten gemei-
ne und anderer Christen erfordert/ wel-
ches durch Gottes gnade so weit
NB. ge-
lungen/ daß nicht allein einige die
con-
venticula
gemeidet/ und einige/ so schon
darinnen/ daraus getreten/ sondern daß
es auch vor den Herrn
Patriarchen und
folgends vor die Herrn
Czaaren kommen.

11. Ferner schreibet eben derselbe vom 5.
[Spaltenumbruch] Octobris (war gleich der tag nach KuhlmannsJahr
MDC.
biß
MDCC.

verbrennung/ an welchem dieser Pfarrer die frö-
liche post denen andern brachte) 1689. p. II. Ar-
tic. IX. pag.
58. an Breverum: Daß er die
thorheit dieses anführers der
Boehmisten
auff der cantzel gestrafft/ und mit noch
grösserm leidwesen dennoch sehen müs-
sen/ daß als Kuhlmann unter dem na-
men Ludwigs
Ludovici dahin gekom-
men/ sich bey
30. Boehmisten zu ihm ge-
schlagen/ die aber/ als er und Norder-
mann den
4. Octobris nach vieler ausge-
standenen marter offentlich verbrannt
wurde/ sich bald von einander getren-
net/ und die flügel sincken lassen.
Und
weiter pag. 255. schreibet Meinecke: Jch ha-
be ihn vorunglück gewarnet und ernst-
lich vermahnet/ er solte sich hier stille
verhalten/ und sich nicht äussern: Solte
ich etwas vermercken/ würde ich thun
was mein amt und gewissen erforderte/
und mich seinem
fanatischen geist NB. mit
macht wiedersetzen. Wäre wol gewe-
sen/ wenn er meiner treuhertzigen ver-
mahnung gefolgt/ so würde er der
schmäh-und schmertzlichen beschimpf-
fung/ ingleichen des gewaltsamen to-
des; ich aber
NB. vieler mühe und ver-
drießligkeiten/ die ich doch nicht groß
geachtet/ überhoben blieben seyn.

12. Dieses mag noch ferner erläutern ein ei-
genhändiges schreiben von Kuhlmanns mutter
Rosina Kuhlmannin/ geborner Ludwigin/ so sie
von ihres sohnes tod anno 1690. den 5. Julii aus
Breßlau nach Amsterdamm geschrieben/ darin-
nen unter andern folgendes stehet; MeldeNoch um-
ständlicher
bericht
von Kuhl-
manus
mutter
selbst.

mitschwerem hertzen/ daß eine person/
welche damals in Moscau in der stadt
Stolitze bey einem halben jahr gewesen/
und auch als dieser harte proceß mit
meinem kinde vorgegangen/ solches da-
mals seinen eltern allhier in Breßlau be-
richtet/ mir alles mündlich versich ert
habe. Ach leider/ GOtt erbarme es/
daß es wahr gnug ist/ die weil er alles be-
richtete/ wie er bey einem kauffmann
wäre eingezogen/ namens Nordermann/
bey selbem aber nebenst dem kauffmann
gefänglich eingezogen/ auch zu harter
tortur beyde angehalten. Das verbre-
chen wäre dieses/ weil er viel prophezey-
et über Moscau/ welches auch gesche-
hen/ als haben sie ihn beschuldiget/ er
habe diese wissenschafft vom teuffel und
durch zaubereyen erlanget/ vor welches
er sich gnugsam verantwortet/ als ha-
ben die Jesuiten ihren
consens und gut-
achten wegen seiner bücher und schriff-
ten sagen sollen/ welche geantwortet/
daß seine schriften und bücher nicht Mo-
scau/ sondern den Pabst und Käyser an-
giengen. Die Reformirten haben gleich-
Klage
über die
Lutheri-
schen Pre-
diger.

falls nichts des todes werth befunden/
der Patriarch und Lutheraner Prediger
haben inständig gebeten/ der
Czaar solte
sie aus dem wege räumen/ damit nichts
neues auffgebracht/ und Moscau ruhig
bliebe; es wäre aber gute hoffnung gewe-
sen/ daß sie würden loß kommen/ und aus
ihrem gefängniß erlediget werden. Ach

leider
A. K. H. Dritter Cheil. Bb 2

Th. III. C. XIX. Von Quirino Kuhlmann.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
„gung publicirt/ und dem kirchen-convent de-
„rer Reformirten præſentiren laſſen/ auch heim-
„|lich allerhand buͤcher ausgeſtreuet/ darinn er
Falſche
anklagen.
„ſich vor den Sohn des Sohnes GOttes aus-
„gegeben/ der in die welt geſchicket waͤre/ ein
Chiliaſtiſches reich auffzurichten. Forn auff
„die buͤcher haͤtte er ſein eheweib mit ſonnen-
„ſtrahlen und mit einer crone von 12. ſternen
„ſamt dem mond unter den fuͤſſen als eine Koͤ-
„nigin des neuen Jeruſalems abmahlen laſſen.
Befoͤrde-
rung ſei-
nes todes.
„Weil nun Nordermann dieſe weiſſagung auch
„einem Miniſter gegeben/ und es alſo dem
„Patriarchen kund worden/ habe dieſer die Lu-
„theriſchen und Reformirten Prediger vor ſich
„gefordert/ und ſie wegen des Kuhlmanns be-
„fragt. Dieſe haͤtten ihm ein ſolch zeug-
„niß gegeben/ wie es ein ſolcher
Fanaticus
Gefan-
geuſchafft.
werth geweſen. Man haͤtte ihn darauff
„mit Nordermannen gefangen geſetzet/ und ſei-
„ne Gotteslaͤſterungen aus ſeinen buͤchern gezo-
„gen/ auch die Paſtores gefragt/ ob ſie es auch
„mit ihm hielten. (Da man denn leicht geden-
„cken kan/ daß ſie nicht werden ja geſagt haben.)
„Dieſe haͤtten es beſtaͤndig geleugnet/ und die
Fanatiſchen blaſphemien in die hoͤlle verdam-
„met.

10. „ Man haͤtte dieſe beyde hernach peinlich
„gefragt/ da denn Kuhlmann anfaͤnglich mit
„feuer vom himmel gedrohet/ aber bald nach
„haͤrterer peinigung um verzeihung gebeten/
„und noch einen mahler verrathen/ der in dieſe
Seltſame
bekebrung
der Boͤh-
miſten.
„lande gezogen. Dieſer waͤre hernach im ge-
„faͤngniß an gifft geſtorben/ jene aber ver-
„brannt/ und ihre ſchrifftenbey leib-und lebens-
„ſtraffe verboten worden. Die Bœhmiſten
„haͤtten ſich nach dieſem nicht mehr ſehen laſſen/
„und ſchiene es/ als wenn ſie nunmehꝛ den
„aller heiligſten glauben der Lutheri-
„ſchen kirche beſſer annehmen.
(Nach-
„dem man ſie nemlich mit feuer und ſchwerd be-
„trohet) So weit gehet der gedachte brieff/ zu
welchem ich noch einige andere nachricht aus
D. Samuel Schelwigs ſectiriſcher Pietiſterey
p. I. Artic. VIII. pag. 49. fuͤge/ allwo eben dieſes
Des Luthe-
riſchen
Pfarrers
geſtaͤnd-
niß/ daß er
Kuhlman-
nen zum
tod ge-
bracht.
M. Meineckens Lutheriſchen Paſtoris in der
Teutſchen Slaboda vor Moſcau ſend-brieff an
D. Breverum Superintendenten in Riga ange-
fuͤhret wird/ darinnen er ausdruͤcklich bekennet/
wie er ſelbſt denen barbariſchen Moſcowitern
zu dieſer grauſamen ſache der urheber geweſen.
Denn ſo lauten ſeine eigene worte: Er (Kuhl-
mann) hat hier ſchier ſolche haͤndel an-
gefangen/ als
anno 1669. Thomas Tanto
und Jacob Taube in Luͤbeck anfiengen/
und
conventicula gehalten/ uͤber das auch
ein
tractaͤtgen in 8vo. ein ſchand-buch/ ein
ſchmaͤh-und laͤſter-buch/ darin er wider
reine Evangeliſche
Miniſteria gelaͤſtert/
vielen
inſinuiren laſſen/ davon mir auch
eines zu haͤnden kam: So habe ich auch
gethan/ was meine ſeelen-ſorge und die
wolfarth meiner anvertraueten gemei-
ne und anderer Chriſten erfordert/ wel-
ches durch Gottes gnade ſo weit
NB. ge-
lungen/ daß nicht allein einige die
con-
venticula
gemeidet/ und einige/ ſo ſchon
darinnen/ daraus getreten/ ſondern daß
es auch vor den Herꝛn
Patriarchen und
folgends vor die Herꝛn
Czaaren kommen.

11. Ferner ſchreibet eben derſelbe vom 5.
[Spaltenumbruch] Octobris (war gleich der tag nach KuhlmannsJahr
MDC.
biß
MDCC.

verbrennung/ an welchem dieſer Pfarrer die froͤ-
liche poſt denen andern brachte) 1689. p. II. Ar-
tic. IX. pag.
58. an Breverum: Daß er die
thorheit dieſes anfuͤhrers der
Bœhmiſten
auff der cantzel geſtrafft/ und mit noch
groͤſſerm leidweſen dennoch ſehen muͤſ-
ſen/ daß als Kuhlmann unter dem na-
men Ludwigs
Ludovici dahin gekom-
men/ ſich bey
30. Bœhmiſten zu ihm ge-
ſchlagen/ die aber/ als er und Norder-
mann den
4. Octobris nach vieler ausge-
ſtandenen marter offentlich verbrannt
wurde/ ſich bald von einander getren-
net/ und die fluͤgel ſincken laſſen.
Und
weiter pag. 255. ſchreibet Meinecke: Jch ha-
be ihn vorungluͤck gewarnet und ernſt-
lich vermahnet/ er ſolte ſich hier ſtille
verhalten/ und ſich nicht aͤuſſern: Solte
ich etwas vermercken/ wuͤrde ich thun
was mein amt und gewiſſen erforderte/
und mich ſeinem
fanatiſchen geiſt NB. mit
macht wiederſetzen. Waͤre wol gewe-
ſen/ wenn er meiner treuhertzigen ver-
mahnung gefolgt/ ſo wuͤrde er der
ſchmaͤh-und ſchmertzlichen beſchimpf-
fung/ ingleichen des gewaltſamen to-
des; ich aber
NB. vieler muͤhe und ver-
drießligkeiten/ die ich doch nicht groß
geachtet/ uͤberhoben blieben ſeyn.

12. Dieſes mag noch ferner erlaͤutern ein ei-
genhaͤndiges ſchreiben von Kuhlmanns mutter
Roſina Kuhlmannin/ geborner Ludwigin/ ſo ſie
von ihres ſohnes tod anno 1690. den 5. Julii aus
Breßlau nach Amſterdamm geſchrieben/ darin-
nen unter andern folgendes ſtehet; MeldeNoch um-
ſtaͤndlicher
bericht
von Kuhl-
manus
mutter
ſelbſt.

mitſchwerem hertzen/ daß eine perſon/
welche damals in Moſcau in der ſtadt
Stolitze bey einem halben jahr geweſen/
und auch als dieſer harte proceß mit
meinem kinde vorgegangen/ ſolches da-
mals ſeinen eltern allhier in Breßlau be-
richtet/ mir alles muͤndlich verſich ert
habe. Ach leider/ GOtt erbarme es/
daß es wahr gnug iſt/ die weil er alles be-
richtete/ wie er bey einem kauffmann
waͤre eingezogen/ namens Noꝛdeꝛmann/
bey ſelbem aber nebenſt dem kauffmann
gefaͤnglich eingezogen/ auch zu harter
tortur beyde angehalten. Das verbre-
chen waͤre dieſes/ weil er viel prophezey-
et uͤber Moſcau/ welches auch geſche-
hen/ als haben ſie ihn beſchuldiget/ er
habe dieſe wiſſenſchafft vom teuffel und
durch zaubereyen erlanget/ vor welches
er ſich gnugſam verantwortet/ als ha-
ben die Jeſuiten ihren
conſens und gut-
achten wegen ſeiner buͤcher und ſchriff-
ten ſagen ſollen/ welche geantwortet/
daß ſeine ſchriften und buͤcheꝛ nicht Mo-
ſcau/ ſondern den Pabſt und Kaͤyſer an-
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uͤber die
Lutheri-
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haben inſtaͤndig gebeten/ der
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bliebe; es waͤre abeꝛ gute hoffnung gewe-
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A. K. H. Dritter Cheil. Bb 2
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[195/0207] Th. III. C. XIX. Von Quirino Kuhlmann. „gung publicirt/ und dem kirchen-convent de- „rer Reformirten præſentiren laſſen/ auch heim- „|lich allerhand buͤcher ausgeſtreuet/ darinn er „ſich vor den Sohn des Sohnes GOttes aus- „gegeben/ der in die welt geſchicket waͤre/ ein „Chiliaſtiſches reich auffzurichten. Forn auff „die buͤcher haͤtte er ſein eheweib mit ſonnen- „ſtrahlen und mit einer crone von 12. ſternen „ſamt dem mond unter den fuͤſſen als eine Koͤ- „nigin des neuen Jeruſalems abmahlen laſſen. „Weil nun Nordermann dieſe weiſſagung auch „einem Miniſter gegeben/ und es alſo dem „Patriarchen kund worden/ habe dieſer die Lu- „theriſchen und Reformirten Prediger vor ſich „gefordert/ und ſie wegen des Kuhlmanns be- „fragt. Dieſe haͤtten ihm ein ſolch zeug- „niß gegeben/ wie es ein ſolcher Fanaticus „werth geweſen. Man haͤtte ihn darauff „mit Nordermannen gefangen geſetzet/ und ſei- „ne Gotteslaͤſterungen aus ſeinen buͤchern gezo- „gen/ auch die Paſtores gefragt/ ob ſie es auch „mit ihm hielten. (Da man denn leicht geden- „cken kan/ daß ſie nicht werden ja geſagt haben.) „Dieſe haͤtten es beſtaͤndig geleugnet/ und die „Fanatiſchen blaſphemien in die hoͤlle verdam- „met. Jahr MDC. biß MDCC. Falſche anklagen. Befoͤrde- rung ſei- nes todes. Gefan- geuſchafft. 10. „ Man haͤtte dieſe beyde hernach peinlich „gefragt/ da denn Kuhlmann anfaͤnglich mit „feuer vom himmel gedrohet/ aber bald nach „haͤrterer peinigung um verzeihung gebeten/ „und noch einen mahler verrathen/ der in dieſe „lande gezogen. Dieſer waͤre hernach im ge- „faͤngniß an gifft geſtorben/ jene aber ver- „brannt/ und ihre ſchrifftenbey leib-und lebens- „ſtraffe verboten worden. Die Bœhmiſten „haͤtten ſich nach dieſem nicht mehr ſehen laſſen/ „und ſchiene es/ als wenn ſie nunmehꝛ den „aller heiligſten glauben der Lutheri- „ſchen kirche beſſer annehmen. (Nach- „dem man ſie nemlich mit feuer und ſchwerd be- „trohet) So weit gehet der gedachte brieff/ zu welchem ich noch einige andere nachricht aus D. Samuel Schelwigs ſectiriſcher Pietiſterey p. I. Artic. VIII. pag. 49. fuͤge/ allwo eben dieſes M. Meineckens Lutheriſchen Paſtoris in der Teutſchen Slaboda vor Moſcau ſend-brieff an D. Breverum Superintendenten in Riga ange- fuͤhret wird/ darinnen er ausdruͤcklich bekennet/ wie er ſelbſt denen barbariſchen Moſcowitern zu dieſer grauſamen ſache der urheber geweſen. Denn ſo lauten ſeine eigene worte: Er (Kuhl- mann) hat hier ſchier ſolche haͤndel an- gefangen/ als anno 1669. Thomas Tanto und Jacob Taube in Luͤbeck anfiengen/ und conventicula gehalten/ uͤber das auch ein tractaͤtgen in 8vo. ein ſchand-buch/ ein ſchmaͤh-und laͤſter-buch/ darin er wider reine Evangeliſche Miniſteria gelaͤſtert/ vielen inſinuiren laſſen/ davon mir auch eines zu haͤnden kam: So habe ich auch gethan/ was meine ſeelen-ſorge und die wolfarth meiner anvertraueten gemei- ne und anderer Chriſten erfordert/ wel- ches durch Gottes gnade ſo weit NB. ge- lungen/ daß nicht allein einige die con- venticula gemeidet/ und einige/ ſo ſchon darinnen/ daraus getreten/ ſondern daß es auch vor den Herꝛn Patriarchen und folgends vor die Herꝛn Czaaren kommen. Seltſame bekebrung der Boͤh- miſten. Des Luthe- riſchen Pfarrers geſtaͤnd- niß/ daß er Kuhlman- nen zum tod ge- bracht. 11. Ferner ſchreibet eben derſelbe vom 5. Octobris (war gleich der tag nach Kuhlmanns verbrennung/ an welchem dieſer Pfarrer die froͤ- liche poſt denen andern brachte) 1689. p. II. Ar- tic. IX. pag. 58. an Breverum: Daß er die thorheit dieſes anfuͤhrers der Bœhmiſten auff der cantzel geſtrafft/ und mit noch groͤſſerm leidweſen dennoch ſehen muͤſ- ſen/ daß als Kuhlmann unter dem na- men Ludwigs Ludovici dahin gekom- men/ ſich bey 30. Bœhmiſten zu ihm ge- ſchlagen/ die aber/ als er und Norder- mann den 4. Octobris nach vieler ausge- ſtandenen marter offentlich verbrannt wurde/ ſich bald von einander getren- net/ und die fluͤgel ſincken laſſen. Und weiter pag. 255. ſchreibet Meinecke: Jch ha- be ihn vorungluͤck gewarnet und ernſt- lich vermahnet/ er ſolte ſich hier ſtille verhalten/ und ſich nicht aͤuſſern: Solte ich etwas vermercken/ wuͤrde ich thun was mein amt und gewiſſen erforderte/ und mich ſeinem fanatiſchen geiſt NB. mit macht wiederſetzen. Waͤre wol gewe- ſen/ wenn er meiner treuhertzigen ver- mahnung gefolgt/ ſo wuͤrde er der ſchmaͤh-und ſchmertzlichen beſchimpf- fung/ ingleichen des gewaltſamen to- des; ich aber NB. vieler muͤhe und ver- drießligkeiten/ die ich doch nicht groß geachtet/ uͤberhoben blieben ſeyn. Jahr MDC. biß MDCC. 12. Dieſes mag noch ferner erlaͤutern ein ei- genhaͤndiges ſchreiben von Kuhlmanns mutter Roſina Kuhlmannin/ geborner Ludwigin/ ſo ſie von ihres ſohnes tod anno 1690. den 5. Julii aus Breßlau nach Amſterdamm geſchrieben/ darin- nen unter andern folgendes ſtehet; Melde mitſchwerem hertzen/ daß eine perſon/ welche damals in Moſcau in der ſtadt Stolitze bey einem halben jahr geweſen/ und auch als dieſer harte proceß mit meinem kinde vorgegangen/ ſolches da- mals ſeinen eltern allhier in Breßlau be- richtet/ mir alles muͤndlich verſich ert habe. Ach leider/ GOtt erbarme es/ daß es wahr gnug iſt/ die weil er alles be- richtete/ wie er bey einem kauffmann waͤre eingezogen/ namens Noꝛdeꝛmann/ bey ſelbem aber nebenſt dem kauffmann gefaͤnglich eingezogen/ auch zu harter tortur beyde angehalten. Das verbre- chen waͤre dieſes/ weil er viel prophezey- et uͤber Moſcau/ welches auch geſche- hen/ als haben ſie ihn beſchuldiget/ er habe dieſe wiſſenſchafft vom teuffel und durch zaubereyen erlanget/ vor welches er ſich gnugſam verantwortet/ als ha- ben die Jeſuiten ihren conſens und gut- achten wegen ſeiner buͤcher und ſchriff- ten ſagen ſollen/ welche geantwortet/ daß ſeine ſchriften und buͤcheꝛ nicht Mo- ſcau/ ſondern den Pabſt und Kaͤyſer an- giengen. Die Reformirten haben gleich- falls nichts des todes werth befunden/ der Patriarch und Lutheraner Prediger haben inſtaͤndig gebeten/ der Czaar ſolte ſie aus dem wege raͤumen/ damit nichts neues auffgebracht/ und Moſcau ruhig bliebe; es waͤre abeꝛ gute hoffnung gewe- ſen/ daß ſie wuͤꝛden loß kommen/ und aus ihrem gefaͤngniß erlediget werden. Ach leider Noch um- ſtaͤndlicher bericht von Kuhl- manus mutter ſelbſt. Klage uͤber die Lutheri- ſchen Pre- diger. A. K. H. Dritter Cheil. Bb 2

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/207>, abgerufen am 22.12.2024.