Brief noch liegen, vielleicht kommt ein Brief, dann bitte ich Dir gleich noch in diesem meine Beschwerde ab. -- Ach käm doch ein Brief. --
Nein es ist kein Brief gekommen.
Ich bin böse -- aber nicht auf Dich -- auf mich bin ich böse, woher kommt mir die Krankheit? -- ja es ist Krankheit, und schon lange lag es in mir; -- es ist ja als ob ich nichts von Dir wisse, so verzage ich ganz, war ich denn im vorigen Jahr so bang? -- da sind doch auch Zeiten vergangen wo Du nicht schriebst. Du hast mich verwöhnt mit Deinen kleinen Briefen aus dem Rheingau, ich kenne ja doch Deine große Ruhe in die Du manchmal so schweigsam versunken warst daß ich oft stundenlang mit Dir war und Du sprachst nicht, so wirds jetzt auch sein -- der Nachhall Deiner stillen Be¬ geistrung ists, oder es wiederholen sich tiefe Melodieen Deiner Seele in Dir, denen horchst Du zu. Ja! wie's in jener himmlischen zauberhaften Nacht war, auf dem Rhein, wo wir zusammen unter der blühenden Orangerie auf dem Verdeck saßen. -- Wie schön wars doch, daß die grade von Kölln nach Mainz fuhr, und daß wir beide auf dem Schiff die einzigen waren die in der Nacht da oben blieben, die andern fürchteten die kalte Nacht¬ luft, das war ein rechtes Glück. Wir freuten uns als
Brief noch liegen, vielleicht kommt ein Brief, dann bitte ich Dir gleich noch in dieſem meine Beſchwerde ab. — Ach käm doch ein Brief. —
Nein es iſt kein Brief gekommen.
Ich bin böſe — aber nicht auf Dich — auf mich bin ich böſe, woher kommt mir die Krankheit? — ja es iſt Krankheit, und ſchon lange lag es in mir; — es iſt ja als ob ich nichts von Dir wiſſe, ſo verzage ich ganz, war ich denn im vorigen Jahr ſo bang? — da ſind doch auch Zeiten vergangen wo Du nicht ſchriebſt. Du haſt mich verwöhnt mit Deinen kleinen Briefen aus dem Rheingau, ich kenne ja doch Deine große Ruhe in die Du manchmal ſo ſchweigſam verſunken warſt daß ich oft ſtundenlang mit Dir war und Du ſprachſt nicht, ſo wirds jetzt auch ſein — der Nachhall Deiner ſtillen Be¬ geiſtrung iſts, oder es wiederholen ſich tiefe Melodieen Deiner Seele in Dir, denen horchſt Du zu. Ja! wie's in jener himmliſchen zauberhaften Nacht war, auf dem Rhein, wo wir zuſammen unter der blühenden Orangerie auf dem Verdeck ſaßen. — Wie ſchön wars doch, daß die grade von Kölln nach Mainz fuhr, und daß wir beide auf dem Schiff die einzigen waren die in der Nacht da oben blieben, die andern fürchteten die kalte Nacht¬ luft, das war ein rechtes Glück. Wir freuten uns als
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Brief noch liegen, vielleicht kommt ein Brief, dann
bitte ich Dir gleich noch in dieſem meine Beſchwerde
ab. — Ach käm doch ein Brief. —
Nein es iſt kein Brief gekommen.
Ich bin böſe — aber nicht auf Dich — auf mich
bin ich böſe, woher kommt mir die Krankheit? — ja es
iſt Krankheit, und ſchon lange lag es in mir; — es iſt
ja als ob ich nichts von Dir wiſſe, ſo verzage ich ganz,
war ich denn im vorigen Jahr ſo bang? — da ſind doch
auch Zeiten vergangen wo Du nicht ſchriebſt. Du haſt
mich verwöhnt mit Deinen kleinen Briefen aus dem
Rheingau, ich kenne ja doch Deine große Ruhe in die
Du manchmal ſo ſchweigſam verſunken warſt daß ich
oft ſtundenlang mit Dir war und Du ſprachſt nicht, ſo
wirds jetzt auch ſein — der Nachhall Deiner ſtillen Be¬
geiſtrung iſts, oder es wiederholen ſich tiefe Melodieen
Deiner Seele in Dir, denen horchſt Du zu. Ja! wie's
in jener himmliſchen zauberhaften Nacht war, auf dem
Rhein, wo wir zuſammen unter der blühenden Orangerie
auf dem Verdeck ſaßen. — Wie ſchön wars doch, daß die
grade von Kölln nach Mainz fuhr, und daß wir beide
auf dem Schiff die einzigen waren die in der Nacht
da oben blieben, die andern fürchteten die kalte Nacht¬
luft, das war ein rechtes Glück. Wir freuten uns als
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/260>, abgerufen am 23.11.2024.
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