wo er da war, sind die Gedanken die mir da oben von den Sternen kommen, immer so übereinstimmend mit seinen Reden daß ich manchmal meinen muß sie hättens ihm eingegeben für mich. -- Solche Gedanken die mir lieb sind schreib ich in ein Buch, um die schönsten draus zu wählen und Dir zu schreiben; am Tag vorher als ich vom Thurm kam -- es war spät ich war müde, und schrieb eilig ohne mich zu besinnen was mir noch im Kopf schwärmte von da oben:
"Darum ists auch oft, warum das Göttliche nicht in uns haftet, weil wir selbst schlecht werden, indem wir mit dem Bösen streiten; wir wurden boshaft indem wir das Böse verfolgten." --
"Gott hat den Adam nicht aus dem Paradies ver¬ jagt, der Adam ist ihm von selbst entlaufen. Wo könnt ein Engel eine gottgeschaffne Kreatur aus dem Para¬ dies jagen wollen? -- Alles Göttliche ist Steigen, was nicht mitsteigen kann das sinkt."
"Wo könnte aber das Göttliche aufsteigen, wenn nicht aus dem Ungöttlichen? -- Wie könnte das Gött¬ liche vom Ungöttlichen sich sondern wollen? -- nein, es ist recht seine göttliche Natur, sich nicht von ihm zu sondern; es mischt sich mit ihm, und reizt es, des Gött¬ lichen inne zu werden, nur Verachtung löst sich ab vom
wo er da war, ſind die Gedanken die mir da oben von den Sternen kommen, immer ſo übereinſtimmend mit ſeinen Reden daß ich manchmal meinen muß ſie hättens ihm eingegeben für mich. — Solche Gedanken die mir lieb ſind ſchreib ich in ein Buch, um die ſchönſten draus zu wählen und Dir zu ſchreiben; am Tag vorher als ich vom Thurm kam — es war ſpät ich war müde, und ſchrieb eilig ohne mich zu beſinnen was mir noch im Kopf ſchwärmte von da oben:
„Darum iſts auch oft, warum das Göttliche nicht in uns haftet, weil wir ſelbſt ſchlecht werden, indem wir mit dem Böſen ſtreiten; wir wurden boshaft indem wir das Böſe verfolgten.“ —
„Gott hat den Adam nicht aus dem Paradies ver¬ jagt, der Adam iſt ihm von ſelbſt entlaufen. Wo könnt ein Engel eine gottgeſchaffne Kreatur aus dem Para¬ dies jagen wollen? — Alles Göttliche iſt Steigen, was nicht mitſteigen kann das ſinkt.“
„Wo könnte aber das Göttliche aufſteigen, wenn nicht aus dem Ungöttlichen? — Wie könnte das Gött¬ liche vom Ungöttlichen ſich ſondern wollen? — nein, es iſt recht ſeine göttliche Natur, ſich nicht von ihm zu ſondern; es miſcht ſich mit ihm, und reizt es, des Gött¬ lichen inne zu werden, nur Verachtung löſt ſich ab vom
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wo er da war, ſind die Gedanken die mir da oben von
den Sternen kommen, immer ſo übereinſtimmend mit
ſeinen Reden daß ich manchmal meinen muß ſie hättens
ihm eingegeben für mich. — Solche Gedanken die mir lieb
ſind ſchreib ich in ein Buch, um die ſchönſten draus zu
wählen und Dir zu ſchreiben; am Tag vorher als ich
vom Thurm kam — es war ſpät ich war müde, und
ſchrieb eilig ohne mich zu beſinnen was mir noch im
Kopf ſchwärmte von da oben:
„Darum iſts auch oft, warum das Göttliche nicht
in uns haftet, weil wir ſelbſt ſchlecht werden, indem
wir mit dem Böſen ſtreiten; wir wurden boshaft indem
wir das Böſe verfolgten.“ —
„Gott hat den Adam nicht aus dem Paradies ver¬
jagt, der Adam iſt ihm von ſelbſt entlaufen. Wo könnt
ein Engel eine gottgeſchaffne Kreatur aus dem Para¬
dies jagen wollen? — Alles Göttliche iſt Steigen, was
nicht mitſteigen kann das ſinkt.“
„Wo könnte aber das Göttliche aufſteigen, wenn
nicht aus dem Ungöttlichen? — Wie könnte das Gött¬
liche vom Ungöttlichen ſich ſondern wollen? — nein, es
iſt recht ſeine göttliche Natur, ſich nicht von ihm zu
ſondern; es miſcht ſich mit ihm, und reizt es, des Gött¬
lichen inne zu werden, nur Verachtung löſt ſich ab vom
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/236>, abgerufen am 24.11.2024.
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