mungen über die Naturerscheinungen aufgezeichnet; so kindisch und unvermögend mich auszusprechen, ich hab sie in einer Mappe aufgehoben, da schreib ich Dir eines auf, zur Gedächtnißfeier.
Vor zwei Jahren geschrieben am Ostermontag.
O himmlisch Grün das unter Eis und Schnee in brauner Hülle sich barg, und jetzt dein glühend Haupt im Antlitz der Sonne krönt.
Geliebter Baum! könnt ich umwandlen doch, in dein sanft rauschend Laub, jene flüsternde Sprossen, die mit glänzendem Finger die Muse bricht himmlischer Glorie voll, die Stirn zu umflechten dem Liebling, der mit Helm und Speer, oder Bogen-gerüstet wo viel goldne Pfeile dahin fliegen, oder Rosse jagend oder mit leichtem Fuß zwölfmal umrennend das Ziel, oder auf¬ leuchtend mit der Flamme des Lieds, um sie wirbt.
O Baum dich umdrängt heut der Bienen Schaar, sie ziehen dem Duft nach, der honigregnenden Blüthe, sie sammeln ihren befruchtenden Staub, und versummen die Tagesgluth in deiner Krone kühlem Rauschen. Aber dann würd in deinem Schatten ruhn, der König ist am Mahle des Geists, und nähren würde deine Wurzel
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mungen über die Naturerſcheinungen aufgezeichnet; ſo kindiſch und unvermögend mich auszuſprechen, ich hab ſie in einer Mappe aufgehoben, da ſchreib ich Dir eines auf, zur Gedächtnißfeier.
Vor zwei Jahren geſchrieben am Oſtermontag.
O himmliſch Grün das unter Eis und Schnee in brauner Hülle ſich barg, und jetzt dein glühend Haupt im Antlitz der Sonne krönt.
Geliebter Baum! könnt ich umwandlen doch, in dein ſanft rauſchend Laub, jene flüſternde Sproſſen, die mit glänzendem Finger die Muſe bricht himmliſcher Glorie voll, die Stirn zu umflechten dem Liebling, der mit Helm und Speer, oder Bogen-gerüſtet wo viel goldne Pfeile dahin fliegen, oder Roſſe jagend oder mit leichtem Fuß zwölfmal umrennend das Ziel, oder auf¬ leuchtend mit der Flamme des Lieds, um ſie wirbt.
O Baum dich umdrängt heut der Bienen Schaar, ſie ziehen dem Duft nach, der honigregnenden Blüthe, ſie ſammeln ihren befruchtenden Staub, und verſummen die Tagesgluth in deiner Krone kühlem Rauſchen. Aber dann würd in deinem Schatten ruhn, der König iſt am Mahle des Geiſts, und nähren würde deine Wurzel
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mungen über die Naturerſcheinungen aufgezeichnet; ſo
kindiſch und unvermögend mich auszuſprechen, ich hab
ſie in einer Mappe aufgehoben, da ſchreib ich Dir eines
auf, zur Gedächtnißfeier.
Vor zwei Jahren geſchrieben am Oſtermontag.
O himmliſch Grün das unter Eis und Schnee in
brauner Hülle ſich barg, und jetzt dein glühend Haupt
im Antlitz der Sonne krönt.
Geliebter Baum! könnt ich umwandlen doch, in
dein ſanft rauſchend Laub, jene flüſternde Sproſſen, die
mit glänzendem Finger die Muſe bricht himmliſcher
Glorie voll, die Stirn zu umflechten dem Liebling, der
mit Helm und Speer, oder Bogen-gerüſtet wo viel
goldne Pfeile dahin fliegen, oder Roſſe jagend oder mit
leichtem Fuß zwölfmal umrennend das Ziel, oder auf¬
leuchtend mit der Flamme des Lieds, um ſie wirbt.
O Baum dich umdrängt heut der Bienen Schaar,
ſie ziehen dem Duft nach, der honigregnenden Blüthe,
ſie ſammeln ihren befruchtenden Staub, und verſummen
die Tagesgluth in deiner Krone kühlem Rauſchen. Aber
dann würd in deinem Schatten ruhn, der König iſt am
Mahle des Geiſts, und nähren würde deine Wurzel
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/41>, abgerufen am 23.07.2024.
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