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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. XVI. Acta Peter Moritzens zu Halle.
[Spaltenumbruch] tränckenden Liebe Gottes/ fol. 198 da er von der
buß und beicht handelt/ und saget also: Ein
zeuge und dollmetscher der wahren busse
ist die beicht. Wann du beichtest/ thustu nichts
anderst/ als daß du reue/ das vertrauen und den
vorsatz deines hertzens anzeigest/ darumb muß
in der beicht der mund nichts anders reden/ als
das hertze fühlet. Die rechtschaffene beicht ler-
net man nicht auß büchern/ sie wächset auch
nicht auff der zungen/ sondern im hertzen/ wie
die beicht/ die da gethan wird auß gewohnheit.
Die Kirche hat den Beichtstul eingesetzt/ nicht
umb deß Beichtpfennings willen/ etc. Der mei-
ste hauffe fasset ein Beicht-gebetlein auß diesem
oder jenem buche ins gehirn/ etc. da kan man
weitläufftig darvon lesen Jtem in den Erquick-
stunden cap. 214. von der H. Beicht: wie thut
ihm der hauffe? wann ein quartal-jahr umb ist/
da spricht man: der kerbstock ist voll/ der sün-
den-sack muß außgeschüttet werden/ brich ein
stündlein ab/ eyle zum Beichtstul/ stande/ per
miserere mei tolliturira Dei.
Siehet der Prie-
ster sauer/ ein schwerer Beichtpfenning kan es
wieder gut machen/ die hand nur auff den kopff
geleget/ und loß gesprochen/ loß/ zum wüsten
wilden leben/ etc. Jtem 252. vom geitz der Pre-
diger: Die kappe ist geitzig/ sprichstu; ich spreche
nein: wolff-und schaafbeltz/ wurm und apffel
sind ja nicht einerley/ so auch nicht die Kappe
und Pfaffe. Was kan der schaafsbeltz darzu/
daß sich der wolff unter ihm verbirget? was kan
die Kappe darwider/ daß der Pfaffe geitzig ist?
es stecket fürwahr noch mancher darinnen/ der
dem geitz feind ist/ als dem teuffel selbst. Jch gebe
dir es zu/ daß mancher kappenträger geitzig ist/
nichts umbsonst/ ist sein symbolum, auch keine
thür zugeschlossen am Hause deß HErrn/ und
kein liecht auff dem Altar angezündet. Soll er
Beicht hören/ geld her. Soll er tauffen oder
trauen/ geld her. Soll er krancke trösten/ oder
todte zum grab geleiten/ geld her. Rom bauet
man allenthalbe/ da umb geld alles feil ist/ auch
Gott selbst/ auch sein himmelreich. Wie siehet
und höret mans überall? die armen gibt man
zusammen mit ein paar worten/ da weder krafft
noch safft innen ist/ den reichen wird ein langer
Prediger-sermon her geküntzelt. Der arme liget
in todtesnoth/ kein Prediger tröstet ihn mit ei-
nem tröstlichen wort; dem reichen thut kaum
ein finger wehe/ wird täglich besuchet/ und mit
trost beschüttet; der arme wird begraben/ kein
Prediger würdiget ihn ohne geld deß geleites/
keiner rühmet sein Christenthumb/ auch nicht
mit einem wort; den reichen träget man dahin
mit grossem gepränge/ die gantze Clerisey folget
und thut leidlich/ der Beichtvatter erhebet sei-
ne thaten biß in den himmel/ da er vielleicht
schon in der höllen brennet; O greuel für den
allerheiligsten augen Gottes! & 43. cap. von
der falschheit der Geistlichen: traure wer trau-
ren kan; warum dann? weil die welt so falsch
ist. Hat doch nun die falschheit den trauer-
habit angeleget; wo findet man mehr falschheit
als unter den langen mänteln? Der Theolo-
gi
stische schalck ist der subtilste/ er hat manchen
schaafsbeltz/ damit er sich bedecken kan; du nen-
nest die schalckheit eine politic; ach wie man-
cher Politicus gehet mit der kappe und krause
herein! du nennest es eine höflichkeit/ wo man
lügen für warheit verkauffen kan; du kanst wei-
[Spaltenumbruch] ter daselbst lesen. So weit Heinrich Müller.

Gerhard in der Postill vom Leyden Christi
fol. 88. da saget er: Wir haben diß zu mercken/
wie es allhier Christo dem Haupt der Kirchen
gehet/ daß er als ein Gottslästerer und über-
tretter deß Göttlichen gesetzes beschuldiget/ und
unschuldiger weise angeklaget wird/ daß es auch
seinen wahren gliedern also gehet/ daß sie als
wie die ärgsten übelthäter/ und freventliche ü-
bertretter deß Göttlichen gesetzes vielmahl be-
schuldiget werden/ (von den Phariseern und
Schrifftgelehrten) angeklaget; dann wir müs-
sen doch seinem bilde ähnlich werden/ Rom. 8.
Es waren die Schrifftgelehrte/ Phariseer und
Hohenpriester selbst die ärgesten übertretter deß
gesetzes/ wie ihnen Christus offt schuld gibet/
Matth. 23. Jhr lasset dahinden das schwäreste
in dem Gesetze/ nemlich das Gerichte/ die Barm-
hertzigkeit und den Glauben/ Joh. 17. Niemand
unter euch thut das Gesetze. Gleichwol klagen
sie alle Christum unschuldiger weise an/ als ha-
be er durch übertrettung deß gesetzes/ und ver-
führung halber den tod verwürcket? So gehets
noch/ die grösten heuchler und verführer dörffen
wol am ehisten die wahre bekenner der Göttli-
chen warheit als ketzer/ und die lieben kinder
Gottes als verfluchte leute anklagen und ver-
dammen. Jtem am 15. Sontag Trin. fol. 452.
& 453. von der bauch-sorge saget er also: was
hilfft es nun/ wann einer gleich viel sorget/ wie
er wolle brod und vorrath sammlen? es mag ihn
doch nicht sättigen/ es mag ihme nicht zu gute
kommen/ wann nicht Gottes sorge darbey ist.
Offtmahls geschiehets/ wann man mit grossen
sorgen/ und mit grosser mühe geld und gut ge-
sammlet/ so zerstreuet es Gott der HErr durch
den wind deß verderbens/ und gehet uns eben
wie den kindern/ welche mit eintzigem fleiß
häußlein bauen/ so bläset manchmahl der vatter
alle ihre arbeit und mühe voneinander mit ei-
nem anhauche; So thut auch Gott offtmahls/
wann wir mit grossen sorgen geld und gut offt-
mahls gesammlet/ so bläset er mit seinem zorn
darein/ und zersteubet es/ wie der staub vom
winde verjaget wird/ daß wir sehen/ wie so gar
nichtige und närrische arbeit es ist/ wollen ohne
Gottes willen reich seyn; nach allem solchen
trachten die heyden/ sagt Christus. Darum
sollen wir uns deß zeitlichen lebens nicht so an-
nehmen. Wer auffs künfftige siehet/ achtet das
gegenwärtige nicht groß; wer auff die Ewig-
keit dencket/ achtet das zeitliche gar nicht/ oder
gering; wer in seinem hertzen geschmecket hat
die seligkeit oder süssigkeit der himmlischen gü-
ter/ dem werden die weltliche nicht mehr so süsse
seyn/ sondern bitter/ daß er seine liebe und be-
gierde daran hänge. Wir haben hier keine
bleibende stätte/ sondern die zukünfftige suchen
wir/ Joh. 13. Warum wollen wir dann sorgen/
und in dieser kurtzen zeit reich werden? Dieses
sollen wir nun nicht obenhin hören/ daß Chri-
stus die den Heyden gleich achtet/ welche in der
bauchsorge stecken/ sondern es wol zu hertzen
nehmen/ und billich darvor erschrecken; dann
sind das alle heyden/ die auff das zeitliche allein
sehen/ tag und nacht darfür sorgen/ hilff Gott/
wie werden so wenig Christen in Christo seyn?
aber wol in der welt/ wie wird die heydenschafft
so groß seyn? man meynet ja wol/ die Christen
seyen weit auff erden außgebreitet/ und das ist

wahr/

Th. IV. Sect. III. Num. XVI. Acta Peter Moritzens zu Halle.
[Spaltenumbruch] traͤnckenden Liebe Gottes/ fol. 198 da er von der
buß und beicht handelt/ und ſaget alſo: Ein
zeuge und dollmetſcher der wahren buſſe
iſt die beicht. Wann du beichteſt/ thuſtu nichts
anderſt/ als daß du reue/ das vertrauen und den
vorſatz deines hertzens anzeigeſt/ darumb muß
in der beicht der mund nichts anders reden/ als
das hertze fuͤhlet. Die rechtſchaffene beicht ler-
net man nicht auß buͤchern/ ſie waͤchſet auch
nicht auff der zungen/ ſondern im hertzen/ wie
die beicht/ die da gethan wird auß gewohnheit.
Die Kirche hat den Beichtſtul eingeſetzt/ nicht
umb deß Beichtpfennings willen/ ꝛc. Der mei-
ſte hauffe faſſet ein Beicht-gebetlein auß dieſem
oder jenem buche ins gehirn/ ꝛc. da kan man
weitlaͤufftig darvon leſen Jtem in den Erquick-
ſtunden cap. 214. von der H. Beicht: wie thut
ihm der hauffe? wann ein quartal-jahr umb iſt/
da ſpricht man: der kerbſtock iſt voll/ der ſuͤn-
den-ſack muß außgeſchuͤttet werden/ brich ein
ſtuͤndlein ab/ eyle zum Beichtſtul/ ſtande/ per
miſerere mei tolliturira Dei.
Siehet der Prie-
ſter ſauer/ ein ſchwerer Beichtpfenning kan es
wieder gut machen/ die hand nur auff den kopff
geleget/ und loß geſprochen/ loß/ zum wuͤſten
wilden leben/ ꝛc. Jtem 252. vom geitz der Pre-
diger: Die kappe iſt geitzig/ ſprichſtu; ich ſpreche
nein: wolff-und ſchaafbeltz/ wurm und apffel
ſind ja nicht einerley/ ſo auch nicht die Kappe
und Pfaffe. Was kan der ſchaafsbeltz darzu/
daß ſich der wolff unter ihm verbirget? was kan
die Kappe darwider/ daß der Pfaffe geitzig iſt?
es ſtecket fuͤrwahr noch mancher darinnen/ der
dem geitz feind iſt/ als dem teuffel ſelbſt. Jch gebe
dir es zu/ daß mancher kappentraͤger geitzig iſt/
nichts umbſonſt/ iſt ſein ſymbolum, auch keine
thuͤr zugeſchloſſen am Hauſe deß HErrn/ und
kein liecht auff dem Altar angezuͤndet. Soll er
Beicht hoͤren/ geld her. Soll er tauffen oder
trauen/ geld her. Soll er krancke troͤſten/ oder
todte zum grab geleiten/ geld her. Rom bauet
man allenthalbē/ da umb geld alles feil iſt/ auch
Gott ſelbſt/ auch ſein himmelreich. Wie ſiehet
und hoͤret mans uͤberall? die armen gibt man
zuſammen mit ein paar worten/ da weder krafft
noch ſafft innen iſt/ den reichen wird ein langer
Prediger-ſermon her gekuͤntzelt. Der arme liget
in todtesnoth/ kein Prediger troͤſtet ihn mit ei-
nem troͤſtlichen wort; dem reichen thut kaum
ein finger wehe/ wird taͤglich beſuchet/ und mit
troſt beſchuͤttet; der arme wird begraben/ kein
Prediger wuͤrdiget ihn ohne geld deß geleites/
keiner ruͤhmet ſein Chriſtenthumb/ auch nicht
mit einem wort; den reichen traͤget man dahin
mit groſſem gepraͤnge/ die gantze Cleriſey folget
und thut leidlich/ der Beichtvatter erhebet ſei-
ne thaten biß in den himmel/ da er vielleicht
ſchon in der hoͤllen brennet; O greuel fuͤr den
allerheiligſten augen Gottes! & 43. cap. von
der falſchheit der Geiſtlichen: traure wer trau-
ren kan; warum dann? weil die welt ſo falſch
iſt. Hat doch nun die falſchheit den trauer-
habit angeleget; wo findet man mehr falſchheit
als unter den langen maͤnteln? Der Theolo-
gi
ſtiſche ſchalck iſt der ſubtilſte/ er hat manchen
ſchaafsbeltz/ damit er ſich bedecken kan; du nen-
neſt die ſchalckheit eine politic; ach wie man-
cher Politicus gehet mit der kappe und krauſe
herein! du nenneſt es eine hoͤflichkeit/ wo man
luͤgen fuͤr warheit verkauffen kan; du kanſt wei-
[Spaltenumbruch] ter daſelbſt leſen. So weit Heinrich Muͤller.

Gerhard in der Poſtill vom Leyden Chriſti
fol. 88. da ſaget er: Wir haben diß zu mercken/
wie es allhier Chriſto dem Haupt der Kirchen
gehet/ daß er als ein Gottslaͤſterer und uͤber-
tretter deß Goͤttlichen geſetzes beſchuldiget/ und
unſchuldiger weiſe angeklaget wird/ daß es auch
ſeinen wahren gliedern alſo gehet/ daß ſie als
wie die aͤrgſten uͤbelthaͤter/ und freventliche uͤ-
bertretter deß Goͤttlichen geſetzes vielmahl be-
ſchuldiget werden/ (von den Phariſeern und
Schrifftgelehrten) angeklaget; dann wir muͤſ-
ſen doch ſeinem bilde aͤhnlich werden/ Rom. 8.
Es waren die Schrifftgelehrte/ Phariſeer und
Hohenprieſter ſelbſt die aͤrgeſten uͤbertretter deß
geſetzes/ wie ihnen Chriſtus offt ſchuld gibet/
Matth. 23. Jhr laſſet dahinden das ſchwaͤreſte
in dem Geſetze/ nemlich das Gerichte/ die Barm-
hertzigkeit und den Glauben/ Joh. 17. Niemand
unter euch thut das Geſetze. Gleichwol klagen
ſie alle Chriſtum unſchuldiger weiſe an/ als ha-
be er durch uͤbertrettung deß geſetzes/ und ver-
fuͤhrung halber den tod verwuͤrcket? So gehets
noch/ die groͤſten heuchler und verfuͤhrer doͤrffen
wol am ehiſten die wahre bekenner der Goͤttli-
chen warheit als ketzer/ und die lieben kinder
Gottes als verfluchte leute anklagen und ver-
dammen. Jtem am 15. Sontag Trin. fol. 452.
& 453. von der bauch-ſorge ſaget er alſo: was
hilfft es nun/ wann einer gleich viel ſorget/ wie
er wolle brod und vorrath ſammlen? es mag ihn
doch nicht ſaͤttigen/ es mag ihme nicht zu gute
kommen/ wann nicht Gottes ſorge darbey iſt.
Offtmahls geſchiehets/ wann man mit groſſen
ſorgen/ und mit groſſer muͤhe geld und gut ge-
ſammlet/ ſo zerſtreuet es Gott der HErr durch
den wind deß verderbens/ und gehet uns eben
wie den kindern/ welche mit eintzigem fleiß
haͤußlein bauen/ ſo blaͤſet manchmahl der vatter
alle ihre arbeit und muͤhe voneinander mit ei-
nem anhauchē; So thut auch Gott offtmahls/
wann wir mit groſſen ſorgen geld und gut offt-
mahls geſammlet/ ſo blaͤſet er mit ſeinem zorn
darein/ und zerſteubet es/ wie der ſtaub vom
winde verjaget wird/ daß wir ſehen/ wie ſo gar
nichtige und naͤrriſche arbeit es iſt/ wollen ohne
Gottes willen reich ſeyn; nach allem ſolchen
trachten die heyden/ ſagt Chriſtus. Darum
ſollen wir uns deß zeitlichen lebens nicht ſo an-
nehmen. Wer auffs kuͤnfftige ſiehet/ achtet das
gegenwaͤrtige nicht groß; wer auff die Ewig-
keit dencket/ achtet das zeitliche gar nicht/ oder
gering; wer in ſeinem hertzen geſchmecket hat
die ſeligkeit oder ſuͤſſigkeit der himmliſchen guͤ-
ter/ dem werden die weltliche nicht mehr ſo ſuͤſſe
ſeyn/ ſondern bitter/ daß er ſeine liebe und be-
gierde daran haͤnge. Wir haben hier keine
bleibende ſtaͤtte/ ſondern die zukuͤnfftige ſuchen
wir/ Joh. 13. Warum wollen wir dann ſorgen/
und in dieſer kurtzen zeit reich werden? Dieſes
ſollen wir nun nicht obenhin hoͤren/ daß Chri-
ſtus die den Heyden gleich achtet/ welche in der
bauchſorge ſtecken/ ſondern es wol zu hertzen
nehmen/ und billich darvor erſchrecken; dann
ſind das alle heyden/ die auff das zeitliche allein
ſehen/ tag und nacht darfuͤr ſorgen/ hilff Gott/
wie werden ſo wenig Chriſten in Chriſto ſeyn?
aber wol in der welt/ wie wird die heydenſchafft
ſo groß ſeyn? man meynet ja wol/ die Chriſten
ſeyen weit auff erden außgebreitet/ und das iſt

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[732/1040] Th. IV. Sect. III. Num. XVI. Acta Peter Moritzens zu Halle. traͤnckenden Liebe Gottes/ fol. 198 da er von der buß und beicht handelt/ und ſaget alſo: Ein zeuge und dollmetſcher der wahren buſſe iſt die beicht. Wann du beichteſt/ thuſtu nichts anderſt/ als daß du reue/ das vertrauen und den vorſatz deines hertzens anzeigeſt/ darumb muß in der beicht der mund nichts anders reden/ als das hertze fuͤhlet. Die rechtſchaffene beicht ler- net man nicht auß buͤchern/ ſie waͤchſet auch nicht auff der zungen/ ſondern im hertzen/ wie die beicht/ die da gethan wird auß gewohnheit. Die Kirche hat den Beichtſtul eingeſetzt/ nicht umb deß Beichtpfennings willen/ ꝛc. Der mei- ſte hauffe faſſet ein Beicht-gebetlein auß dieſem oder jenem buche ins gehirn/ ꝛc. da kan man weitlaͤufftig darvon leſen Jtem in den Erquick- ſtunden cap. 214. von der H. Beicht: wie thut ihm der hauffe? wann ein quartal-jahr umb iſt/ da ſpricht man: der kerbſtock iſt voll/ der ſuͤn- den-ſack muß außgeſchuͤttet werden/ brich ein ſtuͤndlein ab/ eyle zum Beichtſtul/ ſtande/ per miſerere mei tolliturira Dei. Siehet der Prie- ſter ſauer/ ein ſchwerer Beichtpfenning kan es wieder gut machen/ die hand nur auff den kopff geleget/ und loß geſprochen/ loß/ zum wuͤſten wilden leben/ ꝛc. Jtem 252. vom geitz der Pre- diger: Die kappe iſt geitzig/ ſprichſtu; ich ſpreche nein: wolff-und ſchaafbeltz/ wurm und apffel ſind ja nicht einerley/ ſo auch nicht die Kappe und Pfaffe. Was kan der ſchaafsbeltz darzu/ daß ſich der wolff unter ihm verbirget? was kan die Kappe darwider/ daß der Pfaffe geitzig iſt? es ſtecket fuͤrwahr noch mancher darinnen/ der dem geitz feind iſt/ als dem teuffel ſelbſt. Jch gebe dir es zu/ daß mancher kappentraͤger geitzig iſt/ nichts umbſonſt/ iſt ſein ſymbolum, auch keine thuͤr zugeſchloſſen am Hauſe deß HErrn/ und kein liecht auff dem Altar angezuͤndet. Soll er Beicht hoͤren/ geld her. Soll er tauffen oder trauen/ geld her. Soll er krancke troͤſten/ oder todte zum grab geleiten/ geld her. Rom bauet man allenthalbē/ da umb geld alles feil iſt/ auch Gott ſelbſt/ auch ſein himmelreich. Wie ſiehet und hoͤret mans uͤberall? die armen gibt man zuſammen mit ein paar worten/ da weder krafft noch ſafft innen iſt/ den reichen wird ein langer Prediger-ſermon her gekuͤntzelt. Der arme liget in todtesnoth/ kein Prediger troͤſtet ihn mit ei- nem troͤſtlichen wort; dem reichen thut kaum ein finger wehe/ wird taͤglich beſuchet/ und mit troſt beſchuͤttet; der arme wird begraben/ kein Prediger wuͤrdiget ihn ohne geld deß geleites/ keiner ruͤhmet ſein Chriſtenthumb/ auch nicht mit einem wort; den reichen traͤget man dahin mit groſſem gepraͤnge/ die gantze Cleriſey folget und thut leidlich/ der Beichtvatter erhebet ſei- ne thaten biß in den himmel/ da er vielleicht ſchon in der hoͤllen brennet; O greuel fuͤr den allerheiligſten augen Gottes! & 43. cap. von der falſchheit der Geiſtlichen: traure wer trau- ren kan; warum dann? weil die welt ſo falſch iſt. Hat doch nun die falſchheit den trauer- habit angeleget; wo findet man mehr falſchheit als unter den langen maͤnteln? Der Theolo- giſtiſche ſchalck iſt der ſubtilſte/ er hat manchen ſchaafsbeltz/ damit er ſich bedecken kan; du nen- neſt die ſchalckheit eine politic; ach wie man- cher Politicus gehet mit der kappe und krauſe herein! du nenneſt es eine hoͤflichkeit/ wo man luͤgen fuͤr warheit verkauffen kan; du kanſt wei- ter daſelbſt leſen. So weit Heinrich Muͤller. Gerhard in der Poſtill vom Leyden Chriſti fol. 88. da ſaget er: Wir haben diß zu mercken/ wie es allhier Chriſto dem Haupt der Kirchen gehet/ daß er als ein Gottslaͤſterer und uͤber- tretter deß Goͤttlichen geſetzes beſchuldiget/ und unſchuldiger weiſe angeklaget wird/ daß es auch ſeinen wahren gliedern alſo gehet/ daß ſie als wie die aͤrgſten uͤbelthaͤter/ und freventliche uͤ- bertretter deß Goͤttlichen geſetzes vielmahl be- ſchuldiget werden/ (von den Phariſeern und Schrifftgelehrten) angeklaget; dann wir muͤſ- ſen doch ſeinem bilde aͤhnlich werden/ Rom. 8. Es waren die Schrifftgelehrte/ Phariſeer und Hohenprieſter ſelbſt die aͤrgeſten uͤbertretter deß geſetzes/ wie ihnen Chriſtus offt ſchuld gibet/ Matth. 23. Jhr laſſet dahinden das ſchwaͤreſte in dem Geſetze/ nemlich das Gerichte/ die Barm- hertzigkeit und den Glauben/ Joh. 17. Niemand unter euch thut das Geſetze. Gleichwol klagen ſie alle Chriſtum unſchuldiger weiſe an/ als ha- be er durch uͤbertrettung deß geſetzes/ und ver- fuͤhrung halber den tod verwuͤrcket? So gehets noch/ die groͤſten heuchler und verfuͤhrer doͤrffen wol am ehiſten die wahre bekenner der Goͤttli- chen warheit als ketzer/ und die lieben kinder Gottes als verfluchte leute anklagen und ver- dammen. Jtem am 15. Sontag Trin. fol. 452. & 453. von der bauch-ſorge ſaget er alſo: was hilfft es nun/ wann einer gleich viel ſorget/ wie er wolle brod und vorrath ſammlen? es mag ihn doch nicht ſaͤttigen/ es mag ihme nicht zu gute kommen/ wann nicht Gottes ſorge darbey iſt. Offtmahls geſchiehets/ wann man mit groſſen ſorgen/ und mit groſſer muͤhe geld und gut ge- ſammlet/ ſo zerſtreuet es Gott der HErr durch den wind deß verderbens/ und gehet uns eben wie den kindern/ welche mit eintzigem fleiß haͤußlein bauen/ ſo blaͤſet manchmahl der vatter alle ihre arbeit und muͤhe voneinander mit ei- nem anhauchē; So thut auch Gott offtmahls/ wann wir mit groſſen ſorgen geld und gut offt- mahls geſammlet/ ſo blaͤſet er mit ſeinem zorn darein/ und zerſteubet es/ wie der ſtaub vom winde verjaget wird/ daß wir ſehen/ wie ſo gar nichtige und naͤrriſche arbeit es iſt/ wollen ohne Gottes willen reich ſeyn; nach allem ſolchen trachten die heyden/ ſagt Chriſtus. Darum ſollen wir uns deß zeitlichen lebens nicht ſo an- nehmen. Wer auffs kuͤnfftige ſiehet/ achtet das gegenwaͤrtige nicht groß; wer auff die Ewig- keit dencket/ achtet das zeitliche gar nicht/ oder gering; wer in ſeinem hertzen geſchmecket hat die ſeligkeit oder ſuͤſſigkeit der himmliſchen guͤ- ter/ dem werden die weltliche nicht mehr ſo ſuͤſſe ſeyn/ ſondern bitter/ daß er ſeine liebe und be- gierde daran haͤnge. Wir haben hier keine bleibende ſtaͤtte/ ſondern die zukuͤnfftige ſuchen wir/ Joh. 13. Warum wollen wir dann ſorgen/ und in dieſer kurtzen zeit reich werden? Dieſes ſollen wir nun nicht obenhin hoͤren/ daß Chri- ſtus die den Heyden gleich achtet/ welche in der bauchſorge ſtecken/ ſondern es wol zu hertzen nehmen/ und billich darvor erſchrecken; dann ſind das alle heyden/ die auff das zeitliche allein ſehen/ tag und nacht darfuͤr ſorgen/ hilff Gott/ wie werden ſo wenig Chriſten in Chriſto ſeyn? aber wol in der welt/ wie wird die heydenſchafft ſo groß ſeyn? man meynet ja wol/ die Chriſten ſeyen weit auff erden außgebreitet/ und das iſt wahr/

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 732. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/1040>, abgerufen am 22.12.2024.