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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. XVII. Antoinettae Lebens-lauff.
[Spaltenumbruch] sich befindet/ nichts ist. Es ist eine grosse
thotheit sein leben mit erlangung der menschli-
chen wissenschafften zuzubringen; weil sie uns
in der stunde des todes zu nichts nütze seynd/
als daß sie uns offtmahls leydwesen und angst
verursachen/ daß wir unsere zeit auff solche
vergängliche dinge angewendet/ die uns in
unserer noth verlassen/ und im tode/ da
wir mit ledigen händen stehen werden/ nicht
nachfolgen. Hätten wir schon alle wissen-
schafften der welt erlanget/ so müssen wir sie
doch auff erden lassen/ und können nichts
darvon mitnehmen. Und was würde dem
menschen darmit geholffen seyn/ wann er die
gantze welt gewönne/ und unterdessen scha-
den litte an seiner seelen? Es wäre besser man
wäre niemahls geschaffen worden: ja besser
wäre es/ daß man niemahls das leben empfan-
gen/ als daß man in alle ewigkeit unglückse-
lig leben solte.

17. Das gröste unglück/ das sich jetzund in
der welt findet/ ist die blindheit des Geistes/
welche verhindert die warheit zu entdecken/ und
der ewigen verdammnis gewahr zu werden/ in-
dem sich alda so eine dicke finsternis/ welche
die gantze welt überzogen/ befindet/ daß ein
jeder sich einbildet die seligkeit ohne gute wercke
zu erlangen. Aber dieses ist eine sünde wider
den Heiligen Geist/ welche weder in dieser
noch in der folgenden welt wird vergeben wer-
den. Man würde denselben/ der nicht glaub-
te seligzu werden/ gewissenloß oder verzweif-
felt nennen: Gleichwohl thut niemand/ was
der HERR JESUS zu thun gelehret/
wann man es seyn wolte. Nemlich/ man
will sich selbst nicht verleugnen/ noch sein creutz
tragen/ wann man sich dessen entziehen kan.
Auch will niemand/ der ein wenig weise ist/
wieder zum kinde werden/ noch busse thun/
ohne welche man nicht selig kan werden. Wie
der HERR JESUS selbst bezeuget/
wann er spricht: Wann ihr nicht busse thut/
werdet ihr alle verderben. Kan man wohl
klärere worte finden unsere verdammnis anzu-
zeigen? unterdessen bildet man sich wohl die
seligkeit ein/ ob man schon keine busse thun/
noch ein lehrling des HERRN JESUS/
noch auch ein kind werden will/ und was son-
sten mehr zu unserer seligkeit nöthig ist/ wel-
ches alles der HERR JESUS angezeiget/
und gedranet.

18. Es ist nicht ohne grund/ daß diese
einbildung der seligkeit nicht werde vergeben
werden/ weder in dieser noch in jener welt.
Dann es ist nichts unerträglichers als seiner se-
ligleit sich anmassen wollen wider GOT-
TES vorhaben und anordnung/ welcher
uns nicht selig machen will/ als durch solche
mittel die er uns vorgeschlagen. Und glau-
ben/ daß unsere seligkeit uns zufallen müste
durch dieselben mittel/ die wir uns selbsten
nach unser weise setzen; welche gantz anders
seynd/ als die seinigen unterwerffen solten;
das ist eine gantz unverzeihliche sünde; die
auch/ weil sie wider den Heiligen Geist ist/
nimmermehr wird vergeben werden. Selbst
am jüngsten gerichts-tagewird GOTT diese
keines weges vergeben/ noch auch einige an-
[Spaltenumbruch] dere sünde wider den Heiligen Geist/ ob er
schon alsdann den Juden ihre sünden/ welche
sie wider des menschen Sohn begangen/ ver-
geben wird? weil man seine unwissenheit nicht
wird vorwenden können/ gleichwie die Ju-
den die ihrige/ welche den HERRN JE-
sus niemahls vor den Sohn GOttes erkannt
haben.

19. Aber wir erkennen dasselbe/ was er uns
gelehret/ und wiederstreiten doch dieser er-
kannten warheit mit unsern wercken/ welches
noch eine andere sünde wider den Heiligen
Geist ist. Ja wir begehen auch die dritte/
durch den geistlichen neyd und haß gegen an-
dere. Dann derselbe/ der heutiges tages
nach dem Evangelischen gesetz wandelt/ wird
von allen denen/ die sich/ ohne solches zu thun/
die seligkeit einbilden/ beneydet/ gehasset/
und verfolget: weil das leben und der wan-
del allezeit der guten eine bestraffung der bösen
ist; welche in ihren flatterenden augen das
licht nicht vertragen können/ und also hart-
näckigt in ihren sünden verharren/ und ohne
busse sterben. Hier haben wir wieder andere
sünden wider den Heiligen Geist. Dann der-
selbe/ der sich einbildet/ durch die mittel die er
nach seiner weise selbst erwehlet/ selig zu wer-
den/ unterhält diese mittel so hartnäckigt/ daß
er sie nimmermehr verlässet. Und also stirbet
er ohne busse/ indem er umb dasselbe/ daß er
nicht glauben will böse zu seyn/ keine busse
thun kan.

20. Darum hat man gantz keine seligkeit
für dergleichen leute zu hoffen. Und gleich-
wohl hält sie die welt für Heiligen/ sie selbst
bilden sich solche zu seyn verwegentlich ein.
Dieses ist eine betriegerey/ die heut zu tage den
allerweisesten anklebet/ welche durch ihre ver-
nunffts-gründe das gesetz GOTTES nach
der neigung und dem geschmacke der leute wis-
sen einzurichten: weil es den sinnen angenehm/
die seelen aber unvermercket in die hölle stürtzet.
Jst es nicht zu erbarmen/ daß man so sehr viel
menschen muß sehen verderben/ und ihnen
nicht helffen kan? Dann sie haben ihre lust
an ihrer blindheit/ und lieben die finsternis
mehr/ als das licht/ ob es sich schon ihren
augen darstellete. Was ihren sinnen gefällt/
ist ihnen allezeit angenehmer/ als dasselbe was
GOTT behaget. Was für hülffs-mittel
solte man wol finden können für diese geschöpf-
fe/ welche durch die sünden wider den Heili-
gen Geist/ die nimmermehr werden vergeben
werden/ schon verdammet seynd?

21. Sehen wir nicht diese allgemeine fin-
sternis den gantzen erdboden bedecken? Dann
die Heyden/ die götzen-diener/ und ketzer
glauben selig zu werden/ und die Christen
massen sich eben dieselbe seligkeit an/ ob
sie schon die lehrsätze/ welche GOTT ih-
nen zu diesem ende vorgeschrieben/ nicht
beobachten. Es müssen ihre geister gewiß-
lich bezaubert seyn/ weil sie unter einer so
falschen und betrieglichen hoffnung vergnü-
get dahin leben/ und in ruhe sterben.
Das licht des glaubens macht uns an das
Evangelium glauben. Das wort und die
wercke des HERRN JESUS seyn

uns

Th. IV. Sect. III. Num. XVII. Antoinettæ Lebens-lauff.
[Spaltenumbruch] ſich befindet/ nichts iſt. Es iſt eine groſſe
thotheit ſein leben mit erlangung der menſchli-
chen wiſſenſchafften zuzubringen; weil ſie uns
in der ſtunde des todes zu nichts nuͤtze ſeynd/
als daß ſie uns offtmahls leydweſen und angſt
verurſachen/ daß wir unſere zeit auff ſolche
vergaͤngliche dinge angewendet/ die uns in
unſerer noth verlaſſen/ und im tode/ da
wir mit ledigen haͤnden ſtehen werden/ nicht
nachfolgen. Haͤtten wir ſchon alle wiſſen-
ſchafften der welt erlanget/ ſo muͤſſen wir ſie
doch auff erden laſſen/ und koͤnnen nichts
darvon mitnehmen. Und was wuͤrde dem
menſchen darmit geholffen ſeyn/ wann er die
gantze welt gewoͤnne/ und unterdeſſen ſcha-
den litte an ſeiner ſeelen? Es waͤre beſſer man
waͤre niemahls geſchaffen worden: ja beſſer
waͤre es/ daß man niemahls das leben empfan-
gen/ als daß man in alle ewigkeit ungluͤckſe-
lig leben ſolte.

17. Das groͤſte ungluͤck/ das ſich jetzund in
der welt findet/ iſt die blindheit des Geiſtes/
welche verhindert die warheit zu entdecken/ und
der ewigen verdammnis gewahr zu werden/ in-
dem ſich alda ſo eine dicke finſternis/ welche
die gantze welt uͤberzogen/ befindet/ daß ein
jeder ſich einbildet die ſeligkeit ohne gute wercke
zu erlangen. Aber dieſes iſt eine ſuͤnde wider
den Heiligen Geiſt/ welche weder in dieſer
noch in der folgenden welt wird vergeben wer-
den. Man wuͤrde denſelben/ der nicht glaub-
te ſeligzu werden/ gewiſſenloß oder verzweif-
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der HERR JESUS zu thun gelehret/
wann man es ſeyn wolte. Nemlich/ man
will ſich ſelbſt nicht verleugnen/ noch ſein creutz
tragen/ wann man ſich deſſen entziehen kan.
Auch will niemand/ der ein wenig weiſe iſt/
wieder zum kinde werden/ noch buſſe thun/
ohne welche man nicht ſelig kan werden. Wie
der HERR JESUS ſelbſt bezeuget/
wann er ſpricht: Wann ihr nicht buſſe thut/
werdet ihr alle verderben. Kan man wohl
klaͤrere worte finden unſere verdammnis anzu-
zeigen? unterdeſſen bildet man ſich wohl die
ſeligkeit ein/ ob man ſchon keine buſſe thun/
noch ein lehrling des HERRN JESUS/
noch auch ein kind werden will/ und was ſon-
ſten mehr zu unſerer ſeligkeit noͤthig iſt/ wel-
ches alles der HERR JESUS angezeiget/
und gedranet.

18. Es iſt nicht ohne grund/ daß dieſe
einbildung der ſeligkeit nicht werde vergeben
werden/ weder in dieſer noch in jener welt.
Dann es iſt nichts unertraͤglichers als ſeiner ſe-
ligleit ſich anmaſſen wollen wider GOT-
TES vorhaben und anordnung/ welcher
uns nicht ſelig machen will/ als durch ſolche
mittel die er uns vorgeſchlagen. Und glau-
ben/ daß unſere ſeligkeit uns zufallen muͤſte
durch dieſelben mittel/ die wir uns ſelbſten
nach unſer weiſe ſetzen; welche gantz anders
ſeynd/ als die ſeinigen unterwerffen ſolten;
das iſt eine gantz unverzeihliche ſuͤnde; die
auch/ weil ſie wider den Heiligen Geiſt iſt/
nimmermehr wird vergeben werden. Selbſt
am juͤngſten gerichts-tagewird GOTT dieſe
keines weges vergeben/ noch auch einige an-
[Spaltenumbruch] dere ſuͤnde wider den Heiligen Geiſt/ ob er
ſchon alsdann den Juden ihre ſuͤnden/ welche
ſie wider des menſchen Sohn begangen/ ver-
geben wird? weil man ſeine unwiſſenheit nicht
wird vorwenden koͤnnen/ gleichwie die Ju-
den die ihrige/ welche den HERRN JE-
ſus niemahls vor den Sohn GOttes erkannt
haben.

19. Aber wir erkennen daſſelbe/ was er uns
gelehret/ und wiederſtreiten doch dieſer er-
kannten warheit mit unſern wercken/ welches
noch eine andere ſuͤnde wider den Heiligen
Geiſt iſt. Ja wir begehen auch die dritte/
durch den geiſtlichen neyd und haß gegen an-
dere. Dann derſelbe/ der heutiges tages
nach dem Evangeliſchen geſetz wandelt/ wird
von allen denen/ die ſich/ ohne ſolches zu thun/
die ſeligkeit einbilden/ beneydet/ gehaſſet/
und verfolget: weil das leben und der wan-
del allezeit der guten eine beſtraffung der boͤſen
iſt; welche in ihren flatterenden augen das
licht nicht vertragen koͤnnen/ und alſo hart-
naͤckigt in ihren ſuͤnden verharren/ und ohne
buſſe ſterben. Hier haben wir wieder andere
ſuͤnden wider den Heiligen Geiſt. Dann der-
ſelbe/ der ſich einbildet/ durch die mittel die er
nach ſeiner weiſe ſelbſt erwehlet/ ſelig zu wer-
den/ unterhaͤlt dieſe mittel ſo hartnaͤckigt/ daß
er ſie nimmermehr verlaͤſſet. Und alſo ſtirbet
er ohne buſſe/ indem er umb daſſelbe/ daß er
nicht glauben will boͤſe zu ſeyn/ keine buſſe
thun kan.

20. Darum hat man gantz keine ſeligkeit
fuͤr dergleichen leute zu hoffen. Und gleich-
wohl haͤlt ſie die welt fuͤr Heiligen/ ſie ſelbſt
bilden ſich ſolche zu ſeyn verwegentlich ein.
Dieſes iſt eine betriegerey/ die heut zu tage den
allerweiſeſten anklebet/ welche durch ihre ver-
nunffts-gruͤnde das geſetz GOTTES nach
der neigung und dem geſchmacke der leute wiſ-
ſen einzurichten: weil es den ſinnen angenehm/
die ſeelen aber unvermercket in die hoͤlle ſtuͤrtzet.
Jſt es nicht zu erbarmen/ daß man ſo ſehr viel
menſchen muß ſehen verderben/ und ihnen
nicht helffen kan? Dann ſie haben ihre luſt
an ihrer blindheit/ und lieben die finſternis
mehr/ als das licht/ ob es ſich ſchon ihren
augen darſtellete. Was ihren ſinnen gefaͤllt/
iſt ihnen allezeit angenehmer/ als daſſelbe was
GOTT behaget. Was fuͤr huͤlffs-mittel
ſolte man wol finden koͤnnen fuͤr dieſe geſchoͤpf-
fe/ welche durch die ſuͤnden wider den Heili-
gen Geiſt/ die nimmermehr werden vergeben
werden/ ſchon verdammet ſeynd?

21. Sehen wir nicht dieſe allgemeine fin-
ſternis den gantzen erdboden bedecken? Dann
die Heyden/ die goͤtzen-diener/ und ketzer
glauben ſelig zu werden/ und die Chriſten
maſſen ſich eben dieſelbe ſeligkeit an/ ob
ſie ſchon die lehrſaͤtze/ welche GOTT ih-
nen zu dieſem ende vorgeſchrieben/ nicht
beobachten. Es muͤſſen ihre geiſter gewiß-
lich bezaubert ſeyn/ weil ſie unter einer ſo
falſchen und betrieglichen hoffnung vergnuͤ-
get dahin leben/ und in ruhe ſterben.
Das licht des glaubens macht uns an das
Evangelium glauben. Das wort und die
wercke des HERRN JESUS ſeyn

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[746/1054] Th. IV. Sect. III. Num. XVII. Antoinettæ Lebens-lauff. ſich befindet/ nichts iſt. Es iſt eine groſſe thotheit ſein leben mit erlangung der menſchli- chen wiſſenſchafften zuzubringen; weil ſie uns in der ſtunde des todes zu nichts nuͤtze ſeynd/ als daß ſie uns offtmahls leydweſen und angſt verurſachen/ daß wir unſere zeit auff ſolche vergaͤngliche dinge angewendet/ die uns in unſerer noth verlaſſen/ und im tode/ da wir mit ledigen haͤnden ſtehen werden/ nicht nachfolgen. Haͤtten wir ſchon alle wiſſen- ſchafften der welt erlanget/ ſo muͤſſen wir ſie doch auff erden laſſen/ und koͤnnen nichts darvon mitnehmen. Und was wuͤrde dem menſchen darmit geholffen ſeyn/ wann er die gantze welt gewoͤnne/ und unterdeſſen ſcha- den litte an ſeiner ſeelen? Es waͤre beſſer man waͤre niemahls geſchaffen worden: ja beſſer waͤre es/ daß man niemahls das leben empfan- gen/ als daß man in alle ewigkeit ungluͤckſe- lig leben ſolte. 17. Das groͤſte ungluͤck/ das ſich jetzund in der welt findet/ iſt die blindheit des Geiſtes/ welche verhindert die warheit zu entdecken/ und der ewigen verdammnis gewahr zu werden/ in- dem ſich alda ſo eine dicke finſternis/ welche die gantze welt uͤberzogen/ befindet/ daß ein jeder ſich einbildet die ſeligkeit ohne gute wercke zu erlangen. Aber dieſes iſt eine ſuͤnde wider den Heiligen Geiſt/ welche weder in dieſer noch in der folgenden welt wird vergeben wer- den. Man wuͤrde denſelben/ der nicht glaub- te ſeligzu werden/ gewiſſenloß oder verzweif- felt nennen: Gleichwohl thut niemand/ was der HERR JESUS zu thun gelehret/ wann man es ſeyn wolte. Nemlich/ man will ſich ſelbſt nicht verleugnen/ noch ſein creutz tragen/ wann man ſich deſſen entziehen kan. Auch will niemand/ der ein wenig weiſe iſt/ wieder zum kinde werden/ noch buſſe thun/ ohne welche man nicht ſelig kan werden. Wie der HERR JESUS ſelbſt bezeuget/ wann er ſpricht: Wann ihr nicht buſſe thut/ werdet ihr alle verderben. Kan man wohl klaͤrere worte finden unſere verdammnis anzu- zeigen? unterdeſſen bildet man ſich wohl die ſeligkeit ein/ ob man ſchon keine buſſe thun/ noch ein lehrling des HERRN JESUS/ noch auch ein kind werden will/ und was ſon- ſten mehr zu unſerer ſeligkeit noͤthig iſt/ wel- ches alles der HERR JESUS angezeiget/ und gedranet. 18. Es iſt nicht ohne grund/ daß dieſe einbildung der ſeligkeit nicht werde vergeben werden/ weder in dieſer noch in jener welt. Dann es iſt nichts unertraͤglichers als ſeiner ſe- ligleit ſich anmaſſen wollen wider GOT- TES vorhaben und anordnung/ welcher uns nicht ſelig machen will/ als durch ſolche mittel die er uns vorgeſchlagen. Und glau- ben/ daß unſere ſeligkeit uns zufallen muͤſte durch dieſelben mittel/ die wir uns ſelbſten nach unſer weiſe ſetzen; welche gantz anders ſeynd/ als die ſeinigen unterwerffen ſolten; das iſt eine gantz unverzeihliche ſuͤnde; die auch/ weil ſie wider den Heiligen Geiſt iſt/ nimmermehr wird vergeben werden. Selbſt am juͤngſten gerichts-tagewird GOTT dieſe keines weges vergeben/ noch auch einige an- dere ſuͤnde wider den Heiligen Geiſt/ ob er ſchon alsdann den Juden ihre ſuͤnden/ welche ſie wider des menſchen Sohn begangen/ ver- geben wird? weil man ſeine unwiſſenheit nicht wird vorwenden koͤnnen/ gleichwie die Ju- den die ihrige/ welche den HERRN JE- ſus niemahls vor den Sohn GOttes erkannt haben. 19. Aber wir erkennen daſſelbe/ was er uns gelehret/ und wiederſtreiten doch dieſer er- kannten warheit mit unſern wercken/ welches noch eine andere ſuͤnde wider den Heiligen Geiſt iſt. Ja wir begehen auch die dritte/ durch den geiſtlichen neyd und haß gegen an- dere. Dann derſelbe/ der heutiges tages nach dem Evangeliſchen geſetz wandelt/ wird von allen denen/ die ſich/ ohne ſolches zu thun/ die ſeligkeit einbilden/ beneydet/ gehaſſet/ und verfolget: weil das leben und der wan- del allezeit der guten eine beſtraffung der boͤſen iſt; welche in ihren flatterenden augen das licht nicht vertragen koͤnnen/ und alſo hart- naͤckigt in ihren ſuͤnden verharren/ und ohne buſſe ſterben. Hier haben wir wieder andere ſuͤnden wider den Heiligen Geiſt. Dann der- ſelbe/ der ſich einbildet/ durch die mittel die er nach ſeiner weiſe ſelbſt erwehlet/ ſelig zu wer- den/ unterhaͤlt dieſe mittel ſo hartnaͤckigt/ daß er ſie nimmermehr verlaͤſſet. Und alſo ſtirbet er ohne buſſe/ indem er umb daſſelbe/ daß er nicht glauben will boͤſe zu ſeyn/ keine buſſe thun kan. 20. Darum hat man gantz keine ſeligkeit fuͤr dergleichen leute zu hoffen. Und gleich- wohl haͤlt ſie die welt fuͤr Heiligen/ ſie ſelbſt bilden ſich ſolche zu ſeyn verwegentlich ein. Dieſes iſt eine betriegerey/ die heut zu tage den allerweiſeſten anklebet/ welche durch ihre ver- nunffts-gruͤnde das geſetz GOTTES nach der neigung und dem geſchmacke der leute wiſ- ſen einzurichten: weil es den ſinnen angenehm/ die ſeelen aber unvermercket in die hoͤlle ſtuͤrtzet. Jſt es nicht zu erbarmen/ daß man ſo ſehr viel menſchen muß ſehen verderben/ und ihnen nicht helffen kan? Dann ſie haben ihre luſt an ihrer blindheit/ und lieben die finſternis mehr/ als das licht/ ob es ſich ſchon ihren augen darſtellete. Was ihren ſinnen gefaͤllt/ iſt ihnen allezeit angenehmer/ als daſſelbe was GOTT behaget. Was fuͤr huͤlffs-mittel ſolte man wol finden koͤnnen fuͤr dieſe geſchoͤpf- fe/ welche durch die ſuͤnden wider den Heili- gen Geiſt/ die nimmermehr werden vergeben werden/ ſchon verdammet ſeynd? 21. Sehen wir nicht dieſe allgemeine fin- ſternis den gantzen erdboden bedecken? Dann die Heyden/ die goͤtzen-diener/ und ketzer glauben ſelig zu werden/ und die Chriſten maſſen ſich eben dieſelbe ſeligkeit an/ ob ſie ſchon die lehrſaͤtze/ welche GOTT ih- nen zu dieſem ende vorgeſchrieben/ nicht beobachten. Es muͤſſen ihre geiſter gewiß- lich bezaubert ſeyn/ weil ſie unter einer ſo falſchen und betrieglichen hoffnung vergnuͤ- get dahin leben/ und in ruhe ſterben. Das licht des glaubens macht uns an das Evangelium glauben. Das wort und die wercke des HERRN JESUS ſeyn uns

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 746. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/1054>, abgerufen am 22.12.2024.