mit keinem Feigenblatt inkomodiren, ich bin der unver¬ schämteste Kerl von der Welt und der Kurfürst ist die sitt¬ samste Jungfer die unter den geistlichen Würden zu tref¬ fen ist, er will keinen seiner Freunde nackt und blos herumlaufen oder vor sein Angesicht kommen lassen; aber mir gefällt es besser, ganz nackend mit seinen Mumen¬ schanzern herumzuspringen, denn da hab ich den Vor¬ theil daß sie sich selbst nicht mehr kennen, denn sie wis¬ sen so wenig was das ist, ein Mensch sein, daß einer der ohne Bemäntlung ihnen die Natur eines Menschen, wie sie vor Gott bestehen kann, darstellt, ihnen natür¬ lich zeigen muß daß sie selber Mißgeburten sind." -- In dieser Art hat der Großpapa auf des Kurfürsten Anträge geantwortet. -- Die Großmama besitzt noch eine Correspondenz wo mehrere Briefe von des Kurfür¬ sten eigner Hand dabei sind, mit den Abschriften vom Großvater; -- der Großvater hatte ein Buch gegen das Mönchswesen geschrieben was gar viel Aufsehen in da¬ maliger Zeit machte, ins Französische übersetzt wurde, das hat mir die Großmama geschenkt; es war die erste Veranlassung zur Unzufriedenheit zwischen dem Kurfür¬ sten und ihm, weil darin so viel Scandal der Mönche aufgedeckt ist, und war auch die erste Veranlassung zur Versöhnung, denn der Kurfürst giebt ihm in einem Brief
mit keinem Feigenblatt inkomodiren, ich bin der unver¬ ſchämteſte Kerl von der Welt und der Kurfürſt iſt die ſitt¬ ſamſte Jungfer die unter den geiſtlichen Würden zu tref¬ fen iſt, er will keinen ſeiner Freunde nackt und blos herumlaufen oder vor ſein Angeſicht kommen laſſen; aber mir gefällt es beſſer, ganz nackend mit ſeinen Mumen¬ ſchanzern herumzuſpringen, denn da hab ich den Vor¬ theil daß ſie ſich ſelbſt nicht mehr kennen, denn ſie wiſ¬ ſen ſo wenig was das iſt, ein Menſch ſein, daß einer der ohne Bemäntlung ihnen die Natur eines Menſchen, wie ſie vor Gott beſtehen kann, darſtellt, ihnen natür¬ lich zeigen muß daß ſie ſelber Mißgeburten ſind.“ — In dieſer Art hat der Großpapa auf des Kurfürſten Anträge geantwortet. — Die Großmama beſitzt noch eine Correſpondenz wo mehrere Briefe von des Kurfür¬ ſten eigner Hand dabei ſind, mit den Abſchriften vom Großvater; — der Großvater hatte ein Buch gegen das Mönchsweſen geſchrieben was gar viel Aufſehen in da¬ maliger Zeit machte, ins Franzöſiſche überſetzt wurde, das hat mir die Großmama geſchenkt; es war die erſte Veranlaſſung zur Unzufriedenheit zwiſchen dem Kurfür¬ ſten und ihm, weil darin ſo viel Scandal der Mönche aufgedeckt iſt, und war auch die erſte Veranlaſſung zur Verſöhnung, denn der Kurfürſt giebt ihm in einem Brief
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mit keinem Feigenblatt inkomodiren, ich bin der unver¬
ſchämteſte Kerl von der Welt und der Kurfürſt iſt die ſitt¬
ſamſte Jungfer die unter den geiſtlichen Würden zu tref¬
fen iſt, er will keinen ſeiner Freunde nackt und blos
herumlaufen oder vor ſein Angeſicht kommen laſſen; aber
mir gefällt es beſſer, ganz nackend mit ſeinen Mumen¬
ſchanzern herumzuſpringen, denn da hab ich den Vor¬
theil daß ſie ſich ſelbſt nicht mehr kennen, denn ſie wiſ¬
ſen ſo wenig was das iſt, ein Menſch ſein, daß einer
der ohne Bemäntlung ihnen die Natur eines Menſchen,
wie ſie vor Gott beſtehen kann, darſtellt, ihnen natür¬
lich zeigen muß daß ſie ſelber Mißgeburten ſind.“ —
In dieſer Art hat der Großpapa auf des Kurfürſten
Anträge geantwortet. — Die Großmama beſitzt noch
eine Correſpondenz wo mehrere Briefe von des Kurfür¬
ſten eigner Hand dabei ſind, mit den Abſchriften vom
Großvater; — der Großvater hatte ein Buch gegen das
Mönchsweſen geſchrieben was gar viel Aufſehen in da¬
maliger Zeit machte, ins Franzöſiſche überſetzt wurde,
das hat mir die Großmama geſchenkt; es war die erſte
Veranlaſſung zur Unzufriedenheit zwiſchen dem Kurfür¬
ſten und ihm, weil darin ſo viel Scandal der Mönche
aufgedeckt iſt, und war auch die erſte Veranlaſſung zur
Verſöhnung, denn der Kurfürſt giebt ihm in einem Brief
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/59>, abgerufen am 28.11.2024.
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