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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. XVII. Antoinettæ Lebenslauff.
[Spaltenumbruch] der zu erlangen/ ſonderlich wenn man erwegen
wird/ daß die verwahrloſung des von GOtt
uns gethanen ruffes und wuͤrckung/ eine ſolche
ſuͤnde ſey/ die die ewige ſtraffen verdienet/ wie
das licht GOttes ſolches der A. B. und allen
Heiligen vor augen geleget. Von dieſer lebens-
art unterſtunden ſich mancherley gattung leute/
und inſonderheit der vater ſelbſt/ die Antoniam
abzuͤziehen/ indem der letztere noch dazu ſie mit
einer heyrath auch wider ihren willen zu beſtri-
cken ſich bemuͤhete/ wovor doch die A. B. einen
groͤſſeren eckel als vor dem allerſchaͤdlichſten
gifft hatte. Sintemal ſie ſich dem braͤutigam
CHriſto verlobet hatte/ daher hielte ſie es vor
einen greuel mit einem ſterblichen manne ſich zu
verbinden/ deme hernach die durch heurath ge-
feſſelte weiber zu gefallen trachten/ da hingegen
die verlobten jungfrauen GOtte allein ergeben
ſeyn koͤnnen und muͤſſen/ und dieſe ſind es/ die
dem lamme folgen/ wo es hingehet.

8. Die hartnaͤckigkeit des vaters/ welcher
wolte/ daß die A. B. einen reichen Frantzoͤſiſchen
kaufmañ heurathen ſolte/ brachte ſie dahin/ daß
ſie gezwungen wurde/ ihre eltern ſamt allē zeitli-
chen dingen zu verlaſſen/ und damit ſie nicht ver-
rathen wuͤrde/ hatte ſie ſich in eines waldbru-
ders kappe/ welche ſie vorher heimlich in ihrem
ſchlaffzimmer verfertiget hatte/ gekleidet. Jn
dieſer flucht hat ſie ſo gar all ihr vertrauen auff
GOtt geſetzet/ daß ſie ſich auch nicht einen pfen-
ning mitzunehmen unterſtanden. Da denn
GOtt nicht unterlaſſen/ ſie wunderthaͤtiger
weiſe zu verſorgen/ und vor dem muthwillen der
kriegs-gurgeln zu beſchuͤtzen/ indem er ſie der
pflege Gottesfuͤrchtiger leute uͤbergab/ welche
bereit warē/ alle ihre haabe zur befoͤrderung des
vorſatzes der Antoniæ anzuwenden: Unter
welchen beruͤhmt iſt ein Prieſter zu Blatton/
deſſen merckwuͤrdige bekehrung/ GOtt ergebe-
nes leben/ und blutigen marter-tod zu beſchrei-
ben/ verhindert das geſetz eines auszuges/ an
welches ich jetzt gebunden bin. Wer hievon
ſowol als auch den andern ſachen/ deren in die-
ſem auszug gedacht werden weitlaͤufftiger be-
richt begehret/ der leſe die Schrifften der A. B.
wie auch ihr ausgefuͤhrtes leben. Uber dem/
daß die furcht des eheſtandes die A. B. zuver-
laſſung der eltern und aller irꝛdiſchen dinge an-
trieb/ wurde ſie hiezu auch beweget dadurch/
daß GOtt geſaget hatte; Sie wuͤrde nun in
der wuͤſten GOttes vollkoͤmmlich genieſſen.
Derohalben ſuchte ſie auch einen von aller
menſchlichen geſellſchafft befreyeten und entfer-
neten ort/ dergleichen ſie in Welſchland gefun-
den zu werden/ gehoͤret hatte.

9. Zu Blatton/ welcher flecken zwiſchen den
ſtaͤdten Dornieck und Bergen im Hennegau lie-
get/ wird die Antonia von dem Prieſter in der
kirchen verwahret/ biß ſie von dem Ertz-Bi-
ſchoff zu Cammerich verhoͤret wuͤrde/ welcher
ihr daſelbſt/ als er eine weitere reiſe nach der
wuͤſten wiederrathen hatte/ als eine verſperre-
te auff dem kirch-hoff zu verbleiben geſtattete.
Und dieſes waͤre auch geſchehen/ wenn nicht ih-
re Eltern an eben ſelbigem tage zu Blatton an-
gelanget waͤꝛen/ und ſie/ ungeachtet ihres vielfaͤl-
tigen widerſtrebens/ weil ſie ſich nicht wieder in
weltliche haͤndel einlaſſen wolte/ wieder zuruͤck
nach Ruͤſſel gefuͤhret haͤtten: Nachdem zuvor
[Spaltenumbruch] der vater ſo wol als der Ertz-Biſchoff verſpro-
chen hatten/ jener zwar/ daß er ſeine tochter wol-
te frey und ungehindert/ nach der weiſe/ wie es
ihr von dem geſetze GOttes und dem zeugniß
ihres gewiſſens wuͤrde vorgeſchrieben werden/
GOtt dienen laſſen; dieſer aber/ daß die A. B.
ſo ſie der vater wieder in weltliche haͤndel ver-
wickeln wolte/ zu ihm kommen ſolte/ ſo wolte
er vaters-ſtelle bey ihr vertreten.

10. Als nun einige monate vorbey lieffen/
hebt der vater von neuem an/ (in dem er ſeyn
verſprechen nicht hielte) der A. B. vom hey-
rathen und verrichtung weltlicher geſchaͤffte
vorzuſchwatzen. Welche ungeſtuͤm̃igkeit/ (da
vornehmlich noch die inwendige bewegung der
ſeelen dazu kam) die Antoniam dahin brachte/
daß ſie von dem vater urlaub zu dem Ertz-Bi-
ſchoff zu ziehen bath/ von welchem vorſatz der
vater die tochter mit ungerechten draͤuworten
abzuſchrecken begehrte/ welche aber/ nach dem
ſie ſo wol durch das zeugniß ihres gewiſſens/
als auch durch den ſegen der gegenwaͤrtigen
maͤnner/ (unter welchen auch ihr Beicht-
Vater war/) auffgemuntert worden/ ſich zu
der vorgeſetzten reiſe bereitet. Da ſie zu dem
Ertz-Biſchoffe kom̃et/ wird ſie guͤtigſt von ihm
auffgenommen. Und nach dem ſie ihm kund ge-
than hatte/ daß ſie von GOtt getrieben wuͤrde/
ein von allen weltlichen geſchaͤfften freyes leben
anzurichten/ daß da von aller begierde der ver-
gaͤnglichen dinge ledig ſeyn und in gaͤntzlicher
verleugnung ſein ſelbſt gefuͤhret weꝛden moͤchte/
auff die weiſe/ wie vormals in der erſten kirchen
von denen Chriſten/ uͤbergibt der Ertz-Biſchoff
dieſen der A. B. vorſatz der unterſuchung ſei-
nes Conſiſtorii, von welchem nicht nur ihr
vorhaben als Goͤttlich gebilliget worden/ ſon-
dern man hat ihr auch vergoͤnnet in demſelben
Biſchoffthum ſolche lebens-art anzufangen/
da ſich denn gleich einige fromme toͤchter zur ge-
ſellſchafft/ eine Blattoniſche wittwe aber ein
ſtuͤck landes anbote/ woſelbſt dieſe Gottverlobte
toͤchter ſich auffhalten moͤchten.

11. Eben zu der zeit war es/ als einige ſo ge-
nante Geiſtliche/ welche der A. B. nicht wol
wolten (da ſie ſich zu der reiſe nach Blatton
zubereitete/) den Ertz-Biſchoff durch eine leere
furcht antrieben/ daß er den vorhin feſtgeſtellten
ſchluß wiederrieff/ und der Antoniæ verbot in
ſeinem Biſtum das Evangeliſche leben anzu-
fangen. Dieſe aber bleibet feſt bey ihrem vor-
haben/ und ziehet auf zurathen einiger frommen
freunde nach Luyck/ woſelbſt ſie gaꝛleicht freyheit
ihr vorhaben ins werck zu ſetzen gefunden haͤtte/
wann nicht groſſe ſchwierigkeiten darzwiſchen
kommen waͤren/ welche die A. B. ſehr druͤck-
ten/ und ſie eine zeitlang zu Bergen zu bleiben noͤ-
thigten. Hernach/ als ſie von der frommen
Graͤfin von Willerval beruffen worden/ hat ſie
ſich etliche monathe bey ihr auffgehalten/ und
gleich anfangs entdecket/ daß ob zwar die Graͤ-
fin mit ſittlichen tugenden uͤber die maſſen bega-
bet/ ſo mangelte es ihr doch nicht nur an den
Goͤttlichen tugenden/ ſondern ſie waͤren ſelbige
zu faſſen und zu beſitzen auch gantz ungeſchickt.
Weil ſie alſo daſelbſt gleichſam als auffeꝛ ihꝛem
element lebete/ verlangte ſie nach ihrer nutzba-
ren einſamkeit/ daß ſie dem in ihr redenden und
ſie troͤſtenden GOtte zuhoͤren und dienen moͤch-
te.

12. Jn-
A. K. H. Vierter Theil. A a a a a 2

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 739. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/1047>, abgerufen am 02.01.2025.