begrüßt werden, die bleiben ja in einem Vivatrufen." -- So klingelten wir an der Hausthür, die Cousine mel¬ dete daß die Großmama noch schlief, in den Garten wollt ich nicht gehen, ich blieb vor der Thür stehen bei den Hunden, da kam mein guter Herr Arenswald vorbei, er nahm den Hut ab, ich sagte ihm nicht daß er ihn wieder aufsetzen solle denn ich hatte gesehn, daß ein Loch drinn war, und wollte diese Wissenschaft gern vor ihm verbergen. Er erzählte mir, er habe diesen Sommer eine Reise nach der Schweiz gemacht, weil er seinem Drang die Natur dort zu betrachten, nicht habe wider¬ stehen können, er bereue es auch gar nicht, obschon es ihm viel gekostet, ja er glaube es sei sein letzter Heller drauf gegangen, ich war etwas beschämt und wollte ihm bei dieser vertrauten Mittheilung nicht grad ins Gesicht sehen, meine Augen fielen auf seine Stiefel, da präsentirte sich ganz ungerufen, der kleine Schelm sein großer Zehe, welchen Arenswald durchaus nicht bei der Audienz dulden wollte, denn er drückte ihn unter den Absatz vom andern Stiefel, der leider wie ein schlecht¬ geschloßner Laden vom Wind auffuhr, wo sollt ich meine Augen hinrichten? -- ich sah auf seinen Bauch da fehl¬ ten alle Knöpfe und die Weste war mit Haarnadeln zugeklemmt, wo er die mag her erwischt haben, denn er
begrüßt werden, die bleiben ja in einem Vivatrufen.“ — So klingelten wir an der Hausthür, die Couſine mel¬ dete daß die Großmama noch ſchlief, in den Garten wollt ich nicht gehen, ich blieb vor der Thür ſtehen bei den Hunden, da kam mein guter Herr Arenswald vorbei, er nahm den Hut ab, ich ſagte ihm nicht daß er ihn wieder aufſetzen ſolle denn ich hatte geſehn, daß ein Loch drinn war, und wollte dieſe Wiſſenſchaft gern vor ihm verbergen. Er erzählte mir, er habe dieſen Sommer eine Reiſe nach der Schweiz gemacht, weil er ſeinem Drang die Natur dort zu betrachten, nicht habe wider¬ ſtehen können, er bereue es auch gar nicht, obſchon es ihm viel gekoſtet, ja er glaube es ſei ſein letzter Heller drauf gegangen, ich war etwas beſchämt und wollte ihm bei dieſer vertrauten Mittheilung nicht grad ins Geſicht ſehen, meine Augen fielen auf ſeine Stiefel, da präſentirte ſich ganz ungerufen, der kleine Schelm ſein großer Zehe, welchen Arenswald durchaus nicht bei der Audienz dulden wollte, denn er drückte ihn unter den Abſatz vom andern Stiefel, der leider wie ein ſchlecht¬ geſchloßner Laden vom Wind auffuhr, wo ſollt ich meine Augen hinrichten? — ich ſah auf ſeinen Bauch da fehl¬ ten alle Knöpfe und die Weſte war mit Haarnadeln zugeklemmt, wo er die mag her erwiſcht haben, denn er
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begrüßt werden, die bleiben ja in einem Vivatrufen.“ —
So klingelten wir an der Hausthür, die Couſine mel¬
dete daß die Großmama noch ſchlief, in den Garten
wollt ich nicht gehen, ich blieb vor der Thür ſtehen bei
den Hunden, da kam mein guter Herr Arenswald vorbei,
er nahm den Hut ab, ich ſagte ihm nicht daß er ihn
wieder aufſetzen ſolle denn ich hatte geſehn, daß ein
Loch drinn war, und wollte dieſe Wiſſenſchaft gern vor
ihm verbergen. Er erzählte mir, er habe dieſen Sommer
eine Reiſe nach der Schweiz gemacht, weil er ſeinem
Drang die Natur dort zu betrachten, nicht habe wider¬
ſtehen können, er bereue es auch gar nicht, obſchon es
ihm viel gekoſtet, ja er glaube es ſei ſein letzter Heller
drauf gegangen, ich war etwas beſchämt und wollte
ihm bei dieſer vertrauten Mittheilung nicht grad ins
Geſicht ſehen, meine Augen fielen auf ſeine Stiefel, da
präſentirte ſich ganz ungerufen, der kleine Schelm ſein
großer Zehe, welchen Arenswald durchaus nicht bei der
Audienz dulden wollte, denn er drückte ihn unter den
Abſatz vom andern Stiefel, der leider wie ein ſchlecht¬
geſchloßner Laden vom Wind auffuhr, wo ſollt ich meine
Augen hinrichten? — ich ſah auf ſeinen Bauch da fehl¬
ten alle Knöpfe und die Weſte war mit Haarnadeln
zugeklemmt, wo er die mag her erwiſcht haben, denn er
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/53>, abgerufen am 22.11.2024.
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