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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. XVI. Acta Peter Moritzens zu Hall.
[Spaltenumbruch] für den frommen/ ein verführer für den gott-
losen. Worfür hielten Caiphas und seine
geistlose Christum? für einen Samariter und
verführer; worfür hielten ihn Nicodemus/
Josephus und andere gottselige hertzen? für ei-
nen wahrhafftigen. Du redest und predigest
nach der wahrheit des rechten erkäntniß/ wie
man nicht auff den schein der äusserlichen wercke
oder ceremonien sehen/ sondern Christo im le-
bendigen glauben nachfolgen soll. Fromme her-
tzen erkennen die krafft der wahrheit und lobens;
was sagen die Phariseer darzu? Er ist ein ketzer/
er verführet die leute/ richtet auff ruhr an im ge-
wissen. Heisset das nicht GOtt gelästert? aus
licht finsterniß/ aus wahrheit lügen/ aus Christo
Satanam/ oder einen Samariter gemacht/ und
aus GOtt einen teuffel? Was wunder! wer die
wahrheit Göttlicher lehre loben soll/ muß sie lie-
ben/ wer sie lieben soll/ muß sie kennen/ wer sie
kennen soll/ muß erleuchtet seyn vom H. Geiste
GOttes. Wie ein blinder von der farbe/ so rich-
tet ein unerleuchteter lehrer von der lehre. Jener
soll wohl schwartz blau/ weiß grüne nennen; so
nennet dieser böse/ was gut ist/ und kätzerey was
wahrheit ist. Wie kan aber der Gottes licht und
Geist haben/ der vom fürsten der finsterniß durch
geitz/ neid/ hochmuth verblendet/ JEsum das
licht der welt in seinen gliedern hasset und ver-
folget? Du verwahrest ja/ was du köstliches hast
nicht an einem unsauberm orthe/ solte dann
Gott wohl sein licht und gnade in ein stinckend
gefäse/ in eine unreine seele legen? Wie mö-
gen licht und finsterniß/ Christus und Belial/
GOtt und teuffel bey emander wohnen in einem
hertzen/ und gleiche herrschafft haben? Laß dichs
nicht kräncken/ wann sie dich einen ketzer/ ver-
führer schelten/ die vom teuffel besessen sind/ und
JEsum und die wahrheit nicht kennen. Wer
hat sie zu richtern reiner lehre gesetzet? die werck-
zeuge des unsaubern geistes/ die wölffe in
schaafs-beltzen/ die teuffel in engel des licht ver-
stellet? Kan der auch wohl riechen und schmä-
cken/ der starcken fluß oder schnuppen hat? die
sauffen das unrecht in sich wie wasser/ ihr hertze
quillet boßheit/ als ein voller brunn/ darum
schmäcket ihnen bitter was süsse/ und heissen är-
gerlich was besserlich/ lügen was wahrheit ist.
Sie seynd schon verstocket wie Pharao/ und
verhärtet/ und verhärte sich immer mehr und mehr
in ihrem stoltzen sinn. Man muß sie Gott befeh-
len/ recht muß doch recht bleiben/ und dem wer-
den alle fromme hertzen anhangen; darzu besiehe
das 152. Cap. allda/ das von der abgötterey der
maul-christen handelt/ da wird man sehen/ was
ich auch gesehen habe.

Heinrich Müller von eigensüchtigen priestern
in erquick-stunden/ cap. 157. fol. 328. 343. 344.
da saget er also: Fordert man sie zu diensten/ ist
die erste frage/ wie vermöglich die eingepfarrete?
wie reich das salarium? wie viel der beicht-pfen-
nige? wie hoch die accidentia? Nach der ehre
GOttes und menschen seligkeit ist gar keine fra-
ge; an solchen hängst du dich/ du verräther dei-
ner eigenen seele! Wann Christus Petrum
zum dienst fordern will/ machet er es auch also?
Mein Petre/ saget er/ liebst du mich? Nicht
dich/ nicht deinen bauch/ und beutel/ sondern
mich/ meine ehre/ meine schäflein? die schäflein/
die ich so theuer erkaufft habe mit meinem blu-
[Spaltenumbruch] te/ und wann Petrus ja saget/ so spricht er:
So weyde meine lämmer/ so solst du mein hir-
te seyn; Christus will keine miedlinge zu seinen
dienern haben. So uns ehr- und geld-sucht ein-
genommen/ so wir den wollüsten nachgehen/
und mit nahrungs-sorgen das hertze beschwe-
ren/ kan GOtt nicht unser theil seyn/ wir kön-
nen auch nicht Gottes priester seyn; wollen wir
das eine zum erbe haben/ das alles ist/ so müs-
sen wir um des einen willen alles andere verlas-
sen; Hieronymus schreibet gar nachdencklich/
Epist. zun Tit. 12. Der HERR spricht: wer
dem altar dienet/ soll vom altar leben; leben
heisset nicht reich werden. Mehrsoll ein predi-
ger nicht begehren von seinem dienste/ als was
an nahrung und kleidung zur erhaltung des le-
bens vonnöthen ist. Güldne worte setzet Chry-
sostomus 25. pr. in 1. Tim.
Jch darff keck und
kühnlich sagen/ daß die priester nicht mehr als
nahrung und kleidung haben müssen. Solte
der theure mann noch leben/ und es der geitzi-
gen kappen so keck und kühnlich sagen/ er wür-
de ja von ihr verbrandt und verkätzert werden!
Spricht man nicht/ er ist ein ketzer? warum
dann? er nimbt kein beicht-geld. Jsts dann
nicht gnug/ daß du verfluchter Baals-pfaffe
selber geitzest/ wo nicht alle welt auch mit dir
geitzet? Behalt du dein theil auff erden/ mein
theil ist im himmel und will doch nicht hungers
sterben; dieses betrachtet alle/ er seye im ampte
oder nicht. Wohl und selig deme/ der es zu her-
tzen nimmt/ und nach Christi edlem leben seines
anstellet. Haec Mülleri.

Johann Rist
Compendieuse anzeigung was er in sei-
nem Mayen-gespräche von sich und
den andern geistlichen ge-
dencket.

Darvon vernehmet also: Es verwundern
sich etliche meiner guten freunde/ (saget Riste)
und sagen: Warum ich mich dann jetzo so in-
nen und einsam hielte/ und nicht/ wie vor/ gu-
ten freunden zuspräche? Resp. Dieses kan mir
nicht übel gedeutet werden/ sondern sie es viel-
mehr loben müssen/ angesehen ich hierinnen
dem exempel lieber/ gottseliger und hochver-
ständiger personen etlicher massen nachahme;
Dann saget mir/ ihr meine lieben freunde/ mit
was vorleuten solle man wohl bey dieser gegen-
wärtigen grundlosen zeit umgehen? und mit
was für art mensche solte ich für mein haupt ein
recht gründliche und hertzliche vertrauligkeit
pflegen? Vielleicht werdet ihr meinen/ ich solte
mich zu geistlichen stands-personen für andern
halten/ dann die würden es ja rechtschaffen
treu/ redlich und auffrichtig mit mir meinen?
Ja wohl/ ihr lieben garten-leute/ meiner mei-
nung nach dürfftet ihr euch leicht betrügen;
dann ob ich zwar nicht läugne/ daß noch bis-
weilen eine auffrichtige person und hertz unter
solchen leuten zu finden/ so wird man hinge-
gen andere antreffen/ mit welchen gefährlicher
umzugehen/ als mit löwen und bähren/ wel-
ches ihr demjenigen/ der es hat versuchet/ kühn-
lich möget zutrauen. Die garten-leute sagen
weiter/ man könte doch noch wohl etliche

geistliche

Th. IV. Sect. III. Num. XVI. Acta Peter Moritzens zu Hall.
[Spaltenumbruch] fuͤr den frommen/ ein verfuͤhrer fuͤr den gott-
loſen. Worfuͤr hielten Caiphas und ſeine
geiſtloſe Chriſtum? fuͤr einen Samariter und
verfuͤhrer; worfuͤr hielten ihn Nicodemus/
Joſephus und andere gottſelige hertzen? fuͤr ei-
nen wahrhafftigen. Du redeſt und predigeſt
nach der wahrheit des rechten erkaͤntniß/ wie
man nicht auff den ſchein der aͤuſſerlichen wercke
oder ceremonien ſehen/ ſondern Chriſto im le-
bendigen glauben nachfolgen ſoll. Fromme her-
tzen erkennen die krafft der wahrheit und lobens;
was ſagen die Phariſeer darzu? Er iſt ein ketzer/
er verfuͤhret die leute/ richtet auff ruhr an im ge-
wiſſen. Heiſſet das nicht GOtt gelaͤſtert? aus
licht finſterniß/ aus wahrheit luͤgen/ aus Chriſto
Satanam/ oder einen Samariter gemacht/ und
aus GOtt einen teuffel? Was wunder! wer die
wahrheit Goͤttlicher lehre loben ſoll/ muß ſie lie-
ben/ wer ſie lieben ſoll/ muß ſie kennen/ wer ſie
kennen ſoll/ muß erleuchtet ſeyn vom H. Geiſte
GOttes. Wie ein blinder von der farbe/ ſo rich-
tet ein unerleuchteter lehrer von der lehre. Jener
ſoll wohl ſchwartz blau/ weiß gruͤne nennen; ſo
nennet dieſer boͤſe/ was gut iſt/ und kaͤtzerey was
wahrheit iſt. Wie kan aber der Gottes licht und
Geiſt haben/ der vom fuͤrſten der finſterniß durch
geitz/ neid/ hochmuth verblendet/ JEſum das
licht der welt in ſeinen gliedern haſſet und ver-
folget? Du verwahreſt ja/ was du koͤſtliches haſt
nicht an einem unſauberm orthe/ ſolte dann
Gott wohl ſein licht und gnade in ein ſtinckend
gefaͤſe/ in eine unreine ſeele legen? Wie moͤ-
gen licht und finſterniß/ Chriſtus und Belial/
GOtt und teuffel bey emander wohnen in einem
hertzen/ und gleiche herrſchafft haben? Laß dichs
nicht kraͤncken/ wann ſie dich einen ketzer/ ver-
fuͤhrer ſchelten/ die vom teuffel beſeſſen ſind/ und
JEſum und die wahrheit nicht kennen. Wer
hat ſie zu richtern reiner lehre geſetzet? die werck-
zeuge des unſaubern geiſtes/ die woͤlffe in
ſchaafs-beltzen/ die teuffel in engel des licht ver-
ſtellet? Kan der auch wohl riechen und ſchmaͤ-
cken/ der ſtarcken fluß oder ſchnuppen hat? die
ſauffen das unrecht in ſich wie waſſer/ ihr hertze
quillet boßheit/ als ein voller brunn/ darum
ſchmaͤcket ihnen bitter was ſuͤſſe/ und heiſſen aͤr-
gerlich was beſſerlich/ luͤgen was wahrheit iſt.
Sie ſeynd ſchon verſtocket wie Pharao/ und
verhaͤrtet/ und verhaͤrtē ſich im̃er mehr und mehr
in ihrem ſtoltzen ſinn. Man muß ſie Gott befeh-
len/ recht muß doch recht bleiben/ und dem wer-
den alle fromme hertzen anhangen; darzu beſiehe
das 152. Cap. allda/ das von der abgoͤtterey der
maul-chriſten handelt/ da wird man ſehen/ was
ich auch geſehen habe.

Heinrich Muͤller von eigenſuͤchtigen prieſtern
in erquick-ſtunden/ cap. 157. fol. 328. 343. 344.
da ſaget er alſo: Fordert man ſie zu dienſten/ iſt
die erſte frage/ wie vermoͤglich die eingepfarrete?
wie reich das ſalarium? wie viel der beicht-pfen-
nige? wie hoch die accidentia? Nach der ehre
GOttes und menſchen ſeligkeit iſt gar keine fra-
ge; an ſolchen haͤngſt du dich/ du verraͤther dei-
ner eigenen ſeele! Wann Chriſtus Petrum
zum dienſt fordern will/ machet er es auch alſo?
Mein Petre/ ſaget er/ liebſt du mich? Nicht
dich/ nicht deinen bauch/ und beutel/ ſondern
mich/ meine ehre/ meine ſchaͤflein? die ſchaͤflein/
die ich ſo theuer erkaufft habe mit meinem blu-
[Spaltenumbruch] te/ und wann Petrus ja ſaget/ ſo ſpricht er:
So weyde meine laͤmmer/ ſo ſolſt du mein hir-
te ſeyn; Chriſtus will keine miedlinge zu ſeinen
dienern haben. So uns ehr- und geld-ſucht ein-
genommen/ ſo wir den wolluͤſten nachgehen/
und mit nahrungs-ſorgen das hertze beſchwe-
ren/ kan GOtt nicht unſer theil ſeyn/ wir koͤn-
nen auch nicht Gottes prieſter ſeyn; wollen wir
das eine zum erbe haben/ das alles iſt/ ſo muͤſ-
ſen wir um des einen willen alles andere verlaſ-
ſen; Hieronymus ſchreibet gar nachdencklich/
Epiſt. zun Tit. 12. Der HERR ſpricht: wer
dem altar dienet/ ſoll vom altar leben; leben
heiſſet nicht reich werden. Mehrſoll ein predi-
ger nicht begehren von ſeinem dienſte/ als was
an nahrung und kleidung zur erhaltung des le-
bens vonnoͤthen iſt. Guͤldne worte ſetzet Chry-
ſoſtomus 25. pr. in 1. Tim.
Jch darff keck und
kuͤhnlich ſagen/ daß die prieſter nicht mehr als
nahrung und kleidung haben muͤſſen. Solte
der theure mann noch leben/ und es der geitzi-
gen kappen ſo keck und kuͤhnlich ſagen/ er wuͤr-
de ja von ihr verbrandt und verkaͤtzert werden!
Spricht man nicht/ er iſt ein ketzer? warum
dann? er nimbt kein beicht-geld. Jſts dann
nicht gnug/ daß du verfluchter Baals-pfaffe
ſelber geitzeſt/ wo nicht alle welt auch mit dir
geitzet? Behalt du dein theil auff erden/ mein
theil iſt im himmel und will doch nicht hungers
ſterben; dieſes betrachtet alle/ er ſeye im ampte
oder nicht. Wohl und ſelig deme/ der es zu her-
tzen nimmt/ und nach Chriſti edlem leben ſeines
anſtellet. Hæc Mülleri.

Johann Riſt
Compendieuſe anzeigung was er in ſei-
nem Mayen-geſpraͤche von ſich und
den andern geiſtlichen ge-
dencket.

Darvon vernehmet alſo: Es verwundern
ſich etliche meiner guten freunde/ (ſaget Riſte)
und ſagen: Warum ich mich dann jetzo ſo in-
nen und einſam hielte/ und nicht/ wie vor/ gu-
ten freunden zuſpraͤche? Reſp. Dieſes kan mir
nicht uͤbel gedeutet werden/ ſondern ſie es viel-
mehr loben muͤſſen/ angeſehen ich hierinnen
dem exempel lieber/ gottſeliger und hochver-
ſtaͤndiger perſonen etlicher maſſen nachahme;
Dann ſaget mir/ ihr meine lieben freunde/ mit
was vorleuten ſolle man wohl bey dieſer gegen-
waͤrtigen grundloſen zeit umgehen? und mit
was fuͤr art menſchē ſolte ich fuͤr mein haupt ein
recht gruͤndliche und hertzliche vertrauligkeit
pflegen? Vielleicht werdet ihr meinen/ ich ſolte
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treu/ redlich und auffrichtig mit mir meinen?
Ja wohl/ ihr lieben garten-leute/ meiner mei-
nung nach duͤrfftet ihr euch leicht betruͤgen;
dann ob ich zwar nicht laͤugne/ daß noch bis-
weilen eine auffrichtige perſon und hertz unter
ſolchen leuten zu finden/ ſo wird man hinge-
gen andere antreffen/ mit welchen gefaͤhrlicher
umzugehen/ als mit loͤwen und baͤhren/ wel-
ches ihr demjenigen/ der es hat verſuchet/ kuͤhn-
lich moͤget zutrauen. Die garten-leute ſagen
weiter/ man koͤnte doch noch wohl etliche

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[726/1034] Th. IV. Sect. III. Num. XVI. Acta Peter Moritzens zu Hall. fuͤr den frommen/ ein verfuͤhrer fuͤr den gott- loſen. Worfuͤr hielten Caiphas und ſeine geiſtloſe Chriſtum? fuͤr einen Samariter und verfuͤhrer; worfuͤr hielten ihn Nicodemus/ Joſephus und andere gottſelige hertzen? fuͤr ei- nen wahrhafftigen. Du redeſt und predigeſt nach der wahrheit des rechten erkaͤntniß/ wie man nicht auff den ſchein der aͤuſſerlichen wercke oder ceremonien ſehen/ ſondern Chriſto im le- bendigen glauben nachfolgen ſoll. Fromme her- tzen erkennen die krafft der wahrheit und lobens; was ſagen die Phariſeer darzu? Er iſt ein ketzer/ er verfuͤhret die leute/ richtet auff ruhr an im ge- wiſſen. Heiſſet das nicht GOtt gelaͤſtert? aus licht finſterniß/ aus wahrheit luͤgen/ aus Chriſto Satanam/ oder einen Samariter gemacht/ und aus GOtt einen teuffel? Was wunder! wer die wahrheit Goͤttlicher lehre loben ſoll/ muß ſie lie- ben/ wer ſie lieben ſoll/ muß ſie kennen/ wer ſie kennen ſoll/ muß erleuchtet ſeyn vom H. Geiſte GOttes. Wie ein blinder von der farbe/ ſo rich- tet ein unerleuchteter lehrer von der lehre. Jener ſoll wohl ſchwartz blau/ weiß gruͤne nennen; ſo nennet dieſer boͤſe/ was gut iſt/ und kaͤtzerey was wahrheit iſt. Wie kan aber der Gottes licht und Geiſt haben/ der vom fuͤrſten der finſterniß durch geitz/ neid/ hochmuth verblendet/ JEſum das licht der welt in ſeinen gliedern haſſet und ver- folget? Du verwahreſt ja/ was du koͤſtliches haſt nicht an einem unſauberm orthe/ ſolte dann Gott wohl ſein licht und gnade in ein ſtinckend gefaͤſe/ in eine unreine ſeele legen? Wie moͤ- gen licht und finſterniß/ Chriſtus und Belial/ GOtt und teuffel bey emander wohnen in einem hertzen/ und gleiche herrſchafft haben? Laß dichs nicht kraͤncken/ wann ſie dich einen ketzer/ ver- fuͤhrer ſchelten/ die vom teuffel beſeſſen ſind/ und JEſum und die wahrheit nicht kennen. Wer hat ſie zu richtern reiner lehre geſetzet? die werck- zeuge des unſaubern geiſtes/ die woͤlffe in ſchaafs-beltzen/ die teuffel in engel des licht ver- ſtellet? Kan der auch wohl riechen und ſchmaͤ- cken/ der ſtarcken fluß oder ſchnuppen hat? die ſauffen das unrecht in ſich wie waſſer/ ihr hertze quillet boßheit/ als ein voller brunn/ darum ſchmaͤcket ihnen bitter was ſuͤſſe/ und heiſſen aͤr- gerlich was beſſerlich/ luͤgen was wahrheit iſt. Sie ſeynd ſchon verſtocket wie Pharao/ und verhaͤrtet/ und verhaͤrtē ſich im̃er mehr und mehr in ihrem ſtoltzen ſinn. Man muß ſie Gott befeh- len/ recht muß doch recht bleiben/ und dem wer- den alle fromme hertzen anhangen; darzu beſiehe das 152. Cap. allda/ das von der abgoͤtterey der maul-chriſten handelt/ da wird man ſehen/ was ich auch geſehen habe. Heinrich Muͤller von eigenſuͤchtigen prieſtern in erquick-ſtunden/ cap. 157. fol. 328. 343. 344. da ſaget er alſo: Fordert man ſie zu dienſten/ iſt die erſte frage/ wie vermoͤglich die eingepfarrete? wie reich das ſalarium? wie viel der beicht-pfen- nige? wie hoch die accidentia? Nach der ehre GOttes und menſchen ſeligkeit iſt gar keine fra- ge; an ſolchen haͤngſt du dich/ du verraͤther dei- ner eigenen ſeele! Wann Chriſtus Petrum zum dienſt fordern will/ machet er es auch alſo? Mein Petre/ ſaget er/ liebſt du mich? Nicht dich/ nicht deinen bauch/ und beutel/ ſondern mich/ meine ehre/ meine ſchaͤflein? die ſchaͤflein/ die ich ſo theuer erkaufft habe mit meinem blu- te/ und wann Petrus ja ſaget/ ſo ſpricht er: So weyde meine laͤmmer/ ſo ſolſt du mein hir- te ſeyn; Chriſtus will keine miedlinge zu ſeinen dienern haben. So uns ehr- und geld-ſucht ein- genommen/ ſo wir den wolluͤſten nachgehen/ und mit nahrungs-ſorgen das hertze beſchwe- ren/ kan GOtt nicht unſer theil ſeyn/ wir koͤn- nen auch nicht Gottes prieſter ſeyn; wollen wir das eine zum erbe haben/ das alles iſt/ ſo muͤſ- ſen wir um des einen willen alles andere verlaſ- ſen; Hieronymus ſchreibet gar nachdencklich/ Epiſt. zun Tit. 12. Der HERR ſpricht: wer dem altar dienet/ ſoll vom altar leben; leben heiſſet nicht reich werden. Mehrſoll ein predi- ger nicht begehren von ſeinem dienſte/ als was an nahrung und kleidung zur erhaltung des le- bens vonnoͤthen iſt. Guͤldne worte ſetzet Chry- ſoſtomus 25. pr. in 1. Tim. Jch darff keck und kuͤhnlich ſagen/ daß die prieſter nicht mehr als nahrung und kleidung haben muͤſſen. Solte der theure mann noch leben/ und es der geitzi- gen kappen ſo keck und kuͤhnlich ſagen/ er wuͤr- de ja von ihr verbrandt und verkaͤtzert werden! Spricht man nicht/ er iſt ein ketzer? warum dann? er nimbt kein beicht-geld. Jſts dann nicht gnug/ daß du verfluchter Baals-pfaffe ſelber geitzeſt/ wo nicht alle welt auch mit dir geitzet? Behalt du dein theil auff erden/ mein theil iſt im himmel und will doch nicht hungers ſterben; dieſes betrachtet alle/ er ſeye im ampte oder nicht. Wohl und ſelig deme/ der es zu her- tzen nimmt/ und nach Chriſti edlem leben ſeines anſtellet. Hæc Mülleri. Johann Riſt Compendieuſe anzeigung was er in ſei- nem Mayen-geſpraͤche von ſich und den andern geiſtlichen ge- dencket. Darvon vernehmet alſo: Es verwundern ſich etliche meiner guten freunde/ (ſaget Riſte) und ſagen: Warum ich mich dann jetzo ſo in- nen und einſam hielte/ und nicht/ wie vor/ gu- ten freunden zuſpraͤche? Reſp. Dieſes kan mir nicht uͤbel gedeutet werden/ ſondern ſie es viel- mehr loben muͤſſen/ angeſehen ich hierinnen dem exempel lieber/ gottſeliger und hochver- ſtaͤndiger perſonen etlicher maſſen nachahme; Dann ſaget mir/ ihr meine lieben freunde/ mit was vorleuten ſolle man wohl bey dieſer gegen- waͤrtigen grundloſen zeit umgehen? und mit was fuͤr art menſchē ſolte ich fuͤr mein haupt ein recht gruͤndliche und hertzliche vertrauligkeit pflegen? Vielleicht werdet ihr meinen/ ich ſolte mich zu geiſtlichen ſtands-perſonen fuͤr andern halten/ dann die wuͤrden es ja rechtſchaffen treu/ redlich und auffrichtig mit mir meinen? Ja wohl/ ihr lieben garten-leute/ meiner mei- nung nach duͤrfftet ihr euch leicht betruͤgen; dann ob ich zwar nicht laͤugne/ daß noch bis- weilen eine auffrichtige perſon und hertz unter ſolchen leuten zu finden/ ſo wird man hinge- gen andere antreffen/ mit welchen gefaͤhrlicher umzugehen/ als mit loͤwen und baͤhren/ wel- ches ihr demjenigen/ der es hat verſuchet/ kuͤhn- lich moͤget zutrauen. Die garten-leute ſagen weiter/ man koͤnte doch noch wohl etliche geiſtliche

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 726. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/1034>, abgerufen am 20.11.2024.