Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

umringte mit Bitten es zu öffnen, wozu ich mich nicht
bewegen ließ, sonst wär der Spaß aus gewesen. Be¬
sonders quälte die Neugierde den Moritz, im grünen
Sammtrock, der den ganzen Abend alle Spiegel mit der
eignen Bewunderung seiner Person besetzt hielt. So wie
er die Überreichung dieses mystischen Packets gewahr
ward lief er mir nach, dem hätt ichs aber grad nicht
gesagt, im Packet war nichts als was Du wohl schon
denken kannst, ein paar alte Judenjournale und die Dru¬
senfamilie für die Großmama; ich solls lesen, was mir
eine harte Nuß ist, -- Sagt ichs, so würde man den
Primas wohl eher für einen Narren halten daß er auf
mein Urtheil einen Werth legt, als mich für gescheut
genug dieser Auszeichnung Ehre zu machen, so mags
denn die Leut mir im Respekt halten; wüßten sie es
sei nur Papier und keine Dose, hielten sie mich zum
Narren gehalten vom Primas.

Heut Nacht fiel mir ein daß ich meinen Kanarien¬
vogel dem Bernhards Gärtner geben will, der hebt ihn
gewiß gut auf, und macht ihm Freud, dann weiß
er doch daß er wieder was von mir erfährt, es
waren doch liebe Tage wo er mich propfen lehrte,
Du weißt noch gar nicht alles was ich da lernte, vom

umringte mit Bitten es zu öffnen, wozu ich mich nicht
bewegen ließ, ſonſt wär der Spaß aus geweſen. Be¬
ſonders quälte die Neugierde den Moritz, im grünen
Sammtrock, der den ganzen Abend alle Spiegel mit der
eignen Bewunderung ſeiner Perſon beſetzt hielt. So wie
er die Überreichung dieſes myſtiſchen Packets gewahr
ward lief er mir nach, dem hätt ichs aber grad nicht
geſagt, im Packet war nichts als was Du wohl ſchon
denken kannſt, ein paar alte Judenjournale und die Dru¬
ſenfamilie für die Großmama; ich ſolls leſen, was mir
eine harte Nuß iſt, — Sagt ichs, ſo würde man den
Primas wohl eher für einen Narren halten daß er auf
mein Urtheil einen Werth legt, als mich für geſcheut
genug dieſer Auszeichnung Ehre zu machen, ſo mags
denn die Leut mir im Reſpekt halten; wüßten ſie es
ſei nur Papier und keine Doſe, hielten ſie mich zum
Narren gehalten vom Primas.

Heut Nacht fiel mir ein daß ich meinen Kanarien¬
vogel dem Bernhards Gärtner geben will, der hebt ihn
gewiß gut auf, und macht ihm Freud, dann weiß
er doch daß er wieder was von mir erfährt, es
waren doch liebe Tage wo er mich propfen lehrte,
Du weißt noch gar nicht alles was ich da lernte, vom

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0070" n="56"/>
umringte mit Bitten es zu öffnen, wozu ich mich nicht<lb/>
bewegen ließ, &#x017F;on&#x017F;t wär der Spaß aus gewe&#x017F;en. Be¬<lb/>
&#x017F;onders quälte die Neugierde den Moritz, im grünen<lb/>
Sammtrock, der den ganzen Abend alle Spiegel mit der<lb/>
eignen Bewunderung &#x017F;einer Per&#x017F;on be&#x017F;etzt hielt. So wie<lb/>
er die Überreichung die&#x017F;es my&#x017F;ti&#x017F;chen Packets gewahr<lb/>
ward lief er mir nach, dem hätt ichs aber grad nicht<lb/>
ge&#x017F;agt, im Packet war nichts als was Du wohl &#x017F;chon<lb/>
denken kann&#x017F;t, ein paar alte Judenjournale und die Dru¬<lb/>
&#x017F;enfamilie für die Großmama; ich &#x017F;olls le&#x017F;en, was mir<lb/>
eine harte Nuß i&#x017F;t, &#x2014; Sagt ichs, &#x017F;o würde man den<lb/>
Primas wohl eher für einen Narren halten daß er auf<lb/>
mein Urtheil einen Werth legt, als mich für ge&#x017F;cheut<lb/>
genug die&#x017F;er Auszeichnung Ehre zu machen, &#x017F;o mags<lb/>
denn die Leut mir im Re&#x017F;pekt halten; wüßten &#x017F;ie es<lb/>
&#x017F;ei nur Papier und keine Do&#x017F;e, hielten &#x017F;ie mich zum<lb/>
Narren gehalten vom Primas.</p><lb/>
          <p>Heut Nacht fiel mir ein daß ich meinen Kanarien¬<lb/>
vogel dem Bernhards Gärtner geben will, der hebt ihn<lb/>
gewiß gut auf, und macht ihm Freud, dann weiß<lb/>
er doch daß er wieder was von mir erfährt, es<lb/>
waren doch liebe Tage wo er mich propfen lehrte,<lb/>
Du weißt noch gar nicht alles was ich da lernte, vom<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0070] umringte mit Bitten es zu öffnen, wozu ich mich nicht bewegen ließ, ſonſt wär der Spaß aus geweſen. Be¬ ſonders quälte die Neugierde den Moritz, im grünen Sammtrock, der den ganzen Abend alle Spiegel mit der eignen Bewunderung ſeiner Perſon beſetzt hielt. So wie er die Überreichung dieſes myſtiſchen Packets gewahr ward lief er mir nach, dem hätt ichs aber grad nicht geſagt, im Packet war nichts als was Du wohl ſchon denken kannſt, ein paar alte Judenjournale und die Dru¬ ſenfamilie für die Großmama; ich ſolls leſen, was mir eine harte Nuß iſt, — Sagt ichs, ſo würde man den Primas wohl eher für einen Narren halten daß er auf mein Urtheil einen Werth legt, als mich für geſcheut genug dieſer Auszeichnung Ehre zu machen, ſo mags denn die Leut mir im Reſpekt halten; wüßten ſie es ſei nur Papier und keine Doſe, hielten ſie mich zum Narren gehalten vom Primas. Heut Nacht fiel mir ein daß ich meinen Kanarien¬ vogel dem Bernhards Gärtner geben will, der hebt ihn gewiß gut auf, und macht ihm Freud, dann weiß er doch daß er wieder was von mir erfährt, es waren doch liebe Tage wo er mich propfen lehrte, Du weißt noch gar nicht alles was ich da lernte, vom

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/70
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/70>, abgerufen am 27.11.2024.