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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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wenn ich an Dich denk und Du schreibst nicht, so fällt
mirs ein und ängstigt mich. Aber doch ist es ja ein
gutes Zeichen, ein so sicheres Gefühl daß wir nicht ge¬
trennt seien, und wenn doch diese schönste idealische
Nacht unseres Lebens die letzte war die wir mit einan¬
der zubrachten, so wird uns auch der Genius wieder so
zusammenführen, -- und hin durch heiße Länder wo kein
Sehnen ist und wo wir am Morgen nicht um den Ab¬
schied sorgen weil wir uns nicht trennen werden. --
Nur daß ich jetzt in die beschneiten Felder sehe und daß
mir der Winter so tod jetzt erscheint wo mir eine ita¬
lienische Sommergluth im Herzen wogt! --

Ja wir wollen fort Günderode, wir zusammen; -- es
war ein Schicksalsruf, jene himmlische Nacht unter süd¬
lichen Blüthen, -- sie rief uns zu dem Land dort wohin
mein Sehnen geht, um das ich schon mit der Mignon
meine Nächte verweint habe. -- Das erste wenn wir
uns wiedersehen soll es sein daß wir einen festen und
reifen Plan machen. -- Es ist am End ganz lächerlich
wenn wir alles Schöne und Herrliche von dem gespro¬
chen wird im Geist berühren und genießen, und wir sitzen
in der Wirklichkeit wie eingefroren. Ich bin begierig
ob wirs nicht dazu bringen in der pappendeckelnen
Welt; das ists eben daß sie von Pappendeckel ist. --

wenn ich an Dich denk und Du ſchreibſt nicht, ſo fällt
mirs ein und ängſtigt mich. Aber doch iſt es ja ein
gutes Zeichen, ein ſo ſicheres Gefühl daß wir nicht ge¬
trennt ſeien, und wenn doch dieſe ſchönſte idealiſche
Nacht unſeres Lebens die letzte war die wir mit einan¬
der zubrachten, ſo wird uns auch der Genius wieder ſo
zuſammenführen, — und hin durch heiße Länder wo kein
Sehnen iſt und wo wir am Morgen nicht um den Ab¬
ſchied ſorgen weil wir uns nicht trennen werden. —
Nur daß ich jetzt in die beſchneiten Felder ſehe und daß
mir der Winter ſo tod jetzt erſcheint wo mir eine ita¬
lieniſche Sommergluth im Herzen wogt! —

Ja wir wollen fort Günderode, wir zuſammen; — es
war ein Schickſalsruf, jene himmliſche Nacht unter ſüd¬
lichen Blüthen, — ſie rief uns zu dem Land dort wohin
mein Sehnen geht, um das ich ſchon mit der Mignon
meine Nächte verweint habe. — Das erſte wenn wir
uns wiederſehen ſoll es ſein daß wir einen feſten und
reifen Plan machen. — Es iſt am End ganz lächerlich
wenn wir alles Schöne und Herrliche von dem geſpro¬
chen wird im Geiſt berühren und genießen, und wir ſitzen
in der Wirklichkeit wie eingefroren. Ich bin begierig
ob wirs nicht dazu bringen in der pappendeckelnen
Welt; das iſts eben daß ſie von Pappendeckel iſt. —

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[250/0264] wenn ich an Dich denk und Du ſchreibſt nicht, ſo fällt mirs ein und ängſtigt mich. Aber doch iſt es ja ein gutes Zeichen, ein ſo ſicheres Gefühl daß wir nicht ge¬ trennt ſeien, und wenn doch dieſe ſchönſte idealiſche Nacht unſeres Lebens die letzte war die wir mit einan¬ der zubrachten, ſo wird uns auch der Genius wieder ſo zuſammenführen, — und hin durch heiße Länder wo kein Sehnen iſt und wo wir am Morgen nicht um den Ab¬ ſchied ſorgen weil wir uns nicht trennen werden. — Nur daß ich jetzt in die beſchneiten Felder ſehe und daß mir der Winter ſo tod jetzt erſcheint wo mir eine ita¬ lieniſche Sommergluth im Herzen wogt! — Ja wir wollen fort Günderode, wir zuſammen; — es war ein Schickſalsruf, jene himmliſche Nacht unter ſüd¬ lichen Blüthen, — ſie rief uns zu dem Land dort wohin mein Sehnen geht, um das ich ſchon mit der Mignon meine Nächte verweint habe. — Das erſte wenn wir uns wiederſehen ſoll es ſein daß wir einen feſten und reifen Plan machen. — Es iſt am End ganz lächerlich wenn wir alles Schöne und Herrliche von dem geſpro¬ chen wird im Geiſt berühren und genießen, und wir ſitzen in der Wirklichkeit wie eingefroren. Ich bin begierig ob wirs nicht dazu bringen in der pappendeckelnen Welt; das iſts eben daß ſie von Pappendeckel iſt. —

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/264>, abgerufen am 24.11.2024.