daß ich doch das Wetterdach den Parapluie mitgenom¬ men hab, wo ist der geblieben? entweder ich muß ihn haben bei den nackigen Büberchen lassen stehn, oder ich hab ihn im Schiff liegen lassen, beides ist gleich mög¬ lich, ich konnt ihn also die Wasserprob nicht halten lassen; so setzt ich der Milchfrau ihr rundes flaches Ge¬ müßkörbchen mit Blumenkohl auf den Kopf, sie sagt, Sie sehn so schön drunter aus wie die schönst pariser Madam. -- Es war recht lustig, es begegneten mir al¬ lerlei Leut die dachten ich wollt balanciren lernen, der Regen hatte bald wieder aufgehört, so war ich ohne dran zu denken bis Offenbach gelaufen, an der Kasta¬ nienallee nahm ich den Korb ab. In der Stadt war recht Sonntagswetter, alles voll Sonnenschein und in der Domstraß lag auf jeder Haustrepp vor der Thür ein Jolie mit dem blauseidnen Halsband, alle Jolies kennen mich, sie kamen an mich herangebellt, und da kamen die Spitze auch, und Bommer, und endlich auch dem Anton Andree seine englische Docke mit sieb¬ zehn Jungen die schon ziemlich herzhaft bellen. Die Milchfrau blieb ein paarmal stehen um das Springen und Toben der Hunde zu sehen, und auch aus Furcht sie möchten ihr den Gemüßthurm aus der Balance brin¬ gen. Ei, sagte sie, der türkisch Kaiser kann nicht schöner
daß ich doch das Wetterdach den Parapluie mitgenom¬ men hab, wo iſt der geblieben? entweder ich muß ihn haben bei den nackigen Büberchen laſſen ſtehn, oder ich hab ihn im Schiff liegen laſſen, beides iſt gleich mög¬ lich, ich konnt ihn alſo die Waſſerprob nicht halten laſſen; ſo ſetzt ich der Milchfrau ihr rundes flaches Ge¬ müßkörbchen mit Blumenkohl auf den Kopf, ſie ſagt, Sie ſehn ſo ſchön drunter aus wie die ſchönſt pariſer Madam. — Es war recht luſtig, es begegneten mir al¬ lerlei Leut die dachten ich wollt balanciren lernen, der Regen hatte bald wieder aufgehört, ſo war ich ohne dran zu denken bis Offenbach gelaufen, an der Kaſta¬ nienallee nahm ich den Korb ab. In der Stadt war recht Sonntagswetter, alles voll Sonnenſchein und in der Domſtraß lag auf jeder Haustrepp vor der Thür ein Jolie mit dem blauſeidnen Halsband, alle Jolies kennen mich, ſie kamen an mich herangebellt, und da kamen die Spitze auch, und Bommer, und endlich auch dem Anton Andree ſeine engliſche Docke mit ſieb¬ zehn Jungen die ſchon ziemlich herzhaft bellen. Die Milchfrau blieb ein paarmal ſtehen um das Springen und Toben der Hunde zu ſehen, und auch aus Furcht ſie möchten ihr den Gemüßthurm aus der Balance brin¬ gen. Ei, ſagte ſie, der türkiſch Kaiſer kann nicht ſchöner
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0052"n="38"/>
daß ich doch das Wetterdach den Parapluie mitgenom¬<lb/>
men hab, wo iſt der geblieben? entweder ich muß ihn<lb/>
haben bei den nackigen Büberchen laſſen ſtehn, oder ich<lb/>
hab ihn im Schiff liegen laſſen, beides iſt gleich mög¬<lb/>
lich, ich konnt ihn alſo die Waſſerprob nicht halten<lb/>
laſſen; ſo ſetzt ich der Milchfrau ihr rundes flaches Ge¬<lb/>
müßkörbchen mit Blumenkohl auf den Kopf, ſie ſagt,<lb/>
Sie ſehn ſo ſchön drunter aus wie die ſchönſt pariſer<lb/>
Madam. — Es war recht luſtig, es begegneten mir al¬<lb/>
lerlei Leut die dachten ich wollt balanciren lernen, der<lb/>
Regen hatte bald wieder aufgehört, ſo war ich ohne<lb/>
dran zu denken bis Offenbach gelaufen, an der Kaſta¬<lb/>
nienallee nahm ich den Korb ab. In der Stadt war<lb/>
recht Sonntagswetter, alles voll Sonnenſchein und in<lb/>
der Domſtraß lag auf jeder Haustrepp vor der Thür<lb/>
ein Jolie mit dem blauſeidnen Halsband, alle Jolies<lb/>
kennen mich, ſie kamen an mich herangebellt, und<lb/>
da kamen die Spitze auch, und Bommer, und endlich<lb/>
auch dem Anton Andree ſeine engliſche Docke mit ſieb¬<lb/>
zehn Jungen die ſchon ziemlich herzhaft bellen. Die<lb/>
Milchfrau blieb ein paarmal ſtehen um das Springen<lb/>
und Toben der Hunde zu ſehen, und auch aus Furcht<lb/>ſie möchten ihr den Gemüßthurm aus der <choice><sic>Balanc</sic><corr>Balance</corr></choice> brin¬<lb/>
gen. Ei, ſagte ſie, der türkiſch Kaiſer kann nicht ſchöner<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[38/0052]
daß ich doch das Wetterdach den Parapluie mitgenom¬
men hab, wo iſt der geblieben? entweder ich muß ihn
haben bei den nackigen Büberchen laſſen ſtehn, oder ich
hab ihn im Schiff liegen laſſen, beides iſt gleich mög¬
lich, ich konnt ihn alſo die Waſſerprob nicht halten
laſſen; ſo ſetzt ich der Milchfrau ihr rundes flaches Ge¬
müßkörbchen mit Blumenkohl auf den Kopf, ſie ſagt,
Sie ſehn ſo ſchön drunter aus wie die ſchönſt pariſer
Madam. — Es war recht luſtig, es begegneten mir al¬
lerlei Leut die dachten ich wollt balanciren lernen, der
Regen hatte bald wieder aufgehört, ſo war ich ohne
dran zu denken bis Offenbach gelaufen, an der Kaſta¬
nienallee nahm ich den Korb ab. In der Stadt war
recht Sonntagswetter, alles voll Sonnenſchein und in
der Domſtraß lag auf jeder Haustrepp vor der Thür
ein Jolie mit dem blauſeidnen Halsband, alle Jolies
kennen mich, ſie kamen an mich herangebellt, und
da kamen die Spitze auch, und Bommer, und endlich
auch dem Anton Andree ſeine engliſche Docke mit ſieb¬
zehn Jungen die ſchon ziemlich herzhaft bellen. Die
Milchfrau blieb ein paarmal ſtehen um das Springen
und Toben der Hunde zu ſehen, und auch aus Furcht
ſie möchten ihr den Gemüßthurm aus der Balance brin¬
gen. Ei, ſagte ſie, der türkiſch Kaiſer kann nicht ſchöner
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/52>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.