Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700.gemeine zu machen/ davon in der abbildung viel zu finden. Jnsgemein 39. Woferne man aber hiebey die geringste herschsucht und eigne 40. Dieses alles nun möche jederman behutsam und bescheiden stetem
gemeine zu machen/ davon in der abbildung viel zu finden. Jnsgemein 39. Woferne man aber hiebey die geringſte herſchſucht und eigne 40. Dieſes alles nun moͤche jederman behutſam und beſcheiden ſtetem
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0096" n="95"/> gemeine zu machen/ davon in der abbildung viel zu finden. Jnsgemein<lb/> aber iſt <hi rendition="#fr">ordnung allerdings noͤthig/</hi> ſo wol unter menſchen als Chriſten.<lb/> wie ſie aber unter dieſen Goͤttlich anzuſtellẽ ſey/ da gehoͤret weißheit und eine<lb/> him̃liſche <hi rendition="#aq">temperatur</hi> zu/ ja ein gemuͤth/ welches faſt alle/ oder doch die mei-<lb/> ſten zuſtaͤnde/ abwechſelungen/ proben/ verſuchungen und grade der neuen<lb/> creatur genau erkundiget und ſelbſt durchgegangen hat. Damit man nicht<lb/> von jederman alles/ noch von ſchwachen die uͤbungen derer ſtarcken/ und<lb/> von ſtarcken die wege derer ſchwachen un weißlich und ungeſtuͤm <hi rendition="#aq">prætendi-</hi><lb/> re/ ſondern weil man die furcht des HErꝛn weiß/ mit den leuten ſchoͤn fahre/<lb/> oder ſie nur mildiglich uͤberzeuge/ 2. <hi rendition="#aq">Cor. V.</hi> 11. damit nicht mehr ſchaden<lb/> als vortheil dem reiche CHriſti daraus erwachſe.</p><lb/> <p>39. Woferne man aber hiebey die geringſte herſchſucht und eigne<lb/> wahl nur mit einigen geberden/ worten oder wercken ſehen lieſſe: So<lb/> koͤnten ſchwache anſtoͤßige gewiſſen leicht geaͤrgert und zum gegenſatz ver-<lb/> anlaſſet werden. Diejenigen aber/ ſo ſich dennoch zu bequemen ſcheinen/<lb/> moͤchten wol beſorglich dißfals mehr heimliche unreine abſichten hegen/<lb/> und weil ſie es um der menſchen willen thun/ auff heucheley/ bloſſe gewohn-<lb/> heit/ <hi rendition="#aq">opus operatum</hi> und darinn geſuchte eigne gerechtigkeit gerathen/ da-<lb/> bey allerſeits dennoch nur ſtaͤtige innere verdammung in denen gewiſſen<lb/> bliebe. Jmmaſſen es alſo mit allen uͤbungen derer religionen und beſt-<lb/> ſcheinenden <hi rendition="#aq">ſect</hi>en und partheyen ergangen/ daß ſie zwar erſtlich einen fei-<lb/> nen vorwand <hi rendition="#fr">und ſchein der ordnung/ erbauung und zucht</hi> gehabt/<lb/> aber bald in ſo ſchnoͤde greuel außgeſchlagen/ die noch manchen durch eiffer<lb/> dawieder freſſen moͤchten.</p><lb/> <p>40. Dieſes alles nun moͤche jederman <hi rendition="#fr">behutſam und beſcheiden</hi><lb/> machen/ keiner ſo theuer erkaufften ſeelen ein joch auffzulegen/ dazu ſie nicht<lb/> ſich ſelbſt verſtehen will. Denn obwol eine ſache durch den mißbrauch<lb/> nicht eben auffgehaben werden kan/ ſo lehret doch dieſer um <hi rendition="#fr">Goͤttliche<lb/> klugheit und ſanfftigkeit</hi> zu GOtt flehen. Er dringet auch einen<lb/> GOttes-gelehrten/ vielmehr auff das fuͤrbild derer erſten Lehrer zuruͤckzuſe-<lb/> hen/ welche die jungen an und fortwachſenden kindlein allein mit der lau-<lb/> tern milch des Evangelii nach der freyen anweiſung des geiſtes ſaͤugeten/<lb/> und nicht an alte gewohnheiten oder neue <hi rendition="#aq">traditiones</hi> uͤber aͤuſſern dingen<lb/> bunden. Jn dem ſie wol an ſich ſelbſt erfahren gehabt/ daß die <hi rendition="#aq">liberale</hi><lb/> muͤtterliche zucht der weißheit nur zum frey willigen geſetz der GOttes-bru-<lb/> der- und gemeinen liebe anfuͤhre/ auch ſo fort alle krafft alſo bald dazu ſchen-<lb/> cke. Dahingegen wohl keine geringe kraͤnckung und marterthum der<lb/> gewiſſen ſeyn muß/ wenn eine inwendig in die enge gebrachte ſeele unter<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſtetem</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0096]
gemeine zu machen/ davon in der abbildung viel zu finden. Jnsgemein
aber iſt ordnung allerdings noͤthig/ ſo wol unter menſchen als Chriſten.
wie ſie aber unter dieſen Goͤttlich anzuſtellẽ ſey/ da gehoͤret weißheit und eine
him̃liſche temperatur zu/ ja ein gemuͤth/ welches faſt alle/ oder doch die mei-
ſten zuſtaͤnde/ abwechſelungen/ proben/ verſuchungen und grade der neuen
creatur genau erkundiget und ſelbſt durchgegangen hat. Damit man nicht
von jederman alles/ noch von ſchwachen die uͤbungen derer ſtarcken/ und
von ſtarcken die wege derer ſchwachen un weißlich und ungeſtuͤm prætendi-
re/ ſondern weil man die furcht des HErꝛn weiß/ mit den leuten ſchoͤn fahre/
oder ſie nur mildiglich uͤberzeuge/ 2. Cor. V. 11. damit nicht mehr ſchaden
als vortheil dem reiche CHriſti daraus erwachſe.
39. Woferne man aber hiebey die geringſte herſchſucht und eigne
wahl nur mit einigen geberden/ worten oder wercken ſehen lieſſe: So
koͤnten ſchwache anſtoͤßige gewiſſen leicht geaͤrgert und zum gegenſatz ver-
anlaſſet werden. Diejenigen aber/ ſo ſich dennoch zu bequemen ſcheinen/
moͤchten wol beſorglich dißfals mehr heimliche unreine abſichten hegen/
und weil ſie es um der menſchen willen thun/ auff heucheley/ bloſſe gewohn-
heit/ opus operatum und darinn geſuchte eigne gerechtigkeit gerathen/ da-
bey allerſeits dennoch nur ſtaͤtige innere verdammung in denen gewiſſen
bliebe. Jmmaſſen es alſo mit allen uͤbungen derer religionen und beſt-
ſcheinenden ſecten und partheyen ergangen/ daß ſie zwar erſtlich einen fei-
nen vorwand und ſchein der ordnung/ erbauung und zucht gehabt/
aber bald in ſo ſchnoͤde greuel außgeſchlagen/ die noch manchen durch eiffer
dawieder freſſen moͤchten.
40. Dieſes alles nun moͤche jederman behutſam und beſcheiden
machen/ keiner ſo theuer erkaufften ſeelen ein joch auffzulegen/ dazu ſie nicht
ſich ſelbſt verſtehen will. Denn obwol eine ſache durch den mißbrauch
nicht eben auffgehaben werden kan/ ſo lehret doch dieſer um Goͤttliche
klugheit und ſanfftigkeit zu GOtt flehen. Er dringet auch einen
GOttes-gelehrten/ vielmehr auff das fuͤrbild derer erſten Lehrer zuruͤckzuſe-
hen/ welche die jungen an und fortwachſenden kindlein allein mit der lau-
tern milch des Evangelii nach der freyen anweiſung des geiſtes ſaͤugeten/
und nicht an alte gewohnheiten oder neue traditiones uͤber aͤuſſern dingen
bunden. Jn dem ſie wol an ſich ſelbſt erfahren gehabt/ daß die liberale
muͤtterliche zucht der weißheit nur zum frey willigen geſetz der GOttes-bru-
der- und gemeinen liebe anfuͤhre/ auch ſo fort alle krafft alſo bald dazu ſchen-
cke. Dahingegen wohl keine geringe kraͤnckung und marterthum der
gewiſſen ſeyn muß/ wenn eine inwendig in die enge gebrachte ſeele unter
ſtetem
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