Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Geschlechts, der ist ein Fürst unter den Menschen und
sollte er selbst in Lumpen unter den Menschen wandeln,
und wer vor diesem Adel nicht Ehrfurcht hat, das ist
der Pöbel der nimmer zum Adel taugt, weil er das ver¬
kennt was sein Ursprung ist, ihn also nicht in sich er¬
zeugen kann, er nenne sich Fürst oder Knecht. -- Das
war mein Gespräch heut mit den Sternen.

Dienstag.

Heute ist der siebente Tag daß ich meinen ersten
Brief abschickte, am Samstag der zweite und heut? --
soll ich diesen schließen und Dir schicken? -- ich mein
als, es sei Dir zu viel vielleicht, -- das wird aber nicht,
ich hab Dirs versprochen Dir alles von da oben zu
schreiben. Du hast mich mehrmals dazu aufgefordert,
was kann ich davor daß mir so viel in den Kopf
kommt, oder vielmehr in die Feder, denn wenn ich glaub
mit einer Zeil fertig zu sein, so bring ich die selbst nicht
aufs Papier vor so viel hundert andern die sich dazwi¬
schen drängen. So hatt ich gestern im Sinn, wie es doch
so dumm ist wenn man sich über sein eigen Leben wollt
besinnen und glauben, es läg schon hinter einem was

Geſchlechts, der iſt ein Fürſt unter den Menſchen und
ſollte er ſelbſt in Lumpen unter den Menſchen wandeln,
und wer vor dieſem Adel nicht Ehrfurcht hat, das iſt
der Pöbel der nimmer zum Adel taugt, weil er das ver¬
kennt was ſein Urſprung iſt, ihn alſo nicht in ſich er¬
zeugen kann, er nenne ſich Fürſt oder Knecht. — Das
war mein Geſpräch heut mit den Sternen.

Dienſtag.

Heute iſt der ſiebente Tag daß ich meinen erſten
Brief abſchickte, am Samſtag der zweite und heut? —
ſoll ich dieſen ſchließen und Dir ſchicken? — ich mein
als, es ſei Dir zu viel vielleicht, — das wird aber nicht,
ich hab Dirs verſprochen Dir alles von da oben zu
ſchreiben. Du haſt mich mehrmals dazu aufgefordert,
was kann ich davor daß mir ſo viel in den Kopf
kommt, oder vielmehr in die Feder, denn wenn ich glaub
mit einer Zeil fertig zu ſein, ſo bring ich die ſelbſt nicht
aufs Papier vor ſo viel hundert andern die ſich dazwi¬
ſchen drängen. So hatt ich geſtern im Sinn, wie es doch
ſo dumm iſt wenn man ſich über ſein eigen Leben wollt
beſinnen und glauben, es läg ſchon hinter einem was

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0241" n="227"/>
Ge&#x017F;chlechts, der i&#x017F;t ein Für&#x017F;t unter den Men&#x017F;chen und<lb/>
&#x017F;ollte er &#x017F;elb&#x017F;t in Lumpen unter den Men&#x017F;chen wandeln,<lb/>
und wer vor die&#x017F;em Adel nicht Ehrfurcht hat, das i&#x017F;t<lb/>
der Pöbel der nimmer zum Adel taugt, weil er das ver¬<lb/>
kennt was &#x017F;ein Ur&#x017F;prung i&#x017F;t, ihn al&#x017F;o nicht in &#x017F;ich er¬<lb/>
zeugen kann, er nenne &#x017F;ich Für&#x017F;t oder Knecht. &#x2014; Das<lb/>
war mein Ge&#x017F;präch heut mit den Sternen.</p><lb/>
          <p rendition="#right">Dien&#x017F;tag.</p><lb/>
          <p>Heute i&#x017F;t der &#x017F;iebente Tag daß ich meinen er&#x017F;ten<lb/>
Brief ab&#x017F;chickte, am Sam&#x017F;tag der zweite und heut? &#x2014;<lb/>
&#x017F;oll ich die&#x017F;en &#x017F;chließen und Dir &#x017F;chicken? &#x2014; ich mein<lb/>
als, es &#x017F;ei Dir zu viel vielleicht, &#x2014; das wird aber nicht,<lb/>
ich hab Dirs ver&#x017F;prochen Dir alles von da oben zu<lb/>
&#x017F;chreiben. Du ha&#x017F;t mich mehrmals dazu aufgefordert,<lb/>
was kann ich davor daß mir &#x017F;o viel in den Kopf<lb/>
kommt, oder vielmehr in die Feder, denn wenn ich glaub<lb/>
mit einer Zeil fertig zu &#x017F;ein, &#x017F;o bring ich die &#x017F;elb&#x017F;t nicht<lb/>
aufs Papier vor &#x017F;o viel hundert andern die &#x017F;ich dazwi¬<lb/>
&#x017F;chen drängen. So hatt ich ge&#x017F;tern im Sinn, wie es doch<lb/>
&#x017F;o dumm i&#x017F;t wenn man &#x017F;ich über &#x017F;ein eigen Leben wollt<lb/>
be&#x017F;innen und glauben, es läg &#x017F;chon hinter einem was<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0241] Geſchlechts, der iſt ein Fürſt unter den Menſchen und ſollte er ſelbſt in Lumpen unter den Menſchen wandeln, und wer vor dieſem Adel nicht Ehrfurcht hat, das iſt der Pöbel der nimmer zum Adel taugt, weil er das ver¬ kennt was ſein Urſprung iſt, ihn alſo nicht in ſich er¬ zeugen kann, er nenne ſich Fürſt oder Knecht. — Das war mein Geſpräch heut mit den Sternen. Dienſtag. Heute iſt der ſiebente Tag daß ich meinen erſten Brief abſchickte, am Samſtag der zweite und heut? — ſoll ich dieſen ſchließen und Dir ſchicken? — ich mein als, es ſei Dir zu viel vielleicht, — das wird aber nicht, ich hab Dirs verſprochen Dir alles von da oben zu ſchreiben. Du haſt mich mehrmals dazu aufgefordert, was kann ich davor daß mir ſo viel in den Kopf kommt, oder vielmehr in die Feder, denn wenn ich glaub mit einer Zeil fertig zu ſein, ſo bring ich die ſelbſt nicht aufs Papier vor ſo viel hundert andern die ſich dazwi¬ ſchen drängen. So hatt ich geſtern im Sinn, wie es doch ſo dumm iſt wenn man ſich über ſein eigen Leben wollt beſinnen und glauben, es läg ſchon hinter einem was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/241
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/241>, abgerufen am 24.11.2024.