Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.am Berg liegt, und guckte über die Mauer und sah II. 4
am Berg liegt, und guckte über die Mauer und ſah II. 4
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am Berg liegt, und guckte über die Mauer und ſah
den Ephraim den Weg heraufkommen. Ich lehnt mich
über die Mauer und ließ mein Sacktuch im Wind flie¬
gen daß er mich ſehn ſollt; und wie er herankam ſprach
ich mit ihm ein ganz Weilchen, — aber nicht wie ge¬
wöhnlich die Menſchen ſprechen. Ich ſagte ihm daß es
mir Freude mache ihn wieder zu ſehen, und auch darum
weil mir ſein Weſen einen Naturmoment vergegen¬
wärtige mit dem ſich mein Geſicht und mein Gemüth
näher verwandt fühle als mit jedem andern, ich ſagt
ihm das ſei die Dämmerung am Abend; ſo komme
mir ſein Blick und ſein ganz Weſen vor — wie Dämme¬
rung die über einer erhabnen Natur ausgebreitet ſei;
in ſolcher Stunde iſt mein Geſicht ſchärfer und mein
Gefühl ſehr zum Vertrauen geneigt. — Du kannſt wohl
denken, daß es der Mühe werth iſt mit ihm zu reden,
denn ſonſt wär ich darauf nicht gekommen ihm ſo was
zu ſagen. Er ſagte „die ſichtbare Welt iſt trüb aber
mit hellem Blick braucht einer nicht lang zu forſchen in
wenig Zügen erkennt er was ihm verwandt iſt.“ Ich
ſagte: aber wie erlangt man einen ſo hellen Blick? —
„Man muß allein die Natur anſchauen und kein Vorur¬
theil zulaſſen, das giebt einen hellen Blick.“ — Ich frag:
II. 4
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