ich soll mich mit mir allein besinnen damit ich auch lerne mir selbst rathen. Drum vom Brief wollen wir nichts reden. Ich verstehe Alles. Und entweder empfind ich manches noch mit Weh, weil ich noch verwundet mich fühl oder weil ich nicht stark bin eine göttliche Stimme aus Dir zu vernehmen; mit Weinen horch ich auf Dich. Ich lese aus Deinem Brief Deiner Stimme Laut, dieser rührt mir die Sinne, sonst nichts. Ich bin ein krankes Kind von müd gewordner Liebesanstrengung, und so muß ich jetzt weinen daß die Sorge, ach ja! die Verzweiflung mir genommen ist! -- Dumm bin ich und launig! -- So heftig klopfte mir das Herz als Dein Brief da war, es war schon Nacht, -- ich nahm ihn aber mit auf den Thurm und bat die Sterne daß Alles sehr gut sein möge was drinn steht, und hab ge¬ fragt ob es mir wohl Ruh geben werde was drinn steht? Was mir die Sterne geantwortet haben? -- ach ich weiß es gar nicht! Aber ich wollt die Unruh einmal nicht wieder auf mich nehmen. -- Günderode! wenn ich auch je verdiente an Dir daß Du Dich von mir wendest, ich habs im Voraus abgebüßt. -- Dein Brief kam mir wie Nebel vor -- ja wie Nebel -- und dann wars als wenn dadurch ein Altar schimmert mit Lichtern, dann ist es wie ein Flüstern, wie Gebet in diesem Brief. --
ich ſoll mich mit mir allein beſinnen damit ich auch lerne mir ſelbſt rathen. Drum vom Brief wollen wir nichts reden. Ich verſtehe Alles. Und entweder empfind ich manches noch mit Weh, weil ich noch verwundet mich fühl oder weil ich nicht ſtark bin eine göttliche Stimme aus Dir zu vernehmen; mit Weinen horch ich auf Dich. Ich leſe aus Deinem Brief Deiner Stimme Laut, dieſer rührt mir die Sinne, ſonſt nichts. Ich bin ein krankes Kind von müd gewordner Liebesanſtrengung, und ſo muß ich jetzt weinen daß die Sorge, ach ja! die Verzweiflung mir genommen iſt! — Dumm bin ich und launig! — So heftig klopfte mir das Herz als Dein Brief da war, es war ſchon Nacht, — ich nahm ihn aber mit auf den Thurm und bat die Sterne daß Alles ſehr gut ſein möge was drinn ſteht, und hab ge¬ fragt ob es mir wohl Ruh geben werde was drinn ſteht? Was mir die Sterne geantwortet haben? — ach ich weiß es gar nicht! Aber ich wollt die Unruh einmal nicht wieder auf mich nehmen. — Günderode! wenn ich auch je verdiente an Dir daß Du Dich von mir wendeſt, ich habs im Voraus abgebüßt. — Dein Brief kam mir wie Nebel vor — ja wie Nebel — und dann wars als wenn dadurch ein Altar ſchimmert mit Lichtern, dann iſt es wie ein Flüſtern, wie Gebet in dieſem Brief. —
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ich ſoll mich mit mir allein beſinnen damit ich auch
lerne mir ſelbſt rathen. Drum vom Brief wollen wir
nichts reden. Ich verſtehe Alles. Und entweder empfind
ich manches noch mit Weh, weil ich noch verwundet
mich fühl oder weil ich nicht ſtark bin eine göttliche
Stimme aus Dir zu vernehmen; mit Weinen horch ich
auf Dich. Ich leſe aus Deinem Brief Deiner Stimme
Laut, dieſer rührt mir die Sinne, ſonſt nichts. Ich bin
ein krankes Kind von müd gewordner Liebesanſtrengung,
und ſo muß ich jetzt weinen daß die Sorge, ach ja!
die Verzweiflung mir genommen iſt! — Dumm bin ich
und launig! — So heftig klopfte mir das Herz als
Dein Brief da war, es war ſchon Nacht, — ich nahm
ihn aber mit auf den Thurm und bat die Sterne daß
Alles ſehr gut ſein möge was drinn ſteht, und hab ge¬
fragt ob es mir wohl Ruh geben werde was drinn
ſteht? Was mir die Sterne geantwortet haben? — ach
ich weiß es gar nicht! Aber ich wollt die Unruh einmal
nicht wieder auf mich nehmen. — Günderode! wenn ich
auch je verdiente an Dir daß Du Dich von mir wendeſt,
ich habs im Voraus abgebüßt. — Dein Brief kam mir
wie Nebel vor — ja wie Nebel — und dann wars als
wenn dadurch ein Altar ſchimmert mit Lichtern, dann
iſt es wie ein Flüſtern, wie Gebet in dieſem Brief. —
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/294>, abgerufen am 23.11.2024.
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