zeugt, aber ich glaub nicht daß die Philosophen dies Ziel erreichen werden, ich glaub eher daß man auf dem Großvater seine Weise, die tiefste Philosophie erwerbe, nemlich den Frieden, die Vereinigung der tiefsten geisti¬ gen Erkenntniß mit dem thätigen Leben. --
Der Großvater schrieb noch in einem andern Brief an den Kurfürst über den Mißbrauch der vielen Feier¬ tage und Verehrung der Heiligen, er wollte daß eine rei¬ nere Grundlage eine verbesserte Religion sei. -- Statt so viel Heiligengeschichten und Wunderthaten und Reli¬ quien, alle Großthaten der Menschen zu verehren, ihre edlen Zwecke ihre Opfer ihre Irrungen auf der Kanzel begreiflich zu machen, sie nicht in falschem sondern im wahren Sinn auszulegen, kurz die Geschichte und die Bedürfnisse der Menschheit als einen Gegenstand noth¬ wendiger Betrachtung dem Volk deutlich zu machen, sei besser als sie alle Sonntag-nachmittag mit Brüder¬ schaften verbringen, wo sie sinnlose Gebetverslein und sonst Unsinn ableierten; -- und schlägt dem Kurfürst vor, statt all dieses mattherzige zeitversündigende Wesen unter seinen Schutz zu nehmen, so soll er doch lieber eine Brü¬ derschaft stiften wo den Menschen der Verstand geweckt werde, statt sie zu Idioten zu bilden durch sinnlose Übun¬ gen; da könne er ihnen mit besserem Gewissen Ablaß
der
zeugt, aber ich glaub nicht daß die Philoſophen dies Ziel erreichen werden, ich glaub eher daß man auf dem Großvater ſeine Weiſe, die tiefſte Philoſophie erwerbe, nemlich den Frieden, die Vereinigung der tiefſten geiſti¬ gen Erkenntniß mit dem thätigen Leben. —
Der Großvater ſchrieb noch in einem andern Brief an den Kurfürſt über den Mißbrauch der vielen Feier¬ tage und Verehrung der Heiligen, er wollte daß eine rei¬ nere Grundlage eine verbeſſerte Religion ſei. — Statt ſo viel Heiligengeſchichten und Wunderthaten und Reli¬ quien, alle Großthaten der Menſchen zu verehren, ihre edlen Zwecke ihre Opfer ihre Irrungen auf der Kanzel begreiflich zu machen, ſie nicht in falſchem ſondern im wahren Sinn auszulegen, kurz die Geſchichte und die Bedürfniſſe der Menſchheit als einen Gegenſtand noth¬ wendiger Betrachtung dem Volk deutlich zu machen, ſei beſſer als ſie alle Sonntag-nachmittag mit Brüder¬ ſchaften verbringen, wo ſie ſinnloſe Gebetverslein und ſonſt Unſinn ableierten; — und ſchlägt dem Kurfürſt vor, ſtatt all dieſes mattherzige zeitverſündigende Weſen unter ſeinen Schutz zu nehmen, ſo ſoll er doch lieber eine Brü¬ derſchaft ſtiften wo den Menſchen der Verſtand geweckt werde, ſtatt ſie zu Idioten zu bilden durch ſinnloſe Übun¬ gen; da könne er ihnen mit beſſerem Gewiſſen Ablaß
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zeugt, aber ich glaub nicht daß die Philoſophen dies
Ziel erreichen werden, ich glaub eher daß man auf dem
Großvater ſeine Weiſe, die tiefſte Philoſophie erwerbe,
nemlich den Frieden, die Vereinigung der tiefſten geiſti¬
gen Erkenntniß mit dem thätigen Leben. —
Der Großvater ſchrieb noch in einem andern Brief
an den Kurfürſt über den Mißbrauch der vielen Feier¬
tage und Verehrung der Heiligen, er wollte daß eine rei¬
nere Grundlage eine verbeſſerte Religion ſei. — Statt ſo
viel Heiligengeſchichten und Wunderthaten und Reli¬
quien, alle Großthaten der Menſchen zu verehren, ihre
edlen Zwecke ihre Opfer ihre Irrungen auf der Kanzel
begreiflich zu machen, ſie nicht in falſchem ſondern im
wahren Sinn auszulegen, kurz die Geſchichte und die
Bedürfniſſe der Menſchheit als einen Gegenſtand noth¬
wendiger Betrachtung dem Volk deutlich zu machen,
ſei beſſer als ſie alle Sonntag-nachmittag mit Brüder¬
ſchaften verbringen, wo ſie ſinnloſe Gebetverslein und ſonſt
Unſinn ableierten; — und ſchlägt dem Kurfürſt vor, ſtatt
all dieſes mattherzige zeitverſündigende Weſen unter
ſeinen Schutz zu nehmen, ſo ſoll er doch lieber eine Brü¬
derſchaft ſtiften wo den Menſchen der Verſtand geweckt
werde, ſtatt ſie zu Idioten zu bilden durch ſinnloſe Übun¬
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/62>, abgerufen am 27.11.2024.
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